VwGH 95/18/1365

VwGH95/18/136518.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der am 18. März 1956 geborenen H S in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Herndl, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Tulpengasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. Juli 1995, Zl. SD 875/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 5. Juli 1995 wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sowie ihre drei Kinder hätten aufgrund eines Einwanderungsantrages vom österreichischen Generalkonsulat in Istanbul am 17. Juni 1992 einen Sichtvermerk erhalten, der bis zum 10. April 1993 Gültigkeit gehabt hätte. Aufgrund dieser Aufenthaltsberechtigung sei die Beschwerdeführerin mit ihren Kindern am 20. Juni 1992 in das Bundesgebiet eingereist, habe jedoch am 1. Juli 1992 für sich und ihre Kinder einen Asylantrag gestellt. Abgesehen davon, dass dieser Antrag mittlerweile rechtskräftig abgewiesen worden sei, sei der Beschwerdeführerin - entgegen ihrer offenbaren Rechtsmeinung - eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 nicht zugekommen. Wie oben dargelegt, sei sie am 20. Juni 1992 in das Bundesgebiet eingereist und habe erst am 1. Juli 1992, also nach mehr als einer Woche, einen Asylantrag gestellt. Sohin könne sie sich auch nicht mit Erfolg auf das Bestehen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 berufen. Es stehe daher fest, dass sich die Beschwerdeführerin seit Ablauf des ihr erteilten Sichtvermerkes (10. April 1993) unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sodass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG gegeben seien.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 leg. cit. betreffe, so liege im Hinblick auf die familiären Bindungen der Beschwerdeführerin (Gatte und drei Kinder) zweifellos ein mit dieser Maßnahme verbundener Eingriff in ihr Privat- und Familienleben vor.

Dessen ungeachtet sei aber die Ausweisung der Beschwerdeführerin zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im Besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der mehr als zweijährige unrechtmäßige Aufenthalt der Beschwerdeführerin, vor allem aber ihr weiterer Verbleib im Bundesgebiet trotz und nach der rechtskräftigen Abweisung ihrer Anträge nach dem "Asyl- bzw. Aufenthaltsgesetz", gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Hiezu komme, dass der Beschwerdeführerin - mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierten Voraussetzung, dass ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vor der Einreise vom Ausland zu stellen sei - auch nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden dürfe. Eine Abstandnahme von der Ausweisung würde der Beschwerdeführerin entgegen der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zu Grunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde; die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt daher vorliegend nicht zum Tragen.

2. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Feststellung der belangten Behörde, dass der der Beschwerdeführerin erteilte Sichtvermerk seine Gültigkeit am 10. April 1993 verloren habe, die Beschwerdeführerin danach eine Aufenthaltsberechtigung nicht mehr habe erlangen können, und weiters ihr Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden sei.

Vor diesem Hintergrund begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass im Fall der Beschwerdeführerin der Tatbestand des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG erfüllt sei, keinem Einwand.

3.1. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin hätte aber im Grunde des § 19 FrG ihre Ausweisung nicht erfolgen dürfen. Diesbezüglich verweist sie darauf, dass ihr Ehemann sich seit 1990 legal in Österreich aufhalte, über eine Beschäftigungsbewilligung verfüge und einer geregelten Arbeit nachgehe. Sein Einkommen decke sowohl ihren Unterhalt als auch den der gemeinsamen minderjährigen Kinder ab. Die Beschwerdeführerin sei demnach wirtschaftlich abgesichert. Eine Ausweisung würde hingegen einen nicht wieder gutzumachenden Schaden für ihr Privat- und Familienleben bedeuten:

Ihr Ehemann wäre gezwungen, in Österreich zurückzubleiben, weil seine Rückkehr in die Türkei die wirtschaftliche Existenz (der Familie) zerstören würde. Auch die Kinder müssten in Österreich bleiben, weil die sie erwartenden Lebensbedingungen in der Türkei unzumutbar wären. Der Ehemann der Beschwerdeführerin wäre aber nicht in der Lage, für die Pflege und Erziehung der Kinder zu sorgen, weil er einer Erwerbstätigkeit nachgehen müsse.

3.2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg.

Unter der - im Hinblick darauf, dass sich der Ehemann der Beschwerdeführerin und die drei gemeinsamen Kinder im Bundesgebiet aufhalten - zutreffenden Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde ebenso zutreffend darauf hingewiesen, dass der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 2. März 1999, Zl. 97/18/0383). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat die Beschwerdeführerin durch ihren unberechtigten Aufenthalt in der Dauer von zwei Jahren und drei Monaten, den sie unbestritten auch nach rechtskräftiger Abweisung ihres Asylantrages fortgesetzt hat, erheblich beeinträchtigt. Die ins Treffen geführten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin vermögen das angesichts dieser gravierenden Rechtsverletzung gegebene große öffentliche Interessen an ihrer Ausweisung nicht zu überwiegen. Auch mit dem Hinweis, der Ehemann und die Kinder der Beschwerdeführerin wären aus den dargelegten Gründen gezwungen in Österreich zu bleiben, der Ehemann könne jedoch wegen seiner Erwerbstätigkeit nicht für die Pflege und Erziehung der Kinder sorgen, ist für die Beschwerde nichts gewonnen, ist doch jedenfalls in Hinblick auf das Alter der (nach Ausweis der Verwaltungsakten - vgl. Aktenblatt 20 - am 21. März 1978, 23. Jänner 1980 und 25. Mai 1984 geborenen) Kinder von einer Unvereinbarkeit der Erwerbstätigkeit des allein erziehenden Elternteiles mit den Erfordernissen der Pflege und Erziehung nicht ohne weiteres auszugehen.

4. Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Jänner 2000

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