VwGH 96/05/0061

VwGH96/05/006125.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der ÖKO Techna Entsorgungs- und Umwelttechnik GesmbH in Wien, vertreten durch Dr. Erich Hermann, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 6-8, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Jänner 1996, Zl. R/1-V-95073/00, betreffend einen Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Wiener Neudorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs2;
BauO NÖ 1976 §109 Abs3;
BauO NÖ 1976 §109;
BauO NÖ 1976 §113;
BauRallg;
AVG §59 Abs2;
BauO NÖ 1976 §109 Abs3;
BauO NÖ 1976 §109;
BauO NÖ 1976 §113;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Marktgemeinde in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Marktgemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt auf den Grundstücken Nr. 477/1, EZ 315, und Nr. 478/1, EZ 731, beide KG Wiener Neudorf, eine Recyclinganlage für Bauschutt. Die Anlage besteht aus Brechereinrichtungen mit mobiler Vorsieb- und Brecheranlage, mobiler Siebanlage, mobilen Förderbändern, einem auf Kufen aufgestellten Magnetabscheider, zwei Stahlblechkontainern für die Aufbewahrung von Kleinteilen und Werkzeugen sowie zur Unterbringung des Stromaggregates, und einer Bauhütte als Aufenthaltsraum für die Arbeitnehmer. Weiters sind auf den genannten Liegenschaften Altasphalt- und Betonbruch gelagert. Hinsichtlich dieser Anlage verfügt die Beschwerdeführerin über eine Betriebsanlagengenehmigung und über eine wasserrechtliche Bewilligung. Um eine Baubewilligung hat sie ursprünglich nicht angesucht, weil sie sich auf den Standpunkt stellte, dass es sich um eine mobile Anlage handle.

Mit Schreiben vom 17. Juni 1993 ersuchte die Beschwerdeführerin um die Erteilung der Baubewilligung für Umbaumaßnahmen an den auf dem Betriebsgelände befindlichen Kanalschächten eines öffentlichen Abwasserkanals (Brunner-Sammler). Konkret wurde die Bewilligung dafür beantragt, die drei in der Betriebsfläche liegenden Schächte mit befahrbaren Deckeln ausstatten zu können, wobei die Schachtköpfe zusätzlich mit einem Magerbetonkranz verstärkt würden bzw. in einem Fall ein bisher fehlender Schachtkopf neu hergestellt würde.

Das anschließende Bauverfahren führte dazu, dass nicht nur das gegenständliche Ansuchen abgewiesen, sondern auch die Konsenswidrigkeit der gesamten Anlage festgestellt und entsprechende Aufträge erteilt wurden. Der Spruch des im Instanzenzug ergangenen Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 20. März 1995 lautet auszugsweise wie folgt:

"...

B) Gemäss § 113, Abs. 2 Ziffer 3 lit.a NÖ. Bauordnung in Verbindung mit § 2 Zif. 5 Nö.Bauordnung in Verbindung mit § 16 Abs 5 NÖ Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 8000-8 (NÖ.ROG) und § 3 Abs. 3 NÖ BO sowie gemäss § 109 Abs. 3 NÖ BO in Verbindung mit § 93 Zif. 4 NÖ BO sowie § 112 Abs. 1 NÖ BO werden die Absätze II und III des Spruches vom 7.7.1994 wie folgt neu gefasst:

a) Gemäss obzitierten Bestimmungen wird der ...(Beschwerdeführerin) als Betreiberin der Anlage sowie der ...

als Grundeigentümerin der Abbruch nachstehend angeführter Bauwerke auf den Grundstücken Parz. Nr. 477/1, EZ 315 und Parz. Nr. 478/1, EZ 731, beide KG Wiener Neudorf, angeordnet:

Gesamte Recyclinganlage auf obgenannten Parzellen, im Einzelnen bestehend aus Brechereinrichtungen mit mobiler Vorsieb- und Brecheranlage, mobiler Siebanlage, mobilen Förderbändern, einem Magnetabscheider auf Kufen aufgestellt, zwei Stahlblechkontainer für die Aufbewahrung von Kleinteilen und Werkzeugen sowie zur Unterbringung des Stromaggregates, eine Bauhütte als Aufenthaltsraum für die Arbeitnehmer.

b) Der ...(Beschwerdeführerin), als Betreiberin der Anlage, sowie der ... , als Grundeigentümerin wird die Räumung der Lagerflächen für Altasphalt- und Betonbruch auf den Grundstücken Parz. Nr. 477/1, EZ 315 Parz. Nr. 478/1, EZ 731, KG Wiener Neudorf sowie die Räumung beider Parzellen von Fahrzeugen angeordnet;

...

C) Pkt.IV des Bescheides vom 7.7.1994 wird wie folgt geändert:

a) Gemäss § 113 NÖ BO wird für die unter Pkt. Ba) festgesetzten Massnahmen eine Frist von 24 Wochen;

b) gemäss § 109 NÖ BO wird für die unter Pkt. Bb) festgesetzten Massnahmen eine Frist von 24 Wochen und ..."

In seiner Begründung verwies der Gemeinderat auf die eingeholten Gutachten und gelangte zum Ergebnis, dass eine bauliche Anlage im Sinne der Nö BauO vorliege und dass hinsichtlich der Lagerung die Grenzen des § 93 Z. 4 Nö BauO für Lagerflächen bei weitem überschritten worden seien. Dies gelte auch hinsichtlich der dauernden Verwendung des Grundstückes als Abstellplatz für Fahrzeuge. Hätte die Beschwerdeführerin um eine Baubewilligung für die Recyclinganlage angesucht, so wäre die Anlage nicht bewilligungsfähig gewesen, weil sich das Grundstück im Bereich einer Aufschließungszone befinde und Bauführungen nicht zulässig seien, ebenso wenig sei es zulässig, die Liegenschaft als Lagerplatz zu verwenden. Daher sei auch die Abänderung an den Kanaldeckeln nicht bewilligungsfähig gewesen. Hinsichtlich der vorgeschriebenen Fristen berief sich die Berufungsbehörde auf das bautechnische Gutachten, wobei in der Berufung gegen die Vorschreibung solcher Fristen keine Einwendungen vorgebracht worden waren.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung bekämpfte die Beschwerdeführerin u.a. den Punkt C) a) und b) hinsichtlich der Ausführungsfristen. Eine Frist von 24 Wochen sei technisch nicht einhaltbar und auch vom gesamtwirtschaftlichen Standpunkt "kontraproduktiv". In der Vorstellung wird die besondere Bedeutung dieser Recyclinganlage in diesem Zusammenhang hervorgehoben. Die Punkte B) a) und B) b) des Berufungsbescheides blieben unbekämpft.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Vorstellung, was die Punkte C) a) und b) des Berufungsbescheides betrifft, als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Schreiben vom 22. Februar 1995 zum Ausdruck gebracht, dass die Anlage innerhalb von rund sieben Wochen "abgebaut, an einem anderen Standort verwendet und wieder aufgebaut" werden könne. Es sei daher nicht erkennbar, warum eine Frist von 24 Wochen zur Entfernung der gesamten Recyclinganlage nicht ausreichen solle. Hinsichtlich der Frist für die Räumung der Lagerflächen sei ohne nähere Begründung behauptet worden, dass diese Frist technisch nicht einhaltbar sei.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, "die Abtragung von Baulichkeiten und gelagertem Material nur aufgrund anwendbarer gesetzlicher Anordnungen und innerhalb angemessener Frist vornehmen zu müssen". Die Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerde wörtlich aus: "Gegenstand dieser Beschwerde sind nur noch die Punkte C a) und b) des angefochtenen Bescheides, mit denen gemäß § 113 bzw. § 109 NÖ BauO Fristen von jeweils 24 Wochen gesetzt wurden. Der Bescheid wird in den Punkten C a) und b) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes angefochten."

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 59 Abs. 2 AVG ist im Spruch eines Bescheides, mit welchem die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen wird, zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen.

Da insbesondere die Punkte B a) und b) des Berufungsbescheides nicht Gegenstand der Vorstellung waren, war die belangte Behörde im Zusammenhang mit dem Abbruchauftrag und dem Auftrag zur Räumung der Lagerflächen lediglich zur Entscheidung darüber berufen, ob die vom Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde in den Punkten C a) und b) des Berufungsbescheides jeweils gesetzte Frist angemessen gewesen ist oder nicht. War aber zulässiger Gegenstand des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides betreffend die beiden soeben genannten Aufträge lediglich die Angemessenheit der Frist, so kann auch vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr die Rechtswidrigkeit dieser Aufträge an sich geltend gemacht werden, weil insoferne die belangte Behörde keine Rechte der Beschwerdeführerin verletzen konnte.

Zu prüfen war lediglich, ob die Beschwerdeführerin aus objektiver Sicht zur Realisierung der angeordneten Maßnahmen im festgesetzten Zeitraum im Stande war. Dass die Erfüllung dieser Aufträge der Beschwerdeführerin innerhalb der eingeräumten Frist nicht möglich gewesen wäre, behauptet sie nicht einmal in der Beschwerde. Sie bringt zu der von ihr behaupteten Unangemessenheit der Frist nichts Konkretes vor; wenn die Beschwerdeführerin selbst immer von einer mobilen Anlage ausgegangen ist, ist es nicht verständlich, warum eine Frist von 24 Wochen zur Entfernung nicht ausreichen sollte.

Die Erfüllungsfrist zur Durchsetzung ist angemessen, wenn innerhalb derselben die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können (hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1997, Zl. 96/05/0266, mit einem weiteren Nachweis). Die Dauer der Frist hat sich nach den vorzunehmenden Arbeiten zu richten, nicht nach den mit der Beseitigung nur mittelbar zusammenhängenden Folgen (hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1989, Zl. 84/05/0195).

Für die Berücksichtigung einer allenfalls geplanten Änderung des Flächenwidmungsplanes besteht im Gesetz keine Grundlage. Dass die Entfernung der Recyclinganlage innerhalb zu kurzer Frist ohne Ersatzlösung unter Umständen ein volkswirtschaftlich sinnloser Aufwand wäre, war als mittelbare wirtschaftliche Folge keineswegs für die Frage der Angemessenheit der Frist maßgeblich. Die Frist war nach der Dauer der Durchführung der aufgetragenen Arbeiten, nicht nach der Dauer der Suche nach einem Ersatz für die gegenständliche Anlage und auch nicht nach der Dauer eines Umwidmungsverfahrens betreffend die Betriebsgrundstücke zu bemessen. Ob die Grundflächen, auf denen sich derzeit die Anlage befindet, für die sie im Sinne der Beschwerdeausführungen "grundsätzlich bestens geeignet" sind, "da die Lage unmittelbar neben der Autobahn ein großes Einzugsgebiet von Wien bis Wiener Neustadt erschließt", und "die Anlage vom gegenwärtigen Standpunkt niemanden stört", ist für die Frage der Angemessenheit der Frist schon deshalb unerheblich, weil - wie die Beschwerdeführerin selbst in der Beschwerde einräumt - die Anlage der "derzeitigen" (maßgeblichen) Flächenwidmung widerspricht.

Abgesehen davon, dass der Bauauftrag selbst nicht Gegenstand der Beschwerde ist, sei darauf hingewiesen, dass § 109 Abs. 3 NÖ BauO 1976 als Rechtsgrundlage für die Erlassung eines Auftrages zur Entfernung konsenslos gelagerter Materialien sehr wohl in Frage kommt; es ist unzulässig, diesen Auftrag auf § 113 NÖ BauO zu stützen (hg. Erkenntnis vom 21. April 1981, Zl. 05/2619/79).

Die Beschwerde erwies sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Marktgemeinde hinsichtlich des Vorlageaufwandes war abzuweisen, da gemäß § 48 Abs. 3 VwGG ein derartiger Kostenersatz nicht vorgesehen ist.

Wien, am 25. Jänner 2000

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