VwGH 97/19/0059

VwGH97/19/005926.2.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1979 geborenen D V, vertreten durch den Bruder G V, beide in Wien, vertreten durch Dr. M und Dr. C, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Februar 1996, Zl. 301.418/5-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z3;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z3;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verfügte nach der Aktenlage über einen Wiedereinreisesichtvermerk vom 6. August 1992 bis 6. Februar 1993. Er beantragte am 14. Oktober 1993 (Datum der Unterfertigung des Antrages) erstmalig die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, wobei als Aufenthaltszweck Schulbesuch sowie Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft mit seinem in Österreich lebenden Bruder angegeben wurde. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. April 1994 gemäß § 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes mangels eines rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Am 4. Oktober 1995 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, wobei als Aufenthaltszweck Familiengemeinschaft mit seinem Bruder angegeben wurde. Unter der Rubrik "in Österreich verfügbare eigene Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf die Dauer des Aufenthaltes" wurde auf den Lohn des Bruders in Höhe von monatlich S 13.500,-- brutto hingewiesen. Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 4. Dezember 1995 gemäß § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes ab. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, gerade die Notwendigkeit, in einem ohnedies sensiblen Bereich die weitere Zuwanderung sorgfältig zu steuern, mache es erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der gesicherten Unterhaltsmittel von Zuwanderern anzulegen. Sei der Unterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert, so dürfe gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes eine Bewilligung nicht erteilt werden. Da der Bruder des Beschwerdeführers nachweislich für diesen sorgeberechtigt, und seine Berufung mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Februar 1996 abgewiesen worden sei, scheine der Unterhalt des Beschwerdeführers auf jeden Fall nicht gesichert.

Aufgrund der Aktenlage stehe weiters fest, daß der Beschwerdeführer außerdem seit längerer Zeit illegal im Bundesgebiet aufhältig sei und sohin ebenfalls gegen die Bestimmungen des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verstoße. In Hinblick auf den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 Abs. 2 MRK habe der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach erkannt, daß der § 5 Abs. 1 AufG iVm Art. 8 Abs. 1 MRK verfassungskonform interpretiert werden könne. Dabei habe eine Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen stattzufinden. Diese Abwägung habe im Fall des Beschwerdeführers ergeben, daß den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen Priorität einzuräumen gewesen sei, da keine Unterhaltsmittel vorhanden seien.

Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die belangte Behörde festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK die öffentlichen Interessen überwögen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer vorerst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 9. Oktober 1996, B 1200/96, ab und trat sie in weiterer Folge antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (27. Februar 1996) hatte die belangte Behörde das AufG in der Fassung nach der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 anzuwenden.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Der Beschwerdeführer verfügte nach der Aktenlage noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung und auch nicht über eine am 1. Juli 1993 gültige Aufenthaltsberechtigung. Die belangte Behörde wertete seinen Antrag daher zu Recht als Erstantrag.

Ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 liegt nicht vor. Der angefochtene Bescheid blieb vom Inkrafttreten des FrG 1997 unberührt.

Die belangte Behörde gründet die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers u.a. auf den Umstand, daß der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers für die Dauer der von ihm angestrebten Aufenthaltsbewilligung nicht gesichert ist, weil der Antrag seines (für ihn sorgeberechtigten) Bruders abgewiesen worden war. Der Beschwerdeführer hat sich, um die in Österreich verfügbaren eigenen Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Dauer des Aufenthaltes glaubhaft zu machen, auf das Erwerbseinkommen seines Bruders berufen. Unbestritten bleibt in der Beschwerde, daß der Bruder des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über keine Aufenthaltsbewilligung verfügte. Das Einkommen eines im Inland nicht aufenthaltsberechtigten Fremden aus einer - aus der Sicht des Aufenthaltsgesetzes unzulässigen (vgl. § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG) - Erwerbstätigkeit desselben im Bundesgebiet ist nicht geeignet, den Unterhalt des Beschwerdeführers im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu sichern (vgl .das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1998, Zlen. 96/19/3539, 3540). Für die Beurteilung der Frage, ob der Unterhalt des Beschwerdeführers für die Dauer der zu erteilenden Bewilligung gesichert ist, ist allein die Vorfrage maßgeblich, ob auch der Fremde, der für seinen Unterhalt aufkommen soll, für die Dauer der beantragten Bewilligung über eine Berechtigung zum Aufenthalt im Inland verfügt. Unerheblich ist es demgegenüber, ob diesem die Erteilung einer solchen Berechtigung zu Recht oder zu Unrecht verweigert wurde. Auch im Falle einer rechtswidrigen Abweisung des Antrages des Fremden (im vorliegenden Fall: des Bruders des Beschwerdeführers) auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wäre er - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - nicht zum Aufenthalt im Inland berechtigt gewesen.

Die Anwesenheit Fremder, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, im Bundesgebiet führt zu einer Belastung der Sozialhilfeträger und damit zu einer Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wohles des Landes. Die dadurch tangierten öffentlichen Interessen rechtfertigen im vorliegenden Fall - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - gemäß § 8 Abs. 2 MRK den Eingriff in ein gedachtes durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschütztes Recht des Beschwerdeführers auf Neuzuwanderung aus dem von ihm geltend gemachten Aufenthaltszweck. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer ein solches Recht aus Art. 8 Abs. 1 MRK überhaupt zustünde (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 30. Jänner 1998).

Angesichts dieses Verfahrensergebnisses erübrigte sich ein Eingehen auf den weiters von der belangten Behörde herangezogenen Sichtvermerksversagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Februar 1999

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