VwGH 99/07/0054

VwGH99/07/005410.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde 1) des JT und

2) des CL, beide in K und beide vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer und Dr. Johannes Hibler, Rechtsanwälte in Lienz, Tiroler Straße 30, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 25. Jänner 1999, Zl. Agrar-11-47/3/99, betreffend Minderheitenbeschwerde, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Krnt 1979 §51;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Krnt 1979 §51;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ist Folgendes zu entnehmen:

Die Beschwerdeführer sind Mitglieder der Agrargemeinschaft "Würmlach s.A.".

In der ordentlichen Vollversammlung dieser Agrargemeinschaft vom 4. März 1997 stand unter Tagesordnungspunkt 4.) "Rechnungslegung des Wirtschaftsjahres 1996 - Bericht der Rechnungsprüfer - Entlastung von Kassier und Vorstand" zur Beschlussfassung an. Die Vollversammlung fasste mehrheitlich den Beschluss, den Organen der Agrargemeinschaft für das Wirtschaftsjahr 1996 die Entlastung zu erteilen.

Die Beschwerdeführer stimmten gegen diesen Beschluss und erhoben gegen ihn eine Minderheitenbeschwerde an die Agrarbezirksbehörde Villach (AB), welche über diese Minderheitenbeschwerde mit folgendem Abspruch entschied:

"1.

Gemäß § 51 Abs. 2 Kärntner

Flurverfassungs-Landesgesetz 1979 ... in Verbindung mit den

geltenden Verwaltungssatzungen der Agrargemeinschaft wird der

gemeinsam eingebrachten Beschwerde (der Beschwerdeführer) gegen den

Tagesordnungspunkt 4.) der ordentlichen Vollversammlung der

Agrargemeinschaft vom '8.' März 1997 stattgegeben und die

Agrargemeinschaft verpflichtet, binnen 8 Tagen nach Rechtskraft

dieses Bescheides an den (Erstbeschwerdeführer) den Betrag von

S 4.452,50 ... und an den (Zweitbeschwerdeführer) den Betrag von

S 767,-- ... auszubezahlen.

2.

Die Beschwerde (der Beschwerdeführer) ..., so weit diese die

getrennte Verwaltung der Agrargemeinschaft ... nach den

verschiedenen Einlagezahlen betrifft, wird als unbegründet abgewiesen."

Spruchpunkt 1. dieses Bescheides wurde von der AB damit begründet, dass die Organe der Agrargemeinschaft die Gewinnausschüttung an die Beschwerdeführer zu Unrecht auf dem Wege der Kompensation mit einer Forderung einer anderen Körperschaft, nämlich einer Bringungsgemeinschaft, gegen die Beschwerdeführer verweigert hätten. Zu Spruchpunkt 2. führte die AB begründend aus, dass dem Erfordernis einer finanziellen Trennung der Gebarung der aus "vier Einlagezahlen" bestehenden Agrargemeinschaft in größtmöglicher Weise durch die Organe der Agrargemeinschaft nachgekommen worden sei; eine vollkommene Trennung der Verwaltung der Agrargemeinschaft "nach Einlagezahlen" scheine infolge der gegenseitigen Verflechtungen praktisch und wirtschaftlich nicht durchführbar.

Nur gegen Spruchpunkt 2. dieses Bescheides erhoben die Beschwerdeführer Berufung mit dem Vorbringen, dass die AB ebenso wie auch die belangte Behörde schon vor Jahren eine kassenmäßige Trennung der "3 Nachbarschaften" angeregt habe. Jede der "3 Nachbarschaften" werde getrennt besteuert, es müsste angesichts der Unterschiedlichkeit der jeweiligen Mitglieder auch getrennt Rechnung gelegt werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, dass die Agrargemeinschaft körperschaftlich im Sinne der Bestimmung des § 48 Abs. 2 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 (FLG 1979) eingerichtet sei. Mit Generalakt vom 5. April 1923, betreffend die Teilung und Regulierung des Gemeinschaftsbesitzes Würmlach, EZ 84, 126, 171 und 237, je KG. Würmlach, sei der Agrargemeinschaft eine Satzung gegeben worden. Daraus folge, dass die Agrargemeinschaft als Körperschaft öffentlichen Rechtes einen Selbstverwaltungskörper darstelle, der sich in eigener Verantwortung verwalte und dem bei der Besorgung seiner Aufgabe weit gehende wirtschaftliche Autonomie zukomme. Die der Agrarbehörde zustehende Aufsicht erstrecke sich inhaltlich auf die Einhaltung der Bestimmungen des Gesetzes und der Satzungen sowie auf die Zweckmäßigkeit der Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und des sonstigen Vermögens der Agrargemeinschaft. Es dürfe die Agrarbehörde in aufsichtsbehördlicher Funktion in die Selbstverwaltung der Agrargemeinschaft nur dann eingreifen, wenn Organe der Agrargemeinschaft Beschlüsse fassen würden, die mit den in Betracht kommenden rechtlichen Bestimmungen nicht im Einklang stünden oder der Zweckmäßigkeit der Bewirtschaftung des Gemeinschaftsvermögens eklatant widersprächen. Zu der von den Beschwerdeführern begehrten Trennung der Gebarung in Form der Führung jeweils getrennter Kassabücher könne die Agrargemeinschaft von der Aufsichtsbehörde nicht verhalten werden. Dies wäre nur dann gerechtfertigt, wenn durch die gemeinsame Haushaltsführung ein Verstoß gegen materienrechtliche Bestimmungen zu Tage träte oder die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte eines Mitgliedes stichhältig behauptet würde. Dies sei hier nicht der Fall. Auch bei gemeinsamer Haushaltsführung bestehe die Möglichkeit, Erträgnisse und Belastungen entsprechend dem jeweiligen Kreis der Anteilsberechtigten vorzunehmen. Eine stichprobenartige Einschau in das von Organen der Agrargemeinschaft der belangten Behörde vorgelegte Kassabuch habe gezeigt, dass dies im Gegenstand der Fall sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit der Erklärung begehrt, dass sich die Beschwerdeführer in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht "auf gesetzmäßige Überwachung der Agrargemeinschaften durch die Behörde" als verletzt ansehen. Die Beschwerdeführer tragen vor, dass die Zusammenfassung unterschiedlicher "Einlagezahlen" mit dem Generalakt vom 5. April 1923 zu einer Agrargemeinschaft nichts daran ändern könne, dass die finanzielle Gebarung der einzelnen "Einlagezahlen" zu trennen sei. Der Rechnungslegungsanspruch gehöre, wie sich dies schon aus § 830 ABGB ergebe, zu den fundamentalen Rechten eines Miteigentümers. Dieses Recht könne dem Miteigentümer durch das Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetz nicht genommen werden. Dass das Recht des Miteigentümers auf Rechnungslegung eingeschränkt sei, ergebe sich auch nicht aus den Bestimmungen der Satzung über die Rechnungslegung, weil nach § 14 der Satzungen der Agrargemeinschaft der Obmann eine genaue Aufzeichnung über alle Vermögenswerte der Gemeinschaft zu führen, alle Bareinnahmen und -ausgaben fortlaufend in ein Kassabuch einzutragen und alljährlich über die Geldgebarung durch Vorlage der Jahresrechnung und der dazugehörigen Belege in der ordentlichen Vollversammlung Rechnung zu legen habe. Die unterschiedlichen "Einlagezahlen" stellten zum Teil auch unterschiedliche Wirtschaftskörper dar, die besondere Ausgaben verursachten oder besondere Einnahmen erlösten, was auch in der wirtschaftlichen Gebarung der Agrargemeinschaft seinen Niederschlag zu finden habe. Andernfalls habe dies die Agrarbehörde abzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FLG 1979 hat die Behörde die Agrargemeinschaften, gleichgültig ob eine Regelung der gemeinschaftlichen Nutzungs- und Verwaltungsrechte stattgefunden hat oder nicht, insbesondere bezüglich der Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen, der Einhaltung eines allfälligen endgültigen oder vorläufigen Regelungsplanes, bezüglich der Bewirtschaftung der gemeinschaftlichen Grundstücke und bezüglich der Verwaltung sowie allenfalls der Ausführung und Erhaltung der gemeinsamen wirtschaftlichen Anlagen zu überwachen.

Über Streitigkeiten, die zwischen den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft untereinander oder mit dem gemeinsamen Verwalter oder zwischen einer körperlich eingerichteten Agrargemeinschaft und ihren Organen oder Mitgliedern aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen, entscheidet die Behörde.

Das von den Beschwerdeführern als verletzt erklärte Recht "auf gesetzmäßige Überwachung der Agrargemeinschaften durch die Behörde" konnte nicht verletzt werden, weil ein solches subjektiv-öffentliches Recht nicht eingeräumt ist. Das Agrargemeinschaftsmitglied hat kein subjektiv-öffentliches Recht auf Wahrnehmung der behördlichen Aufsichtsbefugnis, sondern nur ein Recht auf Wahrung seiner Mitgliedschaftsrechte, das er in einem Streit mit der Agrargemeinschaft auf dem Wege der Minderheitenbeschwerde verfolgen kann (vgl. den zur ähnlich gestalteten Rechtslage nach dem Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetz 1978 ergangenen hg. Beschluss vom 11. Juli 1996, 94/07/0059).

Gegenstand der Minderheitenbeschwerde der Beschwerdeführer an die AB war der von der Vollversammlung der Agrargemeinschaft mehrheitlich gefasste Beschluss, den Organen der Agrargemeinschaft für das Wirtschaftsjahr 1996 die Entlastung zu erteilen.

Ob Sachverhaltskonstellationen denkbar sind, mit denen durch die Beschlussfassung über einen solchen Tagesordnungspunkt Mitgliedschaftsrechte überstimmter Agrargemeinschaftsmitglieder in einer von der Agrarbehörde aufzugreifenden Weise überhaupt verletzt werden könnten, kann ebenso dahingestellt bleiben, wie es angesichts der Eintritt der Rechtskraft des Spruchpunktes 1. des Bescheides der AB vom 23. Jänner 1998 entbehrlich ist, die Frage zu prüfen, ob die Agrarbehörde aus Anlass einer Minderheitenbeschwerde gegen einen Vollversammlungsbeschluss über die Entlastung von Kassier und Vorstand berechtigt gewesen wäre, die Agrargemeinschaft zur Zahlung von Geldbeträgen an die Minderheitsbeschwerdeführer zu verhalten.

Dass die Einnahmen- und Ausgabenrechnung über das Vermögen der Agrargemeinschaft zusammengefasst und nicht auf einzelne Rechnungskreise aufgeteilt geführt worden war, konnte einen Beschluss der Vollversammlung, mit welchem den Organen der Agrargemeinschaft die Entlastung erteilt worden war, nämlich aus den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargestellten Gründen nicht in einer Weise rechtswidrig machen, welche die Agrarbehörde zur aufsichtsbehördlichen Behebung dieses Vollversammlungsbeschlusses berechtigt hätte.

Aus den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes können die Beschwerdeführer den von ihnen gesehenen qualifizierten Rechnungslegungsanspruch von vornherein nicht mit Erfolg ableiten, weil die Rechte und Pflichten von Mitgliedern einer Agrargemeinschaft nicht durch das bürgerliche Recht, sondern durch die öffentlich-rechtlichen Normen der Flurverfassungs-Landesgesetze und der auf deren Basis gesetzten Rechtsakte gestaltet werden. Ein Rechtsanspruch der Beschwerdeführer auf die ihnen vorschwebende Art der Rechnungsgebarung durch die Organe der Agrargemeinschaft lässt sich aber weder aus den Bestimmungen des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 noch aus der von ihnen wiedergegebenen Satzungsvorschrift ableiten. Dass die von den Organen eingehaltene Weise der Rechnungsgebarung zu einer Beeinträchtigung von Mitgliedschaftsrechten der Beschwerdeführer konkret geführt hätte, vermögen die Beschwerdeführer auch vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einsichtig darzustellen.

Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, dass die von den Beschwerdeführern gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 10. Juni 1999

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