VwGH 98/16/0215

VwGH98/16/021531.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der K GmbH in St. P, vertreten durch die Doralt-Seist-Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien IX, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. Juli 1998, Zl. RV 0198-09/09/97, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1002;
ABGB §1020;
ABGB §358;
BAO §21 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
EO §37;
KO §44;
KVG 1934 §17 Abs1;
KVG 1934 §18 Abs1;
VwRallg;
ABGB §1002;
ABGB §1020;
ABGB §358;
BAO §21 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
EO §37;
KO §44;
KVG 1934 §17 Abs1;
KVG 1934 §18 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 4. April 1995 teilte die M.A.I.L Finanzberatung GmbH der Abgabenbehörde erster Instanz folgendes mit:

"Gemäß Treuhandvertrag vom 22.03.1994; geschlossen zwischen M A I L Finanzberatung GmbH und KIKA Möbel Handels GmbH hielt die M A I L Finanzberatung GmbH 50 Stück CAL 92/2 Genußscheine treuhändig im eigenen Namen auf Rechnung der KIKA Möbel Handels GmbH. Mit Wirkung zum 22.03.1995 erfolgte ein Treugeberwechsel, wobei die Firmen Liebherr Austria Holding GmbH bzw. die Firma Rauch Fruchtsäfte GmbH als neue Treugeber eintraten.

Unseres Erachtens unterliegt dieser Treugeberwechsel nicht dem Kapitalverkehrssteuergesetz - Börsenumsatzsteuer (Wilfried Dorazil, Kapitalverkehrssteuergesetz, Kurzkommentar, Wien 1992, Seite 123)."

Über Vorhalte vom 11. Jänner und 13. Mai 1996 erstattete der steuerliche Vertreter der Treuhänderin (auszugsweise) folgendes Vorbringen:

"Die KIKA Möbel-Handels GmbH als Treugeber der im Ergänzungsersuchen bezeichneten CAL 92/2 Genußscheine hat mit Wirkung vom 22. März 1995 entgeltlich um S 250.000.000,00 auf den Herausgabeanspruch der Treugüter gegenüber den neuen Treugebern (Liebherr Austria Holding GmbH (S 150 Mio) und Rauch Fruchtsäfte GmbH (S 100 Mio) verzichtet.

Der Treuhänder M.A.I.L. Finanzberatung GmbH hatte die Funktion eines Vermittlers und die einer Zahlstelle. Wirtschaftlich war die M.A.I.L. Finanzberatung GmbH nie Eigentümer der Genußrechte. Das Treuhandverhältnis zwischen der M.A.I.L. Finanzberatung GmbH als Treuhänder und den Firmen Liebherr Holding GmbH und Rauch Fruchtsäfte GmbH als Treugeber begann ebenfalls mit Wirkung 22. März 1995."

Daraufhin setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien für den Vorgang gegenüber der Beschwerdeführerin Börsenumsatzsteuer fest.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit dem Argument, der Treuhänderwechsel stelle kein Anschaffungsgeschäft dar.

Gegen die daraufhin ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat die Auffassung, daß der Erwerb der Stellung eines Treugebers einen Schritt zum Erwerb des Wertpapieres darstelle, weil es nur mehr der Auflösung des Treuhandverhältnisses bedürfe, damit der Treugeber Eigentümer des Wertpapieres werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, daß der gegenständliche Vorgang nicht der Börsenumsatzsteuer unterworfen wird.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Rechtsstreit geht es allein um die Frage, ob ein entgeltlicher Treugeberwechsel den Tatbestand des § 18 Abs. 1 KVG erfüllt. Nach dieser Bestimmung sind Anschaffungsgeschäfte entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums gerichtet sind.

Der Steuer unterliegt nach der hg. Judikatur und herrschender Meinung nicht die Verfügung (= Eigentumsverschaffung = tatsächliche Lieferung) sondern das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (= Titelgeschäft), das die Verpflichtung zur Übereignung begründet (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1990, Zl. 89/15/0125, Slg. N.F. 6484/F; Dorazil, KVG, Kurzkommentar2 224 I.1. sowie 228 II.1.; Kinnebrock/Meulenbergh, KVG5 Rz 2 zu § 18 KVG; Brönner/Kamprad, Komm z KVG4 Rz 2 zu § 18 KVG).

Dazu wird die Meinung vertreten, daß auch die Weiterübertragung des Anspruches auf Übereignung der Börsenumsatzsteuer unterliegt (Kinnebrock/Meulenbergh a.a.O.; Dorazil a.a.O. 229 II.1.2.; Takacs, Kapitalverkehrsteuer § 18/3 Abs. 1).

Im vorliegenden Fall stellt sich daher die Frage, ob ein entgeltlicher Treugeberwechsel eine derartige, börsenumsatzsteuerpflichtige Übertragung des Übereignungsanspruches darstellt. Die Beschwerdeführerin sucht dies im Kern ihrer Ausführungen mit dem Argument zu verneinen, es sei an den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff und nicht an den wirtschaftlichen anzuknüpfen.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Das Wesen der (auch im Beschwerdefall vorliegenden) sogenannten fiduciarischen Treuhand liegt zivilrechtlich darin, daß der Treuhänder nach außen hin unbeschränkt Eigentümer, im Innenverhältnis hingegen obligatorisch an den Treugeber gebunden ist (vgl. z.B. Kastner, Gesellschafts- und Unternehmensrecht, Gesammelte Aufsätze 1946-1981, 594; Klicka in Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB2 II Rz 5 zu § 358 ABGB; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I10 179 je mwN). Im Innenverhältnis besteht zwischen dem Treuhänder und dem Treugeber in der Regel ein Auftragsverhältnis (Kastner a.a.O. 605; Strasser in Rummel ABGB I2 Rz 42 zu § 1002 ABGB S 1547 Abs. 3; OGH 8. März 1977, 3 Ob 182/76 HS 10771).

Im Falle der Beendigung dieses Auftragsverhältnisses, die seitens des Auftraggebers durch einseitigen Widerruf erfolgt (§ 1020 ABGB; Koziol/Welser a.a.O. 365) besteht die Verpflichtung des Treuhänders, das Treugut an den Treugeber zu übertragen bzw. zurückzuübertragen, also zu übereignen bzw. zurückzuübereignen (vgl. z.B. OGH 24. Juni 1986, 5 Ob 516/86 HS 16.394 = RdW 1986, 336). Damit hat es der Treugeber rechtlich in der Hand, jederzeit das Treuhandverhältnis zu beenden und die Übertragung (bzw. Rückübertragung) des Eigentums am Treugut an ihn zu begehren. Er hat insoweit keine andere Stellung, als etwa ein Käufer, der nach Abschluß des Kaufvertrages aber vor der Übergabe der Kaufsache gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Übereignung hat, somit eine Rechtsposition, der - anders als dies die Beschwerde sieht - keinesfalls nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Daraus folgt aber, daß auch ein entgeltliches Geschäft betreffend den Erwerb der Position eines Treugebers dem Erwerber (= dem neuen Treugeber) letzten Endes das Recht auf Eigentumserwerb am Treugut verschafft. Es ist daher in einem entgeltlichen Treugeberwechsel die Übertragung des Eigentumsanspruches gegenüber dem Treuhänder zu erblicken. Auch Dorazil (a.a.O. 236 VII. 4. zu § 18 KVG) läßt diese Konsequenz offen, weil er die Übertragung von einem Treugeber auf einen anderen Treugeber nur wegen der dabei (seiner Ansicht nach) regelmäßig fehlenden Entgeltlichkeit nicht der Börsenumsatzsteuer unterwirft (arg.: "Grundsätzlich liegt Entgeltlichkeit ... nicht vor"). Im vorliegenden Fall kommt dagegen der von Dorazil angenommene Regelfall nicht zum Tragen, weil der Treuhänderwechsel entgeltlich erfolgte.

Dazu kommt, daß - wie schon der angefochtene Bescheid zu Recht betonte - der Treugeber nach herrschender Meinung und ständiger Judikatur (vgl. z.B. Koziol/Welser, a.a.O. 180 mwN in FN 77; Klicka in Schwimann a.a.O. Rz 19 zu § 358 ABGB; Strasser in Rummel a. a.O. 1548 Abs. 1; OGH 22. Februar 1990, 7 Ob 715/89 HS 20.426 = RdW 1990, 409) gegen eine vom dritter Seite auf das Treugut geführte Exekution Widerspruch gemäß § 37 EO (die Exszindierungsklage) erheben und im Konkurs über das Vermögen des Treuhänders das Treugut aussondern kann, und zwar in Anerkennung seiner Position als "wirtschaftlicher Eigentümer" (z.B. Koziol/Welser a.a.O. 180). Dort aber, wo selbst das Zivilrecht der wirtschaftlichen Betrachtungsweise den Vorzug gibt, ist ihr auch in jenem Bereich zu folgen, in dem das Abgabenrecht an die Erfüllung zivilrechtlicher Tatbestände anknüpft.

Auch aus dieser Sicht ist daher der entgeltliche Erwerb einer Treugeberposition, die Dritten gegenüber zur Exszindierung berechtigt und die im Konkurs des Treuhänders ein Aussonderungsrecht begründet, als Erwerb einer Rechtsposition anzusehen, die einen Übereignungsanspruch beinhaltet.

Ließe man dagegen einen entgeltlichen Treugeberwechsel - wie es die Beschwerde anstrebt - steuerfrei, so entstünde unter Berücksichtigung der Tatsache, daß (im Falle der Aufhebung der Treuhandschaft) der Übergang des Treugutes vom Treuhänder auf den Treugeber mangels Entgeltlichkeit steuerfrei ist (vgl. dazu z.B. Dorazil a.a.O. 236 VII. 4. Zu § 18 KVG; Kinnebrock/Meulenbergh a. a.O. Rz 7 Abs. 2 zu § 18 KVG), z.B. gegenüber dem steuerpflichtigen Kauf als Anschaffungsgeschäft eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und daher eine Lösung, die schon auf Grund der gebotenen, am Gleichheitssatz orienterten Interpretation zu vermeiden ist. Der Rechtsrüge der Beschwerde ist daher nicht zu folgen.

Da schließlich auch die Verfahrensrüge der Beschwerde ins Leere geht, weil in keiner Weise dargelegt wird, welche relevanten Sachverhaltselemente noch festzustellen gewesen wären, ist die Beschwerde insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Wien, am 31. März 1999

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte