Spruch:
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung wird nicht stattgegeben.
Begründung
Mit Verfügung vom 29. April 1999, 99/15/0066-2, stellte der Verwaltungsgerichtshof die gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. November 1998, GZ. RV/302 - 07/02/98, betreffend Zahlungserleichterungen, am 31. März 1999 eingebrachte Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Behebung von Mängeln zurück. Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, das Recht, in dem er verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte nach § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), bestimmt zu bezeichnen. Weiters wurde der Beschwerdeführer aufgefordert eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für den Bundesminister für Finanzen beizubringen. Zur Behebung der Mängel wurde eine Frist von zwei Wochen bestimmt. Der Mängelbehebungsschriftsatz wurde am 14. Mai 1999 dem zur Verfahrenshilfe bestellten Vertreter zugestellt.
Innerhalb der Mängelbehebungsfrist langte beim Verwaltungsgerichtshof eine weitere Ausfertigung der Beschwerde ein, eine Mängelbehebung in Bezug auf eine bestimmte Bezeichnung der Beschwerdepunkte erfolgte allerdings nicht. Der Verwaltungsgerichtshof stellte deshalb mit Beschluss vom 24. Juni 1999, 99/15/0066-5, das Beschwerdeverfahren gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG ein.
Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag wird vorgebracht:
Wie sich aus der Aktenlage ergebe, sei innerhalb der im Mängelbehebungsauftrag gesetzten zweiwöchigen Frist eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für den Bundesminister für Finanzen vorgelegt worden. Bei der Behandlung der Aufforderung zur Mängelbehebung habe jedoch die Büroangestellte des Rechtsanwaltes, Frau E, übersehen, dass zusätzlich die Beschwerdepunkte innerhalb der Frist von zwei Wochen bestimmt zu bezeichnen gewesen wären. Dem Rechtsanwalt sei umgehend nach der Zustellung der Mängelbehebungsaufforderung eine weitere Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zur Unterschriftsleistung vorgelegt worden "und wurde diese weitere Ausfertigung der Beschwerde fristgerecht beim Verwaltungsgerichtshof überreicht". Es liege ein Versehen der Kanzleibediensteten E vor, weil der Rechtsanwalt auf Grund der gegebenen Verlässlichkeit von E habe annehmen können, dass die Mängelbehebung lediglich in der Übersendung einer weiteren Ausfertigung der Beschwerde bestanden habe. Der Rechtsanwalt sei seiner Überwachungspflicht in jeder Hinsicht nachgekommen, weil er auf Grund der jahrelangen Zusammenarbeit mit der Kanzleibediensteten habe annehmen können, "dass damit der Aufforderung zur Mängelbehebung vollinhaltlich entsprochen wurde". Erst mit der Zustellung des Beschlusses über die Verfahrenseinstellung vom 24. Juni 1999 (zugestellt am 23. August 1999) habe der Rechtsanwalt davon Kenntnis erlangt, dass der Mangel der bestimmten Bezeichnung des Beschwerdepunktes nicht behoben worden sei. Die in der Kanzlei des Rechtsanwaltes seit mehr als zehn Jahren beschäftigte E sei für die vollständige und richtige Eintragung von Fristen zuständig. Da es bisher keinerlei Beanstandungen hinsichtlich Fristen gegeben habe, habe der Rechtsanwalt ohne Verletzung einer Überwachungspflicht nach Vorlage einer weiteren Ausfertigung der Beschwerde davon ausgehen können, dass der Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes damit voll entsprochen worden sei. Die Vorgangsweise von Frau E müsse als Grad minderen Versehens angesehen werden, wenn man davon ausgehe, dass "sie die weitere Ausfertigung der Beschwerde zur Unterschriftsleistung vorbereitete und dabei offensichtlich die Aufforderung zur Behebung des 2. Mangels (bestimmte Bezeichnung des Beschwerdepunktes) übersah". Für den Rechtsanwalt habe wiederum nach der Vorlage einer weiteren Ausfertigung der Beschwerde zur Unterschriftsleistung kein Zweifel an der ordnungsgemäßen Erledigung der Aufforderung bestanden, weil während der gesamten 10-jährigen Tätigkeit von E Schriftstücke ordnungsgemäß und gewissenhaft erledigt worden seien. Im gegenständlichen Fall sei auch die Frist eingehalten worden, doch sei aus einem minderen Grad des Versehens nicht die gesamte aufgetragene Verbesserung durchgeführt worden. Die beschwerdeführende Partei sei damit durch ein unvorhergesehenes Ereignis verhindert gewesen, auch den zweiten aufgezeigten Mangel fristgerecht zu beheben. Zugleich mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung werde ein ergänzender Schriftsatz (beinhaltend die Bezeichnung der Beschwerdepunkte) vorgelegt.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden des Parteienvertreters ist einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen (vgl. z.B. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1995, 95/01/0056).
Ebenso wie die Einbringung von Beschwerden Sache des Rechtsanwaltes und nicht die der bei ihm beschäftigten Kanzleiangestellten ist (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1993, 93/15/0202, 0203), obliegt es im Falle eines Auftrages zur Mängelbehebung iSd § 34 Abs. 2 VwGG dem Vertreter selbst, sich davon zu überzeugen, welche Erledigungen aufgetragen und ob diesen zur Gänze nachgekommen wurde (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Dezember 1995, 95/20/0456, m. w.N.). Aus den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag geht hervor, dass der Kanzleibediensteten E der Fehler nicht bei einer ihr aufgetragenen manipulativen Tätigkeit, sondern bei der offenbar von ihr eigenständig vorzubereitenden Mängelbehebung unterlaufen ist. Der Rechtsanwalt bringt nicht vor, eine Kontrolltätigkeit dahingehend ausgeübt zu haben, ob die Durchführung des Mängelbehebungsauftrages der Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes entsprach (der Rechtsanwalt behauptet nicht einmal, den Mängelbehebungsauftrag vom 29. April 1999 gelesen zu haben). Solcherart kann aber keine Rede davon sein, dass dem Rechtsanwalt nur ein minderer Grad des Versehens im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG an der unvollständigen fristgerechten Mängelbehebung zur Last fiele (vgl. nochmals den oben zitierten Beschluss vom 17. Dezember 1993).
Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher gemäß § 46 VwGG nicht stattzugeben.
Wien, am 21. Oktober 1999
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