VwGH 96/14/0038

VwGH96/14/003822.2.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des F S in M, vertreten durch Dr. Erich Nikolaus Vogler, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Viktor-Keldorfer-Straße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 11. September 1995, 1/2/1-BK/Th-1995, betreffend ua Einkommensteuer für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §2 Abs2;
LiebhabereiV 1993 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs2;
LiebhabereiV 1993 §2 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielte neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ab Herbst 1992 bis Ende 1994 aus der Tätigkeit als Privatgeschäftsvermittler der A-GmbH (idF: A-Vertreter) negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wobei er folgende Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen erstellte:

Bruttoverrechnung 1992 1993 1994

Umsatz 502 S 12.866 S 19.328 S

Verlust 18.626 S 128.982 S 23.364 S

Aufbauhilfe 0 S 620 S 240 S

Beiträge, Gebühren 1.190 S 27.141 S 3.030 S

Büromaterial 715 S 730 S 753 S

Diäten 1.680 S 19.710 S 2.950 S

Km-Geld 8.729 S 64.663 S 14.921 S

Fachliteratur, Schulung 1.218 S 2.323 S 165 S

GWG 0 S 198 S 0 S

Inserate, Werbung 90 S 1.311 S 998 S

Postgebühren 216 S 1.650 S 2.288 S

Steuerberatung 0 S 750 S 750 S

Reisespesen (Beleg) 0 S 2.800 S 2.800 S

Telefon 1.186 S 8.774 S 10.659 S

Verbrauchsgüter 0 S 104 S 147 S

Vorführprodukte 4.063 S 9.508 S 2.777 S

Tageszeitungen 0 S 848 S 0 S

sonstige Aufwendungen 41 S 718 S 214 S

Hinsichtlich der Tätigkeit des Beschwerdeführers wird auf die eine idente Tätigkeit beschreibenden Ausführungen im hg Erkenntnis vom 21. Juni 1994, 93/14/0217, verwiesen.

Der Beschwerdeführer erzielte in den Jahren 1992 bis 1994 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von jährlich rund 300.000 S.

Nach einem umfangreichen Ermittlungsverfahren gelangte die belangte Behörde zur Ansicht, aus der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit als A-Vertreter würden nur Verluste erwirtschaftet, was zwangsläufig dazu führe, dass diese Tätigkeit nach einiger Zeit beendet werden müsse, somit eine zeitlich begrenzte Tätigkeit vorliege, weshalb nach § 2 Abs 2 letzter Satz LVO 1993 die steuerliche Anerkennung der Anlaufverluste im Streitjahr nicht möglich sei. Zur Begründung wies die belangte Behörde zunächst darauf hin, es sei amtsbekannt, dass nebenberuflich tätige A-Vertreter keine Gewinne erzielten. Allein die hohen Reiseaufwendungen der A-Vertreter (zunächst Besuch des potenziellen Kunden zwecks Einholens des Kaufauftrages, sodann Lieferung der bestellten Waren und Inkasso) belasteten jedes einzelne Geschäft derart, dass mit keinen Gewinnen zu rechnen sei. Auch beim Beschwerdeführer seien die Reiseaufwendungen in den Jahren 1992 und 1993 um ein Vielfaches höher als die erzielten Umsätze. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Reiseaufwendungen ließen sich - wie bereits im Jahr 1994 - insofern verringern, als er mit Kollegen mitfahre, widerspreche der Lebenserfahrung, weil es beim Besuch von Kunden nicht praktikabel erscheine, mit Kollegen mitzufahren. Was den Einwand des Beschwerdeführers betreffe, die Aufwendungen für Kilometergelder hätten sich im Jahr 1994 gegenüber dem Jahr 1993 um über 330 % verringert, woraus ersichtlich sei, dass aus Kostengründen Verkaufsgespräche von zu Haus aus telefonisch geführt worden seien, genüge es darauf hinzuweisen, dass die Telefonkosten im Jahr 1994 gegenüber dem Jahr 1993 nur geringfügig gestiegen seien und es dem Marketingkonzept der A-Vertreter widerspreche, Kunden telefonisch zu betreuen. Mit seinen der amtsbekannten Tätigkeit der A-Vertreter widersprechenden Ausführungen sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen darzutun, bei den in den Jahren 1992 bis 1994 erwirtschafteten Verlusten handle es sich lediglich um Anlaufverluste. Gleiches gelte hinsichtlich der Ausführungen des Beschwerdeführers, jederzeit Preisnachlässe gewähren zu können, weil damit der Vertriebsorganisation der A-GmbH entsprechend vom Beschwerdeführer noch höhere Verluste erwirtschaftet werden würden. In den vom Beschwerdeführer für die Jahre 1995 bis 1998 erstellten Prognoserechnungen habe er die Umsätze mit dem Drei- bis Sechsfachen des Jahres 1994 zum Ansatz gebracht, hingegen die Betriebsausgaben mit Ausnahme für das Jahr 1998, in dem er diese um rund 70 % erhöht habe, sogar gegenüber denen des Jahres 1994 verringert. Die vom Beschwerdeführer zur Untermauerung seiner Prognoserechnung hochgerechneten Umsätze für die Monate Dezember 1993 (richtig wohl: 1994) und Jänner 1995 entsprächen keineswegs den durchschnittlich erzielten monatlichen Umsätzen, weswegen diese Hochrechnung keine taugliche Grundlage für die vom Beschwerdeführer prognostizierten Gewinne für die Jahre 1995 bis 1998 darstelle. Überdies finde die Erhöhung der Umsätze auf das Drei- bis Sechsfache gegenüber dem Umsatz des Jahres 1994 in der Hochrechnung keine Deckung. Die vom Beschwerdeführer für die Jahre 1995 bis 1998 prognostizierten Gewinne von rund 26.000 S bis 47.000 S entbehrten daher jeglicher Grundlage, wobei noch bemerkenswert sei, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegte Prognoserechnung mit von anderen A-Vertretern vorgelegten Prognoserechnungen mit Ausnahme einer einzigen Zahl ident sei. Auf Vorhalt, die von ihm vorgelegte Prognoserechnung sei mit von anderen A-Vertretern vorgelegten Prognoserechnungen mehr oder minder ident, habe der Beschwerdeführer nicht reagiert. Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits erwähnten Erkenntnis vom 21. Juni 1994, 93/14/0217, ausgeführt habe, sei jeder neu geworbene A-Vertreter ein Konkurrent des ihn werbenden A-Vertreters, weswegen die Behauptung des Beschwerdeführers, er könne seine Umsätze durch die Werbung weiterer A-Vertreter beliebig erhöhen, nicht den Tatsachen entspreche. Der Beschwerdeführer beziehe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von jährlich rund 300.000 S, seine Ehefrau solche von jährlich rund 45.000 S. Ein Bausparkassendarlehen von jährlich rund 94.000 S müsse bedient werden. Es stünden daher zum Unterhalt der Familie (Eltern und zwei Kinder) jährlich rund 176.000 S zur Verfügung. Ohne den lohnsteuersparenden Effekt wäre die Tätigkeit des Beschwerdeführers als A-Vertreter daher nicht aufrecht zu halten, was wiederum zu dem Schluss führe, diese Tätigkeit werde auf Grund der erwirtschafteten Verluste trotz des lohnsteuersparenden Effektes nach einiger Zeit beendet werden.

Gegen den von der belangten Behörde im Instanzenzug erlassenen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen iSd LVO 1993 davon aus, die Tätigkeit des Beschwerdeführers als A-Vertreter falle unter § 1 Abs 1 leg cit. Da bei dieser Tätigkeit Verluste angefallen seien, sei § 2 leg cit anzuwenden.

Der Beschwerdeführer vertritt im Gegensatz zur belangten Behörde unter Hinweis auf § 2 Abs 2 erster Satz leg cit die Meinung, innerhalb der ersten drei Kalenderjahre ab Beginn seiner Tätigkeit als A-Vertreter- somit auch im Streitjahr - lägen jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum), wobei er die von der belangten Behörde unter Hinweis auf § 2 Abs 2 letzter Satz leg cit vertretene Ansicht, ein Anlaufzeitraum sei nicht anzunehmen, weil damit zu rechnen sei, er werde diese Tätigkeit vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes aus wirtschaftlichen Gründen beenden, bekämpft.

Ob die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die von der belangten Behörde vertretenen Ansicht, ein Anlaufzeitraum sei nicht anzunehmen, vorgelegen sind, ist eine Frage der Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden Schlüssigkeitsprüfung (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 548 f) nicht finden, die Beweiswürdigung der belangten Behörde wäre unschlüssig. Die belangte Behörde durfte ohne gegen Denkgesetze zu verstoßen, die amtsbekannte Tatsache, dass nebenberuflich tätige A-Vertreter idR keine Gewinne erzielten, in ihre Überlegungen einbeziehen. Der Beschwerdeführer hat weder behauptet, seine Tätigkeit unterscheide sich von der anderer A-Vertreter, noch ist dies aus der Aktenlage erkennbar. Vielmehr wird die gesamte Tätigkeit der A-Vertreter einschließlich der Preisgestaltung für die verkauften Produkte von der A-GmbH straff geregelt (vgl nochmals die diesbezüglichen Ausführungen im bereits mehrfach erwähnten hg Erkenntnis vom 21. Juni 1994, 93/14/0217). Wie der Verwaltungsgerichtshof im eben erwähnten Erkenntnis sowie im Erkenntnis vom 12. August 1994, 94/14/0025, ausgeführt hat, kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Schluss gelangt ist, die Tätigkeit eines A-Vertreters sei objektiv gesehen nicht geeignet, Gewinne zu erzielen. Der belangten Behörde kann aber auch bei der von ihr vorgenommenen Würdigung des Einzelfalles - insbesondere auf Grund der Tatsachen, dass die bisher vom Beschwerdeführer erzielten Umsätze geringer seien als seine Reiseaufwendungen, wobei sie sein Argument, diese Aufwendungen könnten in Hinkunft verringert werden, zu Recht verworfen hat, eventuelle Preisnachlässe zu Lasten des Beschwerdeführers gingen, die vom Beschwerdeführer für die Jahre 1995 bis 1998 prognostizierten Gewinne jeglicher Grundlage entbehrten und die Tätigkeit des Beschwerdeführers als A-Vertreter auf Grund seiner wirtschaftlichen Lage nicht aufrecht zu halten sei - nicht entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Schluss gelangt ist, der Beschwerdeführer werde seine Tätigkeit als A-Vertreter vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beenden, weswegen kein Anlaufzeitraum anzunehmen sei. Daran ändert das Beschwerdevorbringen nichts, durch die Werbung neuer A-Vertreter könne das Betriebsergebnis in Hinkunft bedeutend verbessert werden. Denn wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits mehrfach zitierten Erkenntnis vom 21. Juni 1994, 93/14/0217, ausgeführt hat, sei jeder neu geworbene A-Vertreter auch ein Konkurrent des ihn werbenden A-Vertreters, weswegen sich durch die Werbung neuer A-Vertreter die Umsätze nicht beliebig steigern ließen.

Abschließend wird bemerkt, dass bei keinen Gebietsschutz genießenden und im Schneeballsystem Subvertreter werbenden Privatgeschäftsvermittlern, die Schulungen sowie Vorführmaterial auf eigene Kosten erwerben und überdies hohe Reiseaufwendungen tätigen müssen, schon systembedingt iSd § 2 Abs 2 letzer Satz LVO 1993 damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet wird. Die belangte Behörde war daher im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen keineswegs verpflichtet, einen vorläufigen Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1993 zu erlassen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 22. Februar 2000

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