VwGH 98/11/0173

VwGH98/11/01731.7.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des C in N, vertreten durch Dr. Peter Bartl und Dr. Anton Cuber, Rechtsanwälte in Graz, Hauptplatz 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 2. Juni 1998, Zl. 11-39-220/98-3, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4 Z5;
FSG 1997 §7 Abs5;
SMG 1997 §27 Abs1;
SMG 1997 §28;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4 Z5;
FSG 1997 §7 Abs5;
SMG 1997 §27 Abs1;
SMG 1997 §28;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 24 Abs. 1 und 25 Abs. 1 Führerscheingesetz - FSG wegen Verkehrsunzuverlässigkeit die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E, F und G für die Dauer von 20 Monaten, gerechnet ab der am 27. Februar 1998 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides, ohne Einrechnung von Haftzeiten, entzogen.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Anlass für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 19. Februar 1998 wegen des Verbrechens nach dem § 28 Abs. 2 und 3 SMG und des Vergehens nach dem § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten (davon elf Monate unter Festsetzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen). Danach hat der Beschwerdeführer gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, indem er zwischen Juni 1996 und Ende November 1996 in mehreren Angriffen insgesamt ca. 320 bis 380 Stück amphetaminhältige Ecstasy-Tabletten an näher bezeichnete Personen Gewinn bringend verkaufte. Außerdem hat er zwischen November 1995 und Dezember 1996 Ecstasy-Tabletten in näher bezeichneter Menge erworben und selbst konsumiert. Die belangte Behörde erblickte im besagten Verbrechen eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG, die zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers in der angenommenen Dauer berechtige.

Der Beschwerdeführer stellt angesichts seiner rechtskräftigen Verurteilung das Vorliegen einer seine Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG nicht in Abrede. (An die Stelle der dort verwiesenen Bestimmung des § 12 SGG trat gemäß § 46 SMG mit 1. Jänner 1998 der § 28 SMG.) Er bemängelt das Fehlen einer Wertung dieser bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs. 5 FSG. Auch habe die belangte Behörde die für ihn sprechenden Umstände nicht entsprechend gewürdigt, dass er bisher unbescholten gewesen sei, ein reumütiges Geständnis abgelegt habe, zur Tatzeit gerade erst 20 Jahre alt gewesen sei, aus eigenem Antrieb den weiteren Verkauf von Ecstasy-Tabletten unterlassen und sich seit Ende 1996 wohl verhalten habe. Bei zutreffender Wertung hätte die belangte Behörde keine Entziehung aussprechen dürfen, jedenfalls aber eine kürzere Entziehungsdauer festsetzen müssen.

Mit dem Letzteren ist der Beschwerdeführer im Recht. Für die gemäß § 7 Abs. 2 FSG vorzunehmende Wertung gemäß Abs. 5 sind die Verwerflichkeit der Straftaten, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Das Wertungskriterium der Gefährlichkeit der Verhältnisse kommt beim gegebenen Sachverhalt nicht zum Tragen. Das Kriterium der Verwerflichkeit fällt zum Nachteil des Beschwerdeführers schwer wiegend ins Gewicht, hat er doch Suchtgift in großer Menge in Verkehr gesetzt und damit eine schwere Gefahr für die Gesundheit von Menschen in Kauf genommen. Dazu kommt, dass sich dieses strafbare Verhalten über längere Zeit (rund ein halbes Jahr) hinzog, und dass der Beschwerdeführer durch wiederholte Tathandlungen zwischen November 1995 und Dezember 1996 auch das Vergehen nach § 27 Abs. 1 SMG beging. Angesichts dieser hohen Verwerflichkeit des strafbaren Verhaltens konnte die belangte Behörde ungeachtet der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstände davon ausgehen, er sei auch noch bei Beginn der Entziehungsmaßnahme (27. Februar 1998) und für die Dauer von zumindest noch drei Monaten (§ 25 Abs. 3 erster Satz FSG) als verkehrsunzuverlässig anzusehen. Unter dem Gesichtspunkt der Wertungskriterien der seit dem Ende des strafbaren Verhaltens verstrichenen Zeit und des Verhaltens während dieser Zeit fällt zugunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht, dass er aus eigenem vom strafbaren Verhalten Abstand genommen hat (nach der Aktenlage wurde erst im Oktober 1997 Anzeige gegen ihn erstattet) und dass er sich bis zum Beginn der Entziehungsmaßnahme durch rund 14 Monate hindurch wohl verhalten hat. Bei entsprechender Berücksichtigung dieses Wohlverhaltens und der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers bis zum gegenständlichen strafbaren Verhalten entspricht die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Prognose, der Beschwerdeführer werde seine Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf von rund drei Jahren ab dem Ende des strafbaren Verhaltens wieder erlangen, nicht dem Gesetz. Die belangte Behörde hätte vielmehr zur Annahme einer wesentlich kürzeren Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers gelangen müssen.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 1. Juli 1999

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