VwGH 97/13/0146

VwGH97/13/014624.2.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der N-Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Kunz, Schima, Wallentin & Partner, Rechtsanwälte in Wien IX, Porzellangasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. Mai 1997, Zl GA 8-2384/96, betreffend Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §22 Z2;
EStG §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2 idF 1993/818;
GmbHG §15;
GmbHG §18;
EStG §22 Z2;
EStG §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2 idF 1993/818;
GmbHG §15;
GmbHG §18;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden GmbH ist N.S.B. zu 100 % beteiligt. Der Alleingesellschafter ist Geschäftsführer.

Auf einen entsprechenden Vorhalt des Finanzamtes wurde in einer Eingabe vom 4. Juli 1994 ausgeführt, die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers seien "Bruttopauschalhonorare" für seine Werkleistung. Er beziehe kein fixes Gehalt, habe keinen Abfertigungs- und Urlaubsanspruch und sei an keine fixe Arbeitszeit gebunden. Er habe im Falle von Abwesenheiten für eine Vertretung zu sorgen.

In einer weiteren Eingabe vom 28. März 1995 wurde ausgeführt, der Gesellschafter-Geschäftsführer habe keinen Anspruch auf einen

13. und 14. Bezug, auf Überstundenentlohnung oder auf eine Abfertigung. Durch die Möglichkeit, den Ablauf der Arbeit zu regeln und jederzeit zu ändern, könne er den betrieblichen Organismus allein bestimmen. Die Vergütungen setzten sich aus elf Auszahlungen unterschiedlicher Höhe von insgesamt S 160.056,--, "GSVG-Beiträgen" von S 20.150,73 und "Einkommensteuer" von S 10.545,-- zusammen. Bei einer abgabenbehördlichen Prüfung behandelte der Prüfer die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers als dem Dienstgeberbeitrag unterliegend und ermittelte folgende Abgaben:

Zeitraum GF-Bezug DN-Bezüge Gesamtbezüge 4,5% DB 4%oDZ

1/94 10.000 12.590 22.590 1.017 90

2/94 12.875 12.590 25.465 1.146 102

3/94 10.000 12.590 22.590 1.017 90

4/94 10.000 12.590 22.590 1.017 90

5/94 24.592 12.590 37.182 1.673 149

6/94 15.000 25.180 40.180 1.808 161

7/94 0 12.590 12.590 DB-frei DZ-frei

8/94 17.931 12.590 30.521 1.373 122

9/94 6.717 12.590 19.307 869 77

10/94 16.920 12.590 29.510 1.328 118

11/94 6.717 25.180 31.897 1.435 128

12/94 60.000 12.590 72.590 3.267 290

15.949 1.418

abzüglich abgeführter DB lt. FA -2.266 -202

Nachforderung 13.683 1.216

In der Berufung gegen den nach der Lohnsteuerprüfung erlassenen Abgabenbescheid wurde insbesondere ausgeführt, dem Geschäftsführer seien weder regelmäßige noch gleich hohe Bezüge ausbezahlt worden. Die Bezüge seien auch nicht 14 mal im Jahr bezahlt worden.

Nach einer die Berufung abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In dieser Eingabe wurde unter anderem ausgeführt, der Geschäftsführer habe keinen gesetzlichen Abfertigungs- und Urlaubsanspruch. Da ein schriftlicher Anstellungsvertrag nicht vorliege, habe der Geschäftsführer auch keine "einzelvertraglichen Ansprüche". Der Geschäftsführer erhalte seine Bezüge teilweise in unregelmäßigen Abständen und in unterschiedlicher Höhe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging davon aus, daß die Bezüge für eine sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung iSd § 22 Z 2 EStG erbracht wurden. Die Arbeitskraft des Geschäftsführers werde gegenüber der Beschwerdeführerin geschuldet, weil sich dieser verpflichtet habe, der Beschwerdeführerin seine Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit zur Verfügung zu stellen. Beim Dienstverhältnis stehe die persönliche Arbeitsleistung des Dienstnehmers im Vordergrund. Der Geschäftsführer sei im operativen Bereich der GmbH (Handel mit Orientteppichen) tätig. Der Geschäftsführer stelle seine gesamte Arbeitskraft der GmbH zur Verfügung. Aus der Art der Beschäftigung könne auf die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Auftraggebers geschlossen werden. Dem Geschäftsführer stehe eine erfolgsunabhängige Entlohnung zu, die - wenn auch nicht durchgehend - so doch überwiegend regelmäßig monatlich ausbezahlt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs 2 Z 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 41 Abs 2 FLAG in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl Nr 818, sind Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988 Dienstnehmer iSd der Regelungen betreffend den Dienstgeberbeitrag.

Nach § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der im § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 enthaltenen Formulierung "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" das Verständnis beizulegen, daß es zwar auf die Weisungsgebundenheit nicht ankommt, wenn diese wegen der Beteiligung an der GmbH (im Ausmaß von 50 % oder mehr oder auf Grund der Vereinbarung einer Sperrminorität) fehlt, daß aber im übrigen die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses vorliegen müssen. Für die Frage, ob "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" iSd § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 gegeben sind, ist sohin der Umstand der Beteiligung an der GmbH auszublenden und eine auf Grund der Beteiligungsverhältnisse fehlende Weisungsgebundenheit fiktiv hinzuzudenken. Sodann ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses gegeben sind (vgl die hg Erkenntnisse vom 18. September 1996, 96/15/0121, vom 20. November 1996, 96/15/0094, vom 26. November 1996, 96/14/0028, und vom 28. Oktober 1997, 97/14/0132).

Die weitreichenden Auseinandersetzungen der Beschwerdeführerin mit dieser Rechtsprechung können den Verwaltungsgerichtshof nicht veranlassen, von seiner Rechtsauffassung abzurücken.

So wird von der Beschwerdeführerin zunächst ausgeführt, die Wortfolge "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" bedeute, daß die aus der Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers im Ausmaß von mehr als 25 % allenfalls resultierenden, für die Beurteilung eines Dienstverhältnisses relevanten (aber im Gesetz nicht näher "spezifizierten!") Umstände "auszublenden" seien und gefragt werden müsse, ob "sonst", dh abgesehen von diesen allenfalls vorliegenden Umständen, ein Dienstverhältnis iSd § 47 Abs 2 EStG 1988 gegeben sei. Die Beschwerdeführerin hat aber nicht zu erkennen gegeben, welche Umstände ihrer Meinung nach für die in Rede stehende Beitragspflicht nicht maßgeblich sein sollten. Vielmehr wird von ihr selbst ausgeführt, es gebe Fälle, in denen das Wort "sonst" keine spezifische Bedeutung habe. Nach Meinung der Beschwerdeführerin besitze daher das Wort "sonst" "in nicht wenigen Fällen" gar keine Bedeutung. Gerade dies kann aber dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Nach dem Zusammenhang der Worte des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich des EStG 1988 und insbesondere dem Hinweis auf § 47 Abs 2 EStG 1988 hat der Gesetzgeber vielmehr eindeutig zu erkennen gegeben, daß die Voraussetzungen des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG dann erfüllt sind, wenn einer der im § 47 Abs 2 EStG ausdrücklich angeführten Umstände, nicht aber ein weiterer - bei der Betrachtung des Gesamtbildes des Rechtsverhältnisses sonst in Frage kommender - Umstand fehlt. Im hg Erkenntnis vom 18. September 1996, 96/15/0121, hat der Verwaltungsgerichtshof dabei aus der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung den Schluß gezogen, daß der Gesetzgeber vom Fehlen des Merkmals der Weisungsgebundenheit ausgegangen ist. Dies ergibt sich aus dem engen Zusammenhang der Worte mit der Wortfolge "wesentliche Beteiligung".

Wenn dabei die Beschwerdeführerin ausführt, es sei dem Gesetzgeber bewußt gewesen, daß das Merkmal der Weisungsgebundenheit bei wesentlich beteiligten Geschäftsführern nur "in bestimmten Fällen" fehle, so übersieht die Beschwerdeführerin, daß eine Weisungsgebundenheit von Gesellschaftern mit einer Beteiligung zwischen 25 und 50 % gegeben sein kann, wenn nicht zusätzlich eine Sperrminorität eingeräumt ist (vgl neuerlich das hg Erkenntnis vom 18. September 1996, 96/15/0121).

In den weiteren Ausführungen der Beschwerdeschrift wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Auffassung der belangten Behörde, das Rechtsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Geschäftsführer weise sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses auf. Die Beschwerdeführerin hat dem gegenüber bereits im Verwaltungsverfahren von einer Werkleistung des Geschäftsführers gesprochen und sinngemäß vorgebracht, der Geschäftsführer beziehe kein fixes Gehalt, habe keinen Anspruch auf Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration sowie auf eine Abfertigung und auf Urlaub. Im Falle von Abwesenheiten habe er selbst für eine Vertretung zu sorgen. Alle diese Umstände sprechen im Sinne der erforderlichen Gesamtbetrachtung des vorliegenden Rechtsverhältnisses dagegen, daß der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin nach § 47 Abs 2 erster Satz EStG 1988 seine Arbeitskraft geschuldet hat. Dadurch, daß sich die belangte Behörde mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht auseinandergesetzt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben, womit es sich erübrigte, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm

der Verordnung

BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 24. Februar 1999

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