VwGH 95/05/0236

VwGH95/05/023615.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Gerlinde Hoke-Schretter in Radenthein, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf, Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, Herrengasse 6, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 27. Juni 1995, Zl. 8 BauR1-159/3/1995, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:

1. Dipl.-Ing. Dr. Helmut Priemer in Radenthein, vertreten durch Dr. Costantino De Nicolo, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, Kirchgasse 21/2, 2. Marktgemeinde Radenthein, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Krnt 1992 §21;
BauO Krnt 1992 §4;
BauO Krnt 1992 §48 Abs1 Z3 litf;
BauRallg;
BauO Krnt 1992 §21;
BauO Krnt 1992 §4;
BauO Krnt 1992 §48 Abs1 Z3 litf;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und dem Erstmitbeteiligten in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf der Parzelle Nr. 283/3, KG Radenthein, befindet sich das Wohnhaus des mitbeteiligten Bauwerbers (Reggerweg 7). Die Beschwerdeführerin ist mit ihrer Parzelle Nr. 283/2 westliche Nachbarin (Reggerweg 9). Ursprünglich bestand auf dem Baugrundstück neben dem Hauptgebäude ein gesondertes Nebengebäude, welches eine Garage enthielt. Mit Bescheid vom 30. Mai 1989 wurde dem Mitbeteiligten die Baubewilligung zur Errichtung eines Zubaues erteilt; durch diesen Zubau wurde eine Einbindung des Nebengebäudes in das Hauptgebäude geschaffen und es wurden darin ein Kinderzimmer, ein Wintergarten und Nebenräume eingerichtet. Im früheren Nebengebäude wurde - neben der Garage - ein mit "Gast" bezeichneter Aufenthaltsraum geschaffen. Bewilligt wurde die Abdeckung des ebenerdigen Zubaues mittels eines Flachdaches. Die Baubewilligung erwuchs nach erfolgloser Berufung durch die Beschwerdeführerin in Rechtskraft; einer Vorstellung der Beschwerdeführerin gab die belangte Behörde keine Folge.

Hier gegenständlich ist das Ansuchen des Mitbeteiligten vom 20. Dezember 1991, betreffend "Einreichung eines Änderungs- und Ausführungsplanes zum Bescheid ... vom 30. Mai 1989". Mit dem Antrag legte der Bauwerber eine Baubeschreibung vor, die weitestgehend ident mit der Baubeschreibung zu dem am 30. Mai 1989 bewilligten Bauvorhaben war, also auch die schon bewilligten Teile enthielt. Nunmehr war anstelle eines Flachdaches die Ausführung eines Walmdaches vorgesehen. Der Plan mit Datum Dezember 1991, der mit dem neuen Ansuchen vorgelegt wurde, weist u.a. den Unterschied bei der Dachkonstruktion aus.

In ihren schriftlich erhobenen Einwendungen machte die Beschwerdeführerin geltend, der Bauwerber habe im Zuge der Errichtung des Zubaues Geländeveränderungen vorgenommen und widerrechtliche Anschüttungen an und über der gemeinsamen Grenze vorgenommen. Schon das seinerzeitige Nebengebäude, aber auch der Zubau rage in die Abstandsfläche. Der Abänderungsplan enthalte unrichtige Darstellungen und es fehlten die Niveaudarstellungen.

Anlässlich der Bauverhandlung wurde vom Verhandlungsleiter ausgeführt, die Abänderung des Zubaues betreffe die Errichtung eines Walmdaches über dem Zubau - Wintergarten und Kinderzimmer.

Bei der Verhandlung wurde festgestellt:

1. Der Abstand von der Außenkante des Zubaues bis zur Zaunkante beträgt in der Natur 3,01 m (nachgemessen).

2. Der Abstand des Bestandsgebäudes (Gast und Garage) beträgt 2,70 m (nachgemessen).

3. Für den Baubewilligungsbescheid sind die Auflagen des Baubescheides vom 30. Mai 1989 rechtsgültig.

4. Nachgemessen wurden auch die Traufenhöhen des Zubaues. Diese betragen gemessen 2,80 m. Die Traufenhöhe des Bestandsgebäudes (Gast und Garage) beträgt 3,17 m."

Weiters wurde festgestellt, dass Anschüttungen im Bereich des bestehenden Holzzaunes nicht vorgefunden wurden.

Mit Bescheid vom 8. März 1994 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde unter Hinweis auf die mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen die Baubewilligung für das angesuchte Bauvorhaben (Änderungen) lt. dem vorliegenden Ausführungsplan vom Dezember 1991. Zu den Einwendungen der Beschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass keine Anschüttungen festgestellt wurden und dass subjektiv-öffentliche Interessen der Beschwerdeführerin nicht berührt würden.

Der dagegen erstatteten Berufung der Beschwerdeführerin gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 10. März 1995 keine Folge. Hinsichtlich der Abstandsflächen verwies der Gemeinderat auf die mündliche Verhandlung, bei der ein Naturmaß aufgenommen und festgestellt wurde, dass die Außenkante des Zubaues bis zur Zaunkante (Grundstücksgrenze) 3,01 m betrage.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Nach Auffassung der belangten Behörde bildete den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens die Errichtung eines Walmdaches über dem Zubau. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich anderer Baumaßnahmen sei daher unerheblich. Durch das bewilligte Projekt würden Abstandsflächen, die überdies im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß gegeben seien, nicht berührt werden.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Einhaltung der Abstandsregeln, auf zureichende Darstellung der Planunterlagen, auf Nichtvornahme konsensloser Anschüttungen sowie auf Durchführung eines mängelfreien Bauverfahrens verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie der mitbeteiligte Bauwerber, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde ist der Auffassung, dass mit der Baubewilligung vom 8. März 1994 gegenüber der Baubewilligung vom 30. Mai 1989 nur die geänderte Dachausführung über dem Zubau bewilligt worden war. Abgesehen von der damit verbundenen Konsequenz, dass alle anderen Ausführungen konsenslos wären, lässt sich die Auffassung der Vorstellungsbehörde über den Umfang des Bauvorhabens aus dem Akt nicht nachvollziehen: Schon das Ansuchen bezieht sich auf den Plan vom Dezember 1991; in der Bauverhandlung wurde zwar ausgeführt, dass die Abänderung des Zubaues "die Errichtung eines Walmdaches über dem Zubau" betreffe; es wurden aber Feststellungen insbesondere über die Abstände und die Höhen getroffen. Der Bescheidspruch vom 8. März 1994 enthält keinen Hinweis auf eine Veränderung am Dach, sondern es wurden die Veränderungen, die im Plan aus Dezember 1991 ausgewiesen sind, ausdrücklich bewilligt. Es ist daher davon auszugehen, dass sämtliche Veränderungen, die der neue Plan aufzeigt, vom Konsens erfasst sind, und nicht nur die Veränderung am Dach über dem Zubau.

Die Baubewilligung vom 30. Mai 1989 betraf beim früheren Nebengebäude nicht den äußeren Umfang und insbesondere nicht dessen Situierung, sondern nur den Umstand, dass in diesem Nebengebäude neben der Garage ein mit "Gast" bezeichneter Aufenthaltsraum mit einer neuen Fensteröffnung an der Westfassade (zur Beschwerdeführerin) geschaffen wurde. Bei der Bauverhandlung im nunmehrigen Verfahren wurde festgestellt, dass dieses Gebäude einen Abstand von nur 2,70 m (offenbar auch zur Zaunkante) einhält; der neue Plan weist an diesem Gebäudeteil keinerlei Veränderung aus.

Hinsichtlich des 1989 bewilligten Zubaues sind Veränderungen insoferne erkennbar, als etwa das neu geschaffene Kinderzimmer damals ein Flächenausmaß von 15,34 m2, jetzt aber eine Grundfläche von 14,8 m2, und der neu geschaffene Wintergarten damals eine Fläche von 16,38 m2, jetzt aber eine Fläche von 15,8 m2 aufweist. Ursache dieser Flächenverringerung ist offenbar, dass der mit Bescheid vom 30. Mai 1989 bewilligte Plan eine Fortsetzung der ursprünglichen Gebäudeflucht des Nebengebäudes (nur 2,70 m vom Zaun entfernt) durch den Zubau an der Westseite vorsah, während der neue Plan ein Zurückrücken der Front des Zubaues gegenüber dem Altbestand um 30 cm ausweist, was sich nicht nur aus dem Grundriss, sondern auch aus dem Schnitt B - B eindeutig ergibt. Dem entspricht die Feststellung in der Verhandlung, dass der Abstand des "Bestandsgebäudes" (früheres Nebengebäude) 2,70 m, der Abstand des Zubaues aber 3,01 m betrage.

Die Veränderung im Seitenabstand gegenüber der seinerzeitigen Baubewilligung liegt daher vor, sie besteht allerdings in einem Zurückrücken und damit in einer Vergrößerung der Abstandsfläche.

In der Berufung wurde von der Beschwerdeführerin zu den Feststellungen über den Seitenabstand in der Bauverhandlung behauptet, dass der Grenzverlauf, vom Zaun gemessen, unterschiedlich entfernt, in etwa 20 cm ostwärts liege. Die im Bauplan mit Kugelschreiber eingetragenen Koten seien in etwa um 20 cm zu verkleinern.

Auch in der Beschwerde wird eingeräumt, dass auf Grund des neuen Planes der Zubau um 30 cm ostwärts - also von der Grenze zur Beschwerdeführerin weg - verschoben wurde. Die Beschwerdeführerin behauptet aber, dass die Grenze nicht am Zaun verlaufe, sondern 30 cm (in der Berufung wurde behauptet, 20 cm) östlich davon. Daraus ergebe sich trotz dieser Versetzung noch immer eine Abstandsverletzung. Dabei verkennt die Beschwerdeführerin aber, dass die Bewilligung lt. Plan erfolgte und lt. Plan der Zubau, wie im Lageplan eindeutig fixiert, 3,00 m von der Grenze entfernt sein muss. Der Zaun ist in diesem Lageplan nicht eingezeichnet und spielt daher keine Rolle. Das Projekt, wie es mit dem Bescheid vom 8. März 1994 bewilligt wurde, hält den zulässigen Abstand somit ein.

Der Beschwerdeführerin ist auch darin zu folgen, dass der bewilligte Bauplan Geländeveränderungen zum Inhalt hat. Während im alten Plan im Schnitt B - B der Verlauf des angrenzenden Geländes eingezeichnet war, findet sich beim Schnitt B - B im neuen Plan eine derartige Eintragung nicht; allerdings macht die Westansicht deutlich, dass nunmehr das Gelände von einer Basis +/- 0,00 m auf zunächst 0,30 m, dann 0,50 m und schließlich 0,90 m stufenförmig ansteigt. Ein derartiges Ansteigen des Geländes ist der Westansicht in dem am 30. Mai 1989 genehmigten Plan nicht zu entnehmen. Daraus lässt sich allerdings für die Beschwerdeführerin nichts gewinnen:

Gemäß § 21 Abs. 1 Kärntner Bauordnung 1992 (BO) ist im Baubewilligungsverfahren dem Eigentümer, jenen Servitutsberechtigten, deren Recht durch das Vorhaben beeinträchtigt werden könnte, und den Anrainern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern gleichzuhalten.

Gemäß Abs. 5 dieser Gesetzesstelle sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Parteien (Abs. 4) im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf die Bestimmungen des Baurechtes oder der Bebauungspläne stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bebauungsweise, die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken, die Gebäudehöhe sowie jene Bestimmungen, die dem Schutz der Nachbarschaft in gesundheitlichen Belangen, im Interesse der Brandsicherheit oder gegen Immissionen dienen.

Anschüttungen, Abgrabungen bzw. Geländeveränderungen sind zwar in der Definition bewilligungspflichtiger Vorhaben im § 4 BO nicht aufgezählt; aus der Strafbestimmung im § 48 Abs. 1 Z. 3 lit. f BO ergibt sich jedoch, dass solche Veränderungen durch eine Baubewilligung für Vorhaben auf dem Grundstück gedeckt sein müssen. Die Beschwerdeführerin kann aber keine Bestimmung des Baurechts oder des Bebauungsplanes nennen, die durch die hier bewilligten Geländeveränderungen verletzt würden; insbesondere haben die Veränderungen keinerlei Einfluss auf die Gebäudehöhe, was auf dem Plan leicht erkennbar ist. Sollte durch die Anschüttungen der Zaun der Beschwerdeführerin beeinträchtigt werden, handelt es sich dabei zweifelsohne nicht um eine Verletzung subjektiv öffentlicher Rechte. Soweit die Beschwerdeführerin Immissionen auf Grund dieser Anschüttungen geltend macht, ist sie darauf zu verweisen, dass weder die BO noch die Kärntner Bauvorschriften eine Bestimmung enthalten, die einen Schutz vor Immissionen durch Anschüttungen bietet (siehe die Aufzählung bei Hauer, Kärntner Baurecht2, 128).

Im Hinblick auf die der Beschwerdeführerin zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte ist schließlich nicht erkennbar, inwieweit die vorliegenden Pläne die Beschwerdeführerin an der Geltendmachung dieser Rechte gehindert haben.

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde mit der Baubewilligung vom 8. März 1994 auch andere Abweichungen von der Baubewilligung vom 30. Mai 1998 als bloß die Dachgestaltung genehmigt wurden, dass aber durch diese Änderungen in Rechte der Beschwerdeführerin nicht eingegriffen wird. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Einwand des Mitbeteiligten, die Beschwerdeführerin sei zur Beschwerdeerhebung nicht legitimiert, weil ihr das Grundstück erst mit Einantwortungsurkunde vom 13. Jänner 1993 eingeantwortet worden sei, ist insoferne unverständlich, als die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Bauverfahren erstmals anlässlich ihrer Einwendungen vom 18. September 1993 aufgetreten ist.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Juni 1999

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