VwGH 97/07/0184

VwGH97/07/018418.2.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des AR, Bürgermeister der Gemeinde M, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 4. September 1997, Zl. 12/108-26/1996, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. RL in A, 2. L E-Werk Gesellschaft mbH, vertreten durch JL in N), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §67c Abs4;
AVG §67c Abs5;
AVG §8;
B-VG Art129a Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §67c Abs4;
AVG §67c Abs5;
AVG §8;
B-VG Art129a Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, der erstmitbeteiligten Partei in der Höhe von S 6.930,-- und der zweitmitbeteiligten Partei in der Höhe von S 5.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 22. März 1996 erteilte der Beschwerdeführer "für die Gemeinde M" der A.-GesmbH den "Auftrag zur Entfernung der L-Wehr" aufgrund des der Gemeinde M erteilten wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 5. März 1996, "da laut Bescheid Gefahr im Verzug durch ein evtl. Hochwasser bei Weiterbestand der Wehranlage besteht". Um größere Schäden zu vermeiden, sei diese Maßnahme unbedingt erforderlich. Die Wehranlage sei in der 13. Woche zu entfernen, die zu entfernenden Anlageteile (Holz, Schütz, Beton und Stahlteile) der Wehranlage seien auf den Grundstücken des Erstmitbeteiligten für die Entsorgung durch den Kraftwerksbetreiber zwischenzulagern. Den Rechtsvertretern der zweitmitbeteiligten Partei teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26. März 1996 mit, die Auftragserteilung sei notwendig geworden, da laut Sachverständigengutachten besondere Gefahr durch den Weiterbestand der Wehranlage für Mensch und Sachgüter bestünde und ein Nichthandeln grobe Fahrlässigkeit wäre. "Gemäß § 44 Tiroler Gemeindeordnung ist der Bürgermeister verpflichtet, zur Abwendung von Gefahren die notwendigen Vorkehrungen zu treffen."

Die vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebenen Arbeiten wurden in der Folge von der A.-GmbH durchgeführt.

Mit der am 8. Mai 1996 bei der belangten Behörde eingelangten Beschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG beantragten die mitbeteiligten Parteien die vom Beschwerdeführer "auf § 44 TGO gestützten Anordnungen zu ihren Lasten", nämlich das Holzkastenwehr (auf Grundstück 1230 GB N bzw. Grundstück 1553 GB M), die bestehenden Ufermauern, den rechten Wehrpfeiler, Fein- und Grobrechen, Teile des Oberwasserkanals sowie die jeweiligen Fundamente (alle vorgenannten Bauwerke auf Grundstück. 1232 bzw. Grundstück 48/2, GB N) aufzubrechen sowie den auf Grundstück 71, GB N, aufgestellten Greifbagger der Marke "Liper 921" aufzubrechen und zu entfernen, für rechtswidrig zu erklären.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 4. September 1997 wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren relevant - dem Antrag der Mitbeteiligten gemäß § 67c Abs. 4 AVG in Verbindung mit Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG stattgegeben und wurden die im Antrag angeführten Maßnahmen für rechtswidrig erklärt. Die belangte Behörde stellte hiezu fest, dass der Beschwerdeführer am 26. März 1996 und in den folgenden Tagen die im Antrag umschriebenen Maßnahmen gesetzt habe, wobei er sich auf § 44 TGO und auf rechtskräftige Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck und des Landeshauptmannes von Tirol gestützt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, dass die von ihm getroffenen beschwerdegegenständlichen Anordnungen nicht für rechtswidrig erklärt werden. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die Mitbeteiligten - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Beschwerde ist unzulässig:

Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenates nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt, über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes (siehe hiezu auch § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG).

Gemäß § 67c Abs. 1 AVG sind Beschwerden nach § 67 Abs. 1 Z. 2 innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung, bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.

Gemäß § 67c Abs. 4 leg. cit. ist der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist.

Gemäß § 67c Abs. 5 leg. cit. ist Partei des Verfahrens auch die belangte Behörde.

Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer nach Erschöpfung des Instanzenzuges durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, wobei die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zumindest die Möglichkeit voraussetzt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seiten 412 f referierte Judikatur). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt:

Der belangten Behörde ist im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten gemäß § 67c Abs. 5 AVG Parteistellung eingeräumt. Die Begründung einer Parteistellung durch Gesetz vermittelt aber nicht ohne weiteres die Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof, vielmehr kommt es gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG darauf an, ob die Partei, im vorliegenden Fall die Organpartei, durch den Bescheid in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein kann (vgl. hiezu die hg. Beschlüsse vom 28. Februar 1996, Zl. 95/07/0098, und vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/07/0123). Die im § 67c Abs. 5 AVG der belangten Behörde eingeräumte Parteistellung räumt nur die einer Organpartei zukommenden subjektiven öffentlichen Verfahrensrechte ein. Subjektiv öffentliche Rechte des materiellen Rechtes könnten dem Beschwerdeführer nur aufgrund einer Regelung des Materiengesetzgebers zustehen. Das im Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht, die im Rahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt angeordneten Maßnahmen nicht für rechtswidrig zu erklären, gewährt dem Beschwerdeführer als Organpartei des Verwaltungsverfahrens aber keine Beschwerdelegitimation zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1995, Slg.NF Nr. 14.217/A).

Die Beschwerde war daher in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Zuerkennung der Kosten an die mitbeteiligten Parteien erfolgte im begehrten Umfang.

Wien, am 18. Februar 1999

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