Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
NatSchG Tir 1975 §14 Abs1 idF 1990/052;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
NatSchG Tir 1975 §14 Abs1 idF 1990/052;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 26. August 1993 wies die Bezirkshauptmannschaft Sch. (BH) als Naturschutzbehörde erster Instanz das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei auf Errichtung von drei Hinweistafeln an einer Zubringerstraße zu den Industrie- und Gewerbezonen der Gemeinde V. unter Berufung auf das Tiroler Naturschutzgesetz ab. Die BH schloß sich dabei im wesentlichen den Ausführungen des naturschutzfachlichen Gutachters vom 28. August 1992 an. Danach sollten die Hinweistafeln eine Größe von je 174 cm x 46 cm aufweisen, in markanter Farbgebung gehalten und zur Straße hin orientiert sein. Zwar möge die Errichtung der gegenständlichen Hinweistafeln von einem Laien als eher kleiner Eingriff in das Landschaftsbild gewertet werden, es müsse jedoch auf die bereits massive Werbetätigkeit in der Region hingewiesen werden. Das Gewerbegebiet V. sei durch massive und außerordentlich großflächige Werbeeinrichtungen geprägt, was stark zu einer Abwertung der Region beitrage. Durch die Errichtung der Tafeln komme es auch zu einer optischen Aufsplitterung des Gebietes, wodurch dessen Erholungswert deutlich beeinträchtigt werde. Weiters wirke sich eine optische Unterbrechung des Hintergrundes (Wiesenhang) als Beeinträchtigung des Landschaftsbildes aus.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die von der beschwerdeführenden Partei erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen, der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides allerdings folgendermaßen abgeändert:
"Der Antrag der (beschwerdeführenden Partei) vom 29.8.1988 auf Errichtung von drei Hinweistafeln im Ausmaß von 174 x 46 cm mit der Aufschrift a) "Baumax-x, b) "PS-Markt, Auto-Service-Supermarkt" und
c) "Einkaufszentrum", jeweils mit Pfeil, an der Einmündung des "H.weges", bei der Autobahnauffahrt in V., wird gemäß §§ 5 Abs. 1 lit. b Zif. 8 und Abs. 2, 13 Abs. 3 und 14 Abs. 1 und 2 Tiroler Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 15/1975, abgewiesen."
Nach der Begründung sei der vorliegende Antrag aufgrund von Art. III Abs. 8 der Kundmachung der Landesregierung vom 18. März 1991 über die Wiederverlautbarung des Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 29/1991, nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 1975 zu beurteilen, da der Antrag bereits am 31. August 1988 bei der Behörde erster Instanz eingelangt sei.
Zur Frage, inwieweit die antragsgegenständlichen Tafeln geeignet seien, aufgrund ihrer Größe, Form, Farbgebung oder Lichtwirkung eine Beeinträchtigung der Eigenart oder Schönheit des Landschaftsbildes hervorzurufen, sei von der belangten Behörde ein ergänzendes naturkundefachliches Gutachten eingeholt worden. Dabei sei der Sachverständige zu folgenden Feststellungen gelangt:
"Die drei Hinweistafeln sollen auf einem gemeinsamen, in silberner Farbe gehaltenen Rohrträger installiert werden. Der Rohrträger befindet sich im unteren Böschungsbereich eines ca. 5 bis 6 m hohen, verbuschten Hanges. Westlich der Tafel verläuft die stark befahrene V. Landesstraße, während von Osten der sogenannte H.weg in die Straße einbindet. Gegenüber, auf der westlichen Seite der Autobahnzufahrt befinden sich steile, mit Birken und Waldkiefern bzw. verschiedenen Sträuchern besetzte Böschungen. In Blickrichtung Norden über die Tafel hinweg bietet sich der Mittelgrund in Form der hier verbreiteten Waldkiefernwälder (zum Teil Fichten und Lärchen) dar, während den Bildabschluß im Hintergrund die steil aufragenden Hang- und Felsabbrüche des Bettelwurfmassives bilden. In Blickrichtung Nordost über die Tafel und den dahinter befindlichen Hang hinweg befindet sich die langgezogene und markante, sanfte Silhoutte des Stanzer Joches. Auf dem Plateau oberhalb des hinter der Tafel aufsteigenden Hanges dehnen sich weite Maisäcker und Mähwiesen bis hin zum Ort V. aus. Auf dem H.weg von Osten kommend geht der Blick in Richtung Westen über die Tafel hinweg zu der gegenüberliegenden steilen Böschungsoberkante mit Birkenwuchs bis hin zur Nordkette im Hintergrund. Südlich gegenüber der Werbetafel befindet sich ein dichter Kiefern-Fichten-Wald."
Ausgehend von diesen Befundfeststellungen sei der naturkundefachliche Amtssachverständige zur Auffassung gelangt, daß durch die Errichtung der antragsgegenständlichen Tafeln wegen ihrer unterschiedlichen und auffälligen Färbung sowie ihrer Größe bzw. Gesamtfläche ein eindrucksvolles Landschaftsbild in seiner Tiefenwirkung und dem Wechsel von Natur- und Kulturlandschaft beeinträchtigt werde. Dies deshalb, weil solche flächigen, zweidimensionalen Gebilde mit ihrer auffälligen Färbung zu den dreidimensionalen, weiträumigen, reich strukturierten und gestaffelten landwirtschaftlichen Gegebenheiten in starkem Kontrast stünden, wobei insbesondere auch auf die von Laubholz dominierten Bereiche in unmittelbarer Umgebung der Tafeln mit ihrer verschiedenen Grün- (während der Vegitationsperiode) bzw. Brauntönen (im Winterhalbjahr) zu verweisen sei.
Der beschwerdeführenden Partei sei das naturkundefachliche Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden. In einer Stellungnahme vom 28. Dezember 1994 habe sie die Auffassung vertreten, daß die Errichtung der Hinweistafel in einer Gewerberegion zu keiner Beeinträchtigung des Landschaftsbildes führen könne. Die Schönheit der Landschaft werde zwar nicht bestritten, doch rechtfertige dies nicht die Versagung der naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung. Der Amtssachverständige habe in seine Beurteilung nicht das unmittelbare Landschaftsbild, sondern auch die weitere Umgebung einbezogen. Auf diese sei allerdings keine Rücksicht zu nehmen. Es sei nicht Schutzzweck der Norm, daß sich Werbetafeln in das weitläufige Landschaftsbild einzufügen hätten. Es sei lediglich rechtlich zu beurteilen, inwieweit das Landschaftsbild des Gewerbegebietes durch die Tafeln beeinträchtigt werde.
Nach Auffassung der belangten Behörde seien diese Ausführungen allerdings nicht geeignet, die Schlüssigkeit des naturkundefachlichen Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Ein von einem tauglichen Amtssachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten könne in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden. Daß das weitere Landschaftsbild in die Beurteilung nicht einbezogen werden dürfe, könne dem Naturschutzgesetz nicht entnommen werden. Im übrigen ergebe sich eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes auch bei Betrachtung allein des näheren Umfeldes der zu errichtenden Hinweistafeln, da diese aufgrund ihrer auffälligen Farbgebung im Gegensatz zu ihrem Umgebungsbereich stünden. Aufgrund der somit zweifelsfrei erwiesenen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei die naturschutzrechtliche Bewilligung zu versagen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Auf das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei vom 31. August 1988 ist gemäß Art. III Abs. 8 der Kundmachung der Tiroler Landesregierung vom 18. März 1991 über die Wiederverlautbarung des Tiroler Naturschutzgesetzes weiterhin das Tiroler Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 15/1975, anzuwenden, allerdings - was die belangte Behörde übersehen hat - in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 52/1990.
Der mit "Sonderbestimmungen für Werbeeinrichtungen" überschriebene § 14 TNSchG lautet in seinem Abs. 1 idF der Novelle LGBl. Nr. 52/1990 folgendermaßen:
"(1) Die Bewilligung für die Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung einer Werbeeinrichtung ist zu erteilen, wenn die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 weder durch die Größe, Form, Farbe oder Lichtwirkung der Werbeeinrichtung noch durch deren Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung am vorgesehenen Ort beeinträchtigt werden."
Der im § 14 Abs. 1 TNSchG angeführte, mit "Allgemeine Grundsätze" überschriebene § 1 Abs. 1 idF der genannten Novelle bestimmt:
"(1) Dieses Gesetz hat zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, daß
- a) ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,
- b) ihr Erholungswert,
- c) der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und
d) ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt
bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet oder durch den Menschen gestaltet wurde (Kulturlandschaft)."
Allein durch die Anwendung des § 14 TNSchG in seiner Stammfassung ist eine Rechtsverletzung der beschwerdeführenden Partei nicht eingetreten, da § 14 auch in seiner novellierten Fassung das Landschaftsbild vor nachteiligen menschlichen Beeinträchtigungen schützen soll und im hier wesentlichen rechtlichen Gehalt daher keine Änderung eingetreten ist (vgl. dazu das Erkenntnis vom 27. November 1995, Zl. 92/10/0125).
Die Beschwerde bestreitet, daß die gegenständlichen Tafeln eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes darstellten; sie seien in einem bereits durch massive und außerordentlich großflächige Werbeeinrichtungen geprägten Werbegebiet aufgestellt. Es könne nicht Schutzzweck der Norm sein, daß in einem Gewerbegebiet, in dem bereits zahllose Werbetafeln angebracht seien und das auch als Gewerbegebiet gewidmet sei, gerade diesen drei Hinweistafeln die Bewilligung zu versagen. Die belangte Behörde hätte auch nicht das Landschaftsbild der weiteren Umgebung in ihre Beurteilung einbeziehen dürfen.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Für die Beantwortung der Frage, ob das Landschaftsbild durch einen menschlichen Eingriff nachteilig beeinflußt wird, ist entscheidend, ob sich der Eingriff harmonisch in das Bild einfügt; sind das Landschaftsbild (mit-)prägende anthropogene Eingriffe vorhanden, so ist maßgeblich, wie sich die beabsichtigte Maßnahme in das vor ihrer Errichtung gegebene und durch die bereits vorhandenen menschlichen Eingriffe mitbestimmte Wirkungsgefüge der bestehenden Geofaktoren einpaßt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 26. Juni 1995, Zl. 95/10/0002, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Einer solchen Entscheidung ist eine auf hinreichende Ermittlungsergebnisse - insbesondere auf sachverständiger Basis - beruhende großräumige und umfassende Beschreibung der verschiedenartigen Erscheinungen der Landschaft zugrunde zu legen. Erst eine solche Beschreibung erlaubt es, aus der Vielzahl jene Elemente herauszufinden, die der Landschaft ihr Gepräge geben und die daher vor einer Beeinträchtigung bewahrt werden müssen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. Februar 1995, Zl. 94/10/0176).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann die Entscheidung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden. Sie hat ihrer Entscheidung eine auf sachverständiger Basis beruhende großräumige und umfassende Beschreibung der verschiedenen Elemente der Landschaft zugrunde gelegt, aus der sich im wesentlichen ergibt, daß durch die Errichtung der streitgegenständlichen Tafeln wegen ihrer unterschiedlichen und auffälligen Färbung sowie ihrer Größe das im einzelnen beschriebene Landschaftsbild aus den näher dargelegten Gründen beeinträchtigt wird. Der amtliche Sachverständige hat dabei zu Recht im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung auch das Landschaftsbild der weiteren Umgebung in seine Beurteilung einbezogen. Aus der Widmung einer Grundfläche als Gewerbegebiet folgt nicht, daß die im Naturschutzgesetz normierte Bewilligungspflicht für die Aufstellung einer Werbeeinrichtung nicht zum Tragen käme. Vielmehr ist auf Grund der Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles im naturschutzbehördlichen Verfahren zu prüfen, ob das durch die Widmung im Flächenwidmungsplan indizierte öffentliche Interesse an der dieser Widmung entsprechenden Nutzung der Fläche die öffentlichen Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes überwiegt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. November 1998, Zl. 97/10/0239, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Inwieweit die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung Willkür geübt bzw. das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit dadurch verletzt haben soll, daß andere Unternehmen - wie die beschwerdeführende Partei ferner behauptet - ihre Werbetafeln bereits aufgestellt hätten, ist nicht ersichtlich.
Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Jänner 1999
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)