VwGH 97/08/0620

VwGH97/08/062022.12.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache des Sozialhilfeverbandes Vöcklabruck, vertreten durch Dr. Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 32, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 21. Oktober 1997, Zl. 3/01-41.263/8-1997, betreffend Sozialhilfekostenersatz, zu Recht erkannt:

Normen

SHG Slbg 1975 §53 Abs1;
SHG Slbg 1975 §53 Abs3 Z1;
SHG Slbg 1975 §53 Abs4 Z1 litb;
SHG Slbg 1975 §53 Abs4 Z1 litd;
SHG Slbg 1975 §53 Abs4 Z1;
SHG Slbg 1975 §53 Abs5;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3 Abs1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3 Abs2 litb;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3 Abs2 litd;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3;
VwRallg;
SHG Slbg 1975 §53 Abs1;
SHG Slbg 1975 §53 Abs3 Z1;
SHG Slbg 1975 §53 Abs4 Z1 litb;
SHG Slbg 1975 §53 Abs4 Z1 litd;
SHG Slbg 1975 §53 Abs4 Z1;
SHG Slbg 1975 §53 Abs5;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3 Abs1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3 Abs2 litb;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3 Abs2 litd;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der beschwerdeführende Sozialhilfeträger hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß Art. 7 in Verbindung mit Art. 3 der Sozialhilfe-Ländervereinbarung, kundgemacht am 12. September 1975 im LGBl. für Salzburg Nr. 95, in der Fassung LGBl. Nr. 27/1979, festgestellt, dass das Land Salzburg als Sozialhilfeträger nicht verpflichtet sei, die durch den Sozialhilfeverband Vöcklabruck für Frau F.F. ab 30. April 1997 aufgewendeten Sozialhilfekosten zu ersetzen. Sie legte dieser Entscheidung folgende Feststellungen zu Grunde:

"Laut vorliegender Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Hallein ist Frau F.F. seit 1965 in 5310 Mondsee (Bezirk Vöcklabruck) hauptwohnsitzlich gemeldet und dort auch bis Anfang Juli 1996 tatsächlich aufhältig gewesen.

Auf Grund ihrer zunehmenden Schwäche und Verwirrtheit war für Frau F. ein selbständiges Leben ohne Gefahr für sich und ihre Umwelt nicht mehr gewährleistet. Der Aufenthalt von Frau F. bei ihrer Tochter im Land Salzburg (vom Juli 1996 bis zum 29. April 1997) erfolgte nach deren Angaben ausschließlich zum Zwecke der Pflege."

In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde, dass die Voraussetzungen für einen Kostenersatz durch das Land Salzburg nach dem Art. 3 der Sozialhilfe-Ländervereinbarung nicht gegeben seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die belangte Behörde legten den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 53 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 19/1975 (SSHG), zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 60/1994, lautet unter der Überschrift "Kostenersatz an andere Länder":

"(1) Das Land Salzburg hat den Trägern der Sozialhilfe anderer Länder die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen, soweit hierüber eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG besteht und Gegenseitigkeit gewährleistet ist.

(2) ...

(3) Soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, ist das Land Salzburg zum Kostenersatz verpflichtet, wenn

1. sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate im Landesgebiet aufgehalten hat und

2. das Land nach den Bestimmungen dieses Gesetzes die Kosten für

Leistungen, wie sie dem Kostenanspruch zu Grunde liegen, zu tragen hat.

(4) Für die Anwendung des Abs. 3 Z. 1 gelten folgende Regelungen:

1. Bei der Berechnung der Fristen haben außer Betracht zu bleiben:

  1. a) ein Aufenthalt im Ausland bis zur Dauer von zwei Jahren;
  2. b) der Aufenthalt in einer Anstalt oder in einem Heim, das

    nicht in erster Linie Wohnzwecken dient;

    c) die Zeit der Unterbringung eines Minderjährigen unter 16 Jahren in fremder Pflege;

    d) die Zeit, während der Sozialhilfe, öffentliche Jugendwohlfahrtspflege oder Behindertenhilfe gewährt wird, sofern eine derartige Maßnahme einen den örtlichen Zuständigkeitsbereich eines Trägers überschreitenden Aufenthaltswechsel bedingt hat;

    e) bei Frauen ein Zeitraum von 302 Tagen vor der Entbindung.

  1. 2. ...
  2. 3. ...

(5) Die Verpflichtung zum Kostenersatz dauert, solange der Hilfesuchende Anspruch auf Hilfe hat oder Hilfe empfängt, ohne Rücksicht auf einen nach dem Einsatz der Hilfe erfolgten Aufenthaltswechsel. Die Verpflichtung zum Kostenersatz endet, wenn mindestens drei Monate keine Hilfeleistung erbracht wurde.

(6) ...

(7) ...

(8) Über die Verpflichtung des Landes Salzburg zum Kostenersatz hat im Streitfall die Landesregierung im Verwaltungsweg zu entscheiden."

Art. 3 der Vereinbarung der Länder über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe vom 13./14./17. Dezember 1973, lautet:

"(1) Soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, ist jener Träger zum Kostenersatz verpflichtet, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate aufgehalten hat und der nach den für ihn geltenden landesrechtlichen Vorschriften die Kosten für Leistungen, wie sie den Kostenanspruch zu Grunde liegen, zu tragen hat.

(2) Bei der Berechnung der Fristen nach Abs. 1 haben außer Betracht zu bleiben:

  1. a) ein Aufenthalt im Ausland bis zur Dauer von zwei Jahren;
  2. b) der Aufenthalt in einer Anstalt oder in einem Heim, das nicht in erster Linie Wohnzwecken dient;

    c) die Zeit der Unterbringung eines Minderjährigen unter 16 Jahren in fremder Pflege;

    d) die Zeit während welcher Sozialhilfe, öffentliche Jugendwohlfahrtspflege oder Behindertenhilfe gewährt wird, sofern eine derartige Maßnahme einen den örtlichen Zuständigkeitsbereich eines Trägers überschreitenden Aufenthaltswechsel bedingt hat;

    e) bei Frauen ein Zeitraum von 302 Tagen vor der Entbindung.

(3) ...

(4) ... ."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem auch von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 97/08/0441, ausgesprochen, dass die (§ 53 Abs. 4 Z 1 SSHG entsprechende) Bestimmung des Art. 3 Abs. 2 der Ländervereinbarung den Zweck hat, jene Aufenthalte nicht in die Frist des Art. 3 Abs. 1 leg. cit. einzurechnen, die andere Ursachen haben als bloß jene des Wohnens.

Die pflegebedürftige Hilfesuchende F.F. hielt sich in den letzten sechs Monaten vor der Gewährung der Hilfe - das ist im Zeitraum von November 1996 bis April 1997 - ausschließlich zum Zwecke der privaten Pflege durch ihre Tochter in Hallein im Bundesland Salzburg bei ihrer Tochter auf. Dies ergibt sich aus der unbestrittenen Feststellung, dass für Frau F.F. im angesprochenen Zeitraum auf Grund deren schlechten Gesundheitszustandes "ein selbständiges Leben ohne Gefahr für sich und ihre Umwelt" nicht mehr gewährleistet war.

Der § 53 Abs. 4 Z 1 lit. d SSHG zugrundliegende Art 3 Abs. 2 lit. d der zitierten Ländervereinbarung hatte den ersichtlichen Zweck, eine Verschiebung der Lastentragung nach eingetretener Hilfebedürftigkeit zu verhindern (vgl. auch § 53 Abs. 5 SSHG). Die Anordnung des § 53 Abs. 3 Z 1 SSHG, dass sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe durch fünf Monate im Landesgebiet aufgehalten haben muss, um das Land Salzburg zum Kostenersatz zu verpflichten, zeigt, dass jedenfalls durch sechs Monate hindurch keine Hilfegewährung vorgelegen haben darf.

Nun ergibt eine Gegenüberstellung der lit. b und lit. d des § 53 Abs. 4 Z 1 SSHG, dass der Gesetzgeber bei den in lit. b genannten Pflegeleistungen nicht auf die Gewährung einer Sozialhilfeleistung abgestellt hat, sondern in erster Linie das Merkmal "Aufenthalt in einer Anstalt oder in einem Heim, das nicht in erster Linie Wohnzwecken dient" als kennzeichnendes Element im Auge hatte. § 53 Abs. 4 Z 1 lit. b SSHG stellt (anders als lit. d) nicht darauf ab, ob die Heim- oder Anstaltsunterbringung auf Kosten der Sozialhilfe erfolgt ist. Ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Pflegebedürftigkeit sollte daher erkennbar die Zahllast den Sozialhilfeträger jenes Bundeslandes treffen, das zu diesem Zeitpunkt nach den Lastenverteilungsregeln des Art. 3 der Ländervereinbarung dafür zuständig gewesen wäre, und zwar auch dann, wenn dieses Bundesland noch keine Sozialhilfeleistungen erbracht hat.

Vor diesem Hintergrund des Zwecks der Bestimmungen kann es aber im Falle einer einmal eingetretenen Pflegebedürftigkeit keinen Unterschied machen, ob ein Transfer der Hilfebedürftigen in ein anderes Bundesland zum Zwecke der Pflege in ein Heim oder in die Unterkunft eines Familienmitgliedes erfolgt, sofern nicht das Wohnen, sondern die Pflege ursächlich für diese Transferierung gewesen sind. Auch ist ein Verständnis des Begriffes des Heims (in der konkreten Verwendung und in Gegenüberstellung zum Begriff der Anstalt) auch im Sinne von "eigenes Heim" bzw. Wohnung sprachlich nicht ausgeschlossen. Der erkennende Senat ist daher der Auffassung, dass die nach dem Zweck der Norm gebotene Auslegung noch im äußerst möglichen Wortsinn des § 53 Abs. 4 Z 1 lit. b SSHG seine Deckung findet, wonach auch die Unterbringung in der Wohnung naher Familienangehöriger nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit in die Aufenthaltsfrist nicht einzurechnen ist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Dezember 1999

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