Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1 impl;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1 impl;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verfügte zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung mit Geltungsdauer vom 2. Juli 1994 bis 2. Mai 1995. Am 28. März 1995 beantragte er die Verlängerung dieser Aufenthaltsbewilligung.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Juli 1995 wurde dieser Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer zu Handen seines im Verwaltungsverfahren ausgewiesenen Rechtsvertreters erfolgte am 2. August 1995.
Mit einer am 18. September 1995 zur Post gegebenen Eingabe beantragte der Beschwerdeführer, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Juli 1995 zu bewilligen. Gleichzeitig holte er die versäumte Berufung nach.
Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages führte der Beschwerdeführer aus wie folgt:
"In außen bezeichneter Aufenthaltssache wurde der abweisende Bescheid vom 27.7. meinem ausgewiesenen Vertreter am 2.8.1995 zugestellt. Die Berufungsfrist wurde ordnungsgemäß mit 16.8.1995 vorgemerkt. Bereits am 13.8.1995 wollte mein ausgewiesener Vertreter die Berufung verfassen. Der Akt konnte jedoch nicht aufgefunden werden. Auch über das Wochenende, als mein ausgewiesener Vertreter den Akt gesucht hat und am 16.8.1995 konnte der Akt nicht vorgefunden werden. Erst am 14.9.1995 wurde der Akt, der irrtümlich in einen anderen Akt abgelegt worden war, aufgefunden. Ich war sohin an der rechtzeitigen Einbringung eines Rechtsmittels durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis gehindert."
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Oktober 1995 wurde dieser Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen, weil das Verschulden des Rechtsvertreters der Partei am Verlegen des in Rede stehenden Aktes dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten sei.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in welcher er behauptete, es liege lediglich ein minderer Grad des Versehens vor.
Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vom 8. April 1998 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Oktober 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen. Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Juli 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen aus, daß nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das irrtümliche Ablegen eines Aktes in einem anderen Akt bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt verhindert werden könne und daher keinen Wiedereinsetzungsgrund darstelle. Die Zustellung des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Juli 1995 sei am 2. August 1995 erfolgt. Die erst am 18. September 1995 erhobene Berufung sei daher zurückzuweisen gewesen, weil die zweiwöchige Frist des § 63 Abs. 5 AVG nicht gewahrt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer behauptet, vorliegendenfalls sei der Akt "bewußt richtig" abgelegt worden, er sei jedoch aufgrund "unvorhersehbarer und unabwendbarer höherer Gewalt" in einen anderen Akt gelangt. Der gegenständliche Fall sei nicht anders zu beurteilen wie die durch Kanzleiangestellte unter der Aufsicht des Rechtsanwaltes vorgenommene fehlerhafte Vormerkung von Fristen. Ein allfälliges Verschulden von Angestellten eines Rechtsanwaltes sei der Partei nicht zuzurechnen. Darüber hinaus enthält die Beschwerde Vorbringen zur Frage der inhaltlichen Rechtmäßigkeit des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Juli 1995.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist einer Partei gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Dabei ist ein Verschulden des Rechtsvertreters einer Partei einem Verschulden des Vertretenen gleichzusetzen (vgl. die bei Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E. 72 zu § 71 AVG wiedergegebene Judikatur). Demgegenüber wäre ein Versehen eines sonst verläßlichen Kanzleiangestellten eines Rechtsanwaltes, soferne nicht dessen eigenes Verschulden hinzutritt, der Partei nicht anzulasten (vgl. für Versehen bei Beschriftung, Kuvertierung und Postaufgabe a.a.O. E. 254 zu § 71 AVG).
Den Antragsteller trifft die Obliegenheit, im Antrag selbst den Wiedereinsetzungsgrund zu behaupten und glaubhaft zu machen (vgl. a.a.O. E. 298 ff zu § 71 AVG). Dies setzt eine konkrete Beschreibung jenes unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses voraus, welches die Partei an der Einhaltung der Frist gehindert hat (vgl. den hg. Beschluß vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/2430). Von dieser Obliegenheit zur konkreten Darlegung der für die Wiedereinsetzung maßgeblichen Umstände sind auch insbesondere jene Gründe umfaßt, welche bewirkten, daß der Beschwerdeführer durch ein konkretes Ereignis außerstande gesetzt wurde, die Frist zu wahren.
Vorliegendenfalls erfolgte die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde (unabhängig von der Frage, ob dem diesbezüglichen Antragsvorbringen Glaubwürdigkeit zukäme, zumal zwischen dem 13.
- einem Sonntag - und dem 16. August 1995 kein "Wochenende" lag) jedenfalls im Ergebnis schon deshalb zu Recht, weil dem oben wiedergegebenen Antragsvorbringen nicht mit hinreichender Konkretisierung zu entnehmen ist, aus welchen Gründen der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers durch die schon am 13. August 1995, also drei Tage vor Fristende, bekanntgewordene Unauffindbarkeit des den Beschwerdeführer betreffenden Aktes an der rechtzeitigen Einbringung einer Berufung gehindert gewesen wäre. Ein solcherart konkretisiertes Vorbringen wäre hier aber insbesondere deshalb geboten gewesen, weil es bei der gegenständlichen Fallkonstellation nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern naheliegend erscheint, daß der Rechtsanwalt in der verbleibenden Frist nach Rekonstruktion der wesentlichen im Akt befindlichen Daten durch Rücksprache mit dem Mandanten bzw. durch Vornahme einer Akteneinsicht bei der Verwaltungsbehörde zur Verfassung und Einbringung der Berufung in der Lage ist.
Aus diesen Erwägungen kann die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages durch den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Gleiches gilt für die Zurückweisung der mit diesem Wiedereinsetzungsantrag verbundenen verspäteten Berufung durch den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides.
Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Frage der inhaltlichen Rechtmäßigkeit des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Juli 1995 brauchte nicht eingegangen zu werden, weil mit dem angefochtenen Bescheid - was der Beschwerdeführer verkennt - über eine andere "Sache" abgesprochen wurde.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. Jänner 1999
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