Normen
FSG 1997 §24 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs4;
FSG 1997 §26 Abs5;
FSG 1997 §3 Abs1 Z3;
FSG-GV 1997 §13;
KDV 1967 §30 Abs1 Z1 impl;
FSG 1997 §24 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs4;
FSG 1997 §26 Abs5;
FSG 1997 §3 Abs1 Z3;
FSG-GV 1997 §13;
KDV 1967 §30 Abs1 Z1 impl;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 24 Abs. 4 in Verbindung mit § 26 Abs. 5 und § 8 Abs. 2 Führerscheingesetz (FSG) aufgefordert, binnen vier Monaten ab Zustellung des angefochtenen Bescheides ein "neuropsychiatrisches Gutachten der Universitätsklinik Wien" vorzulegen.
In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin hat einige weitere Eingaben im Sinne des § 36 Abs. 8 in Verbindung mit § 23 Abs. 4 VwGG gemacht, denen aber keine Relevanz für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zukommt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Anlass für die Einleitung eines Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung der Beschwerdeführerin durch die Erstbehörde, die Bezirkshauptmannschaft Tulln, war der Umstand, dass sie in zahlreichen Eingaben an verschiedene Dienststellen eine andere Person beschuldigt hatte, am so genannten Briefbombenterror beteiligt zu sein. Die Erstbehörde erblickte darin ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten, das geeignet sei, Zweifel an der geistigen Eignung der Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu begründen. Bei einer amtsärztlichen Untersuchung vom 22. Oktober 1998 wurde sie über die nach Auffassung des Amtarztes bestehende Notwendigkeit der Beibringung eines neuropsychiatrischen Befundes der Universitätsklinik Wien in Kenntnis gesetzt. Sie sprach sich dagegen aus und legte der Behörde einen ärztlichen Befund eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 14. Oktober 1998 vor. Die Erstbehörde teilte ihr schriftlich mit, dass aus diesen "ärztlichen Befunden" nicht die nach dem Führerscheingesetz relevanten Parameter hervorgingen und räumte ihr eine weitere Frist ein. Hierauf erging der Erstbescheid vom 22. Dezember 1998 (der am 30. Dezember 1998, somit nach Ablauf der gesetzten Frist, zugestellt wurde). Darin wurde ihr die Beibringung des in Rede stehenden Klinikbefundes bis "28. Februar 1998" aufgetragen. In ihrer fristgerecht eingebrachten Stellungnahme vom 22. Dezember 1998 hatte sie u.a. neuerlich die Rechtmäßigkeit des Verlangens nach Beibringung des Befundes bestritten. Im vorgelegten Verwaltungsakt erliegt ferner eine mit 20. Dezember 1998 datierte Kopie einer Honorarnote eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie betreffend Erstellung eines kompletten psychiatrischen und neurologischen Status (die gutächtliche Äußerung selbst wurde dem Verwaltungsgerichtshof weder von der Beschwerdeführerin in einer ihrer Eingaben noch von der belangten Behörde im Rahmen des Verwaltungsaktes vorgelegt).
Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Erstbehörde bei der Setzung der Frist (abgesehen davon, dass sie die zwingende gesetzliche viermonatige Frist ab Erlassung des Bescheides gemäß § 26 Abs. 5 FSG missachtet hat) insofern ein offenkundiger Schreibfehler unterlaufen ist, als es im Spruch statt 1999 "1998" heisst. Beide Fehler wurden von der belangten Behörde als Berufungsbehörde zutreffend korrigiert. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und eine aktuelle Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin ist in diesem Zusammenhang nicht erkennbar.
Voraussetzung für die Einleitung eines Entziehungsverfahrens im Sinne des § 24 Abs. 1 und 4 FSG sind begründete Zweifel am aufrechten Vorliegen einer der Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung des Inhaltes, wie sie die betreffende Person innehat. Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs. 4 in Verbindung mit § 26 Abs. 5 FSG sind demnach u.a. begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber die geistige oder körperliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. In diesem Stadium des Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann. Es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände unter der hiefür notwendigen Mitwirkung des Besitzers der Lenkerberechtigung geboten erscheinen lassen (siehe dazu das zu § 75 KFG 1967 ergangene hg. Erkenntnis vom 26. März 1998, Zl. 97/11/0303).
Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das aus den dem Verfahren zu Grunde liegenden genannten Umständen hervorleuchtende - zweifellos nicht unproblematische - Persönlichkeitsbild der Beschwerdeführerin Anlass zu begründeten Zweifeln an der geistigen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gibt. Das überschießende und von gewissen Obsessionen geprägte Verhalten bei Schöpfung eines Verdachtes im Zusammenhang mit Ereignissen, die zum damaligen Zeitpunkt das öffentliche Leben geradezu beherrschten, das letztlich von der Sorge um die öffentliche Sicherheit getragen wird, entbehrt nach Lage der Dinge des Zusammenhanges mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen; dieser Zusammenhang wäre von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides argumentativ herzustellen gewesen. Der im Verwaltungsverfahren betonte Umstand, die Beschwerdeführerin habe sich zum Zwecke der Postaufgabe einer Reihe der Eingaben ihres Kraftfahrzeuges bedient, kann im gegebenen Zusammenhang nicht entscheidend ins Gewicht fallen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, dass psychische Krankheiten und geistige Störungen im Sinne des § 30 Abs. 1 Z. 1 KDV 1967 (nunmehr § 13 FSG-GV) nicht schlechthin die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließen, sondern nur dann, wenn sie auf das Verhalten der betreffenden Person im Straßenverkehr, somit auf das Fahrverhalten, von Einfluss sein können ("die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen") - (vgl. das Erkenntnis vom 28. Februar 1995, Zl. 94/11/0331).
Nach der Aktenlage ist nicht erkennbar, dass die Auffälligkeiten im Verhalten der Beschwerdeführerin mit ihrem Fahrverhalten in Verbindung zu bringen wären.
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Angesichts dessen erübrigt sich ein Eingehen auf den Umstand, dass es nach dem FSG nur zulässig ist, dem Inhaber einer Lenkberechtigung aufzutragen, (binnen vier Monaten) ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen. Eine besondere bescheidmäßige Aufforderung zur Beibringung von Befunden, die zur Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens für erforderlich erachtet werden, sieht das FSG nicht (mehr) vor.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.
Wien, am 24. August 1999
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