VwGH 99/17/0324

VwGH99/17/032420.12.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. August 1998, Zl. U-13.177/2, betreffend Naturschutzabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art135 Abs4;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
NatSchG Tir 1991;
NatSchG Tir 1997;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art135 Abs4;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
NatSchG Tir 1991;
NatSchG Tir 1997;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. November 1996 erteilte die Bezirkshauptmannschaft dem Beschwerdeführer die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Sportanlage. Die Anlage besteht aus einem Fitness-Parcour, einer Golfschule und einem Reitweg, wobei im Winter über das Gelände eine Langlaufloipe führt. Die Bewilligung wurde gemäß § 6 Abs. 1 lit. d Tiroler Naturschutzgesetz 1991, LGBl. Nr. 29/1991, erteilt.

Mit Bescheid vom 26. Februar 1998 setzte das Amt der Tiroler Landesregierung als Abgabenbehörde erster Instanz die vom Beschwerdeführer zu entrichtende Naturschutzabgabe gemäß § 19 Abs. 1 lit. c Tiroler Naturschutzgesetz 1991 i.V.m. § 158 Abs. 8 Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 13/1994, in der Höhe von insgesamt S 451.980,--, zahlbar in fünf Teilbeträgen, fest.

Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers erging eine Berufungsvorentscheidung vom 25. Juni 1998, mit welcher der Berufung insofern Folge gegeben wurde, als die Naturschutzabgabe mit insgesamt S 450.980,-- bestimmt wurde.

Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Abgabe in der Höhe von S 450.980,-- bestimmt wurde. Als Bemessungsgrundlage wurde eine Gesamtfläche von 45.098 m2 angenommen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 23. Juni 1999, B 1809/98, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab. Mit weiterem Beschluss vom 12. August 1999, B 1809/98-9, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die Verletzung im Recht auf gesetzmäßige Anwendung des Tiroler Naturschutzgesetzes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird in der Beschwerde vorgebracht, dass der Bescheid vom 11. November 1996 betreffend die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Sportanlage noch vor Inkrafttreten des Naturschutzgesetzes 1997, zur Zeit der Geltung des Naturschutzgesetzes 1991, rechtskräftig geworden sei. Gemäß § 46 Abs. 11 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997 seien naturschutzrechtliche Bewilligungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (das sei der 1. Juni 1997 gewesen) rechtskräftig waren, unberührt geblieben. Nachdem in den Übergangsbestimmungen ausdrücklich erklärt werde, dass die alten Genehmigungen vom neuen Gesetz unberührt blieben, habe folgerichtig nicht gemäß § 18 des Naturschutzgesetzes 1997 eine Abgabe vorgeschrieben werden können. Darüber hinaus würde durch eine Abgabenvorschreibung nach dem Naturschutzgesetz 1997 auch eine verfassungswidrige Rückwirkung erzeugt. Der angefochtene Bescheid stütze sich ausdrücklich auf § 19 Abs. 1 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991. Dieses Gesetz sei allerdings mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. November 1997, G 21/97 u.a. als verfassungswidrig erkannt worden. Außerdem sei dem Naturschutzgesetz 1991 durch das Naturschutzgesetz 1997 derogiert worden. Es sei daher ausgeschlossen, mit einem vom 26. Februar 1998 stammenden erstinstanzlichen Bescheid nach den Bestimmungen des Naturschutzgesetzes 1991 eine Abgabe vorzuschreiben.

Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdefall, in dem die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof am 28. September 1998 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt ist, keinen Anlassfall zu dem vom Beschwerdeführer genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. November 1997, G 21/97 u.a., bildet. Entsprechend dem Grundsatz im Abgabenrecht, dass für die Vorschreibung einer Abgabe jene Rechtslage maßgeblich ist, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat, wurde von den Behörden im Beschwerdefall zutreffenderweise das Tiroler Naturschutzgesetz 1991 angewendet. Der Anwendung des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991 hätte allenfalls die so genannte Anlassfallwirkung im Verfahren gemäß Art. 40 B-VG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof entgegenstehen können. Da der Beschwerdefall jedoch wie bereits ausgeführt keinen Anlassfall zu dem verfassungsgerichtlichen Verfahren bildete, konnten die Behörden zutreffenderweise von der Anwendbarkeit des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991 ausgehen.

§ 6 Abs. 1 lit. d, g und k und § 19 Tiroler Naturschutzgesetz 1991 lauteten auszugsweise:

"§ 6

Allgemeine Bewilligungspflicht

(1) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer Bewilligung, sofern hiefür nicht nach einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes, einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes oder einer nach § 45 Abs. 1 als Gesetz geltenden Vorschrift eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich ist:

...

d) die Errichtung von Sportanlagen, wie Schipisten, Rodelbahnen, Klettersteige, Golf-, Fußball- und Tennisplätze und dergleichen, sowie von Anlagen zur Erzeugung von Schnee;

...

g) Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke in einem Ausmaß von mehr als 5000 m2 berührter Fläche;

...

k) der Neubau von Straßen und Wegen, ausgenommen der Neubau von Güterwegen nach § 4 Abs. 1 des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes und von Wegen, die nach § 40 Abs. 2 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 13/1989, anzeigepflichtig sind;

...

§ 19

Naturschutzabgabe

(1) Für die Inanspruchnahme der Natur durch Vorhaben nach Abs. 3, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt wurde, ist eine Naturschutzabgabe zu entrichten. Der Abgabepflicht unterliegen nicht Vorhaben von Körperschaften öffentlichen Rechts innerhalb ihres Wirkungsbereiches, ausgenommen Vorhaben im Rahmen der Führung erwerbswirtschaftlicher Unternehmen.

(2) Die Naturschutzabgabe ist eine ausschließliche Landesabgabe. Ihr Ertrag ist dem Tiroler Naturschutzfonds (§ 20) zur Erfüllung seiner Aufgaben zu überweisen.

(3) Zur Entrichtung der Naturschutzabgabe ist der Inhaber der naturschutzrechtlichen Bewilligung für eines der in den lit. a bis f genannten Vorhaben verpflichtet. Die Höhe der Naturschutzabgabe beträgt:

...

c) für die Errichtung oder den Ausbau von Sportanlagen 10,-- Schilling je Quadratmeter, höchstens jedoch 500.000,-- Schilling;

...

(4) Der Abgabenanspruch entsteht mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides. ..."

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 22. September 1998, Zl. 98/17/0111, festgestellt hat, bedeutet der Umstand, dass der Verfassungsgerichtshof davon Abstand genommen hat, in seinem Erkenntnis die Anlassfallwirkung auch auf andere Verfahren auszudehnen, dass der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet des vom Verfassungsgerichtshof aufgezeigten Kundmachungsmangels des Tiroler Naturschutzgesetzes dieses Gesetz anzuwenden hat, sofern ein während der Geltungsdauer dieses Gesetzes verwirklichter Tatbestand mit Ausnahme des Anlassfalles zu beurteilen ist.

Daran ändert weder die in der Beschwerde aufgezeigte Derogation des Naturschutzgesetzes 1991 durch das Naturschutzgesetz 1997 etwas, noch der Umstand, dass der Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz erst nach dem Außerkrafttreten des Naturschutzgesetzes 1991 erlassen wurde. Aus dem erwähnten Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften folgt, dass Abgaben gegebenenfalls auch aufgrund nicht mehr geltender Gesetze im Sinne des Art. 140 B-VG vorgeschrieben werden können.

Soweit in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht wird, dass bestimmte Flächen (nämlich die Langlaufloipe, der Fitness-Parcour und der Reitweg) aus der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Abgabe ausgeklammert hätten werden müssen, ist darauf hinzuweisen, dass die Naturschutzabgabe gemäß § 19 Abs. 3 lit. c Tiroler Naturschutzgesetz 1991 im Falle der Errichtung oder des Ausbaues von Sportanlagen S 10,-- je m2 beträgt. In der Beschwerde wird nichts vorgebracht, was an der Zugehörigkeit der erwähnten Flächen zur bewilligten Sportanlage Zweifel entstehen ließe. Auch die urgierte Ausnahme für Flächen, die gemäß Punkt 4 des Bescheides vom 11. November 1996 nicht gemäht werden dürfen, wird nicht näher begründet. Es ist daher der belangten Behörde dahingehend zu folgen, dass mangels entsprechender Ausnahmen im Naturschutzgesetz für diese Flächen die Abgabe auf der Grundlage des Ausmaßes der gesamten Sportanlage zu berechnen war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Dezember 1999

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