VwGH 97/02/0474

VwGH97/02/047415.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der P in Z, vertreten durch Dr. Heinz Pichler und Dr. Richard Weber, Rechtsanwälte in Judenburg, Liechtensteingasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 24. Juni 1997, Zl. 04-17/156-97/3, betreffend Zulassung zur Fachprüfung für Steuerberater, zu Recht erkannt:

Normen

31989L0048 Anerkennungs-RL Hochschuldiplome Art3 lita;
31989L0048 Anerkennungs-RL Hochschuldiplome;
61977CJ0106 Simmenthal 2 VORAB;
61985CJ0071 Niederlande / Federatie Nederlandse Vakbeweging VORAB;
61989CJ0340 Vlassopoulou VORAB;
61997CJ0234 Fernandez de Bobadilla VORAB;
EURallg;
WTBO §9 Abs1;
31989L0048 Anerkennungs-RL Hochschuldiplome Art3 lita;
31989L0048 Anerkennungs-RL Hochschuldiplome;
61977CJ0106 Simmenthal 2 VORAB;
61985CJ0071 Niederlande / Federatie Nederlandse Vakbeweging VORAB;
61989CJ0340 Vlassopoulou VORAB;
61997CJ0234 Fernandez de Bobadilla VORAB;
EURallg;
WTBO §9 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 1997 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer deutschen Staatsbürgerin, vom 3. November 1996 auf Zulassung zur Fachprüfung für Steuerberater gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 4 Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (BGBl. Nr. 125/1955 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 380/1986, im Folgenden kurz: WTBO) abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin zur Fachprüfung für Steuerberater deshalb nicht zugelassen worden sei, weil sie die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 WTBO nicht erfülle. Die Beschwerdeführerin habe ein Diplom der Fachhochschule des Landes Rheinland-Pfalz vorgelegt, aus dem ersichtlich sei, dass sie den Studiengang des Fachbereiches Betriebswirtschaft VII (Steuerwesen) bestanden habe; sie habe jedoch kein Dokument über ein in Österreich mit Erfolg abgeschlossenes Hochschulstudium der Handels-, der Wirtschafts-, der Rechts- oder der Staatswissenschaften, der technischen Wissenschaften oder der Land- und Forstwirtschaft vorgelegt.

In ihrer Berufung habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, die bescheiderlassende Behörde habe die Richtlinie 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens 3-jährige Berufsausbildung abschlössen, unberücksichtigt gelassen. Auf Grund dieser Richtlinie sei der § 9 Abs. 4 der WTBO auf sie nicht anzuwenden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass alle Diplome, die in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union von einer nach seinen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bestimmten zuständigen Stelle ausgestellt würden und aus welchen hervorgehe, dass der Diplominhaber ein mindestens 3-jähriges Studium abgeschlossen habe, als entsprechender Nachweis im Sinne des WTBO zu werten seien. Die Beschwerdeführerin besitze ein Diplom, das in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ausreichend sei, um Zugang zu diesem Beruf zu erhalten bzw. ihn dort auch auszuüben.

Hiezu werde festgestellt, dass nach den Bestimmungen des § 9 Abs. 1 der WTBO zur Fachprüfung, deren erfolgreiche Ablegung eine Voraussetzung für die Tätigkeit eines Steuerberaters sei, nur Personen zuzulassen seien, die ein in Österreich mit Erfolg abgeschlossenes Hochschulstudium der Handels-, der Wirtschafts- oder der Staatswissenschaften, der technischen Wissenschaften oder der Land- und Forstwirtschaft nachgewiesen hätten. Nach Artikel 1a der ersten Diplomanerkennungsrichtlinie 89/48/EWG gälten als Diplome alle Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise, aus denen hervorgehe, dass der Diplominhaber ein mindestens 3-jähriges Studium an einer Universität abgeschlossen habe und aus denen hervorgehe, dass der Zeugnisinhaber über die beruflichen Voraussetzungen verfüge, die für den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung in diesem Mitgliedsstaat erforderlich seien, wenn die durch das Diplom, das Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis bescheinigte Ausbildung überwiegend in der Gemeinschaft erworben worden sei oder wenn dessen Inhaber eine 3- jährige Berufserfahrung habe, die von dem Mitgliedsstaat bescheinigt werde, der ein Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis eines Drittlandes anerkannt habe.

Die Beschwerdeführerin habe keinerlei Nachweise über eine erworbene Berufserfahrung in Deutschland vorgelegt. Durch das Diplom der Fachhochschule des Landes Rheinland-Pfalz werde auch nicht nachgewiesen, dass die Beschwerdeführerin durch diese Ausbildung zur Ausübung des Berufes eines Steuerberaters in Deutschland berechtigt sei; sie habe somit nicht nachgewiesen, dass sie über die beruflichen Voraussetzungen für die Ausübung des Berufes eines Steuerberaters in Deutschland verfüge. Daher sei die erste Diplomanerkennungsrichtlinie 89/48/EWG im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 30. September 1997, B 2082/97, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Dieser hat erwogen:

Die auf den Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen der WTBO, BGBl. Nr. 125/1955 (§ 8 in der Stammfassung, § 9 Abs. 1 in der Fassung BGBl. Nr. 26/65, dessen Abs. 3 in der Fassung BGBl. Nr. 352/1982, sowie Abs. 4 in der Fassung BGBl. Nr. 380/1986), lauten:

"§ 8 Besondere Erfordernisse

Physische Personen, die eine Befugnis zur Ausübung des Berufes eines Wirtschaftstreuhänders erwerben wollen, müssen außer den allgemeinen Erfordernissen (§ 3 bis 6) eine entsprechende Vorbildung und Praxis aufweisen, die einschlägige Fachprüfung (Abschnitt IV) bestanden und die für ihre Berufsgruppe vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung (Abschnitt V) abgeschlossen haben. ...

§ 9 (1) Zur Fachprüfung, deren erfolgreiche Ablegung eine Voraussetzung für die Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters oder Buchprüfers und Steuerberaters ist, sind nur Personen zuzulassen, die ein in Österreich mit Erfolg abgeschlossenes Hochschulstudium der Handels-, der Wirtschafts-, der Rechts- oder der Staatswissenschaften, der technischen Wissenschaften oder der Land- und Forstwirtschaft nachweisen.

(3) Personen, die bereits seit mindestens zwei Jahren als Steuerberater bestellt und tätig sind, sind zur Fachprüfung für Buchprüfer und Steuerberater auch ohne Erfüllung der Voraussetzungen der Abs. 1 oder 2 zuzulassen.

(4) Für die Zulassung zur Fachprüfung für Steuerberater genügt bis 31. Dezember 1990 der Nachweis der Ablegung der Reifeprüfung oder einer facheinschlägigen Berufsreife- oder Studienberechtigungsprüfung; nach diesem Stichtag müssen die Voraussetzungen der Abs. 1 oder 2 erfüllt sein."

Die Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, lautet (auszugsweise)

"Artikel 1

Im Sinne dieser Richtlinie gelten

a) als Diplome alle Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise bzw. diese Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise insgesamt,

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