VwGH 99/03/0252

VwGH99/03/025220.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des O E in K, vertreten durch Mag. Heinz Russold, Rechtsanwalt in 8580 Köflach, Judenburgerstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 5. Mai 1999, Zl. UVS 30.9-111/98-9, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a Z1;
VwRallg;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegen den Beschwerdeführer erging folgendes Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 4. September 1998 (Spruchteile gemäß § 44a Z. 1 und 2 VStG):

"1) Sie lenkten am 23.02.1998 um 14.50 Uhr den PKW, Kz., auf der B 77, beim Strkm 49,490 (Kreuzung mit der B 70) in Köflach, wobei Sie gegen den PKW Kennzeichen stießen und ein Schaden entstand.

(vordere Stoßstange sowie der Frontspoiler leicht eingedrückt).

Obwohl Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden stand, haben Sie nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt, weil Sie sich durch Entfernung vom Unfallsort der Feststellung Ihrer Person zu entziehen versuchten.

2.) Obwohl Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden stand, haben Sie nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gend.-Dienststelle verständigt, obwohl Sie Ihren Namen und Ihre Anschrift nicht nachgewiesen haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

  1. 1) § 4/1c StVO.
  2. 2) § 4/5 StVO."

    Wegen dieser Übertretungen wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen von S 3.000,-- (zu Punkt 1)) und S 2.000,-- (zu Punkt 2)) verhängt.

    Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Punktes 1) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses abgewiesen; hinsichtlich des Punktes 2) wurde der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt. In der Begründung ging die belangte Behörde im Wesentlichen davon aus, dass es am 23. Februar 1998 um 14.50 Uhr in Köflach an einer näher bestimmten Kreuzung zu einem Verkehrsunfall zwischen den vom Beschwerdeführer und vom Zeugen E gelenkten Personenkraftwagen gekommen sei, bei dem am Fahrzeug des E ein Sachschaden entstanden sei. Obwohl E dem Beschwerdeführer gegenüber die Intervention der Gendarmerie verlangt habe, habe sich dieser unmittelbar nach dem Gespräch von der Unfallstelle entfernt. Name und Anschrift des Beschwerdeführers hätten dem Unfallsgegner E auf Grund eines bestehenden Bekanntschaftsverhältnisses bekannt sein müssen.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde insoweit, als der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 bestraft wurde.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

    Gemäß § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

    Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960 die im Abs. 1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

    Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 22. April 1998, Zlen. 97/03/0353, 0367) besteht die Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes durch Verbleiben an der Unfallstelle mitzuwirken, nur dann, wenn es bei einem Verkehrsunfall überhaupt zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat. Dies ist immer der Fall, wenn es sich um einen Unfall handelt, bezüglich dessen eine Verständigungspflicht im Sinne des § 4 Abs. 2 StVO 1960 besteht; darüber hinaus aber auch dann, wenn ein am Unfall Beteiligter die Intervention eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes verlangt oder wenn ein am Unfallort etwa zufällig anwesendes Sicherheitsorgan aus eigenem Antrieb eine Tatbestandsaufnahme vornimmt oder deren Vornahme veranlasst. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes reicht nur soweit, als es zur Feststellung von Sachverhaltselementen, insbesondere zur Sicherung von Spuren am Unfallsort oder sonstiger konkreter Beweismittel, aber auch zur Person des beteiligten Fahrzeuglenkers erforderlich ist, so etwa, ob er zur Lenkung des am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuges berechtigt war oder ob er äußerlich den Anschein erweckt, dass er sich geistig oder körperlich in einem zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges geeigneten Zustand befindet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0164).

    Im Beschwerdefall wurden die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde vom Beschwerdeführer nicht bekämpft. Unbestritten blieb insbesondere, dass der Unfallsbeteiligte E die Intervention der Gendarmerie verlangt hat. Nach der dargestellten Rechtslage war der Beschwerdeführer daher verpflichtet, durch Verbleiben an der Unfallstelle an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, um dadurch - unter anderem - auch die erwähnten, seine Person betreffenden Feststellungen zu ermöglichen.

    Dem Beschwerdeführer wurde in dem mit dem angefochtenen Bescheid übernommenen Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vorgeworfen, er habe nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt, "weil Sie sich durch Entfernung vom Unfallsort der Feststellung Ihrer Person zu entziehen versuchten". Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtslage können unter der Wendung "der Feststellung Ihrer Person" nur die erwähnten Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers verstanden werden. Im Übrigen reicht bereits der Vorwurf, sich vom Unfallsort entfernt zu haben, zur Konkretisierung der dem Beschwerdeführer angelasteten Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 aus (vgl. das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0164).

    Wenn der Beschwerdeführer meint, dass ihn keine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes gemäß § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 getroffen habe, weil seine Identität dem Unfallsgegner bekannt gewesen sei, sodass keine Verständigungspflicht nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 bestanden habe, ist er auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Mitwirkungspflicht nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 und die Verständigungspflicht nach § 4 Abs. 5 leg. cit. zwei voneinander verschiedene und unabhängige Verpflichtungen enthalten, deren Verletzung je gesondert zu bestrafen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1988, Zl. 88/03/0047).

    Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

    Wien, am 20. Oktober 1999

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