VwGH 99/17/0383

VwGH99/17/038318.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der S GmbH, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III der Berufungskommission der Region Linz) vom 12. Mai 1998, Zl. ZRV4/1-L3/98, betreffend Vorschreibung eines Sanktionsbetrages nach Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 , zu Recht erkannt:

Normen

31987R3665 AusfErstLwErz DV Art11 Abs1 idF 394R2945;
31987R3665 AusfErstLwErz DV Art25 Abs2;
31987R3665 AusfErstLwErz DV Art3;
31987R3665 AusfErstLwErz DV Art47 Abs1 idF 394R1829;
31994R1829 Nov-31987R3665 Art1;
61971CJ0094 Schlüter Maak VORAB;
61974CJ0055 Unkel VORAB;
AEG 1994 §2 Abs1;
31987R3665 AusfErstLwErz DV Art11 Abs1 idF 394R2945;
31987R3665 AusfErstLwErz DV Art25 Abs2;
31987R3665 AusfErstLwErz DV Art3;
31987R3665 AusfErstLwErz DV Art47 Abs1 idF 394R1829;
31994R1829 Nov-31987R3665 Art1;
61971CJ0094 Schlüter Maak VORAB;
61974CJ0055 Unkel VORAB;
AEG 1994 §2 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 3. Juli 1997 wurde der Beschwerdeführerin auf Grund der vom Hauptzollamt Innsbruck am 29. August 1995 angenommenen Ausfuhranmeldung mit Erstattungswaren gemäß Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 ein Sanktionsbetrag in Höhe von S 570.279,-- vorgeschrieben. Dies mit der Begründung, als beantragte Erstattung gelte der Betrag, der anhand der Angaben gemäß Art. 3 bzw. Art. 25 Abs. 2 der genannten EWG-Verordnung berechnet werde. Als beantragte Erstattung gelte somit der Betrag, der sich aus den Angaben in der angenommenen Ausfuhranmeldung errechne. Im Beschwerdefall sei nachgewiesen, dass die Ausfuhr der angemeldeten Zuchtrinder nicht erfolgt sei und die beantragte Erstattung nicht zutreffe. Bereits mit der Annahme der Ausfuhranmeldung durch die Ausfuhrzollstelle gelte die Erstattung als beantragt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen und beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen die Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. In der Begründung vertrat die belangte Behörde die Ansicht, die Vorschreibung der Sanktion sei auch zulässig, wenn die zur Ausfuhr angemeldete und zum Ausfuhrverfahren zur Erlangung einer Erstattung (Anführung des Erstattungscodes 9 im Feld 37) abgefertigte Ware nicht ausgeführt und ein gesonderter Erstattungsantrag beim Zollamt Salzburg/Erstattungen noch nicht gestellt worden sei. Bereits die Ausfuhranmeldung, aus der hervorgehe, dass eine Erstattung beantragt werde, reiche für die Sanktionsfolge aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Sanktion verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Ausfuhrerstattungsgesetz (AEG) ist die Erstattung auf Antrag des Ausführers im Sinn des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts zu gewähren. Über den Antrag ist mit Bescheid abzusprechen.

Nach Art. 47 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 idF der Verordnung (EG) Nr. 1829/94 wird die Erstattung auf spezifischen Antrag des Ausführers von dem Mitgliedstaat gezahlt in dessen Hoheitsgebiet die Ausfuhranmeldung angenommen wurde. Der Erstattungsantrag erfolgt

a) entweder schriftlich; die Mitgliedstaaten können hiefür ein besonderes Formblatt vorsehen;

b) oder unter Einsatz von Informatikverfahren nach den von den zuständigen Behörden festgelegten Modalitäten und nach Zustimmung der Kommission.

Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 idF der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 lautet auszugsweise:

"Artikel 11

(1) Wird festgestellt, dass ein Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, so entspricht die für die betreffende Ausfuhr geschuldete Erstattung der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung, vermindert um einen Betrag in Höhe

a) des halben Unterschieds zwischen der beantragten Erstattung und der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung,

b) des doppelten Unterschieds zwischen der beantragten und der geltenden Erstattung, wenn der Ausführer vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat.

Als beantragte Erstattung gilt der Betrag, der anhand der Angaben gemäß Art. 3 bzw. Art. 25 Abs. 2 berechnet wird...

Weisen die zuständigen Behörden nach, dass die beantragte Erstattung nicht zutrifft und die betreffende Ausfuhr nicht erfolgt ist, dass also eine Kürzung der Erstattung ausgeschlossen werden muss, so zahlt der Ausführer den der Sanktion gemäß Buchstabe a) bzw. b) entsprechenden Betrag. ..."

Der zuletzt angeführte fünfte Unterabsatz erster Satz des Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 wurde mit Amtsblatt Nr. L 132 vom 16. Juni 1995 berichtigt und hat folgende Fassung:

"Haben die zuständigen Behörden festgestellt, dass die beantragte Erstattung nicht zutrifft und dass die betreffende Ausfuhr nicht erfolgt ist, dass also eine Kürzung der Erstattung nicht möglich ist, so zahlt der Ausführer den der Sanktion gemäß Buchstabe a) bzw. b) entsprechenden Betrag."

Nach diesen Gemeinschaftsvorschriften bedarf die Erstattung eines spezifischen Antrages. Dieser Antrag ist nach den nationalen Bestimmungen nach erfolgter und bestätigter Ausfuhr mit den gesetzlich vorgesehenen Unterlagen beim Zollamt Salzburg/Erstattungen innerhalb einer bestimmten Frist zu stellen. Über diesen Antrag ist vom Zollamt Salzburg/Erstattungen mit Bescheid abzusprechen. Im Beschwerdefall wurde ein solcher Antrag an das zuletzt genannte Zollamt nicht gestellt. Die vor der Rechtslage der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 idF der VO (EG) Nr. 2945/94 ergangenen Urteile des EuGH vom 6. Juni 1972, Schlüter & Maak, RS 94/71, und vom 22. Jänner 1975, Unkel, RS 55/74, geben keinen Anlass dazu, bereits die Anmeldung als den hier geforderten spezifischen Antrag anzusehen, zumal die den beiden Urteilen zugrundeliegende Rechtslage eine andere war.

In der Ausfuhranmeldung wird ein für die nachfolgende Erstattung erforderliches besonderes Ausfuhrverfahren durch entsprechende Angaben (Codes) beantragt. Die bestätigte Ausfuhranmeldung samt der Bestätigung der erfolgten Ausfuhr über die Austrittszollstelle reichen allein noch nicht aus, eine Erstattung zu erhalten. Es bedarf eines weiteren Antrages bei einer speziell dafür eingerichteten Behörde. Dies ist in Österreich das Zollamt Salzburg/Erstattungen. Ohne einen solchen Antrag erhält der Ausführer keine Ausfuhrerstattung.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 gilt als Tag der Ausfuhr der Zeitpunkt, an dem die Zollbehörden die Ausfuhranmeldung, aus der hervorgeht, dass eine Erstattung beantragt wird, annehmen.

Gemäß Art. 3 Abs. 2 dieser Verordnung ist der Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung maßgebend für a) den anzuwendenden Erstattungssatz, wenn die Erstattung nicht im Voraus festgesetzt wurde, b) die gegebenenfalls vorzunehmenden Berichtigungen des Erstattungssatzes, wenn die Erstattung im Voraus festgesetzt wurde.

Nach Art. 3 Abs. 4 dieser Verordnung ist der Tag der Ausfuhr maßgebend für die Feststellung von Menge, Art und Eigenschaften des ausgeführten Erzeugnisses.

Aus diesen Vorschriften ergeben sich somit die maßgebenden Zeitpunkte für den Erstattungsanspruch und für die bei der Berechnung des Erstattungsbetrages maßgebenden Bemessungsgrundlagen.

Als beantragte Erstattung gilt (daher) nach Art. 11 Abs. 1 zweiter Unterabsatz der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 idF der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Betrag, der anhand der Angaben gemäß Art. 3 bzw. Art. 25 Abs. 2 (betrifft zusätzliche Angaben im Zusammenhang mit einer Verarbeitung oder Lagerung vor der Ausfuhr) berechnet wird. Diese Bestimmung legt somit für die Berechnung der Höhe der Erstattung oder des Sanktionsbetrages fest, was als beantragte Erstattung gilt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist diese Vorschrift aber keine "Legaldefinition" für die Stellung des Antrages auf Erstattung schon mit der Ausfuhranmeldung, über den mit Bescheid abzusprechen wäre.

Da ein Ausfuhrerstattungsantrag im Beschwerdefall noch nicht gestellt worden ist, lagen die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sanktion nach Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 idgF nicht vor.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Oktober 1999

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