VwGH 97/21/0486

VwGH97/21/048623.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde der SG in Altenmarkt-Thenneberg, geboren am 17. März 1972, vertreten durch Dr. Alexander Knotek, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Pergerstraße 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 2. April 1997, Zl. Fr 489/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 2. April 1997 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien, gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 22 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Dies begründete die belangte Behörde im wesentlichen damit, daß die Beschwerdeführerin am 8. November 1995 unter Vorweisung eines falschen Passes über Ungarn nach Österreich eingereist sei. Damit sei erwiesen, daß sie ohne gültigen Reisepaß und Sichtvermerk nach Österreich gelangt und hier geblieben sei. Des weiteren sei sie weder im Besitz einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz noch komme ihr eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Asylgesetz 1991 oder eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach § 8 leg. cit. zu. Das FrG sei daher gemäß § 9 Asylgesetz 1991 in vollem Umfang anwendbar.

Bei einer Ausweisung - so die belangte Behörde weiter - sei auf § 19 FrG Bedacht zu nehmen. Gemäß ihren Ausführungen lebe die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Gatten, der sich in Österreich als Gastarbeiter befinde. Dies stelle ein Indiz für ein Privat- oder Familienleben dar. Dieses "Naheverhältnis in Österreich" habe sich jedoch zu einer Zeit entwickelt, in der sich die Beschwerdeführerin niemals rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe, was ihr hätte bewußt sein müssen. Es sei daher fraglich, ob überhaupt ein Eingriff in ihr Privat- oder Familienleben vorliege. Selbst unter Annahme eines derartigen Eingriffs sei für die Beschwerdeführerin jedoch nichts gewonnen. Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat von eminentem Interesse. Dies "umsomehr in einer Zeit, in der, wie in jüngster Vergangenheit unübersehbar geworden, der Zuwanderungsdruck kontinuierlich zunimmt. Um den mit diesem Phänomen verbundenen zum Teil gänzlich neuen Problemstellungen in ausgewogener Weise Rechnung tragen zu können, gewinnen die für Fremde vorgesehenen Rechtsvorschriften zunehmend an Bedeutung". Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Von daher gesehen stelle das Verhalten der Beschwerdeführerin (unrechtmäßige Einreise, von Beginn an unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet) eine Beeinträchtigung des bezeichneten maßgeblichen öffentlichen Interesses von solchem Gewicht dar, daß das Dringend-geboten-sein der Ausweisung und damit die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Sinn des § 19 FrG zu bejahen sei. Dabei sei auch miteinzubeziehen, daß die Beschwerdeführerin die Grenze unter Vorweisung eines gefälschten Passes passiert und dadurch die österreichischen Grenzbehörden getäuscht oder zumindest deren Täuschung versucht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde, die die Verwaltungsakten bereits in einem anderen Beschwerdeverfahren vorgelegt hatte, sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde bleiben die maßgeblichen Feststellungen der

belangten Behörde, daß die Beschwerdeführerin am 8. November 1995 mit Hilfe eines gefälschten Passes nach Österreich eingereist sei und daß sie weder einen Sichtvermerk noch eine Aufenthaltsbewilligung besitze, unbestritten. Bezüglich des eingeleiteten Asylverfahrens führt die Beschwerde aus, daß dem Asylantrag der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben worden sei und daß gegen den negativen Bescheid des Bundesministers für Inneres bereits Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden sein "dürfte". Tatsächlich hat die Beschwerdeführerin gegen den letztinstanzlichen Asylbescheid die zur hg. Zl. 96/01/0791 protokollierte Beschwerde erhoben, der mit Beschluß vom 21. Oktober 1996 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist. Einen Sachverhalt, der ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach § 7 Asylgesetz 1991 begründen würde, hat die Beschwerdeführerin jedoch im hier zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Vor diesem Hintergrund bestehen gegen die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegende Rechtsansicht, daß sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, keine Bedenken.

Auch in der Beschwerde wird nicht behauptet, daß der inländische Aufenthalt der Beschwerdeführerin rechtmäßig sei. Sie hält ihre Ausweisung jedoch im Grund des § 19 FrG für rechtswidrig.

Die Beschwerde ist zunächst damit im Recht, daß die Ausweisung im Hinblick auf das Zusammenleben mit ihrem rechtmäßig im Inland aufhältigen Ehegatten - einem jugoslawischen Staatsangehörigen - einen Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerin darstellt. Der Beschwerde ist weiters darin zu folgen, daß in Anbetracht dieses Eingriffs eine Interessenabwägung vorzunehmen ist, bei der die nach § 19 FrG geschützten Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Verbleib in Österreich dem öffentlichen Interesse an der Beendigung ihres inländischen Aufenthaltes gegenüberzustellen sind. Eine derartige Interessenabwägung hat die belangte Behörde allerdings ungeachtet dessen, daß sie einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerin in Zweifel zog, entgegen den Beschwerdeausführungen ohnehin vorgenommen. Wenn sie hiebei zu dem Ergebnis gelangte, daß dem zuvor beschriebenen öffentlichen Interesse der Vorrang einzuräumen sei, so stößt diese Ansicht auf keinen Einwand. Für diese Beurteilung ist nicht ausschlaggebend, ob - so die belangte Behörde - "wie in jüngster Vergangenheit unübersehbar geworden, der Zuwanderungsdruck kontinuierlich zunimmt"; wesentlich ist vielmehr - wie von der belangten Behörde zutreffend hervorgehoben - der den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften zukommende hohe Stellenwert aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 1998, Zl. 95/21/0221, m.w.N.). Gegen diese Vorschriften hat die Beschwerdeführerin durch ihre unrechtmäßige Einreise und den daran anschließenden, zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich verstoßen, wobei die belangte Behörde richtig weiter miteinbezog, daß die Einreise auch unter Verwendung eines gefälschten Passes erfolgte. Damit liegt eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenrechtes vor, sodaß die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin zurückzustehen haben, zumal ihrem Zusammenleben mit dem Ehegatten im Inland nie ein rechtmäßiger Aufenthalt zugrunde lag. Dem im Hinblick auf das Gebot der Achtung des Privat- und Familienlebens im § 19 FrG verankerten Ausweisungshindernis kann nicht die Bedeutung unterstellt werden, es wäre für Fremde zulässig, sich durch die Mißachtung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften und die derart bewirkten privaten und familiären Beziehungen im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 96/21/0220).

Nach dem Gesagten erweist sich der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe auf die individuelle Situation der Beschwerdeführerin keinerlei Bezug genommen und in ihrem Bescheid die Begründungspflicht verletzt, als nicht gerechtfertigt. Verfehlt ist es des weiteren, wenn der belangten Behörde eine "Doppelverwertung" der unrechtmäßigen Einreise und des unrechtmäßigen Aufenthalts der Beschwerdeführerin vorgehalten wird; richtig ist zwar, daß ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Inland Tatbestandselement der Ausweisung ist, doch könnten einem unrechtmäßigen Aufenthalt eine ordnungsgemäße Einreise und ein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet vorangehen. Daß beides im Fall der Beschwerdeführerin nicht zutrifft, wurde zu Recht zu ihren Lasten berücksichtigt. Schließlich ist aber auch der Hinweis, nicht die Beschwerdeführerin selbst, sondern ihr Chauffeur habe den gefälschten Paß der Beschwerdeführerin an den Grenzen hergezeigt, nicht zielführend, zumal die Behauptung, dies sei ohne ihr Wissen geschehen, nach den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens nicht nachvollziehbar ist.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. März 1999

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