VwGH 96/05/0148

VwGH96/05/014830.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Karin Seeliger in Bad Goisern, vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Diethard Schimmer, Rechtsanwälte in Wien XIII, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. April 1996, Zl. BauR-011645/1-1996 Ru/Lg, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Bad Goisern, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
BauO OÖ 1994 §2 Z4;
BauO OÖ 1994 §30 Abs5;
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §39 Abs1;
ROGNov OÖ 1996 Art1;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
BauO OÖ 1994 §2 Z4;
BauO OÖ 1994 §30 Abs5;
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §39 Abs1;
ROGNov OÖ 1996 Art1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. August 1987 wurde der Beschwerdeführerin die Baubewilligung für die Errichtung eines Garagen- und Wirtschaftsgebäudes auf dem Grundstück Nr. 348/2, KG Lasern, erteilt. Mit den Hauptabmessungen von 6,50 m mal 9 m sollte eine Doppelgarage mit angebautem Lager in Massivbauweise errichtet werden. Im Dachboden war eine Übermauerung von 1,40 m bis zur Mauerpfettenoberkante vorgesehen. Der Dachstuhl sollte eine Neigung von 42 Grad aufweisen. Mit Bescheid vom 28. November 1988 wurde die Benützungsbewilligung erteilt, unter Punkt 2 der Auflagen wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem genehmigten Objekt ausschließlich um ein Garagen- und Wirtschaftsgebäude handle, das nicht für Wohnzwecke bestimmt sei.

Mit einem am 24. Juli 1995 bei der mitbeteiligten Marktgemeinde eingelangten Ansuchen beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Baubewilligung für den Dachgeschoßausbau des Nebengebäudes (Doppelgarage). Vorgesehen war der Einbau eins 35,10 m2 großen Zimmers sowie eines 5,76 m2 großen Bades mit WC. Während für das ursprünglich genehmigte Garagengebäude im Akt keine genehmigten Baupläne einliegen, weist der nunmehrige Bauplan für den Dachgeschoßausbau das "Nebengebäude" mit zwei Fenstern im Erdgeschoß als Bestand aus.

Mit Bescheid vom 31. Juli 1995 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde das Ansuchen der Beschwerdeführerin betreffend den Dachbodenausbau gemäß § 30 Abs. 6 der Oö Bauordnung 1994 "zurückgewiesen". Dies wurde damit begründet, dass das Bauvorhaben der Baubewilligung für das Nebengebäude vom 28. August 1987 und dem Kollaudierungsbescheid vom 28. November 1988 insofern widerspreche, als das Nebengebäude als Garagen- und Wirtschaftsgebäude bewilligt worden sei und deshalb auch im Kollaudierungsbescheid ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass es sich bei dem Objekt ausschließlich um ein Garagen- und Wirtschaftsgebäude handle, das nicht für Wohnzwecke bestimmt sei.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 18. Oktober 1995 den erstinstanzlichen Bescheid laut seinem Spruch bestätigt und gleichzeitig das "Bauvorhaben gemäß § 30 Abs. 6 der Oö Bauordnung 1994 abgewiesen". Zur Begründung wurde ausgeführt, da das Grundstück, auf welchem das Garagen- bzw. Wirtschaftsgebäude errichtet sei, im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligte Marktgemeinde als Grünland gewidmet sei, stehe das geplante Bauvorhaben im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 11. April 1996 abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 18 Abs. 5 Oö ROG 1972 dürften im Grünland nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung (Abs. 2 bis 4) dienten. Auch der Dachbodenausbau sei unter den Begriff des "Errichtens" zu subsumieren, zum Einwand der Beschwerdeführerin betreffend die Zulässigkeit von Aufenthaltsräumen im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb sei zu bemerken, dass durch den Einbau der genannten Räume quasi eine "Hofstätte" begründet würde, wobei sich deren Unzulässigkeit daraus ergebe, dass bei der gegebenen Grundstücksgröße eine planvolle und grundsätzlich auf Gewinn gerichtete landwirtschaftliche Tätigkeit, sei es auch nur im Nebenerwerb, auch ohne Sachverständigengutachten ausgeschossen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus dem Spruch des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde geht hervor, dass dieser Berufungsbescheid vom Gemeinderat erlassen wurde. Dagegen, dass der Bürgermeister den Bescheid unterfertigt hat, bestehen keine rechtlichen Bedenken, da ein Intimationsbescheid, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, zulässig ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 31. August 1999, Zl. 99/05/0057).

Die Baubehörde erster Instanz hat das Baugesuch der Beschwerdeführerin mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Bauvorhaben der erteilten Baubewilligung sowie dem "Endkollaudierungsbescheid" widerspreche. Damit hat die Behörde erster Instanz aber verkannt, dass grundsätzlich auf Grund einer einmal erteilten Baubewilligung eine weitere Baubewilligung für einen Um- oder Zubau oder auch eine Änderung des Verwendungszweckes in Betracht kommt, ein solches Änderungsgesuch ist daher inhaltlich zu prüfen. Wenn der Erteilung der begehrten Baubewilligung Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes entgegenstehen, ist aber mit einer Abweisung des Gesuches vorzugehen. Eine Zurückweisung eines Baugesuchs im Zusammenhang mit einer bereits erteilten Baubewilligung kommt etwa dort in Betracht, wo es sich um "res judicata" handelt, das heißt, dass sich ein neues Baugesuch inhaltlich von einem bereits rechtskräftig erledigten Baugesuch nicht unterscheidet und keine Änderung der Rechtslage eingetreten ist.

Im Falle der Zurückweisung eines Antrages ist Sache der Berufungsentscheidung gemäß § 66 Abs. 4 AVG nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Der Berufungsbehörde ist es verwehrt, den unterinstanzlichen Bescheid in eine Sachentscheidung abzuändern (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, auf Seite 566 zu E 71 zitierte hg. Judikatur). Nur dort, wo sich die Behörde erster Instanz offensichtlich lediglich im Ausdruck vergriffen hat und einen Antrag inhaltlich erledigt hat, ist die Berufungsbehörde zur meritorischen Behandlung berechtigt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1993, Zl. 92/07/0068).

Da im Beschwerdefall aber kein Vergreifen im Ausdruck durch die Behörde erster Instanz vorlag, sondern die Behörde offensichtlich davon ausgegangen ist, dass auf Grund einer bereits erteilten Baubewilligung deren Abänderung nicht möglich ist, hätte die Berufungsbehörde den erstinstanzlichen Bescheid aufheben müssen.

Da die belangte Behörde dies nicht erkannt und infolgedessen die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates abgewiesen hat, belastete sie schon aus diesem Grund ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass auf das gegenständliche Bauvorhaben die Bestimmungen des Öö ROG 1972 anzuwenden seien. Wie der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, Zl. 97/05/0140, ausgesprochen hat, stellte die Oö Raumordnungsgesetz-Novelle 1996, LGBl. Nr. 78, klar, dass der Oberösterreichische Landesgesetzgeber das Raumordnungsgesetz 1994 so verstanden wissen wollte, dass eine Änderung des Inhaltes von Flächenwidmungsplänen, die vor Inkrafttreten des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 erlassen wurden, bewirkt wurde.

Gemäß § 30 Abs. 1 des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 sind alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen als Grünland zu widmen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind, und nicht zum Ödland gehören, im Flächenwidmungsplan gesondert zu widmen. Die Abs. 5 und 6 Z. 1 des § 30 Oö ROG 1994 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 83/1997 lauteten wie folgt:

"(5) Im Grünland dürfen nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen (Abs. 2 bis 4). Auszugshäuser dürfen, soweit die Wohnbedürfnisse im Rahmen des Ausgedinges nicht im land- und forstwirtschaftlichen Hauptgebäude sichergestellt werden können oder ein Zubau nicht möglich ist, nur im unmittelbaren Nahbereich der land- und forstwirtschaftlichen Wohn- oder Wirtschaftsgebäude errichtet werden; die Ver- und Entsorgung muss sichergestellt sein. Die Eröffnung einer eigenen Einlagezahl für das Auszugshaus im Grundbuch ist unzulässig; § 7 Abs. 6 Oö Bauordnung gilt sinngemäß.

(6) Im Grünland, das für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt ist, können durch Sonderausweisungen im Flächenwidmungsplan (Abs. 4) in Ausführung und Übereinstimmung mit dem örtlichen Entwicklungskonzept folgende Verwendungen für bestehende land und forstwirtschaftliche Gebäude für zulässig erklärt werden:

1. die Verwendung von Hauptgebäuden zu Wohnzwecken, beschränkt auf zwei Wohneinheiten, soweit die Ver- und Entsorgung sichergestellt ist; Instandsetzungs- und Umbaumaßnahmen dürfen vorgenommen werden, wenn dadurch das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes erhalten bleibt und das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigt wird."

Die Beschwerdeführerin bezieht sich nun darauf, dass gemäß § 30 Abs. 6 Z. 1 des hier anzuwendenden Oö ROG 1994 Instandsetzungs- und Umbaumaßnahmen vorgenommen werden dürfen, wenn dadurch das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes erhalten bleibe, was in ihrem Fall gegeben sei.

Zu diesem Beschwerdevorbringen ist anzumerken, dass die als Voraussetzung dieser Bestimmung in § 30 Abs. 6 ROG 1994 geforderte Sonderausweisung nicht aktenkundig ist; im Übrigen ist der Ausbau eines Dachgeschoßes in einen Wohnraum und einen Baderaum mit WC, der sich über das gesamte Dachgeschoß (mit Ausnahme jenes Raumteiles, den die Stiege einnimmt) erstreckt, ein Umbau im Sinne des § 2 Z. 4 der Öö BauO 1994. Ein derartiger Umbau wäre dann zulässig, wenn ein Nebengebäude umgebaut werden soll, das ein land- und forstwirtschaftliches Gebäude war, wofür die bisherige Aktenlage keinen Hinweis enthält. Auch die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren nie behauptet, dass die als Nebengebäude bewilligte "Doppelgarage mit Wirtschaftsraum" (der nach den nunmehr vorgelegten Plänen ein Ausmaß von 2,40 m mal 6 m aufweist, in welchem auch die Stiege in den Dachraum untergebracht ist) ursprünglich im Rahmen eines Landwirtschaftsbetriebes errichtet worden sei.

Dass ein solcher Umbau eine "Errichtung" im Sinne des § 30 Abs. 5 ROG darstellt, ergibt sich nunmehr, worauf der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. Oktober 1998, Zl. 98/05/0136, hingewiesen hat, aus der vom Gesetzgeber vorgenommenen authentischen Interpretation durch § 40 Abs. 5 ROG in der Fassung LGBl. Nr. 83/1997:

"Soweit in diesem Landesgesetz, insbesondere in den §§ 21 bis 24 und 30, von der Errichtung von Bauten und Anlagen die Rede ist, ist darunter die Ausführung aller nach der O.ö. Bauordnung 1994 bewilligungs- und anzeigepflichtigen Bauvorhaben zu verstehen."

Allein deshalb, weil die belangte Behörde die Überschreitung der Befugnisse der Berufungsbehörde nicht wahrnahm, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. Mai 2000

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