Normen
KAG Wr 1987 §4 Abs2 lita;
VwRallg;
KAG Wr 1987 §4 Abs2 lita;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Kostenersatzbegehren der beschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 4 und 6 des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 - Wr. KAG die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb des selbstständigen Ambulatoriums "Ambulatorium für Lungenkrankheiten" im 19. Wiener Gemeindebezirk erteilt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG, in der in Bezug auf die Bedarfsfrage Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht und seine kostenpflichtige Aufhebung beantragt wird. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt. Sie und die mitbeteiligte Partei haben jeweils eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt setzt unter anderem voraus, dass ein Bedarf im Sinne des § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG (idF der Novelle LGBl. Nr. 9/1995) gegeben ist. Nach dieser Bestimmung hat die Bedarfsprüfung nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem vorgesehenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen zu erfolgen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 21. April 1998, A 78/98, unter Hinweis auf die vom Verfassungsgerichtshof in dessen Beschluss vom 12. März 1998, B 817/97, gegen die gleich lautende Regelung im O.ö. KAG geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken (u.zw. gegen eine näher bezeichnete Wortfolge betreffend Bedachtnahme auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, Kasseneinrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen) an den Verfassungsgerichtshof einen Antrag nach Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellt. Der Verfassungsgerichtshof hat die in Prüfung gezogene Wortfolge mit Erkenntnis vom 10. März 1999, G 64, 65/98, nicht als verfassungswidrig aufgehoben. Daraufhin hat der Verwaltungsgerichtshof seinen Anfechtungsantrag mit Beschluss vom 27. Mai 1999, A 78/98, zurückgezogen.
Ein Bedarf nach einem selbstständigen Ambulatorium ist dann gegeben, wenn durch die Errichtung des Ambulatoriums die ärztliche Betreuung der Bevölkerung wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in anderer Weise wesentlich gefördert wird. Bei der Prüfung daraufhin sind andere als die in § 4 Abs. 2 lit. a genannten Ärzte (Dentisten) und Einrichtungen nicht zu berücksichtigen. Ebenso unberücksichtigt zu bleiben haben hiebei grundsätzlich Anstaltsambulatorien öffentlicher Krankenanstalten (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1999, Zl. 98/11/0280, und des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 1999, B 817/97; vgl. in diesem Zusammenhang auch das vorhin genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 1999, G 64,65/98, in welchem dieser ausdrücklich den vom (Grundsatz-)Gesetzgeber gewollten Vorrang der Leistungserbringung durch niedergelassene Kassenärzte betont).
Zweck des gegenständlichen Ambulatoriums ist laut Antrag die Diagnostik und Therapie von Lungen- und Bronchialerkrankungen, insbesondere Asthma bronchiale, chronische Bronchitis, allergische Atemwegserkrankungen von Kinden und Erwachsenen, Früherfassung der schädlichen Auswirkungen des Rauchens und Mitrauchens, im Zusammenwirken der Fachdisziplinen Pulmologie, Innere Medizin, Kinderheilkunde, Psychotherapie und Physikalische Medizin.
Die belangte Behörde bejahte den Bedarf nach dem Ambulatorium im Hinblick auf dessen multidisziplinäres diagnostisches und therapeutisches Leistungsangebot. Dadurch werde die medizinische Versorgung von Patienten mit Lungen- und Atemwegserkrankungen wesentlich erleichtert und intensiviert. Diese Beurteilung beruht auf den eingeholten Stellungnahmen eines medizinischen Amtssachverständigen. Nach dessen Ausführungen bestehen im Raum Wien gleichartige oder verwandte Einrichtungen zur Behandlung der stark zunehmenden Atemwegserkrankungen nur in Form bettenführender Abteilungen im Pulmologischen Zentrum der Stadt Wien, im Krankenhaus der Stadt Wien Lainz und im AKH. Niedergelassene Fachärzte der entsprechenden Fachrichtungen würden jeweils nur Teile der Diagnostik und Therapie bieten. Es sei für die Patienten grundsätzlich von großem Vorteil, wenn die gesamte Diagnose und Therapie weitgehend vereint angeboten werde.
Die beschwerdeführende Partei bemängelt das Fehlen von Erhebungen darüber, ob die von der mitbeteiligten Partei und vom Amtssachverständigen behauptete starke Zunahme von Atemwegserkrankungen tatsächlich und gerade in jenem Bezirk, in dem das Ambulatorium angesiedelt werden soll, gegeben sei und ob nicht ohnedies bereits durch die ortsansässigen Ärzte bzw. Fachärzte für Lungenkrankheiten und die in der näheren Umgebung bestehenden Spitäler eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung gesichert sei. Tatsächlich sei der von der belangten Behörde bejahte Bedarf nicht gegeben. Dies zeige auch die Mitteilung der Wiener Gebietskrankenkasse, wonach die durchschnittliche Fallzahl der beiden namentlich genannten, in der näheren Umgebung tätigen Lungenfachärzte nicht an die Durchschnittsfallzahl aller Lungenfachärzte in Wien heranreiche.
Maßgebend für die Bejahung des Bedarfes durch die belangte Behörde war das gleichzeitige Angebot von diagnostischen und therapeutischen Leistungen aus mehreren medizinischen Fachgebieten im gegenständlichen Ambulatorium. Dieser Umstand mag zwar wegen der dadurch möglichen Zeitersparnis für die Patienten eine gewisse Erleichterung bei der medizinischen Versorgung bedeuten. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde bewirkt er aber für sich allein noch keine die Annahme eines Bedarfes iSd Gesetzes rechtfertigende wesentliche Erleichterung und Intensivierung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Ein Bedarf wäre nur dann gegeben, wenn die im Ambulatorium vorgesehenen Leistungen von den im Einzugsgebiet niedergelassenen Ärzten oder Einrichtungen im Sinne des § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG nicht in zumutbarer Zeit erlangt werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 96/11/0155). Dazu hat die belangte Behörde allerdings - offensichtlich wegen der besagten unrichtigen Rechtsauffassung - keine Feststellungen getroffen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Von der von der mitbeteiligten Partei beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Das Kostenersatzbegehren der beschwerdeführenden Partei wird gemäß § 47 Abs. 4 VwGG abgewiesen.
Wien, am 29. September 1999
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