Normen
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs4 idF 1994/314;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs4 idF 1994/314;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin - damals Studentin - bezog vom 20. August 1990 bis zum 25. Jänner 1991 (mit Unterbrechungen) Arbeitslosengeld und danach (gleichfalls mit Unterbrechungen) bis zum 22. Juli 1994 Notstandshilfe. Am 25. Juli 1994 beantragte sie neuerlich Notstandshilfe.
Mit Bescheid vom 22. August 1994 gab das Arbeitsamt Versicherungsdienste Wien dem Antrag gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 38 und 12 Abs. 3 lit. f AlVG keine Folge. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe Folgendes ergeben:
"Sie sind kein Werkstudent".
Der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin als Studentin gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG nicht als arbeitslos gelte und die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 12 Abs. 4 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 nicht erfüllt seien, weil im Falle der Beschwerdeführerin die "Parallelität von Studium und letztem Dienstverhältnis" lediglich vom 27. Mai 1991 bis zum 31. Mai 1991 und "sohin kürzer als sechs Monate" gedauert habe.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der geltend gemacht wird, die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 AlVG für die Zulassung einer Ausnahme seien erfüllt gewesen.
Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat u.a. in diesem Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 25. April 1995, Zl. A 22/95, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, näher angeführte Satzteile des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG in der Stammfassung, BGBl. Nr. 609/1977, sowie des § 12 Abs. 4 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994 als verfassungswidrig aufzuheben.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 7. März 1996, G 72/95 u.a., den verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes nicht angeschlossen und demgemäß u.a. den gegenständlichen Antrag abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125, hat sich der Verwaltungsgerichtshof - unter Einbeziehung der Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes, auf Grund derer dieser die verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes nicht geteilt hat - ausführlich mit der Interpretation des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG in der Stammfassung und des § 12 Abs. 4 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 (die der hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994 im maßgebenden Zusammenhang vollkommen gleicht) befasst und ist dabei - soweit es im Beschwerdefall von Bedeutung ist - zum Ergebnis gelangt, dass bezogen auf einen dem "Studium" im Sinne des § 12 Abs. 4 AlVG obliegenden Arbeitslosen für die Dauer seines Studiums die (nicht im Ermessen der Behörde stehende) Zulassung einer Ausnahme (von der in § 12 Abs. 3 lit. f AlVG vorgesehenen Verneinung der Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit) gemäß § 12 Abs. 4 AlVG die Parallelität von Studium und arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung in mehr als 18 Wochen grundsätzlich im letzten Jahr vor Eintritt der Arbeitslosigkeit voraussetzt. Nach diesem Erkenntnis, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, genügt unter dem hier maßgebenden Gesichtspunkt des in der Vergangenheit erbrachten Erweises einer objektiven Vereinbarkeit zwischen Studium und arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung auch ein Werkstudium während mehrerer, im Wesentlichen ununterbrochener arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse, deren letztes grundsätzlich unmittelbar der Arbeitslosigkeit vorangegangen sein muss und vom Arbeitslosen nicht zwecks Fortsetzung des Studiums freiwillig gelöst worden sein darf.
Unter dem Eintritt der Arbeitslosigkeit ist nach dem Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/08/0134, im Regelfall der Tag zu verstehen, der dem Tag der Beendigung des letzten arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses folgt, das für die Erfüllung der Anwartschaft für die betroffenen Leistungen der Arbeitslosenversicherung von Bedeutung ist.
Mit dieser Interpretation der hier anzuwendenden Rechtslage vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, steht die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Rechtsauffassung der belangten Behörde, wonach einerseits das letzte Dienstverhältnis vor der Antragstellung - und nur dieses - für den Nachweis der erforderlichen Parallelität von Beschäftigung und Studium heranzuziehen sei und andererseits diese Parallelität sechs Monate hindurch bestanden haben müsse, nicht im Einklang. Die belangte Behörde hat sich auf Grund ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht nur mit dem letzten, nur wenige Tage dauernden Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin auseinander gesetzt und es unterlassen, die für die Entscheidung des Falles unter den zuvor dargestellten Gesichtspunkten erforderlichen Feststellungen über frühere Dienstverhältnisse der Beschwerdeführerin zu treffen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Nach der Aktenlage scheint das letzte für den strittigen Anspruch auf Notstandshilfe anwartschaftsbegründende Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin am 5. Juni 1990 geendet zu haben. In den davor liegenden 52 Wochen scheint die Beschwerdeführerin neben ihrem (seit dem Wintersemester 1989/90 hinsichtlich der Studienrichtung unveränderten) Studium in den Zeiträumen November und Dezember 1989, Jänner bis März 1990 und April bis Juni 1990 insgesamt 141 Tage und somit mehr als 18 Wochen in Beschäftigungsverhältnissen gestanden zu sein, wobei die erste der zwischen diesen Beschäftigungen liegenden Unterbrechungen sich auf die Zeit zwischen dem 25. Dezember 1989 und dem 7. Jänner 1990 beschränkte und die zweite zwar einen Monat geringfügig überstieg, nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes unter den hier maßgeblichen Gesichtspunkten der Annahme eines Werkstudiums aber noch nicht entgegenstünde (vgl. zu dieser Thematik etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1997, Zl. 96/08/0150 und Zl. 96/08/0146). Ausgehend von diesem Sachverhalt wäre die für die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 12 Abs. 4 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung erforderliche Parallelität von Beschäftigung und Studium während des maßgeblichen Beobachtungszeitraumes daher gegeben gewesen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. November 2000
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