VwGH 96/13/0193

VwGH96/13/019320.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Schärf, über die Beschwerde des G S in W, vertreten durch Dr. Robert Briem, Rechtsanwalt in Wien I, Volksgartenstraße 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat XI) vom 16. Oktober 1996, Zl GA 6-96/5108/09, betreffend Einkommensteuer 1991 bis 1993, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §41 Abs1;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine Berufung des Beschwerdeführers ab, in welcher die Verweigerung der Anerkennung von Zinsenaufwendungen als Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen im Ausmaß von rd S 600.000,-- (1991), S 930.000,-- (1992) und S 200.000,-- (1993) angefochten worden war. Die diesbezüglichen Zinsen resultierten nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides daraus, dass 6 Personen, darunter der Beschwerdeführer, im Februar 1991 eine Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von zunächst S 1 Mio, kurz danach aufgestockt auf S 52 Mio gründeten, wobei die für die Aufbringung des Grundkapitals benötigten Mittel fremdfinanziert wurden.

Das Motiv für die Gründung dieser Gesellschaft sei deren Treuhandfunktion zum Erwerb von 40 % der Aktien der V-Bank, einer Spezialbank für Wertpapiere, gewesen, weil Privatpersonen aus bankrechtlichen Gründen vom Erwerb ausgeschlossen gewesen seien. Im Juni 1991 habe die AG treuhändig für ihre Gesellschafter 40 % der Anteile der V-Bank um S 52 Mio erworben, wobei die AG ihren 6 Gesellschaftern Darlehen in Höhe der aliquoten Anschaffungskosten gewährt habe, damit die Gesellschafter die Mittel wieder der AG zum treuhändigen Erwerb der V-Bank zur Verfügung hätten stellen können. Die AG habe ihren Gesellschaftern für die gewährten Darlehen Zinsen angelastet, welche per 31. Dezember 1993 in voller Höhe ausgehaftet hätten.

Hinsichtlich der Zinsen, die durch die Fremdfinanzierung der zur Gründung der AG erforderlichen Mittel angefallen waren, gelangte die Behörde unter Zitierung von Schrifttum und Rechtsprechung zur Liebhaberei zur Ansicht, dass das Schicksal der Berufung damit bereits entschieden sei, weil gegenständlich die durch den abgeschlossenen Beobachtungszeitraum mögliche Gesamtschau ergebe, dass diese Betätigung keine Quelle von Überschüssen habe sein können. Der Finanzierung des "Aktienpaketes zum Zeitpunkt der Gründung der V-Bank" seien nämlich Prognoserechnungen zu Grunde gelegt worden, aus denen jährliche Dividenden von zumindest 25 % des Nominales erwartet worden seien, die Gesellschafter aber im entsprechenden Zeitraum hauptsächlich nur Kursgewinne hätten erwirtschaften können.

Hinsichtlich der Zinsenforderung der AG u.a. an den Beschwerdeführer wies die belangte Behörde darauf hin, dass unabdingbare Voraussetzung für einen Werbungskostenabzug ein gegenständlich nicht vorliegender tatsächlicher Geldfluss sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides u.a. dahingehend, dass nach § 2 Abs 2 Liebhabereiverordnung bei Aufnahme einer Betätigung gemäß § 1 Abs 1 Liebhabereiverordnung die innerhalb des dreijährigen Anlaufzeitraumes anfallenden Verluste auf jeden Fall anzuerkennen seien. Bei Beginn einer solchen Betätigung sei somit für die ersten drei Wirtschaftsjahre die Einkunftsquellenvermutung unwiderlegbar. Die beschwerdegegenständlichen Zinsaufwendungen seien innerhalb des dreijährigen Anlaufzeitraumes angefallen. Die zu Grunde liegende Betätigung (die Beteiligung an der AG bzw an der V-Bank) sei daher jedenfalls als Einkunftsquelle anzuerkennen. Für eine Liebhabereibetrachtung bleibe kein Raum.

Dieses Vorbringen des Beschwerdeführer ist im Ergebnis berechtigt. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass gegenständlich keine Einkunftsquelle, sondern Liebhaberei vorliegt, setzte sich aber in keiner Weise mit den in den jeweiligen Jahren des Streitzeitraumes in Geltung stehenden Liebhabereiverordnungen (in der Folge LVO) BGBl Nr 322/1990 und BGBl Nr 33/1993 auseinander. Dementsprechend behauptete sie auch nicht, dass es sich bei der beurteilten Tätigkeit um eine solche nach § 1 Abs 2 LVO handelte, für welche § 2 Abs 2 LVO nicht anwendbar wäre. Handelte es sich aber um eine solche im Sinn des § 1 Abs 1 LVO, so zeigt die belangte Behörde nicht auf, weshalb sie ungeachtet des Umstandes, dass gegenständlich die ersten 3 Jahre der Betätigung zu beurteilen waren, dennoch § 2 Abs 2 LVO nicht zur Anwendung brachte.

Durch diesen Begründungsmangel ist es dem Verwaltungsgerichtshof schon deshalb verwehrt, den angefochtenen Bescheid auf seine Übereinstimmung mit der Rechtslage zu überprüfen. Im Übrigen ist aber auch nicht zu erkennen, ob die belangte Behörde hinsichtlich der entsprechend beurteilten Tätigkeit nun die Beteiligung des Beschwerdeführers an der AG oder an der V-Bank im Auge hatte, oder ob die belangte Behörde allenfalls von einer einheitlichen Betätigung ausgegangen ist. Für die Beurteilung nur der Beteiligung des Beschwerdeführers an der AG als Liebhaberei spricht allenfalls die Zweiteilung der Erwägungen hinsichtlich Kreditzinsen (in Zusammenhang mit der Gründung der AG, Pkt. 1 des Erwägungsteiles) und Kreditforderung (Pkt. 2 des Erwägungsteiles) sowie die Lokalisierung der Ausführungen zur Liebhaberei unter Pkt. 1, dagegen spricht allerdings etwa der Hinweis auf Prognoserechnungen zum "Zeitpunkt der Gründung" der V-Bank im Rahmen der Erwägungen zu Pkt. 1, sowie der Hinweis darauf, dass das Schicksal "der Berufung" unter Berücksichtigung des Schrifttumes und der Rechtsprechung zur Liebhaberei bereits entschieden sei. Dem angefochtenen Bescheid ist zu Pkt. 2 aber etwa auch nicht zu entnehmen, welche konkreten Schlussfolgerungen die belangte Behörde aus ihrem Hinweis zieht, entsprechend wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei die "Umwegkonstruktion via" AG irrelevant, "zumal auf Grund der erklärten Version (lt. ESt-Erklärung) das Paradoxon entsteht, dass ein Rechtsgeschäft (nämlich der Kauf von V-Aktien) zweimal zur Gänze mit Fremdkapital finanziert wäre".

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach zum Ausdruck gebracht hat (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200 mwH), muss die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist.

Da der angefochtene Bescheid diesen Anforderungen aus den angeführten Gründen nicht genügt, war er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben, wobei von der beantragten Verhandlung aus dem Grunde des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 20. Dezember 2000

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