Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Mai 1998 wurde der Mitbeteiligte gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Monaten von der Zustellung des Bescheides an einen verkehrspsychologischen Befund der Universitätsklinik Wien für Psychiatrie vorzulegen. Der Mitbeteiligte bestritt die Notwendigkeit des Befundes und erhob Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Kosten der Erstellung des Befundes seitens der Behörde zu tragen sind und die zweimonatige Frist mit der Zustellung des angefochtenen Berufungsbescheides in Gang gesetzt wird.
In ihrer auf den letzten Satz des § 123 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit Art. 131 Abs. 2 B-VG gestützten Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, mitgeteilt, dass auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet wird, und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet, in der er die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei hält den angefochtenen Bescheid aus zwei Gründen für inhaltlich rechtswidrig: In der Hauptsache deswegen, weil die Kosten der Befunderstellung vom betroffenen Inhaber einer Lenkerberechtigung zu tragen sind, daneben aus dem Grund, dass die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen sei, der Mitbeteiligte sei mit der Verpflichtung zur Beibringung des Befundes einverstanden gewesen.
Wie die beschwerdeführende Partei zutreffend ausführt, obliegt die Tragung der Kosten der Erstellung des vom Inhaber einer Lenkerberechtigung über bescheidmäßige Aufforderung der Behörde gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 beizubringenden Gutachtens bzw. Befundes dem Aufgeforderten. Dies entspricht der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. die von der beschwerdeführenden Partei zitierten Entscheidungen). Insbesondere ist der Verfassungsgerichtshof - entgegen der Meinung des Mitbeteiligten - in seinem zitierten Erkenntnis vom 16. März 1987, Slg. Nr. 11301, den verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes nicht gefolgt, der gemeint hat, die uneingeschränkte Verpflichtung zur Kostentragung durch den Inhaber der Lenkerberechtigung könne zu dem unsachlichen Ergebnis führen, dass er dieser Berechtigung verlustig gehen könne, weil er die Kosten der Beibringung nicht tragen könne, aber tatsächlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet sei. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes stellte dies einen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes vernachlässigbaren Härtefall dar. Entgegen der Ansicht des Mitbeteiligten ist aber der Verfassungsgerichtshof der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes beigetreten, der zur Beibringung des Gutachtens bzw. Befundes Aufgeforderte habe die Kosten der Erstellung selbst zu tragen.
Abgesehen davon, dass die Zustimmung des Betroffenen für die
Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Aufforderung nach § 75 Abs. 2
KFG 1967 ohne Bedeutung ist, ist die Behauptung der
beschwerdeführenden Partei, der Mitbeteiligte habe der
Verpflichtung zur Beibringung eines verkehrspsychologischen
Befundes nicht zugestimmt, verfehlt. Sie geht an dem - ihr offenbar
nicht bekannten - Umstand vorbei, dass der Mitbeteiligte in der
mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom 4. August 1998
u. a. ausgeführt hat, dass er sich "grundsätzlich nicht gegen eine
psychologische Untersuchung .... hinsichtlich Verkehrstauglichkeit
auflehne sondern ausschließlich die .. hierfür erwachsenen Kosten
ablehne. ... Ich habe keinen Einwand, dem Bescheid ... zu
entsprechen, soferne die Kosten von der Behörde getragen werden."
Von einem die Kostentragung durch den Mitbeteiligten entgegen seinem Vorbringen ausschließenden Verschulden der Behörde kann schon deswegen keine Rede sein, weil ein Amtsarzt nicht über die Möglichkeiten verfügt, einen verkehrspsychologischen Befund selbst zu erstellen.
Der angefochtene Bescheid war aus dem oben genannten Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die belangte Behörde wird im fortzusetzenden Verfahren auf den Umstand Bedacht zu nehmen haben, dass eine bescheidmäßige Aufforderung nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 nur in Verfahren zur Entziehung (Einschränkung) einer Lenkerberechtigung ergehen kann. Der angefochtene Bescheid wurde aber offenbar in einem über Antrag des Mitbeteiligten auf Erteilung einer neuen Lenkerberechtigung nach Ablauf der Befristung einer früheren erlassen. Nach Inhalt des Aktes der Erstbehörde hat es den Anschein, dass dem Mitbeteiligten am 1. August 1997 ein mit einer Befristung bis 24. Juli 1999 versehener Führerschein ausgehändigt und damit eine Lenkerberechtigung erteilt wurde. Über sein Verlangen auf bescheidmäßige Verfügung der Frist erging offenbar der Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. August 1997, der (offenbar fälschlicherweise) gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Befristung bis 24. Juli 1999 verfügt hat. Die Verfügung der Frist scheint aber bereits mit Aushändigung des mit der Befristung versehenen Führerscheines am 1. August 1997 erfolgt zu sein, sodass kein Entziehungsverfahren anhängig wurde, in dem eine Aufforderung nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 hätte ergehen dürfen.
Wien, am 9. November 1999
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