VwGH 99/18/0292

VwGH99/18/029230.11.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der C K, (geboren am 19. November 1975), in Mittersill, vertreten durch Dr. Michael Kinberger und Dr. Alexander Schuberth, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 21. Jänner 1999, Zl. III-27/98, betreffend Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

NRWO 1992 §42 Abs3;
NRWO 1992 §67 Abs2;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litc;
PaßG 1992 §15 Abs1;
PO §161 idF 1993/169;
NRWO 1992 §42 Abs3;
NRWO 1992 §67 Abs2;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litc;
PaßG 1992 §15 Abs1;
PO §161 idF 1993/169;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 21. Jänner 1999 wurde der Beschwerdeführerin der Reisepass gemäß § 15 Abs 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c und § 16 Abs. 1 Z. 1 PaßG 1992, BGBl. Nr. 839 (PaßG), entzogen.

Nach Wiedergabe des wesentlichen Berufungsvorbringens der Beschwerdeführerin und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass jene mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 12. Dezember 1997 wegen des Vergehens der gerichtlich strafbaren gewerbsmäßigen Schlepperei nach § 81 Abs. 1 und 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 vierter und fünfter Fall Suchtgiftgesetz (SGG) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden sei. Das Gericht habe dabei als erwiesen angenommen, dass die Beschwerdeführerin und weitere Personen im bewussten und gewollten Zusammenwirken gewerbsmäßig und um ihres Vorteils willen Schlepperei begangen sowie daran mitgewirkt hätten. Die Beschwerdeführerin habe im März 1997 insgesamt 15 "Illegale" im Kofferraum ihres PKW's nach Deutschland geschleust. Weiters seien von ihr und weiteren Personen im April 1997 insgesamt 20 "Illegale" durch Verstecken im Kofferraum sowie von ihr im August 1997 insgesamt zwölf solche Personen in die Bundesrepublik Deutschland geschleust worden. Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 23. März 1998 sei die über sie verhängte Freiheitsstrafe auf acht Monate erhöht und davon lediglich ein Strafteil von sieben Monaten bedingt nachgesehen worden.

Die Bestimmung des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c PaßG spreche zwar von einer Benützung des Reisepasses, um die rechtswidrige Ein- bzw. Ausreise eines Fremden "nicht" zu fördern, jedoch sei die Entziehung des Reisepasses als Präventionsmaßnahme vor weiteren Schleppertätigkeiten unabdingbar. Die Beschwerdeführerin habe durch ihre Schleppertätigkeit und die Übertretung nach dem Suchtgiftgesetz in gravierender Weise die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und Suchtgiftwesens verletzt. Da dieses Verhalten den Schluss rechtfertige, sie werde als Inhaberin eines Reisepasses auch in Zukunft gegen das aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften verstoßen bzw. weitere Übertretungen nach dem Suchtgiftgesetz setzen, sei die Passentziehung als Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung deren Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 12. August 1999, B 452/99). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c PaßG ist (u.a.) die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um die rechtswidrige Ein- oder Ausreise eines Fremden zu fördern.

Gemäß § 15 Abs. 1 PaßG ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.

2. Die Beschwerde bestreitet zwar nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Sachverhaltsfeststellungen betreffend die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung und das dieser Verurteilung zugrunde liegende Fehlverhalten der Beschwerdeführerin, sie bringt jedoch vor, dass die Beschwerdeführerin bei diesen Straftaten zu keinem Zeitpunkt ihren Reisepass benützt habe. Diese habe sich den Umstand eines "offenen Europas" im Rahmen der Europäischen Union zunutze gemacht und sei über die offene Staatsgrenze mit dem sicheren Wissen gelangt, dass an der Grenze keine Passkontrolle mehr durchgeführt werde. Im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin bis zu ihrer, im Übrigen einzigen Verurteilung unbescholten gewesen sei, die Strafhaft zu spüren bekommen habe und sich nicht mehr veranlasst sehe, nochmals gegen die österreichischen Strafgesetze zu verstoßen, seien weitere Maßnahmen des Staates, wie die Entziehung ihres Reisepasses, nicht gerechtfertigt.

3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Auch wenn auf Grund des Art. 2 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) die Binnengrenzen zwischen den Mitgliedstaaten dieses Übereinkommens an jeder Stelle ohne Personenkontrollen überschritten werden dürfen, ändert dies nichts daran, dass gemäß § 2 Abs. 1 PaßG österreichische Staatsbürger zur Aus- bzw. Einreise aus dem bzw. in das Bundesgebiet eines gültigen Reisedokumentes bedürfen. Die Möglichkeit, von einem Exekutivorgan auf Grund des Verstoßes gegen die Grenzübertrittsvorschriften betreten und hiebei mangels eines Reisedokumentes eingehender überprüft zu werden, ist somit auch bei einem Grenzübertritt innerhalb des "Schengen-Raumes" gegeben, sodass der Besitz eines Reisepasses einem Schlepper, der - wie die Beschwerdeführerin - den Transport der geschleppten Personen selbst bewerkstelligt, die Tatausführung nicht unwesentlich erleichtert. Ob die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall bei der Begehung der inkriminierten Handlungen, derentwegen sie gerichtlich verurteilt wurde, ihren Reisepass tatsächlich benützt hat, ist daher nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung.

Wenn die Beschwerde vorbringt, dass bei einer einmaligen Übertretung des österreichischen Strafrechtes wegen Schlepperei nicht angenommen werden könne, dass die Beschwerdeführerin ihren Reisepass zur Förderung der Ein- und Ausreise von Fremden in Zukunft verwenden wolle, und daher die Passentziehung nicht gerechtfertigt sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass im vorliegenden Fall von einem (lediglich) einmaligen Verstoß der Beschwerdeführerin gegen die diesbezüglichen Strafvorschriften keine Rede sein kann. Vielmehr hat es die belangte Behörde - zu Recht - als bedeutsam erachtet, dass die Beschwerdeführerin (unbestrittenermaßen) nicht nur im März 1997, sondern auch im April 1997 und im August 1997 jeweils eine Vielzahl von Personen in die Bundesrepublik Deutschland geschleppt hat.

Diese wiederholten Straftaten bilden eine tragfähige Grundlage für die von der belangten Behörde getroffene Annahme iS des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c PaßG. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die über die Beschwerdeführerin verhängte Haftstrafe spezialpräventiv gewirkt habe und weitere Maßnahmen des Staates nicht gerechtfertigt seien, ist ihr zu erwidern, dass die Passentziehung eine administrativ-rechtliche Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung und keine Strafe darstellt. Darüber hinaus ist der seit den besagten Straftaten verstrichene Zeitraum zu kurz, um einen Wegfall oder auch nur eine Minderung der von der Beschwerdeführerin ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung im Zusammenhang mit dem Schlepperunwesen annehmen zu können.

4. Auch das weitere Beschwerdevorbringen, der vorliegend entzogene Reisepass sei das einzige Ausweispapier der Beschwerdeführerin, sie könne nicht einmal einen eingeschriebenen Brief beim Postamt beheben oder an einer Nationalratswahl teilnehmen und es werde ihr Alltagsleben ungerechtfertigt erschwert, ist nicht zielführend. Denn selbst wenn es sich bei dem mit dem angefochtenen Bescheid entzogenen Reisepass um den einzigen, der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestandenen Lichtbildausweis handeln sollte, lässtläßt das Beschwerdevorbringen nicht erkennen, inwieweit es ihr verwehrt sei, auf Grund ihrer Personenstandsdokumente einen anderen Ausweis, so etwa einen Postausweis iS des § 161 der Postordnung, BGBl. Nr. 110/1957 idF der Verordnung BGBl. Nr. 169/1993, zu erlangen. Bei diesem Ausweis handelt es sich um ein taugliches Identitätsdokument iS des § 67 Abs. 2 (vgl. auch § 42 Abs. 3) der Nationalrats-Wahlordnung 1992, BGBl. Nr. 471. Im Übrigen ist bei der Entziehung eines Reisepasses auf die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen keine Rücksicht zu nehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1992, Zl. 92/18/0173, mwN).

5. Die vorliegende Passentziehung ist somit im Grunde des § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c PaßG gerechtfertigt. Im Hinblick darauf kann es dahingestellt bleiben, ob angesichts der rechtskräftigen Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG Grund zur Annahme bestehe, dass sie in Zukunft weitere Straftaten nach dem Suchtmittelgesetz begehen werde, und auch deshalb die Passentziehung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt sei.

6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 30. November 1999

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