VwGH 97/15/0210

VwGH97/15/021016.12.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der M GmbH in M, vertreten durch Dr. Michael Goriany und Dr. Franz Guggenberger, Rechtsanwälte in Wien I, Tuchlauben 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom 23. September 1997, Zl. 6/5-5053/94-05, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1990, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §132;
EStG §4 Abs1;
GewStG §6;
KStG §7;
KStG §8;
BAO §132;
EStG §4 Abs1;
GewStG §6;
KStG §7;
KStG §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin, einer GmbH, die den Gegenstand ihres Unternehmens als "Immobilienvermittlung und Finanzierung" bezeichnet, fand im Jahr 1993 eine abgabenbehördliche Prüfung für die Jahre 1988 bis 1990 statt. Unter Tz 26 des Betriebsprüfungsberichtes wird unter dem Titel "Wertpapierhandel" ausgeführt, es seien beginnend ab dem Jahr 1990 Wertpapiere angeschafft und verkauft worden. Die Wertpapierkonten seien bei dem Bankhaus K AG und der E Sparkasse angelegt worden. Die Konten seien anonym gewesen; die Transaktionen seien mittels Losungswort durchgeführt worden. Die Einlagen auf die Konten seien durch den Verkauf eines privaten Grundstückes finanziert worden. Eine Einzahlung auf Betriebskonten und eine Überweisung von diesen auf die anonymen Konten sei nicht erfolgt. Anfangs seien die Spekulationsgeschäfte ertragreich gewesen, in weiterer Folge sei es jedoch absehbar gewesen, dass sich daraus ein Spekulationsverlust ergeben werde. Für den Zeitraum Jänner bis August 1990 sei die Buchhaltung von der Steuerberatungskanzlei B gemacht worden. Nach Auskunft des (nunmehrigen) steuerlichen Vertreters sei diese Buchhaltung "unbrauchbar" gewesen. Somit sei der gesamte Zeitraum von der Steuerberatungskanzlei W nachgebucht worden. Die ursprüngliche Buchhaltung habe nicht mehr vorgelegt werden können, weil diese bereits vernichtet worden sei. Nach Auskunft der Steuerberatungskanzlei B sei auch kein Duplikat vorhanden, weil sämtliche Unterlagen bei einem Steuerberatungswechsel mitgegeben würden und der restliche Datenbestand gelöscht worden sei. Der Betriebsprüfer gehe daher davon aus, dass ursprünglich für den Handel mit Wertpapieren keine betriebliche Veranlassung gedacht gewesen sei. Erst als erkannt worden sei, dass mit einem höheren Spekulationsverlust gerechnet werden müsse, seien die Geschäfte in die betriebliche Sphäre überführt worden. Dafür spreche auch, dass eine Nachbuchung erfolgt sei und die ursprünglichen Unterlagen nicht mehr vorhanden seien. Weiters seien die Wertpapierkonten über ein "Verrechnungskonto M" und nicht über die Bankkonten der Beschwerdeführerin gespeist worden. Aus den sodann in der Tz 26 des Prüfungsberichtes dargestellten Berichtigungen (Ausscheiden der mit den Wertpapieren verbundenen Aufwands- und Ertragspositionen) ergibt sich eine Zurechnung zum erklärten (negativen) Betriebsergebnis von insgesamt rd. S 5,6 Mio (entsprechende Korrekturen wurden nach Tz 38 des Prüfungsberichtes auch beim Verrechnungskonto M, dem zu 25 % an der Beschwerdeführerin beteiligten Geschäftsführer, vorgenommen).

Die Beschwerdeführerin brachte gegen den auf Grund der Betriebsprüfung ergangenen Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheid 1990 des Finanzamtes Berufung ein. In der Berufungsschrift vom 21. März 1994 wurde unter Bezugnahme auf die Tz 38 des Prüfungsberichtes darauf hingewiesen, dass die Wertpapierfinanzierung durch vom Geschäftsführer M zur Verfügung gestellte Gelder, die über das Verrechnungskonto M an die Beschwerdeführerin geflossen seien (insgesamt S 4,173.488,24), und durch Aufnahme von Lombardkrediten bei der K AG (S 3,801.229,25) und der E Sparkasse (S 2,058.028,13) erfolgt sei. Es seien also überwiegend Bankgelder zum Erwerb der Wertpapiere aufgewendet worden. Diese Bankkonten seien "vom ersten Auszug" an in den Büchern der Beschwerdeführerin geführt worden, sodass sich aus diesem Titel keine Beschwerden über die Qualität des Rechnungswesen ergeben hätten. Durch die Aufnahme der Wertpapierbestände und der jeweiligen Schuldsalden in die Bücher der Gesellschaft sei die Zugehörigkeit der Kredite zur Beschwerdeführerin hinreichend dokumentiert. Nach der Beurteilung der Beschwerdeführerin und ihres steuerlichen Vertreters K sei es notwendig gewesen, das von der Steuerberaterin B erstellte Rechenwerk für die ersten acht Monate 1990 nachzuvollziehen. Es sei unrichtig, daraus abzuleiten, dies wäre zwecks nachträglicher Aufnahme der Wertpapiergeschäfte in den Rechnungskreis der Beschwerdeführerin erfolgt. Die Notwendigkeit habe sich wegen der festgestellten Nichtordnungsmäßigkeit der bücherlichen Aufzeichnungen für den Zeitraum 1 - 8/1990 ergeben. Die Beschwerdeführerin habe "also gar keine andere Wahl" gehabt, als die Aufzeichnungen für diesen Zeitraum noch einmal zu machen. Es sei auch kein Versuch gemacht worden, diesen Umstand zu verbergen. Der Betriebsprüfer sei über die in der Belegsammlung enthaltene Rechnung von B für Buchhaltungsarbeiten auf diesen Sachverhalt aufmerksam geworden. Hätte die Absicht bestanden, "irgendetwas zu verbergen, wäre es leicht gewesen, den fraglichen Beleg nicht in den Rechnungskreis aufzunehmen". Darüber hinaus seien bis Februar 1992 Wertpapierankäufe getätigt worden, "dies sicherlich nicht, um Verluste zu erzielen, sondern weil man nach wie vor mit Gewinnen rechnete". Ob die von B geführten Bücher für 1 - 8/1990 tatsächlich vernichtet worden seien, lasse sich nicht genau sagen. Leider müsse man jedoch davon ausgehen, dass diese Unterlagen zumindest unauffindbar seien.

Der Betriebsprüfer nahm am 9. Mai 1994 zur Berufung Stellung. Er hielt dabei fest, es sei unbestritten, dass die Buchhaltung für den Zeitraum 1 - 8/1990 nachgebucht worden und die "Grundbuchhaltung" für den Zeitraum 1 - 8/1990 nicht mehr auffindbar sei. Bei Wirtschaftsgütern, die als Betriebsvermögen behandelt werden könnten, entscheide über deren Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen die zeitfolgerichtige Verbuchung als laufender Geschäftsvorfall. Im gegenständlichen Fall sei entscheidend, von welchem Zeitpunkt an ein Wirtschaftsgut dem Betrieb als zugeführt anzusehen sei. Würde die Widmung selbst auf dem Willensentschluss des Steuerpflichtigen beruhen, so müsse der Steuerpflichtige, solle der objektive Tatbestand der "Einlage" und damit der "Zuführung" des betreffenden Wirtschaftsgutes zum Betrieb verwirklicht sein, entsprechend tätig werden "und seinen Willensentschluss betreffend die Einlagehandlung als unternehmerische Entscheidung über die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen nach außen hin klar in Erscheinung treten lassen". Für den Zeitraum 1 - 8/1990 seien die Aufzeichnungen neu erstellt worden. Ob die Wertpapiergeschäfte bereits in der "Grundbuchhaltung" verbucht gewesen seien, sei nicht mehr nachvollziehbar. Außerdem handle es sich bei den Wertpapierkonten (Bankhaus K AG und E Sparkasse) um anonyme Konten. Eine Zuordnung der Bankkonten zum Betriebsvermögen sei somit nach außen nicht dokumentiert. Darüber hinaus sei erst während des Jahres 1990 für die Beschwerdeführerin erkennbar gewesen, dass Spekulationsverluste entstehen würden. Nach Ansicht des Prüfers sei es von vornherein nicht beabsichtigt gewesen, die Wertpapiergeschäfte in das Betriebsvermögen aufzunehmen. Dass die Wertpapierkonten vom ersten Auszug an in einer nachträglich erstellten Buchhaltung aufgezeichnet worden seien, sei nicht in Abrede gestellt worden.

Der Stellungnahme des Betriebsprüfers erwiderte die Beschwerdeführerin im Schreiben vom 7. Juni 1994, es sei nicht schlüssig, das Motiv für die Nachvollziehung der Aufzeichnungen darin zu sehen, dass "erst während des Jahres 1990 für den Steuerpflichtigen erkennbar wurde, dass Spekulationsverluste entstehen werden". Es seien nämlich noch in den Jahren 1991 und 1992 - zweifellos mit Gewinnerzielungsabsicht - Wertpapiergeschäfte getätigt worden. Es habe daher im August 1990 noch keinen für die Beschwerdeführerin sicheren Anhaltspunkt für (letztendlich eingetretene) Verluste aus diesen Wertpapiergeschäften gegeben. Damit habe aus diesem Titel auch keine Notwendigkeit zur Nachvollziehung der bücherlichen Aufzeichnung 1 - 8/1990 gegeben sein können. Beraten von einem (ehemaligen) "Wertpapierguru" sei die Beschwerdeführerin bis in das Jahr 1992 der Überzeugung gewesen, letztlich doch Gewinne aus diesen Geschäften zu ziehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Strittig sei, ob anonyme Wertpapierkonten der Beschwerdeführerin zuzurechnen seien. Die Beschwerdeführerin gehe selbst davon aus, dass die der Beschwerdeführerin gewidmeten Wertpapierkonten anonym geführt worden seien. Daraus ergebe sich jedoch, dass ein Titel, der die Beschwerdeführerin berechtige, über die Konten zu verfügen, nicht vorliege, zumal die ursprüngliche Buchhaltung betreffend diese Konten nicht existiere. Über diese Feststellung der Betriebsprüfung gehe die Beschwerdeführerin "einfach hinweg". Durch die Finanzierungsbehauptungen ergebe sich ebenfalls kein Titel für die Zurechnung der Wertpapiere zum Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin habe die unter Tz 38 des Betriebsprüfungsberichtes dargestellte Entwicklung des Verrechnungskontos M nicht widerlegen können. Die Berufungsbehauptungen seien in sich selbst widersprüchlich, wenn ausgeführt werde, "diese Bankkonten seien von Anfang an in den Büchern geführt worden und andererseits der Prüfungsfeststellung, dass es eine Buchhaltung für den Zeitraum 1 - 8/1990 nicht gegeben habe, zugestimmt" werde. Wenn daher aufgrund der fehlenden Dokumentation der Zugehörigkeit der Bankkonten zum Betriebsvermögen eine betriebliche Zugehörigkeit der Bankkonten verneint werde, stehe dies im Einklang mit den steuerrechtlichen Vorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass die Wertpapiere nicht zum notwendigen Betriebsvermögen gehörten, "aufgrund der Sachlage" aber jedenfalls als "gewillkürtes Betriebsvermögen" ab Anfang des Jahres 1990 anzusehen seien. In diesem Sinn hätte es aber jedenfalls einer zeitfolgerichtigen buchmäßigen Behandlung bedurft, um die Zuordnung zum Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin zu dokumentieren und die demgegenüber von der Behörde angenommene Zurechnung zum Vermögen des auch zur Finanzierung beitragenden Gesellschafters M als unzulässig erscheinen zu lassen. Eine rückwirkende Einbuchung wäre jedenfalls nicht ausreichend.

Die Beschwerdeausführungen stützen sich im Wesentlichen darauf, dass keine rückwirkende Einbuchung der Wertpapiere stattgefunden habe, weil deren Erfassung bereits in den ursprünglichen - nicht mehr auffindbaren - Büchern für den Zeitraum 1 - 8/1990 erfolgt sei.

Für dieses Vorbringen wäre die Beschwerdeführerin aber jedenfalls im Verfahren beweispflichtig gewesen. Undeutliche Hinweise auf die Notwendigkeit der Nachvollziehung des Rechenwerkes für die ersten acht Monate des Jahres 1990 wegen angeblicher, auch in der Beschwerde nicht näher bezeichneter Mängel bieten keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine "Existenz" der strittigen anonymen Wertpapier- bzw. Bankkonten in der ursprünglichen, im Übrigen entgegen der Vorschrift des § 132 BAO nicht aufbewahrten, "Grundbuchhaltung". Auch blieb die bereits vom Betriebsprüfer vorgehaltene Erkennbarkeit des Entstehens von Spekulationsverlusten erst im Lauf des Jahres 1990 letztlich unwidersprochen. Dass noch bis Februar 1992 Wertpapierankäufe getätigt worden seien und dies wohl in Gewinnerzielungsabsicht erfolgt sei, vermag noch keinen Beweis für die streitgegenständliche ursprüngliche Einbuchung der unbestritten im Jahr 1990 verlustbringenden Wertpapieranschaffungen zu erbringen. Es wäre auch Aufgabe der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren gewesen, durch Stellung entsprechender Beweisanträge ihren Standpunkt zu untermauern. Der Vorwurf in der Beschwerde, die belangte Behörde hätte "entsprechende Erhebungen" unterlassen (so wäre es beispielsweise durch eine Einvernahme der früheren Steuerberaterin B als Zeugin "zu einer positiven Entscheidung für die Beschwerdeführerin in dem Sinne gekommen, dass durch ihre Aussage der Nachweis für die ursprüngliche Verbuchung der Konten erbracht gewesen wäre"), geht somit ins Leere.

Die Beschwerde erweist sich damit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1999

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