VwGH 99/05/0088

VwGH99/05/008831.8.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Hanna Lautner in Wien, vertreten durch Prem, Mathes & Hauser, Rechtsanwälte in Wien I, Falkestraße 1, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 24. Februar 1999, Zl. MD-VfR - B XIII - 7/98, betreffend Erteilung eines Bauauftrages, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §59 Abs2;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs4;
BauO Wr §129b Abs1;
BauRallg impl;
BauRallg;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §59 Abs2;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs4;
BauO Wr §129b Abs1;
BauRallg impl;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 24. Februar 1999 wurden der Beschwerdeführerin als Eigentümerin nachstehender Baulichkeiten gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien folgende Aufträge erteilt:

"1) Das nahe der rechten Grundgrenze und ca. 10 m von der Grundgrenze an der K.-gasse entfernt errichtete ca. 3,70 x 4,60 m große und ca. 2,30 m hohe mit Dachpappe gedeckte Nebengebäude aus Holz ist abzutragen.

2) Das ca. 8 m von der vorderen Grundgrenze und ca. 0,60 m von der linken Grundgrenze entfernt errichtete ca. 4 x 6,20 m große und ca. 2,50 m hohe mit Dachpappe gedeckte Nebengebäude in Massivbauweise ist abzutragen.

4) die im hinteren Hofbereich vom Erdgeschoß bis zum 1. Stock reichende gewendelte eiserne Freitreppe ist zu entfernen.

Die Maßnahmen sind binnen sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides durchzuführen."

In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, bei einer am 15. Mai 1998 an Ort und Stelle durchgeführten mündlichen Verhandlung sei von einem Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 37/13 festgestellt worden, dass auf der Liegenschaft Wien 13, B.-gasse 23, die im Spruch näher bezeichneten Baulichkeiten bzw. baulichen Änderungen durchgeführt worden seien, ohne die hiefür erforderliche Baubewilligung einzuholen. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bauauftrag lediglich ausgeführt, es sei unverständlich, inwieweit die Nachbarn durch die angeführten Objekte gefährdet oder belästigt sein sollten. Für die in den Punkten 2) und 4) genannten Bauführungen müsse ein Konsens vorhanden sein. Die unter Punkt 1) erwähnte Holzhütte befinde sich seit mehr 30 Jahren auf diesem Grundstück, welches auch eine andere Grundstücksnummer aufweise. Der Bau der Wendeltreppe sei der Beschwerdeführerin bereits 1993 mündlich zugesagt worden. Es werde alles unternommen, um den vom Gesetz geforderten Zustand herzustellen. Hiezu sei aber die im angefochtenen Bescheid festgesetzte Erfüllungsfrist zu kurz bemessen. Erfahrungsgemäß nehme die Erwirkung einer Fluchtlinienbekanntgabe viel Zeit in Anspruch. Außerdem werde es notwendig sein, mit den Nachbarn zwecks Erwirkung einer Bewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien Fühlung aufzunehmen. Die Magistratsabteilung 37/13 habe mit Schreiben vom 31. August 1998 mitgeteilt, dass das Archiv der Baupolizei als vollständig anzusehen sei und von den Haus- und Grundeigentümern keine Baubewilligungen beigebracht hätten werden können. Hiezu habe die Beschwerdeführerin dahingehend Stellung genommen, dass demnächst mit den entsprechenden Planunterlagen um nachträgliche Baubewilligung für diese Baulichkeiten angesucht werde. Die Beschwerdeführerin habe nicht mehr bestritten, dass für die hier zu beurteilenden Baulichkeiten keine Baubewilligungen erteilt worden seien. Eine Erstreckung der Erfüllungsfrist habe nicht gewährt werden können. Die Erfüllungsfrist sei angemessen, wenn innerhalb derselben die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden könnten. Es bestehe kein Zweifel, dass die gesetzte Frist von sechs Monaten in technischer und wirtschaftlicher Beziehung ausreiche, um die beiden Nebengebäude sowie die eiserne Freitreppe zu entfernen. Die Erfüllungsfrist beginne mit Rechtskraft des Bescheides. In tatsächlicher Hinsicht hätte die Beschwerdeführerin durch die bloße Einbringung ihres Rechtsmittels eine Fristerstreckung im Ausmaß der Dauer des Berufungsverfahrens erlangt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichterteilung eines Bauauftrages verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten.

Die von der belangten Behörde festgestellten und von der Beschwerdeführerin ohne vorherige Erwirkung einer Baubewilligung durchgeführten baulichen Maßnahmen, welche Gegenstand des beschwerdegegenständlichen baupolizeilichen Auftrages sind, stellen bewilligungspflichtige Bauführungen im Sinne der Bauordnung für Wien dar.

Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung der Erteilung eines Auftrages zur Beseitigung eigenmächtiger Änderungen nicht entgegensteht. Auf die für die Erwirkung einer nachträglichen Baubewilligung erforderliche Zeit ist bei Erlassung eines Beseitigungsauftrages nicht Bedacht zu nehmen. Die Verpflichtung zur Beseitigung eines vorschriftswidrigen Baues trifft den jeweiligen Eigentümer, unabhängig davon, ob er oder seine Rechtsvorgänger den konsenswidrigen Zustand durch ein schuldhaftes Verhalten herbeigeführt haben. Belanglos ist, wer die Herstellung eigenmächtig vorgenommen hat. Der jeweilige Hauseigentümer ist auch für den durch seinen Rechtsvorgänger geschaffenen Bauzustand verantwortlich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1997, Zl. 96/05/0192). Auch die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit, auf welche sich die Beschwerdeführerin beruft, ist durch die als ausreichend anzusehenden Ermittlungsergebnisse nicht indiziert. Selbst der langjährige unbeanstandete Gebrauch der vom Bauauftrag betroffenen Baulichkeiten kann bei der gegebenen Sach- und Rechtslage keinen Anspruch auf weitere Duldung des als bauordnungswidrig erkannten Zustandes erzeugen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. April 1995, Zl. 95/05/0019). Bei der Feststellung des Sachverhaltes, ob angenommen werden kann, dass für die vom Beseitigungsauftrag erfassten Baulichkeiten eine Baubewilligung erteilt wurde, trifft nämlich die Partei eine Mitwirkungspflicht. Dies deshalb, weil es in der Regel der Eigentümer des Bauwerkes ist, der allein zielführende Hinweise über das Vorliegen einer Baubewilligung geben kann. Da die Beschwerdeführerin der Behörde keine konkreten Hinweise für das Vorliegen von Baubewilligungen an die Hand gegeben hat, konnte diese im Hinblick auf die von ihr angestellten Erhebungen, insbesondere durch Einsichtnahme in die bezughabenden Archive, von weiteren Ermittlungen Abstand nehmen. Ohne konkreten Anhaltspunkt für die Unvollständigkeit der Archive bestand im Beschwerdefall keine weitere Erhebungspflicht der Behörde. Die gegenteilige von der Beschwerdeführerin vorgetragene Rechtsansicht würde nämlich zu einer Überspannung der Erhebungspflicht dahingehend führen, dass die Behörde einen (praktisch unmöglichen) Negativbeweis erbringen müsste (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. April 1990, Zl. 90/06/0042). Die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit eines Baues setzt aber voraus, dass der Zeitpunkt der Erbauung so weit zurückliegt, dass die Erteilung der Baubewilligung fraglich erscheint oder bestimmte Indizien dafür sprechen, dass trotz Fehlens behördlicher Unterlagen von der Erteilung einer Baubewilligung auszugehen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. September 1994, Zl. 94/05/0109, BauSlg. 202). Solches ist im Beschwerdefall schon im Hinblick auf das von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen nicht anzunehmen.

Insoweit die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen § 59 Abs. 2 AVG nachzuweisen versucht, ist ihr zu entgegnen, dass die Erfüllungsfrist dann angemessen ist, wenn innerhalb derselben die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1997, Zl. 96/05/0266). Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid näher begründet ausgeführt, warum sie die festgesetzte Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides für ausreichend erachtet. Die Beschwerdeführerin trägt konkret nicht vor, warum sie der Ansicht ist, dass die Erfüllung des Auftrages in technischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht nicht innerhalb von sechs Monaten durchgeführt werden kann.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. August 1999

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