Normen
AVG §1;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §68 Abs4 Z1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §68 Abs4 Z1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand als Oberfeuerwehrmann in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom 19. November 1997, Zl. 97/12/0271, zu entnehmen. Daraus ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. Februar 1996 erklärt hatte, mit Ablauf des 10. April 1996 dem Dienst zu entsagen. Mit Bescheid vom 28. Februar 1996 sprach die Dienstbehörde erster Instanz aus, daß die Dienstentsagung durch das hiefür zuständige Organ angenommen worden und das Dienstverhältnis daher mit 10. April 1996 aufgelöst sei. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und machte Willensmängel geltend. Diese Berufung wurde mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 1997 als unbegründet abgewiesen; dieser Bescheid wurde mit dem eingangs genannten Erkenntnis vom 19. November 1997 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Aus dem weiteren Verwaltungsgeschehen ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer (vertreten durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter) am 12. Februar 1998 vor der Dienstbehörde erster Instanz niederschriftlich "den vorzeitigen Austritt aus dem derzeitigen Dienstverhältnis aus wichtigem Grund" erklärte (Nichtbezahlung des Gehaltes des Beschwerdeführers - wurde näher ausgeführt). Mit Erledigung vom 26. März 1998 fragte die Dienstbehörde erster Instanz beim Beschwerdevertreter unter Hinweis auf diese Erklärung vom 12. Februar 1998 an, er werde um Mitteilung ersucht, ob eine Rückziehung der Berufung vom 10. April 1996 gegen den Bescheid vom 28. Februar 1996 in Erwägung gezogen werde. Für den Fall der Aufrechterhaltung der Berufung werde um Bekanntgabe ersucht, wodurch sich der Beschwerdeführer weiterhin als beschwert erachte. Hiezu erklärte der Beschwerdevertreter mit Schreiben vom 7. April 1998, eine Rückziehung der Berufung werde keineswegs in Erwägung gezogen. "Zur Beurteilung der arbeitsrechtlichen Situation" sei die Verletzung der Rechte seines Mandanten nach wie vor maßgeblich. Er verwies dabei auf ein bereits zuvor eingebrachtes Schreiben vom 27. März 1998, in welchem er unter anderem eine Abfertigung geltend gemacht hatte.
Mit Bescheid vom 16. April 1998 sprach die Dienstbehörde erster Instanz aus, daß der vom Beschwerdeführer (mit Schreiben vom 12. Februar 1998) erklärte Austritt aus dem Dienstverhältnis zur Stadt Wien mit 12. Februar 1998 wirksam geworden sei und sein Dienstverhältnis daher mit Ablauf des 12. Februar 1998 geendet habe. Dieser Bescheid wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 22. April 1998 zugestellt und blieb der Aktenlage zufolge unbekämpft.
Mit Bescheid vom 30. Juli 1998 wies die Dienstbehörde erster Instanz das Begehren des Beschwerdeführers vom 27. März 1998 auf Feststellung der Gebührlichkeit einer Abfertigung ab. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21. August 1998 Berufung.
In den Akten des Verwaltungsverfahrens findet sich die Urschrift (genehmigter Bescheidentwurf) eines Berufungsbescheides vom 10. September 1998, womit neuerlich über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 28. Februar 1996 (in Sachen Dienstentsagung) entschieden wurde. Dieses Geschäftsstück umfaßt zwei Blätter; auf dem ersten Blatt (Seiten 1 und 2) findet sich der Kopf, der Spruch und die Begründung (letztere endet auf Seite 2), auf Seite 3 die Rechtsmittelbelehrung, die Fertigungsklausel und der Verteiler (Seite 4 ist unbeschrieben). In den Verwaltungsakten ist vermerkt, daß diese Erledigung am 23. September 1998 und - neuerlich - am 5. November 1998 befördert worden sei. Dementsprechend finden sich zwei Zustellnachweise (RSa), adressiert an den Beschwerdeführer zu Handen des Beschwerdevertreters, die mit 24. September 1998 und 6. November 1998 (Eingangsstampiglien der Kanzlei des Beschwerdevertreters) versehen sind. (Anmerkung: Die gegenständliche Beschwerde wurde am 14. Oktober 1998 zur Post gegeben).
Mit der nunmehr angefochtenen Erledigung hätte die belangte Behörde (so der Inhalt dieser Erledigung) in der Sitzung vom 10. September 1998 die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 30. Juli 1998 (in Sachen Abfertigung) als unbegründet abgewiesen und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.
Die angefochtene Erledigung besteht ebenfalls aus zwei Blättern mit drei beschriebenen Seiten. Das erste Blatt enthält den Kopf und den Spruch; die Begründung beginnt am Fuß der ersten Seite und bricht (in der Sachverhaltsdarstellung) am Ende der Seite 2 mitten im Wort ab. Dann folgt die Seite 3 mit der Rechtsmittelbelehrung, der Fertigungsklausel, einem Beglaubigungsvermerk und der Adressierung.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, daß die angefochtene Erledigung keine nachvollziehbare Begründung enthalte, weil diese in der Sachverhaltsdarstellung abbreche.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Darin heißt es, das Beschwerdevorbringen sei insofern berechtigt, als dem Beschwerdeführer ein Bescheid zugestellt worden sei, dessen Begründung mitten in einem Satz ende. Diesem Bescheid liege jedoch kein Beschluß der belangten Behörde (des Berufungssenates der Stadt Wien) zugrunde, weil es bei der Beglaubigung des Bescheides zu einem kanzleimäßigen Versehen gekommen sei. Tatsächlich habe die belangte Behörde in ihrer Sitzung am 10. September 1998 den Berufungsbescheid in dem Verfahren betreffend die vom Beschwerdeführer mit Ablauf des 10. April 1996 erklärten Dienstentsagung beschlossen. Diese Erledigung sei in der Folge dem Magistrat der Stadt Wien, MA 2, zur Aussendung rückgemittelt worden. Das Konzept des Berufungsbescheides betreffend die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Abfertigungsansprüche sei zu diesem Zeitpunkt bereits zu einer näher bezeichneten Zahl im Computer gespeichert gewesen. Anläßlich der Ausfertigung sei wegen Beschädigung des ersten Blattes des beschlossenen Berufungsbescheides versehentlich das erste Blatt des noch nicht beschlossenen Berufungsbescheides ausgedruckt worden, dem zweiten Blatt des tatsächlich beschlossenen Bescheides angeschlossen, beglaubigt und dem Beschwerdeführer zugestellt worden. Somit liege dem nun bekämpften Bescheid, welcher nach dem Erscheinungsbild der belangten Behörde zuzurechnen sei, kein entsprechender Entschluß dieser Behörde zugrunde. Die belangte Behörde verkenne nicht, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein derartiger Bescheid nicht dem für die Beschlußfassung zuständigen Behördenorgan zugerechnet werden könne, was einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gleichkomme (Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Es sei aber darauf hinzuweisen, daß nach herrschender Lehre kein Bescheid vorliege, wenn ein nicht zustandegekommener "Akt" als Bescheid ausgefertigt werde, sei es, daß das Einzelorgan zu keinem Entschluß gekommen sei, sei es, daß ein Akt als "Bescheid" (im Original jeweils unter Anführungszeichen) eines Kollegialorganes ausgefertigt und zugestellt werde, ohne daß das betreffende Organ einen Beschluß gefaßt hätte (Hinweis auf Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4, Rz 441). Folge man der herrschenden Lehre, so handle es sich bei dem angefochtenen Bescheid um einen absoluten nichtigen Verwaltungsakt, welcher somit auch keiner Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zugänglich sei (es folgt ein Vorbringen zur Sache).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, daß die angefochtene Erledigung ihrem äußeren Erscheinungsbild zufolge die erforderlichen Merkmale eines Bescheides aufweist (die Verstümmelung der Begründung vermag daran nichts zu ändern). Die Besonderheit des Falles liegt darin, daß die angefochtene Erledigung zwar infolge eines Beschlusses der belangten Behörde aus- und abgefertigt wurde, aber infolge eines - in der Gegenschrift im Einklang mit dem Akteninhalt plausibel dargestellten - manipulativen Versehens nicht mit der beschlossenen Erledigung übereinstimmt. Jedenfalls vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles vermag sich der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, die angefochtene Erledigung stelle nur scheinbar einen Bescheid dar und sei vielmehr als (rechtens) zulässigerweise nicht bekämpfbarer "Nicht-Akt" zu beurteilen, nicht anzuschließen. Vielmehr liegt in rechtlicher Hinsicht ein anfechtbarer Bescheid vor, der aber, weil er nicht dem Beschluß der belangten Behörde entspricht, wie von einer unzuständigen Behörde erlassen zu behandeln ist (siehe dazu die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, in E 63 zu § 56 AVG wiedergegebene Judikatur, aus jüngerer Zeit auch das hg. Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 94/06/0083).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Jänner 1999
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