VwGH AW 99/17/0053

VwGHAW 99/17/00534.11.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der B in Wien, vertreten durch Bichler & Zrzavy, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Weyrgasse 8, der gegen den ersten Spruchteil des Bescheides des Bundesministers für Finanzen vom 22. Oktober 1999, Zl. 23 5123/91-V/13/99, betreffend Bestellung eines Regierungskommissärs, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

BWG 1993 §70 Abs2;
VwGG §30 Abs2;
BWG 1993 §70 Abs2;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem allein angefochtenen ersten Spruchteil des oben zitierten Bescheides wurde gemäß § 70 Abs. 2 des Bankwesengesetzes (BWG) Rechtsanwalt Dr. A mit sofortiger Wirkung für die Dauer der Gefährdung, längstens jedoch für die Dauer von 18 Monaten, zur fachkundigen Aufsichtsperson (Regierungskommissär) gemäß § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a BWG bei der beschwerdeführenden Partei bestellt.

Aus der Bescheidbegründung sind insbesondere folgende, auf bankaufsichtliche Prüfungsberichte gestützte Feststellungen hervorzuheben:

Die belangte Behörde stellte zunächst die Geschäftsentwicklung der Beschwerdeführerin in den Geschäftsjahren 1993 bis 1998 wie folgt dar:

"31.12.98 31.12.97 31.12.96 31.12.95 31.12.94 31.12.93

Stand in Stand in Stand in Stand in Stand in Stand in

Mio ATS Mio ATS Mio ATS Mio ATS Mio ATS

Mio ATS

Bilanz-

summe 1.135,91 565,17 305,41 159,70 231,78 557,47

Eigen-

mittel 91,33 70,71 73,10 67,97 40,08 38,18

Betriebs-

ergebnis 14,77 -26,03 -16,15 -11,09 4,07 1)

Erg.gewöhn.

Geschäfts-

tätigkeit 3,57 -29,33 -16,15 -11,09 4,07 1)

Jahres-

überschuss-

/fehlbe-

trag 3,33 -29,61 -16,40 -11,38 3,82 -6,79

Rücklagen-

bewegung -1,21 29,70 5,37 10,43 -3,82 -9,08

Jahresge-

winn/ver-

lust 2,13 0,09 -11,04 -0,95 0,00 -16,52

Gewinn/Ver-

lustvortrag -28,39 -28,48 -17,44 -16,49 -16,49 0,03

Bilanzver-

lust 26,26 28,39 28,48 17,44 16,49 16,49

Bilanzver-

lust in %

der Eigen-

mittel 28,75 40,15 38,96 25,66 41,14 43,19

1) Aufgrund gesetzlicher Änderungen nicht vergleichbar"

Aus diesen Zahlen sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin bis jetzt nicht in der Lage gewesen sei, den im Jahr 1993 erwirtschafteten Verlust in Höhe von ATS 16,49 Mio abzubauen. Diese Entwicklung werde sich im laufenden Geschäftsjahr (1999) aufgrund eines bestehenden Wertberichtigungsbedarfes verstärken. Die von der Beschwerdeführerin überreichte Gewinn- und Verlustrechnung per 30. September 1999 sei unvollständig, weil sie bloß bis zum positiven Betriebsergebnis in Höhe von ATS 677.495,57 reiche. Die vorgelegte Urkunde sei nicht geeignet, ein vollständiges Bild der Ertragslage der Beschwerdeführerin wiederzugeben. Insbesondere sei der erforderliche Wertberichtigungsbedarf nicht ersichtlich. Weiters seien jedenfalls die bankgeschäftlichen Risken nicht angemessen begrenzt, weil die im Rahmen der Kreditvergabe eingegangenen Risken nach wie vor nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Eigenkapital der Bank stünden. Diese Feststellung gründete die belangte Behörde auf einen Bericht des Bankprüfers vom 13. Juli 1999. Zwar sei seit diesem Zeitpunkt das Grundkapital von ATS 65 Mio um ATS 35 Mio auf ATS 100 Mio erhöht worden, dies könne jedoch nichts daran ändern, dass die bankgeschäftlichen Risken nach wie vor nicht angemessen begrenzt seien, weil die Sonderprüfer einen Wertberichtigungsbedarf in Höhe von ATS 77,7 Mio festgestellt hätten, von dem aufgrund bisher gesetzter Maßnahmen lediglich ATS 4,1 Mio abzuziehen seien. Der Stand der Einlagen habe sich von ATS 800,38 Mio zum 30. Juni 1999 auf ATS 1.120,898.667,-- am 15. Oktober 1999 erweitert. Dieser Anstieg stehe auch im ausdrücklichen Widerspruch zu einer von der beschwerdeführenden Partei abgegebenen Erklärung vom 28. Juni 1999, wonach sie bis zum Vorliegen des von einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu erstellenden Debitorenberichtes den Stand der Einlagen nur insoweit ansteigen lassen werde, als dies zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes unter gleichzeitiger Sicherung der Überlebensfähigkeit der Bank unbedingt erforderlich sei.

Die Beschwerdeführerin habe gegen das von den Sonderprüfern zum Stichtag 30. Juni 1999 festgestellte Dotierungserfordernis für Wertberichtigungen von ATS 77,7 Mio eingewendet, dass aufgrund zwischenzeitig vereinbarter Verbesserungsmaßnahmen sich dieses Dotierungserfordernis auf ATS 18,9 Mio verringert habe.

Insoweit diese Verringerung durch Umschuldungsmaßnahmen erzielt werden solle, lasse sich zurzeit nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen, dass hiedurch der von den Sonderprüfern festgestellte Wertberichtigungsbedarf zu reduzieren sei. Überdies könne nicht mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden, dass die weiters ins Treffen geführte Maßnahme der Veräußerung eines Kreditobligos tatsächlich stattgefunden habe. Die Beschwerdeführerin habe hiezu keine Unterlagen vorgelegt. Aus einem von ihr selbst erstellten Monatsausweis für September 1999 scheine auch dieser Kreditnehmer nach wie vor als Großveranlagung auf. Die beabsichtigte Besicherung weiterer Kreditengagements durch Hypotheken sei bis dato nicht erfolgt. Insbesondere seien nach dem vorgelegten Schreiben eines österreichischen Rechtsanwaltes die errichteten Hypothekarurkunden erst am 20. Oktober 1999 zum Gegenstand einer Eingabe beim zuständigen Grundbuchsgericht auf Ibiza gemacht worden. Eine bücherliche Eintragung sei daher bezogen auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht nachweisbar. Die diesbezüglichen Besicherungsmaßnahmen befänden sich folglich erst in Durchführung. Ohne diese Maßnahmen sei aber auch die für diese Kreditobligos abgegebene Garantie nicht werthaltig. Zutreffend sei der Sonderprüfer auch davon ausgegangen, dass bei einer näher angeführten Forderung gegen das Unternehmen N mit einer vergleichsweisen Einigung über 50 % zu rechnen sei. Lediglich hinsichtlich des festgestellten Wertberichtigungsbedarfes für Obligos in der Höhe von ATS 3,5 Mio und ATS 600.000,-- habe die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für eine Reduzierung dargelegt.

Die Beschwerdeführerin habe am 18. Oktober 1999 ohne Berücksichtigung der zu bildenden Wertberichtigungen, aber unter Berücksichtigung der noch nicht erfolgten Eintragung der Erhöhung des Grundkapitals Eigenmittel in Höhe von ATS 146 Mio ausgewiesen. Freilich sei im Firmenbuch zum Stichtag 20. Oktober 1999 lediglich ein Grundkapital in Höhe von ATS 100 Mio eingetragen. Daher sei bei der Ermittlung des Anfangskapitals nur von einem Grundkapital in dieser Höhe auszugehen.

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe somit ergeben, dass die Beschwerdeführerin nachhaltige Verluste erwirtschaftet habe und auch im laufenden Geschäftsjahr durch den von den Sonderprüfern ermittelten Wertberichtigungsbedarf (abzüglich der von der Behörde anerkannten Maßnahme zur Reduzierung dieses Abschreibungserfordernisses) weiterhin Verluste erwirtschaftet. Es hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es der Beschwerdeführerin in absehbarer Zeit gelingen werde, durch eine positive Ertragslage den seit Jahren mitgezogenen und eher größer werdenden Verlustvortrag zu vermindern. Hinzu kämen noch die nicht angemessene Begrenzung der bankgeschäftlichen Risken, die nach § 22 BWG nicht ausreichenden Eigenmittel und das nicht ausreichende Anfangskapital als zusätzliche akute Gefährdungselemente. Es liege daher eine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtung der Beschwerdeführerin gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der der Beschwerdeführerin anvertrauten Vermögenswerte, vor. Möglicherweise auch irreführende Berichte in der Öffentlichkeit könnten einzelne Einleger der Beschwerdeführerin dazu veranlassen, ihre Einlagen sofort zu beheben. In einer derartigen Situation müsse es möglich sein, durch eine Aufsichtsmaßnahme sowohl die Bank selbst als auch jene Gläubiger, die spätere Informationen hätten, zu schützen. Weiters ergebe sich aus der Aktenlage, dass relevante Kredite an organnahe Unternehmen vergeben worden seien. Es sei nicht auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin zur Verlustabdeckung und eventuell sogar zur weiteren Eigenkapitelerhöhung Neueinlagen entgegennehme, die in weiterer Folge jedenfalls als gefährdet erschienen. In einem solchen Fall wären Aufsichtsmaßnahmen, die nur auf die Vermögenssituation der Bank abzielten, wie etwa Verbot von Gewinnauszahlungen, nicht zielführend. Umgekehrt wäre eine direkte Maßnahme, wie etwa ein generelles Verbot der weiteren Entgegennahme von Einlagen, den gegebenen Umständen nicht angemessen, weil derzeit kein insolvenzrechtlicher Tatbestand wie Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit erkennbar sei. Es sei daher die im Spruch verhängte Maßnahme jene, die den gegebenen Umständen angemessen sei und gleichzeitig auch dem Erfordernis der "mildesten" Maßnahme entspreche, weil damit keine unmittelbaren Folgen für die Bank verbunden, sondern diese der weiteren Einschätzung des Regierungskommissärs vorbehalten seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist.

Dieser Antrag wird wie folgt begründet:

"Der angefochtene Bescheid ist einem Vollzug und damit

Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zugänglich.

Zwingende öffentliche Interessen stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen, weil eine Gläubigerschädigung nur dann denkbar ist, wenn aufgrund der Situation der Bank - Überschuldung -, Gläubiger nicht mehr befriedigt werden können.

Im angefochtenen Bescheid wird festgestellt, dass weder eine Überschuldung noch eine Zahlungsunfähigkeit der B (= die Beschwerdeführerin) vorliegt, sodass es unmöglich ist, dass Gläubiger geschädigt werden.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde in dem zu Punkt A) angefochtenen Bescheid zwar festgestellt hat, dass die bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken nicht angemessen begrenzt wurden, der B aber zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes eine Frist von drei Monaten ab Zustellung des zu Punkt A) angefochtenen Bescheides (29.9.1999) eingeräumt wurde. Wieso nur drei Wochen später eine Gefahr iSd § 70 Abs. 2 BWG vorliegen soll, ist unverständlich, zumal in dem zu Punkt B) angefochtenen Bescheid (das ist der hier angefochtene) gar nicht mehr von der nicht angemessenen Begrenzung der bankbetrieblichen Risiken ausgeht.

Zwingende öffentliche Interessen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen, liegen daher nicht vor.

Für die B besteht allerdings die große immanente Gefahr des Imageverlustes und vermögensrechtlicher Nachteile.

Aufsichtsmaßnahmen haben in der Öffentlichkeit eine große Wirkung. Von der Presse werden in eine Aufsichtsmaßnahme wie die Bestellung eines Regierungskommissärs Insolvenz und Gläubigergefährdung hineininterpretiert.

Wie aus beiliegenden Presseberichten hervorgeht, wird durch die Presse die Art der getroffenen Aufsichtsmaßnahme gleich gehalten mit einer Geschäftsaufsicht (§ 83 Abs. 1 BWG), insbesondere die Aussage des Präsidenten des Bankenverbandes, Herrn Generaldirektor Dr. H 'Wer Zinsen zahle, die weit über dem Markt lägen, müsse möglicherweise auch weit über dem Markt liegende Risiken eingehen, um das zu verdienen' in Verbindung mit der Aussage des Regierungskommissärs, Rechtsanwalt Dr. A 'Ausschließen kann man eine Insolvenz aber nie' führte bereits am Montag, dem Fenstertag, zu einem außerordentlichen Run der Anleger, bei dem, wie beiliegendem Telefax des Regierungskommissärs Dr. A vom 25.10.1999 zu entnehmen ist, 12 % aller Einlagen bereits am ersten Tag bedient werden mussten.

Im Hinblick auf die durch die schlichte Tatsache der Bestellung des Regierungskommissärs anhaltende negative Presseberichterstattung am 26.10.1999 sah sich der Vorstand der Beschwerdeführerin veranlasst, den Kassenbetrieb mit Wirkung vom Mittwoch, den 20.10.1999 (gemeint wohl: 27. 10. 1999), bis einschließlich Freitag, den 5.11.1999, nicht aufzunehmen. Durch die in den Medien zitierten Äußerungen des Regierungskommissärs, der auch in der Verhandlung vom 27.10.1999 allein aufgrund des Runs eine Zahlungsunfähigkeit 'indiziert sieht', wurde der Run verstärkt.

Der Regierungskommissär gab auch, wie den Presseberichten zu entnehmen ist, Äußerungen des Inhalts ab (vgl. Presse Mittwoch, 27.10.1999): 'Wenn alle Sparer der B ihr Geld haben wollen, dann könnte die Zahlungsunfähigkeit eintreten. Das ist der Knackpunkt. Einen Run würde auch die beste Bank nicht aushalten.'

Im Hinblick darauf, dass der Vorstand der Bank aus eigenem die vorübergehende Schließung des Schalterbetriebes angeordnet hat, um eine erste Beruhigung der Situation herbeizuführen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei längerem Andauern dieser aufgrund der Medienberichterstattung über die Bestellung eines Regierungskommissärs eingetretene Situation

"§ 70. ...

(2) Bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstitutes gegenüber seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihm anvertrauten Vermögenswerte, kann der Bundesminister für Finanzen zur Abwendung dieser Gefahr befristete Maßnahmen durch Bescheid anordnen die spätestens 18 Monate nach Wirksamkeitsbeginn außer Kraft treten. Er kann durch Bescheid insbesondere

...

2. eine fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bestellen, die dem Berufsstand der Rechtsanwälte oder der Wirtschaftstreuhänder angehört, und der alle Rechte des Abs. 1 Z 1 und 2 zustehen; die Aufsichtsperson hat

a) dem Kreditinstitut alle Geschäfte zu untersagen, die geeignet sind, die obige Gefahr zu vergrößern, bzw.

b) im Falle, dass dem Kreditinstitut die Fortführung der Geschäfte ganz oder teilweise untersagt wurde, einzelne Geschäfte zu erlauben, die die obige Gefahr nicht vergrößern;"

§ 30 Abs. 1 und 2 VwGG lautet:

"§ 30. (1) Den Beschwerden kommt eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. ...

(2) Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. ..."

Vorliegendenfalls kann es zunächst dahingestellt bleiben, ob dem Vollzug des angefochtenen Bescheides zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen.

Selbst bei Verneinung dieser Frage wäre für die Beurteilung, ob der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist oder nicht, zu prüfen, ob nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Es sind also die für den Beschwerdeführer mit dem Vollzug des Bescheides verbundenen Nachteile gegen die durch den angefochtenen Bescheid geschützten Interessen Dritter abzuwägen.

Dabei ist zu beachten, dass Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht bleiben. Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu überprüfen. Selbst die wahrscheinliche Rechtswidrigkeit des Bescheides ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Beschwerde erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen der belangten Behörde auszugehen. Unter den "Annahmen der belangten Behörde" sind hiebei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 29. Juni 1994, Zl. AW 94/17/0021, mit weiteren Hinweisen).

Unabdingbare Voraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist also, dass der Beschwerdeführer durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides einen unverhältnismäßigen Nachteil erleiden würde.

Der "Vollzug" eines auf § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a BWG gestützten Bescheides besteht nun zunächst in der Rechtsgestaltungswirkung der Bestellung der fachkundigen Aufsichtsperson und in der Folge in der Ausübung der dieser Aufsichtsperson gemäß § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a BWG eingeräumten Rechte.

Dass durch die Ausübung der ihm gemäß § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a BWG eingeräumten Ermächtigung durch den Regierungskommissär ein unverhältnismäßiger Nachteil für die Beschwerdeführerin verbunden wäre, wird von ihr nicht behauptet. Sie leitet die ihr drohende Gefahr eines Geschäftsaufsichts- oder Insolvenzverfahrens vielmehr daraus ab, dass das Publikum, von den Medien unrichtig informiert, aus der Bestellung eines Regierungskommissärs auf Insolvenz und Gläubigergefährdung geschlossen habe und weiterhin schließen könnte, wodurch ein so genannter "Run" (massenweise Abhebung von Guthaben) eingesetzt habe und sich fortsetzen könnte, welcher seinerseits in Zahlungsunfähigkeit der Beschwerdeführerin münden könnte.

Die von der Beschwerdeführerin befürchtete Reaktion würde allerdings auf einer Verkennung des Inhaltes des angefochtenen Bescheides durch das Publikum beruhen. Zwar brachte die belangte Behörde durch die Bestellung eines Regierungskommissärs ihre Auffassung zum Ausdruck, dass in Ermangelung einer solchen Maßnahme eine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen des Kreditinstitutes gegenüber seinen Gläubigern bestünde, andererseits wurde aber durch die Auswahl gerade dieser (und nicht einer schärferen in § 70 Abs. 2 BWG vorgesehenen) Maßnahme zum Ausdruck gebracht, dass die Bestellung des Regierungskommissärs in Zusammenhang mit den ihm gemäß § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a BWG eingeräumten Befugnissen zur Abwendung dieser Gefahr hinreicht.

Es ist aber nicht Zweck der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof irrationalen Ängsten des Publikums, die durch das Verkennen der dem Bescheid zugrundeliegenden Annahmen ausgelöst werden könnten, durch Aufschub des Vollzuges desselben entgegenzuwirken. Oder, anders ausgedrückt: Die nachteiligen Folgen der Verkennung des Bescheidinhaltes durch die Öffentlichkeit sind keine solchen des Vollzuges eines Bescheides.

Weiters ist zu bedenken, dass ein ungeachtet der vorstehenden Erwägungen eingetretener Verlust des Vertrauens der Anleger in die Sicherheit ihrer Einlagen bei der Beschwerdeführerin nicht etwa durch den Vollzug der Bestellung eines Regierungskommissärs herbeigeführt worden wäre, sondern durch das Bekanntwerden der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Annahme der belangten Behörde, wonach ohne diese Maßnahme eine Gefährdung der Erfüllung der Verpflichtungen der Beschwerdeführerin im Sinne des § 70 Abs. 2 BWG vorläge. Der mit dem Bekanntwerden dieser Annahme allenfalls verbundenen Minderung der Reputation der Beschwerdeführerin beim Publikum könnte der Verwaltungsgerichtshof aber durch Aufschub des Vollzuges des in Rede stehenden Bescheides während des anhängigen Beschwerdeverfahrens nicht entgegenwirken. Wie oben dargelegt wäre nämlich mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde keine Aussage über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides verbunden. Der vom Verwaltungsgerichtshof ungeprüft gebliebene Vorwurf der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid stünde daher trotz einer gedachten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach wie vor ungeprüft im Raum. Dessen ungeachtet würde eine solche Zuerkennung allerdings bewirken, dass die nach Auffassung der belangten Behörde erforderlichen Maßnahmen zur Hintanhaltung der Gefahr wiederum ausgesetzt wären.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es als nicht bescheinigt, dass das durch das Bekanntwerden des Bescheides der belangten Behörde allenfalls geminderte Vertrauen des Publikums in die Solvenz der Beschwerdeführerin durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und damit durch den (vorläufigen) Entfall der von der belangten Behörde getroffenen Sicherungsmaßnahmen erhöht oder wiederhergestellt würde. Es erscheint vielmehr zumindestens gleichermaßen wahrscheinlich, dass das Publikum auf den Entfall dieser Sicherungsmaßnahme für die Dauer des anhängigen Beschwerdeverfahrens, also vor einer endgültigen Prüfung der Richtigkeit des angefochtenen Bescheides, mit noch weiter gehender Verunsicherung reagieren würde.

Schließlich liefe es dem Normzweck des § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a zuwider, wenn man - wie die Beschwerdeführerin dies tut - davon ausginge, dass die Bestellung eines Regierungskommissärs schon für sich allein aufgrund des dadurch gleichsam notwendigerweise entstehenden Vertrauensverlustes der Anleger und der dadurch erst ausgelösten Gefahr einer Insolvenz zu einem (unverhältnismäßigen) Nachteil für das betroffene Bankinstitut führen würde. Ein solches Verständnis unterstellte nämlich, dass die in Rede stehende Maßnahme zur Erreichung der im Gesetz festgelegten Aufsichtszwecke der Wahrung des volkswirtschaftlichen Interesses an einem funktionsfähigen Bankwesen und des Gläubigerschutzes (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1999, Zl. 94/17/0377), schlechthin untauglich, ja sogar kontraproduktiv wäre.

Selbst wenn man aber dessen ungeachtet davon ausgehen wollte, dass ein durch § 30 Abs. 2 VwGG geschütztes Interesse der Beschwerdeführerin bestünde, dem durch das Bekanntwerden des angefochtenen Bescheides eingetretenen Vertrauensverlust durch den Aufschub des Vollzuges dieses Bescheides entgegenzuwirken, stünden diesem Interesse der Beschwerdeführerin überwiegende Interessen anderer, deren Schutz der angefochtene Bescheid bezweckt, gegenüber:

Die belangte Behörde hat aus den oben wiedergegebenen Bescheidfeststellungen die Annahme abgeleitet, die Erfüllung der Verpflichtungen der Beschwerdeführerin gegenüber ihren Gläubigern wäre ohne die getroffene Maßnahme gefährdet.

Diese in der Beschwerde bestrittene Annahme kann im Sinne der oben wiedergegebenen Judikatur allerdings nicht von vornherein als unschlüssig oder mit ins Auge springenden Mängel behaftet erkannt werden. Diese Beurteilung träfe auch dann zu, wenn man der Beschwerdeführerin zugestehen würde, dass der aus dem Jahr 1993 übernommene Bilanzverlust von ATS 16,49 Mio nicht auf operative Vorgänge, sondern auf einen Verlustvortrag in der Bilanz der "als Mantel" erworbenen Gesellschaft zurückginge, sowie weiters, dass derzeit von Eigenmitteln in der Höhe von ATS 146 Mio auszugehen wäre und das Betriebsergebnis (ohne Wertberichtigungen) für das Jahr 1999 bis zur Bescheiderlassung ATS 9,4 Mio betragen hätte. Der durch die Wertberichtigung drohende Verlust für 1999 wäre dessen ungeachtet in Relation zu den Eigenmitteln beträchtlich (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1999). Ungeachtet der in diesem Zusammenhang nicht zu relevierenden Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides war daher bei der Beurteilung der im Rahmen des § 30 Abs. 2 VwGG zu gewichtenden gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechenden Interessen davon auszugehen, dass - auf Basis der getroffenen Bescheidannahmen - bei Unterbleiben der in Rede stehenden Maßnahme zumindest längerfristig eine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen der Beschwerdeführerin gegenüber ihren Gläubigern (auch gegenüber Neugläubigern) bestünde. Dem entgegenzuwirken läge aber im Interesse des Gläubigerschutzes. Dieses aufgrund der vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang nicht näher zu prüfenden Bescheidannahmen bestehende Gläubigerschutzinteresse an der Aufrechterhaltung der in Rede stehenden Maßnahme überwöge aber ein gedachtes geschütztes Interesse der Beschwerdeführerin an der allfälligen Herbeiführung eines Vertrauenszuwachses beim Publikum durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der in Rede stehenden Beschwerde, zumal ein in diesem letzteren Zusammenhang zu erwartender Effekt bei verständiger Würdigung des Wesens der aufschiebenden Wirkung durch das Publikum nicht überbewertet werden dürfte, zumal der Imageverlust durch den Verwaltungsgerichtshof wenn überhaupt, dann erst durch entsprechende Entscheidungsgründe eines den angefochtenen Bescheid aufhebenden Erkenntnisses wieder beseitigt werden könnte.

Wien, am 4. November 1999

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