VwGH 96/21/0411

VwGH96/21/041127.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des am 30. März 1978 geborenen V, vertreten durch

Dr. Sonja Schröder, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Liebeneggstraße 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 13. März 1996, Zl. III 139/96, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
VwRallg;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 13. März 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsbürger, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die belangte Behörde traf folgende Feststellung:

"Sie sind mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 30.6.1995, Zahl 23 Hv 66/95, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 1. Satz 2. Fall, 15 StGB mit einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren, davon zweieinhalb Jahre bedingt, Probezeit drei Jahre, belegt worden, weil Sie

1) in Innsbruck zusammen mit dem abgesondert verfolgten Tamer Demir anderen mit Gewalt gegen ihre Person bzw. durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt haben, und zwar am 23.3.1995 der Claudia Eisner als Verfügungsberechtigte des Holland Blumenmarkes Bargeld in Höhe von S 12.834,--,

2) abzunötigen versucht haben, und zwar am 24.3.1995 der Sigrid Mair als Verfügungsberechtigte des Geschäftes 'Simpl' unter Vorhalt einer Gaspistole, Umklammern am Hals und das Verlangen, die Kasse zu öffnen, wenn sie noch weiter leben wolle, zur Herausgabe der Tageslosung von circa S 31.000,--,

wobei Sie die Taten unter Verwendung einer Waffe (geladene Gaspistole) verübten."

Diese schweren Straftaten zur Befriedigung des Bargeld-Bedarfes des Beschwerdeführers, bei denen er nach den Feststellungen des Landesgerichtes Innsbruck die führende Rolle gespielt hätte, brächten die deutliche negative Einstellung des Beschwerdeführers gegenüber den österreichischen Rechtsvorschriften und seine große Gefährlichkeit für die öffentliche Sicherheit eindrucksvoll zum Ausdruck. Dies erweise auch die Art und Höhe der vom Landesgericht Innsbruck am 30. Juni 1995 verhängten Strafe. Die rechtskräftige Verurteilung erfülle den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 zweiter Fall FrG.

Ein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 19 FrG liege vor. Dieser Eingriff mache das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer aber nicht unzulässig. Seine sich in den schwer wiegenden Übertretungen manifestierende Neigung, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, lasse das Aufenthaltsverbot zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zum Schutz der (Vermögens-)Rechte anderer - Art. 8 Abs. 2 EMRK - dringend notwendig erscheinen. Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet seien von großem Gewicht. Er sei 1978 in Österreich geboren, gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern im Jahr 1979 in die Türkei zurückgekehrt und im Jahre 1989 wieder eingereist. Seither halte er sich in Österreich auf. Seine Eltern hätten sich in Österreich als Gastarbeiter von 1972 bis 1979 und wieder seit 1989 aufgehalten. Ab 1989 hätte der Beschwerdeführer die Hauptschule, den Polytechnischen Lehrgang, die Berufsschule, zunächst eine Installateur-, dann Koch- und Kellnerausbildung besucht. Vor seiner Verhaftung im April 1995 habe der Beschwerdeführer erlaubt als Kellner in Österreich gearbeitet und bei seinen Eltern gewohnt. Dasselbe gelte wieder seit seiner Haftentlassung im Dezember 1995. Vom Gericht sei dem Beschwerdeführer "'Bewährungshilfe' bewilligt" worden, mit der er sehr gut zusammenarbeite. Der Beschwerdeführer und seine Eltern seien im Bundesgebiet gut integriert und in der Türkei - wo er keine verwandtschaftlichen Beziehungen mehr habe - desintegriert. Er habe intensive familiäre und sonstige Bindungen in Österreich. Die Kriterien des § 20 Abs. 1 FrG seien beim Beschwerdeführer in einem hohen Ausmaß erfüllt bzw. der Eingriff in sein Privat- und Familienleben durch das Aufenthaltsverbot wiege aus den genannten Gründen schwer; im Hinblick auf die in Rede stehenden schweren Straftaten im Jahr 1995 und seine daraus hervorleuchtende große Gefährlichkeit für die öffentliche Sicherheit aber höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Zu bedenken sei auch, dass die vom Beschwerdeführer konkret ausgehende große Gefahr für die (Grund-)Rechte Anderer, für völlig Unbeteiligte, mit ihm "nichts zu tun habende" Dritte bestehe. Der (schwere) Eingriff in sein Privat- und Familienleben durch das Aufenthaltsverbot müsse auf Grund des genannten schwer wiegenden öffentlichen Interesses an seinem Nicht-Aufenthalt im Bundesgebiet in Kauf genommen werden. Von dem dem Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 94/18/0791, zu Grunde liegenden Sachverhalt unterscheide sich der Fall des Beschwerdeführers einerseits durch sein Alter

Der Zeitpunkt des Wegfalles des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes, nämlich der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Sicherheit, könne seriöserweise nicht vorhergesehen werden, weshalb die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt und im Hinblick auf seine schweren Straftaten und das Vorliegen des gesetzlichen Aufenthaltsverbotsgrundes des § 18 Abs. 2 Z. 1 auch zulässig wäre. Im Hinblick auf die schwergewichtigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am Aufenthalt im Bundesgebiet werde jedoch nur ein, wenn auch mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Die belangte Behörde sei der Ansicht, dass bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes, nämlich der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit, das Verstreichen von zumindest zehn Jahren vonnöten sei.

Dass der Beschwerdeführer bis zu der Straftat nicht negativ in Erscheinung getreten sei, sei für das gegenständliche Administrativverfahren irrelevant. Es treffe auf jeden Rechtsbrecher zu, dass er bis zu seiner ersten Straftat bzw. Bestrafung/Verurteilung "nicht negativ in Erscheinung getreten ist". Daraus, dass seitens des Gerichtes "ein Großteil der ausgesprochenen Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen wurde", könne der Beschwerdeführer für das gegenständliche Administrativverfahren auch nichts gewinnen, weil die Fremdenpolizeibehörde als Verwaltungsbehörde den Sachverhalt eigenständig zu beurteilen habe. Seinen ins Treffen geführten Milderungsgründen würden die Erschwerungsgründe gegenübergestellt: Wiederholung des schweren Raubes, Begehung des schweren Raubes in Gesellschaft eines Mittäters, das professionelle Vorgehen, die Verwendung einer geladenen Schusswaffe (Gaspistole), die führende Rolle bei diesen Raubüberfällen. Ob der "soziale(.) und gesellschaftliche(.) Halt", den der Beschwerdeführer seit seiner Entlassung aus der Gerichtshaft wieder gefunden habe, von Dauer sei, müsse sich erst erweisen. Die Zeit seines Wohlverhaltens seit seiner Haftentlassung sei jedenfalls noch viel zu kurz (um ihm seriöserweise eine dauerhafte Änderung seiner Einstellung hin zu einem rechtstreuen Menschen attestieren zu können) und das Risiko seiner Dabelassung im Bundesgebiet auf Kosten der (Grund-)Rechte anderer sei viel zu groß. Davon, dass das Aufenthaltsverbot ein schwerer Eingriff in sein Privat- und Familienleben sei, gehe die belangte Behörde ohnehin aus. Seine "starke Selbstmordgefährdung" vermöge auf Grund seiner großen Gefährlichkeit für die österreichische öffentliche Sicherheit keine andere Entscheidung herbeizuführen und könne durch eine Rückkehr seiner Eltern mit ihm in die Türkei, die - wie bereits erwähnt - verlangt werden könne und müsse, verringert werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eingangs ist klarzustellen, dass das vorliegende Aufenthaltsverbot im Sinn des § 114 Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 offensichtlich auch in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Grundlage fände. Der Beschwerdeführer wurde nämlich unbestritten wegen schweren Raubes rechtskräftig zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Dies würde den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 erfüllen. Es liegt auch ein Fall vor, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 38 Abs. 1 Z. 3 des Fremdengesetzes zulässig wäre. Angesichts dessen wäre das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdengesetz 1997 eindeutig und daher eine gesonderte Begründung der Ermessensentscheidung entbehrlich (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 24. April 1998, Zl. 96/21/0490). Auch ist der Beschwerdeführer, der unbestritten nur in seinem ersten Lebensjahr in Österreich gelebt hat und sich in der Folge erst wieder seit seinem elften Lebensjahr in Österreich aufhielt, nicht im Sinn des § 38 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1997 von klein auf in Österreich aufgewachsen, weshalb auch diese Bestimmung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstünde. Der angefochtene Bescheid ist daher nicht gemäß § 114 Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 außer Kraft getreten.

Gemäß § 18 Abs. 1 FrG ist gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt 1. die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder 2. anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 u.a. zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist.

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 Abs. 1 FrG ist somit die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen erheblich gefährdet.

§ 18 Abs. 1 FrG ordnet sohin an, dass bei Vorliegen eines der in Abs. 2 leg. cit. aufgezählten Tatbestände auf der Grundlage des entsprechenden Sachverhaltes eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen ist, ob in concreto die umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Um diese Gefährlichkeitsprognose treffen zu können, ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 1997, Zl. 95/21/0234).

In der Beschwerde bleibt die Tatsache der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers sowie der Begehung der dieser zu Grunde liegenden schweren Straftaten unbestritten, und die daraus gezogene rechtliche Schlussfolgerung, dass der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, unbekämpft. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt angesichts der besonderen Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

Der Beschwerdeführer meint aber, das gegen ihn verhängte Aufenthaltsverbot sei deswegen rechtswidrig, weil die belangte Behörde die gemäß §§ 19 und 20 FrG vorzunehmende Interessenabwägung zu Unrecht zu seinen Lasten habe ausfallen lassen. Zu beachten sei, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Minderjährigen handle, der 1978 in Dornbirn geboren sei. Er sei - ebenso wie seine Familie - Alevite. Auf Grund der Glaubenszugehörigkeit zu den Aleviten sei die Familie im Jahr 1972 nach Österreich ausgewandert. Im Jahr 1979 sei sie neuerlich in die Türkei verzogen, da sie jedoch dort keinerlei Existenzmöglichkeiten gehabt habe, seien sie wieder nach Österreich gekommen, wo sich die Familie neuerlich ihre Existenz aufgebaut habe. Alle Verwandten der Familie hielten sich im Ausland auf, verwandtschaftliche Beziehungen in der Türkei bestünden nicht mehr. Der Beschwerdeführer habe vor seiner Verhaftung als Kellner in Österreich gearbeitet und auch nach seiner Haftentlassung sei es ihm gelungen, wieder seiner Arbeit als Kellner nachzugehen. Er habe vor seiner Haft bei seinen Eltern gewohnt und habe nach seiner Haftentlassung neuerlich bei seinen Eltern Unterkunft genommen. Schwer wiegend sei sohin, dass der minderjährige Beschwerdeführer praktisch mit einem Alter von zehn bzw. elf Jahren in Österreich wieder Fuß gefasst und sich hier in der Zwischenzeit voll integriert hätte. Dieser Umstand sei gerade bei einem Minderjährigen noch wesentlich mehr zu beachten, weil ein Jugendlicher bzw. ein Kind in diesem Alter einer starken Prägung unterliege. Die Beziehung des minderjährigen Beschwerdeführers zu seinen Eltern und Geschwistern sei sehr gut. Zu betonen sei auch, dass der minderjährige Beschwerdeführer bis zu seiner oben angeführten Verurteilung nie negativ in Erscheinung getreten sei. Sowohl die Unbescholtenheit als auch das umfassende und reumütige Geständnis hätten das Gericht dazu bewogen, einen Großteil der ausgesprochenen Freiheitsstrafe bedingt nachzusehen. Die familiäre und soziale Bindung des Beschwerdeführers und seine vollkommene Integration im österreichischen Bundesgebiet, und auch die Tatsache, dass er nach seiner Haftentlassung sofort wieder eine Arbeit habe finden können, seien Umstände, welche eine positive Zukunftsprognose erstellen ließen. Es sei zu bedenken, dass der minderjährige Beschwerdeführer in der Türkei weder über eine Unterkunftsmöglichkeit noch eine Arbeitsmöglichkeit verfüge, sein Fortkommen in der Türkei sei sohin nicht gesichert. Hinzu komme, dass die Familie selbst ihre Lebensexistenz in Österreich habe und eine Existenz in der Türkei nicht aufbauen könne; dies sei schon einmal im Jahr 1979 versucht worden und im Jahr 1989 gescheitert. Wenn schon in den Jahren 1979 bis 1989 der Familie ein neuerlicher Existenzaufbau in der Türkei nicht gelungen sei, so treffe diese Situation einen Minderjährigen noch um vieles mehr. Der Beschwerdeführer habe mehrmals gegenüber seinen Familienangehörigen wie auch gegenüber dem Rechtsvertreter geäußert, dass er Selbstmord begehen werde, da er keine Aussichten habe und über seine Tatbegehung voller Verzweiflung gewesen sei und noch sei. Die Verhängung des Aufenthaltsverbotes bedeute, dass der nunmehr 18-Jährige in der Türkei vollkommen auf sich allein gestellt und sowohl seine Unterkunft als auch seine Existenz äußerst fraglich wäre. Die Trennung von seiner Familie, welche ihm durch das Aufenthaltsverbot drohe, könne Ausschlag genug sein, um den mehrfach angedrohten Selbstmord zu verwirklichen. Soweit die belangte Behörde vermeine, es könne die gesamte Familie das österreichische Bundesgebiet verlassen, sei dies keinesfalls eine Haltung im Sinn des § 20 FrG, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass ein Existenzaufbau von der Familie bereits in den Jahren 1979 bis 1989 vergeblich versucht worden sei.

Gemäß § 19 FrG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Ein Aufenthaltsverbot darf gemäß § 20 Abs. 1 FrG nicht erlassen werden, wenn seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist nach der genannten Gesetzesstelle auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen: 1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen; 2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen.

Die Ausführungen in der Beschwerde sind nicht zielführend. Wenn die belangte Behörde die aufenthaltsbeendende Maßnahme des Aufenthaltsverbots im Sinn des § 19 FrG als dringend geboten erachtete und angesichts der besonderen Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Straftaten und des daraus resultierenden hohen Grades der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit den öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht geringeres Gewicht beimaß als den privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers, so begegnet dies seitens des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken, weil gegenüber einem derart gravierenden Fehlverhalten des Beschwerdeführers und der daraus abzuleitenden Prognose einer erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit die zweifellos ebenfalls gewichtigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers zurückzutreten hatten. Bei einem derart gravierenden Fehlverhalten wie jenem des Beschwerdeführers ist die Trennung von seiner Familie und die durch seine Ausreise bewirkte Beeinträchtigung seiner Lebensführung als Konsequenz des Aufenthaltsverbotes angesichts der besonderen Schwere der von ihm ausgehenden Gefahr im Grund des § 20 Abs. 1 FrG in Kauf zu nehmen. Unbestritten hatte der Beschwerdeführer im März 1995 gemeinsam mit einem Anderen zwei bewaffnete Raubüberfälle verübt, wobei er mit einer geladenen Handfeuerwaffe bewaffnet war und die führende Rolle gespielt hatte. Im Übrigen wurde im Verwaltungsverfahren nicht dargetan, inwiefern es den Familienangehörigen des Beschwerdeführers unzumutbar wäre, mit ihm gemeinsam das Bundesgebiet zu verlassen.

Soweit der Beschwerdeführer auf seine prekäre Situation in der Türkei im Hinblick auf seine Zugehörigkeit zu den Aleviten verweist, die ständig Probleme sowohl mit den Türken als auch mit den Kurden hätten, ist er darauf hinzuweisen, dass dieser Umstand nicht im Verfahren betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, sondern in jenem betreffend die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat (§ 54 Abs. 1 und § 36 Abs. 2 FrG, nunmehr § 75 Abs. 1 und § 56 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997) geltend gemacht werden kann. Auch bei der vom Beschwerdeführer behaupteten Selbstmordgefahr handelt es sich um eine Gefährdung, die allenfalls im Zusammenhang mit der Zulässigkeit seiner Abschiebung gemäß § 36 Abs. 2 und § 37 FrG (nunmehr: § 56 Abs. 2 und § 57 des Fremdengesetzes 1997) zu beurteilen ist (vgl. zur Relevanz einer Selbstmordgefahr im Fall einer Außerlandesschaffung die Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte im Fall Raidl gegen Österreich vom 4. September 1995, Zl. 25342/94).

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Jänner 2000

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