VwGH 95/13/0182

VwGH95/13/018228.6.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde 1. der M & Co KG und 2. der T, beide in W und vertreten durch Dr Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien I, Stock im Eisenplatz 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom 23. Juni 1995, Zl 16-93/3058/08, betreffend Feststellung der Einkünfte und Gewerbesteuer 1988,

Normen

BAO §162;
BAO §191 Abs3;
GewStG §4 Abs1;
GewStG §6;
VwGG §34 Abs1;
BAO §162;
BAO §191 Abs3;
GewStG §4 Abs1;
GewStG §6;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird hinsichtlich Gewerbesteuer 1988 zurückgewiesen, und

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer bei der erstbeschwerdeführenden GmbH & Co KG - bei der Zweitbeschwerdeführerin handelt es sich um die Kommanditistin der KG - durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde ua festgestellt, dass für die im Jahr 1988 geleistete Anzahlung (in Höhe von DM 304.000,--) an die S. AG, Vaduz, Pradapant 7, trotz mehrmaliger Aufforderung kein geeigneter Nachweis über den Zahlungsempfänger bzw Lieferanten habe erbracht werden können. Ein Zusammenhang mit den (diesbezüglich behaupteten) Lieferungen (der A im Wert von DM 381.000,--) an die I...pex in Sofia sei nicht herzustellen. Es handle sich vielmehr um ein Scheingeschäft, da selbst in der Buchhaltung (nur) eine Rückstellung für den angeführten Wareneinkauf gebildet worden sei. Die Rückstellung sei daher "unbegründet".

Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers, nahm das Verfahren hinsichtlich Feststellung der Einkünfte und Gewerbesteuer

1988 wieder auf und erließ neue Sachbescheide, in welchen der aufwandswirksam geltend gemachte Betrag nach Bildung einer Gewerbesteuerrückstellung nicht als Betriebsausgabe anerkannt wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Berufung ab. Gegenständlich sei die erstbeschwerdeführende KG unter Hinweis auf § 162 BAO wiederholt aufgefordert worden, den Empfänger der abgesetzten Beträge genau zu bezeichnen. Die diesbezüglich vorgelegten Belege seien allesamt nicht ausreichend, den Bestimmungen des § 162 BAO Genüge zu tun. Insbesondere existiere weder eine Rechnung der nach den Angaben der Beschwerdeführerin entsprechende Waren liefernden "Fa" A. in Deutschland, noch eine schriftliche Anweisung der A., die Zahlung an die S. AG durchzuführen. Eine derartige Vorgangsweise sei aber im Geschäftsverkehr in höchstem Maße unüblich, weil ohne Nachweis einer Forderungsabtretung an einen Dritten die Zahlung unter Umständen keine schuldbefreiende Wirkung entfalte. Bemerkenswert sei auch, dass Herr C. von der A. die S. AG nicht kenne und den strittigen Geschäftsfall überhaupt bestreite. Unter Berücksichtigung der Angaben der Erstbeschwerdeführerin, Empfängerin sei die S. AG, Vaduz, Pradapant 7 gewesen, und der Ermittlungen des Prüfers, wonach an der angegebenen Adresse keine S. AG existiere, die "Firma" auch keine Aktivitäten entfalte und hinsichtlich einer S. AG weder eine Telefonnummer noch eine Adresse habe ausfindig gemacht werden können (laut Auskunft der Finanzlandesdirektion sei die S. AG "nicht einmal eine Briefkastenfirma in Liechtenstein"), folge gemäß § 162 BAO daraus zwingend, dass die strittige Zahlung nicht anzuerkennen sei, weil die Erstbeschwerdeführerin den Empfänger der abgesetzten Beträge nicht habe namhaft machen können.

Die Berufung wäre aber auch dann abzuweisen gewesen, wenn "die Bestimmung des § 162 BAO nicht existierte" weil der strittige Geschäftsfall nicht nachvollziehbar sei. So habe "die Nämlichkeitsprüfung zum Ergebnis geführt, dass eine Übereinstimmung zwischen An- und Verkauf nicht zu ermitteln" gewesen sei. Es sei zwar richtig, dass eine Ausgangsrechnung über DM 381.000,-- vorliege, dass dieselben Gegenstände aber um DM 304.000,-- eingekauft worden seien, sei aus den vorgelegten Belegen nicht ersichtlich. Die Erstbeschwerdeführerin sei ihrer im Fall, dass Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland hätten, gegebenen erhöhten Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.

Bescheidaddressatin des angefochtenen Bescheides ist die Erstbeschwerdeführerin. Anders als hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkfünfte (§ 191 Abs 3 BAO) wirkt die Gewerbesteuerfestsetzung nicht gegenüber den Gesellschaftern der Erstbeschwerdeführerin als Mitschuldner (§ 4 Abs 1 GewStG). Da die Zweitbeschwerdeführerin durch die Entscheidung gegenüber der Erstbeschwerdeführerin betreffend Gewerbesteuer in ihren Rechten nicht verletzt werden konnte, war die Beschwerde insoweit gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG zurückzuweisen (vgl Verwaltungsgerichtshof, 14. Dezember 1993, 93/14/0145).

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 162 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten und Aufwendungen abgesetzt werden, verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nach § 162 Abs 2 BAO nicht anzuerkennen.

Die Beschwerdeführerinnen bestreiten nicht, dass die Abgabenbehörde nach § 162 BAO verlangt hat, den Empfänger der als Rückstellung gebuchten Anzahlung genau zu bezeichnen. Sie meinen jedoch, dass der Empfänger des Betrages von DM 304.000,-- sehr wohl genau bezeichnet worden sei. Die S. AG müsse wohl in Vaduz bestehen, weil es ansonsten undenkbar sei, dass eine Geldüberweisung an diese AG auf deren Konto bei der Liechtenstein'schen Landesbank habe durchgeführt werden können. Es sei als notorisch zu unterstellen, dass auch die Abgabenbehörden in Österreich davon in Kenntnis seien, dass bei einer Bank in Liechtenstein, welche noch dazu dem regierenden Fürsten gehöre, nicht das Konto für eine AG eingerichtet werden könne, ohne dass der Bank der rechtliche Bestand dieser juristischen Person nachgewiesen werde. Weder mit dem einen noch mit dem anderen Vorbringen gelingt es aber den Beschwerdeführerinnen, eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung, dass die S. AG im Zeitpunkt der Überweisung tatsächlich und an der angegebenen Adresse in Vaduz nicht existierte, aufzuzeigen. Ob die betreffende Bank anlässlich der Einrichtung eines Kontos entsprechend dargestellte Ermittlungen pflegt, kann nämlich schon deswegen dahingestellt bleiben, weil die Beschwerdeführerinnen nicht behaupten, dass auch noch später, etwa anlässlich einer Geldüberweisung auf das Konto, der aufrechte Bestand der AG geprüft wird. Dies wäre aber erforderlich, um allein aus dem Bestehen eines Kontos bei einer Bank schlüssige Folgerungen auf den aufrechten Bestand einer entsprechenden Gesellschaft ziehen zu können. Besteht die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Überweisung aber nicht (mehr), so ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen auch eine Geldüberweisung an eine andere Person als die AG, etwa an den über das Konto Verfügungsberechtigten, denkbar.

Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführerinnen dahingehend, dass es "denkgesetzlich ein Unding" sei, eine Feststellung (nämlich, dass die S. AG nicht existiere) auf die Auskunft zu gründen, welche die Großbetriebsprüfungsabteilung dem Prüfer erteilt habe, weil die Großbetriebsprüfungsabteilung ja "schon begrifflich" nicht in der Lage sei, von sich aus festzustellen, ob die S. AG existiere. Die Behörde erster Instanz und auch die belangte Behörde hätten die Möglichkeit gehabt, wirksame Ermittlungen beim Bundesamt für Finanzen, Informationszentrale für Auslandsbeziehungen (IZA, Bonn, BRD) einzuholen. Eine solche wirksame Ermittlungsmaßnahme sei jedoch unterblieben, und man habe sich damit begnügt, dass bei der Großbetriebsprüfungsabteilung angefragt worden sei. Bezeichnend hiefür sei, dass vermieden worden sei, anzugeben, woraus die Großbetriebsprüfungsabteilung ihre diesbezüglichen Kenntnisse geschöpft habe.

Diese Rüge ist unberechtigt: Abgesehen davon, dass nach der aktenkundigen Aussage einer Zeugin vom Prüfer die entsprechenden Ermittlungen "via" Großbetriebsprüfungsabteilung angestellt wurden, wurde nach dem Akteninhalt die Auskunft der Finanzlandesdirektion, wonach die S. AG an der angegebenen Adresse nicht existiere, der Erstbeschwerdeführerin vom Prüfer mit Vorhalt vom 6. Juli 1992 zur Kenntnis gebracht, ohne dass diese über die hinter dieser Auskunft stehenden Quellen Aufklärung gefordert hätte. Es ist hiezu lediglich eine Äusserung der Erstbeschwerdeführerin des Inhalts aktenkundig, dass zu dieser Feststellung "nur der Hinweis bleibt", dass seitens der Erstbeschwerdeführerin eine Akkreditivabrechnung und eine entsprechende Kostenverrechnung erfolgt sei. Ohne die Bankusancen in Liechtenstein zu kennen, werde dennoch die Vermutung gewagt, dass die Vorstellung, bei einer Bank könne eine beliebige Person mit erfundenem Namen ein Konto eröffnen, auszuschließen sei. Unter diesen Umständen bestand aber keine Veranlassung, zur Vermeidung einer Verletzung von Verfahrensvorschriften nähere Angaben zu den Quellen der Auskunft zu machen. Im Übrigen ist nicht ohne weiteres nachzuvollziehen, weshalb in Deutschland diesbezüglich bessere oder sogar andere Informationen bestehen könnten als in Österreich und weshalb allenfalls in Deutschland bekannte Informationen nicht auch ohne direkte Anfrage des Prüfers österreichischen Behörden, etwa der Finanzlandesdirektion oder der Großbetriebsprüfungsabteilung zur Verfügung stehen sollten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Aufforderung nach § 162 BAO dann nicht entsprochen, wenn maßgebliche Gründe die Vermutung rechtfertigen, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger sind. Die Unauffindbarkeit und die völlige Unbekanntheit einer Person auch an der angegebenen Adresse- wie sie gegenständlich von der belangten Behörde in aus den angeführten Gründen nicht als rechtswidrig zu erkennender Beweiswürdigung festgestellt worden war - sind ausreichend maßgebliche Gründe für diese Vermutung (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 28. Mai 1997, SlgNF.Nr. 7186/F). Die belangte Behörde durfte daher davon ausgehen, dass eine Nennung des Empfängers im Sinn des § 162 BAO durch die Erstbeschwerdeführerin unterblieben ist. Die mit dem Unterbleiben der Empfängerbenennung verbundene Verweigerung der Anerkennung der entsprechend geltend gemachten Aufwendungen entspricht dem Gesetz.

Soweit die Beschwerdeführerinnen unter Hinweis auf den (jedenfalls von ihr so angegebenen) Zweck der Vorschrift des § 162 BAO, nämlich Gläubiger und Empfänger abgesetzter Schulden und Ausgaben steuerlich erfassen zu können, den Standpunkt vertreten, dass diese Norm dann nicht anzuwenden sei, wenn der österreichische Abgabenbehörde "gar nichts verloren gehe", weil die Zahlung eines Betrages an einen ausländischen Empfänger in Österreich nicht der Besteuerung unterliege, wird damit ein Sachverhalt - nämlich eine Zahlung an einen ausländischen Empfänger, gegenständlich die S. AG - vorausgesetzt, den die belangte Behörde nicht als erwiesen angenommen hat. Vor dem Hintergrund der wie ausgeführt nicht zu beanstandenden Sachverhaltsannahme der belangten Behörde ist der tatsächliche Empfänger vielmehr völlig unbekannt geblieben, weshalb keineswegs ausgeschlossen werden kann, dass der tatsächliche Empfänger der Zahlung in Österreich zur Besteuerung heranzuziehen ist. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist daher schon deshalb nicht geeignet, Bedenken hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 162 BAO bei entsprechendem Auslandsbezug zu wecken (vgl auch das hg Erkenntnis vom 13. Oktober 1999, 93/13/0200, zur Nennung einer liechtensteinischen Briefkastenfirma als Empfänger von Geldbeträgen).

Da schon aus den angeführten Gründen die verweigerte Anerkennung des als Anzahlung verbuchten Geldbetrages als Betriebsausgabe dem Gesetz entspricht, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen zur zusätzlichen, über die Anwendung des § 162 BAO hinausgehenden, ebenfalls zu diesem Ergebnis führenden Begründung des angefochtenen Bescheides.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 28. Juni 2000

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