VwGH 99/12/0233

VwGH99/12/023329.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des Mag. J N in W gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 25. Juni 1999, Zl. 8071/23-Pr.2/99, betreffend Fahrtkostenzuschuss, zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §20b Abs6 Z2;
GehG 1956 §20b Abs6 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach der Beschwerde und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:

Der Beschwerdeführer steht als rechtskundiger Beamter (Ministerialrat) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er ist im Bereich der belangten Behörde mit Dienstort in Wien tätig.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Fahrtkostenzuschuss vom 10. August 1998 gemäß § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956 abgewiesen.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe mit seinem Antrag vom 10. August 1998 um einen Fahrtkostenzuschuss gemäß § 20b GG 1956 für die Wegstrecke zwischen seiner Dienststelle in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 51, und seiner Wohnung in 7000 Eisenstadt, Weißpriachstraße 46, ersucht.

Als Grund für die im August 1998 erfolgte Verlegung seines Wohnsitzes von Wien nach Eisenstadt gab der Beschwerdeführer wirtschaftliche und familiäre Umstände an. Er sei Eigentümer seines Elternhauses, in dem aber seine Eltern (Mutter verstorben, Vater im "Altersheim") ein lebenslanges Wohnrecht vertraglich zugesichert erhalten hätten. Bereits im Jahr 1996 habe er Entscheidungen über Instandhaltungsarbeiten zu treffen gehabt, die ihn derzeit mit ca. S 7.000,-- monatlich an Kreditrückzahlungen auf die Dauer von 20 Jahren belasteten. Aus finanziellen Gründen wäre es ihm nicht möglich, unter diesen Umständen auch seine Wohnung in Wien zu behalten. Im Hinblick auf die Rechtsverpflichtung gegenüber seinem Vater habe er bei der Wahl des Elternhauses als Wohnsitz keine Handlungsalternative gehabt, weil die Doppelbelastung (Aufrechterhaltung der Wiener Wohnung) für ihn mit einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung von weit mehr als 10 % seines Nettobezuges verbunden gewesen wäre.

Im Rahmen des Parteiengehörs wurden dem Beschwerdeführer folgende Erwägungen der belangten Behörde mitgeteilt:

§ 20b. (1) Dem Beamten gebührt ein Fahrtkostenzuschuss, wenn

1. die Wegstrecke zwischen der Dienststelle und der nächstgelegenen Wohnung mehr als zwei Kilometer beträgt,

2. er diese Wegstrecke an den Arbeitstagen regelmäßig zurücklegt und

3. die notwendigen monatlichen Fahrtauslagen für das billigste öffentliche Beförderungsmittel, das für den Beamten zweckmäßigerweise in Betracht kommt, den Fahrtkostenanteil übersteigen, den der Beamte nach Abs. 3 selbst zu tragen hat.

.....

(6) Der Beamte ist vom Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss ausgeschlossen, solange er

1. Anspruch auf Leistungen nach den §§ 22 und 34 der Reisegebührenvorschrift 1955 hat, oder

2. aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, mehr als 20 km außerhalb seines Dienstortes wohnt."

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde sei auf seine besondere Sachlage (- Übergabevertrag über sein Elternhaus mit Wohnrecht und Verpflichtung zur Weitergabe dieses Familienbesitzes an den Sohn, was eine Veräußerung durch ihn ausschließe -) nicht richtig eingegangen und habe ihm eine wirtschaftlich unzumutbare Handlungsalternative unterstellt. Es sei ihm unmöglich, neben monatlichen Erhaltungskosten für das Elternhaus von S 7.000,-- seine Wiener Wohnung aufrecht zu erhalten. Im Übrigen habe er seinen Vater im Heim mehrmals wöchentlich zu betreuen (Besuche, Behördenwege, Konfliktlösung, u. ä.). Die Solidarität zwischen den Generationen sei gerade im Familienressort ein besonderes Anliegen, sodass diese Verpflichtung ihn im besonderen Maße treffe.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren in Angelegenheit der Zuerkennung eines Fahrtkostenzuschusses geht es seitens der belangten Behörde nicht darum, "Lebensverhältnisse zu regeln" bzw. dem Beschwerdeführer bestimmte Verhaltensweisen vorzuschreiben (Derartiges wäre hinsichtlich der Wahl des Wohnsitzes allenfalls auf Grundlage des § 55 BDG 1979 rechtlich zulässig), sondern ausschließlich darum, ob der Beschwerdeführer "aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, mehr als 20 km außerhalb seines Dienstortes wohnt". Wird diese Frage bejaht, so hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss.

Nicht selbst zu vertreten hat der Beamte ein solches Wohnen dann, wenn - unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles - hiefür unabweislich notwendige Gründe vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Beamten zu der von ihm gewählten Möglichkeit zur Begründung eines Wohnsitzes außerhalb der 20 km-Zone keine zumutbare Handlungsalternative offen steht (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1995, Zl. 93/12/0259).

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass der Verwaltungsgerichtshof familiäre Umstände (wie z. B. die Erkrankung der Ehegattin des Beamten) als Motiv für einen nicht vom Beamten zu vertretenden Wohnsitzwechsel angesehen hat (beginnend mit dem Erkenntnis vom 30. Juni 1977, Zl. 575/77; vgl. ferner die Erkenntnisse vom 27. April 1982, Zl. 81/12/0176, sowie vom 14. November 1983, Zl. 83/12/0005). Dies setzt allerdings voraus, dass die festgestellte Krankheit eine Wohnsitznahme am Dienstort oder innerhalb der 20 km-Zone zwingend ausschließt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 1993, Zl. 92/12/0151).

Desgleichen wurden wirtschaftlichen Gründen, wenn sie sich im Vermögen des Beamten auswirkten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 1978, Slg. N. F. Nr. 9682/A) sowie sozialen Gründen (vgl. dazu das zur vergleichbaren Rechtslage nach der Wiener Besoldungsordnung ergangene Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 90/12/0271) Bedeutung im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung zuerkannt.

Bei der Berücksichtigung wirtschaftlicher Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof (- worauf der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren hingewiesen hat -) eine Zumutbarkeitsgrenze von 10 % des Nettoeinkommens dahin gehend angenommen, dass bei Überschreiten der Belastungen über diese Grenze hinaus eine Wohnsitznahme des Beschwerdeführers außerhalb der 20 km-Grenze nicht gemäß § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956 als von ihm zu vertreten gilt (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1992, Zl. 88/12/0123, Slg. N. F. Nr. 13.671/A, oder vom 14. Oktober 1992, Zl. 89/12/0047).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es für die Unabwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes des § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956 also nicht, dass ein Wohnen mehr als 20 km außerhalb des Dienstortes für den Beamten oder seine Familie vorteilhaft oder zweckmäßig ist; es müssen vielmehr hiefür unabweislich notwendige Gründe vorliegen (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1989, Zl. 87/12/0083).

Im sachverhaltsmäßigen Gegensatz zu dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (Zl. 88/12/0123) machte er als Grund für die behauptete Unzumutbarkeit einer anderen Handlungsalternative als seinen Wohnsitzwechsel von Wien nach Eisenstadt nicht den sozial/familiären Grund der Pflege seines in einem Seniorenheim in Eisenstadt untergebrachten Vaters bzw. die Unzumutbarkeit daraus resultierender finanzieller Belastungen geltend, sondern den Umstand, dass er sein Elternhaus in Eisenstadt übertragen erhalten habe und ihm insbesondere die daraus entstandenen finanziellen Verpflichtungen für Instandhaltung bzw. -setzung nicht die Beibehaltung seiner Wohnung in Wien ermöglicht hätten. Selbst wenn dem Beschwerdeführer eingeräumt wird, dass die von ihm gewählte Lösung hinsichtlich seines Wohnsitzes voraussichtlich für ihn sowohl wirtschaftlich als auch zweckmäßig ist, folgt daraus noch keinesfalls, dass dieser Sachverhalt die Unabwendbarkeit im Sinne des Ausschlusstatbestandes des Gesetzes erfülle. Rechtlich zutreffend führt die belangte Behörde vielmehr aus, dass die Umstände, die der Beschwerdeführer als zwingende Gründe im Sinne des Gesetzes geltend gemacht habe, nicht mit dem im genannten Vorerkenntnis behandelten Fall einer gesetzlich festgelegten Kostenbeitragspflicht, der der damalige Beschwerdeführer nur durch Übernahme der Betreuung entgehen konnte, vergleichbar sind. Im vorliegenden Beschwerdefall sind vielmehr sowohl die den Umständen des Falles zugrunde liegenden Sachentscheidungen des Beschwerdeführers bzw. die in Verfolgung seiner wirtschaftlichen Ziele eingegangenen Finanzierungen durchaus im Rahmen seiner Disposition gelegen gewesen.

Wenn der Beschwerdeführer auf eine angeblich besondere Verpflichtung zur Solidarität zwischen den Generationen für Bedienstete im Familienressort verweist, die für sein Verhalten mitbestimmend gewesen sein soll, ist ihm - über das einleitend angeführte Argument hinaus - entgegenzuhalten, dass Derartiges weder dem § 20b GG 1956 noch dem Dienstrecht sonst zu entnehmen ist. Wenn der Beschwerdeführer, der ausdrücklich nur inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht und den Sachverhalt nicht in Frage gestellt hat, in der Beschwerde weiters nunmehr auch Betreuungsleistungen gegenüber seinem betagten und hilfebedürftigen Vater geltend macht, die "auf Dauer von Wien aus nicht machbar" gewesen wären, kann dieses Argument der Beschwerde schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 zu § 41 auf S. 552 ff wiedergegebene Rechtsprechung) nicht zum Erfolg verhelfen.

Auf Grund dieser Überlegungen teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, dass der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt keinen unabweislich notwendigen Grund für die Verlegung seines Wohnsitzes nach Eisenstadt dargestellt hat, sondern sehr wohl dem Beschwerdeführer andere Handlungsalternativen offen gestanden sind. Der Beschwerdeführer hat daher im Sinne des gesetzlichen Ausschlusstatbestandes die Gründe des Wohnsitzwechsels selbst zu vertreten.

Da dies bereits in diesem Stadium erkennbar war, konnte die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und ohne weitere Kosten für den Beschwerdeführer abgewiesen werden.

Wien, am 29. September 1999

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