VwGH 99/04/0093

VwGH99/04/00932.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des Dkfm. KA in S, vertreten durch Dr. J und Dr. G, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. März 1999, Zl. 321.170/4-III/9/99, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1;
StGB §43;
GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1;
StGB §43;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. März 1999 die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger) an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 GewO 1994 entzogen. Nach der Begründung dieses Bescheides sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 24. April 1996 i.V.m. dem Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 26. Juni 1997 wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden. Mit Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 28. Jänner 1998 i.V. mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 1. Dezember 1998 und i.V.m. dem Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 11. Dezember 1998 sei der Beschwerdeführer zwar von der Anklage des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB gemäß § 295 Z. 3 StPO freigesprochen, jedoch wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 24. April 1996 zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr, bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt worden. Die strafgerichtliche Verurteilung durch das Landesgericht Steyr vom 24. April 1996 sei nach der Aktenlage deshalb erfolgt, weil der Beschwerdeführer als Hausverwalter einer fremden Liegenschaft sich Mieterlöse in einem S 500.000,-- übersteigenden Wert mit dem Vorsatz zugeeignet habe, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern und zwar am 11. Juli 1991 einen Betrag von S 400.000,--, indem er diesen auf ein auf seinen Namen lautendes Sparbuch transferiert und dieses Sparbuch zur Besicherung eines Kredites verpfändet habe, sowie in der Zeit von Oktober 1986 bis Ende 1992 in wiederholten Angriffen einen Gesamtbetrag von ca. S 400.000,--. Die strafgerichtliche Verurteilung durch das Landesgericht Steyr vom 28. Jänner 1998 sei deshalb erfolgt, weil der Beschwerdeführer in den Jahren 1990 bis 1995 in seiner Eigenschaft als Immobilientreuhänder die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch im Urteil näher genannten Personen einen S 500.000,-- übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt habe, und zwar dadurch, daß er im Rahmen der im Urteil näher bezeichneten sieben Liegenschaftsverwaltungen Erträgnisse nicht zinsbringend verwaltet und Betriebsausgaben nicht beglichen, sondern sich die Gelder zugeeignet habe. Nach den Bestimmungen des Tilgungsgesetzes stehe fest, daß diese Verurteilungen weder getilgt seien noch der beschränkten Auskunft aus dem Strafregister unterlägen. Es träfe daher auf den Beschwerdeführer der Ausschlußgrund des § 13 Abs. 1 GewO 1994 zu. Was die Eigenart der strafbaren Handlung anlange, so sei im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die den Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach den §§ 133 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB und des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB zugrunde liegenden strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen gerichtet gewesen und unter Ausnutzung einer von ihm erlangten Gewerbeberechtigung begangen worden seien, sodaß mit Rücksicht auf die Art der Straftaten Umstände vorlägen, die die Befürchtung, der Beschwerdeführer werde bei Ausübung des gegenständlichen Gewerbes eine gleiche oder eine ähnliche Straftat begehen, gerechtfertigt erscheinen ließen. Daran vermöge der Umstand, daß die gerichtlichen Verurteilungen nur im Zusammenhang mit der Ausübung des Immobilienverwaltergewerbes erfolgt seien, nichts zu ändern, böten doch die Tätigkeiten der Immobilienmakler und der Bauträger ebenso wie die Tätigkeit als Immobilienverwalter auch in anderer Weise die Möglichkeit zur Begehung von strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen, welche mit mehr als dreimonatiger Freiheitsstrafe geahndet würden. Was die Würdigung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers anlange, sei die in Rede stehende Befürchtung schon im Hinblick auf das durch die den Straftaten zugrunde liegende Vorgangsweise und die Höhe des Schadensbetrages ersichtlich gewordene Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers begründet. Dabei könne auch nach den allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen weder der bis zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung vorliegenden Unbescholtenheit des Beschwerdeführers noch seinem Wohlverhalten während des kurzen Zeitraumes seit seiner letzten Verurteilung ein solches Gewicht beigemessen werden, das die in Rede stehende Befürchtung zu zerstreuen geeignet sei. Habe aber das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers schon auf Grund der in Rede stehenden Straftaten gewürdigt werden können, so sei es nicht erforderlich gewesen, in dieser Hinsicht weitere Beweise aufzunehmen und weitere Verfahrensschritte zu setzen. Im Hinblick auf die genannten Umstände könne nicht angenommen werden, daß eine Entziehung der gegenständlichen Gewerbeberechtigung für eine bestimmte Zeit ausreiche, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Beschwerdeführers zu sichern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der Entziehung der verfahrensgegenständlichen Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht er geltend, die belangte Behörde habe völlig zu Unrecht und ohne ein diesbezügliches Beweisverfahren durchzuführen und ohne diesen Umstand im Bescheid näher zu begründen, ausgeführt, es sei die Befürchtung gerechtfertigt, der Beschwerdeführer werde bei Ausübung der gegenständlichen Gewerbe eine gleiche oder ähnliche Straftat begehen. Die belangte Behörde argumentiere hier mit allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen, welche eine ordnungsgemäße Bescheidbegründung und Nachvollziehbarkeit bzw. Überprüfbarkeit des Bescheides nicht ermöglichten. Die belangte Behörde hätte sich vielmehr Kenntnis vom Strafverfahren verschaffen müssen und nicht nur den Urteilsspruch in den Bescheid übernehmen dürfen. Sie hätte dabei zu der Erkenntnis kommen müssen, daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten bereits mehrere Jahre zurück lägen und er sich seither wohlverhalten habe. Die Straftaten seien ausschließlich auf einen kurzfristigen finanziellen Engpaß in der fraglichen Zeit zurückzuführen und er habe den Großteil dieses Schadens bereits gut gemacht, sodaß nicht zu befürchten sei, er werde in Zukunft gleichartige oder ähnliche Delikte begehen. Ein solcher Rückschluß sei vielmehr nach seiner Persönlichkeit geradezu auszuschließen. In der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vom 26. Juli 1997 werde ausdrücklich ausgeführt, daß die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe bei weitem überwögen und weder spezial- noch generalpräventive Gründe gegen die Gewährung der bedingten Strafnachsicht sprächen. Das Oberlandesgericht Linz habe daher völlig zu Recht eine für den Beschwerdeführer günstige Prognose erstellt und es hätte die belangte Behörde bei einem ordnungsgemäßen und umfassenden Ermittlungsverfahren und bei ordnungsgemäßer Feststellung des Sachverhaltes zum gleichen Ergebnis kommen müssen. Auch sei in beiden Urteilen ausgesprochen bzw. festgestellt worden, die fraglichen Straftaten seien ausschließlich im Rahmen der Hausverwaltertätigkeit begangen worden. Die belangte Behörde hätte daher selbst unter Zugrundelegung ihrer unrichtigen Feststellungen und unter Zugrundelegung des unvollständigen Beweisverfahrens die Gewerbeberechtigung lediglich hinsichtlich des Gewerbes der Immobilienverwalter entziehen dürfen. Der Beschwerdeführer habe auf Grund der Weisung des Landesgerichtes Steyr vom 11. Dezember 1998 vierteljährlich dem Gericht eine Schadensgutmachung in der Höhe von S 20.000,-- nachzuweisen. Damit sei geradezu ausgeschlossen, daß weitere oder ähnliche Straftaten zu befürchten seien. Der Beschwerdeführer sei vielmehr bestrebt, die Schäden zur Gänze gutzumachen und den Betrieb über die nächsten drei Jahre bis zu seiner Pensionierung ordnungsgemäß weiterzuführen, damit der Betrieb in weiterer Folge an den derzeit noch studierenden Sohn übergeben werden könne.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlußgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt.

Der Beschwerdeführer bestreitet mit seinem Vorbringen nicht, daß gegen ihn der Gewerbeausschlußgrund des § 13 Abs. 1 GewO 1994 gegeben ist, er meint aber, es lägen die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 1 leg. cit., nämlich die Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes, nicht vor.

Mit der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe beantragte Beweise nicht durchgeführt, vermag der Beschwerdeführer schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil, wie sich aus der Bestimmung des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG ergibt, nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zu führen hat, sondern nur eine solche, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist dies nicht offenkundig, ist es Sache des Beschwerdeführers in der Beschwerde die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzutun. Der Beschwerdeführer hätte daher zur Begründung dieser Relevanz des behaupteten Verfahrensverstoßes darlegen müssen, zu welchem konkreten Ermittlungsergebnis die belangte Behörde gekommen wäre, hätte sie die beantragten Beweise durchgeführt. Ein solches Vorbringen enthält die Beschwerde nicht.

Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 erfüllt, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung, die ihm zur Last gelegten Straftaten seien ausschließlich "auf einen kurzfristigen finanziellen Engpaß in dieser Zeit" zurückzuführen gewesen, ist einerseits insofern aktenwidrig, als nach den vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Feststellungen der belangten Behörde die den strafgerichtlichen Verurteilungen zugrunde liegenden Taten in einem Zeitraum von rund 10 Jahren (1986 bis 1995) in wiederholten Angriffen gesetzt wurden. Von einem bloß kurzfristigen Zeitraum kann daher keinesfalls die Rede sein. Andererseits zeigt gerade dieses Vorbringen, daß der Beschwerdeführer dazu neigt, sich im Falle eines finanziellen Engpasses an fremdem Eigentum zu vergreifen. Der belangten Behörde ist überdies darin beizupflichten, daß die Zeit seit der letzten Verurteilung viel zu kurz ist, um aus dem seither vom Beschwerdeführer gezeigten Wohlverhalten auf eine grundlegende Änderung seines Persönlichkeitsbildes schließen zu können. Es ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer meint, die ihm vom Landesgericht Steyr im Wege einer Weisung auferlegte Verpflichtung, vierteljährlich eine Schadensgutmachung in der Höhe von S 20.000,-- nachzuweisen, lasse die Gefahr der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes als geradezu ausgeschlossen erscheinen.

Schließlich vermag auch der Umstand, daß dem Beschwerdeführer die über ihn verhängten Freiheitsstrafen vom Strafgericht bedingt nachgesehen wurden, an dieser Betrachtungsweise nichts zu ändern, weil die Gewerbebehörde bei Erstellung der ihr in § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 aufgetragenen Prognose nicht an die Beurteilung des Strafgerichtes nach § 43 StGB gebunden ist (vgl. die in Kobzina/Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994, Seite 312 zitierte hg. Judikatur).

Der Beschwerdeführer verkennt schließlich die Rechtslage, wenn er meint, es hätte ihm - wenn überhaupt - nur die Berechtigung zur Ausübung jenes Gewerbes entzogen werden dürfen, in dessen Rahmen er die in Rede stehenden Straftaten gesetzt hat. Für eine derartige Auslegung enthält das Gesetz keinerlei Anhaltspunkte, zumal der Bestimmung des § 13 Abs. 1 leg. cit. als Regelfall ein Sachverhalt zugrunde liegt, in dem die von dieser Bestimmung erfaßte gerichtliche Verurteilung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem der Verurteilte noch nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/04/0174).

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen läßt, das die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 2. Juni 1999

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