VwGH 94/14/0082

VwGH94/14/008219.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde der A H GesmbH in S, vertreten durch Dr. Gerhard Stranzinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, Schwanthalergasse 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 18. Mai 1994, Zl 276/5-10/Zö-1994, betreffend Säumniszuschlag und Pfändungsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

AbgEO;
BAO §198;
BAO §213;
BAO §214;
BAO §215;
BAO §217;
UStG 1972 §12;
UStG 1972 §21;
VerfGG 1953 §85 Abs2;
VerfGG 1953 §85 Abs3;
VerfGG 1953 §87 Abs2;
AbgEO;
BAO §198;
BAO §213;
BAO §214;
BAO §215;
BAO §217;
UStG 1972 §12;
UStG 1972 §21;
VerfGG 1953 §85 Abs2;
VerfGG 1953 §85 Abs3;
VerfGG 1953 §87 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. November 1991 erließ das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin einen Bescheid, mit welchem unter Bezugnahme auf die Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung für März 1991 (rd S 3 Mio) ein Säumniszuschlag von S 60.027,-- festgesetzt wurde.

In einer dagegen erhobenen Berufung (vom 12. Dezember 1991) wandte die Beschwerdeführerin ein, dass die Umsatzsteuer 3/91, von welcher der verfahrensgegenständliche Säumniszuschlag festgesetzt worden sei, rechnerisch richtig sei, zumal sie der Voranmeldung der Beschwerdeführerin entspreche. Sie sei aber keineswegs fällig, weil "bekanntlich" mit Umsatzsteuervoranmeldung für Oktober 1988 Vorsteuerguthaben in Höhe von S 5,814.139,-- geltend gemacht worden seien. Diese Vorsteuer sei jedoch nicht gutgeschrieben, sondern vom Finanzamt "einfach ignoriert und nicht eingebucht" worden. Die Beschwerdeführerin habe gegen die Bescheide, mit welchen die Anerkennung dieses Vorsteuerguthabens abgelehnt worden sei, alle Rechtsmittel einschließlich einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ausgenützt. Der Verfassungsgerichtshof habe der Beschwerde mit Beschluss vom 7. Oktober 1991 die beantragte aufschiebende Wirkung zuerkannt. Damit seien die Rechtswirkungen der letzten finanzbehördlichen Abweisung wie bei einer Aussetzung der Einhebung - welche im Übrigen hinsichtlich einer gegen den zwischenzeitig erlassenen Umsatzsteuerbescheid für 1988 erhobenen Berufung beantragt und bewilligt worden sei - bis zur meritorischen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes aufgeschoben. Die aufschiebende Wirkung habe zur Folge, dass bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes davon auszugehen sei, dass der Vorsteuerabzug zu Recht erfolgt sei, anders habe die aufschiebende Wirkung keinen Sinn. Damit müsse aber bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes die strittige Gutschrift "als bestehend" angesehen und - was bisher rechtswidrig verweigert worden sei - eingebucht werden. Davon ausgehend vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, es bestehe kein Rückstand, sondern ein Guthaben, weshalb für die Festsetzung eines Säumniszuschlages derzeit kein Raum bestehe. Im Rahmen der Berufung wurde vorsorglich ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung "wiederholt".

Am 3. Dezember 1991 unternahm ein Vollstrecker im Hinblick auf einen ua wegen der Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung für März 1991 bestehenden Abgabenrückstand einen Vollstreckungsversuch, in dessen Folge ein Bescheid über Pfändungsgebühren erging. In einer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Exekution im Wesentlichen aus den oben angeführten Gründen nicht hätte geführt werden dürfen.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über beide Berufungen. Die Berufung gegen den Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages wies sie ab. Der Berufung gegen die Festsetzung von Pfändungsgebühren gab sie hinsichtlich der Höhe teilweise Folge, im Übrigen wies sie die Berufung aber ebenfalls ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, mit ihrer Ansicht, dass die Umsatzsteuervorauszahlung 3/91 im Hinblick auf die für den Voranmeldungszeitraum 10/88 geltend gemachte Vorsteuer noch nicht fällig sei, verkenne die Beschwerdeführerin das Gesetz, weil sich der Fälligkeitstag einer Umsatzsteuervorauszahlung aus dem Umsatzsteuergesetz ergebe. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verfassungsgerichtshof bedeute keinesfalls, dass der Vorsteuerabzug zu Recht erfolgt sei. Die Bedeutung der einer Beschwerde zuerkannten aufschiebenden Wirkung bestehe darin, dass die Behörde den Vollzug des Bescheides aufzuschieben habe. Aus der Tatsache, dass keine Maßnahmen in Vollziehung des angefochtenen Bescheides gesetzt werden dürften, könne nicht abgeleitet werden, dass bis zur Entscheidung des Höchstgerichtes fiktiv eine Gutschrift einzubuchen sei. Gegenstand einer aufschiebenden Wirkung könne bloß ein ein- bzw nachzufordernder Betrag sein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 85 Abs 2 VfGG hat der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Gemäß § 85 Abs 3 VfGG hat die Behörde im Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung den Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes aufzuschieben und die hiezu erforderlichen Vorkehrungen zu treffen.

Bei dieser Rechtslage und dem Inhalt des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Oktober 1991, B 692/91-6, ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass die Wirkung eines positiv erledigten Aufschiebungsantrages nur darin besteht, dass keine Maßnahmen in Vollziehung des angefochtenen Bescheides gesetzt werden dürfen, somit eine etwa festgesetzte Geldleistung nicht eingetrieben werden darf. Ein Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer ist somit nur insoweit einem Vollzug zugänglich, als der Differenzbetrag zwischen Umsatzsteuer und Vorsteuern eine Umsatzsteuerzahllast ergibt. Vertritt der Abgabepflichtige die Ansicht, dass in dem Bescheid nicht nur keine Zahllast, sondern vielmehr - wegen höherer anzuerkennender Vorsteuern - ein Guthaben festzusetzen gewesen wäre, so kann sich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dennoch nur auf die vorgeschriebene Zahllast, nicht aber auf das nach Ansicht des Beschwerdeführers zu berücksichtigende Guthaben beziehen. Insoweit ist der Bescheid nämlich einem Vollzug nicht zugänglich. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bewirkt nicht, dass dem Antragsteller (vorläufig) eine Rechtsstellung zukäme, die ihm auch bei allenfalls späterer Aufhebung des angefochtenen Bescheides (noch) nicht zukommt. Wenngleich die Verwaltungsbehörden gemäß § 87 Abs 2 VfGG verpflichtet sind, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, bedeutet dies nur, dass es - nach allfälliger Aufhebung des angefochtenen Bescheides - noch einer weiteren Maßnahme, im Beschwerdefall eines Bescheides bedarf, um den entsprechenden, gegebenenfalls auch im Sinne des Beschwerdeführers liegenden Rechtszustand herzustellen.

Zum Beschwerdevorbringen ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass auch eine Aussetzung der Einhebung im Sinne des § 212 a BAO nur hinsichtlich Nachforderungen möglich ist (vgl Ritz, BAO, Kommentar2, Rz 13 zu § 212a).

Da sohin der Umstand, dass der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für 10/1988 aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht zur Folge hatte, dass die Behörde von den in der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldung geltend gemachten Vorsteuern mit der Folge einer entsprechenden, auf dem Abgabenkonto zu verbuchenden Gutschrift hätte ausgehen müssen, wurde die Beschwerdeführerin durch die Festsetzung eines Säumniszuschlages und von Pfändungsgebühren hinsichtlich der unbestritten nicht entrichteten Umsatzsteuervorauszahlung für März 1991 in seinen Rechten nicht verletzt.

Das Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit vorläufigen, endgültigen und "noch nicht rechtskräftigen", weil vor Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochtenen Bescheiden geht schon deswegen ins Leere, weil sich dieses Vorbringen auf Bescheide im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerfestsetzung für Oktober 1988 bzw Umsatzsteuerveranlagung für 1988 bezieht, diese Bescheide aber nicht Gegenstand der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren waren. Sowohl dem angefochtenen Säumniszuschlag als auch den angefochtenen Pfändungsgebühren liegt - wie ausgeführt - die nicht entrichtete Umsatzsteuervorauszahlung für März 1991 zu Grunde.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 19. Oktober 1999

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