VwGH 94/08/0262

VwGH94/08/026229.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des K in B, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Kirchstraße 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 27. September 1994, Zl. IVb-69-31/1994, betreffend Beitragsgrundlage gemäß § 25 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien), zu Recht erkannt:

Normen

GSVG 1978 §25 Abs2 Z3 idF 1993/336;
GSVG 1978 §25 Abs2 Z3 idF 1993/336;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. April 1994 sprach die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt, Landesstelle Vorarlberg, aus, dass die monatliche Beitragsgrundlage des Beschwerdeführers für das Kalenderjahr 1994 S 42.000,-- betrage. Nach der Begründung seien laut Einkommensteuerbescheid 1991 versicherungspflichtige Einkünfte in der Höhe von S 1,324.946,-- ausgewiesen. Dies ergebe unter Berücksichtigung der für 1994 geltenden Höchstbeitragsgrundlage die im Spruch des Bescheides ausgewiesene monatliche Grundlage. Eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage um den geltend gemachten Veräußerungserlös komme nicht in Betracht, da dieser nicht dem Sachanlagevermögen zugeführt worden sei.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Einspruch, wobei er im Wesentlichen vorbrachte, die dem Einkommensteuerbescheid zu Grunde liegenden hohen Einkünfte resultierten aus dem Veräußerungsgewinn einer alten Lagerhalle, die infolge Inflation vieler Jahre nur noch mit einem geringen Buchwert in der Bilanz enthalten gewesen sei. Der Verkauf sei notwendig geworden, da die kreditgebende Bank die Konten gesperrt habe, während Lohnzahlungen fällig geworden seien. Der Verkaufserlös der Lagerhalle sei gänzlich zur Abdeckung von Kreditverpflichtungen verwendet worden. Es liege daher kein echter Ertrag, sondern ein inflationsbedingter Scheingewinn vor. Einkommensteuer habe dafür nicht entrichtet werden müssen, weil entsprechende Verlustvorträge vorhanden gewesen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben und der Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt bestätigt. Nach der Begründung seien im Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Minderung der Beitragsgrundlage, wie sie in § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG geregelt seien, nicht erfüllt. Veräußerungsgewinne seien nur dann aus der Beitragsgrundlage auszuscheiden, wenn der gesamte auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen (einschließlich Liegenschaften) eines Betriebes des Versicherten zugeführt wird. Diese Voraussetzung sei im Beschwerdefall allerdings nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, die Einkünfte des Jahres 1991 resultierten aus dem Verkauf einer im Betriebsvermögen stehenden Lagerhalle. Diese Liegenschaft sei fast bis zur Höhe des Verkaufserlöses mit Hypotheken belastet gewesen. Nach Abdeckung der Hypothekarforderungen sei lediglich ein Betrag von S 500.000,-- verblieben, der die Überziehung des Firmenkontos reduziert habe. Keiner der Gesellschafter habe aus dem Verkaufserlös auch nur einen Schilling "gesehen". Nur durch die Abdeckung der Hypothekarforderungen und die Reduzierung des Firmensollstandes sei die Firma überhaupt weiter operativ geblieben. Dem Gesetzgeber sei es auch unter Berücksichtigung des Motivenberichtes zur 16. GSVG-Novelle auf die konkreten wirtschaftlichen Umstände angekommen, nur tatsächliche Einkünfte sollten auch der Sozialversicherung zu Grunde gelegt werden. Deshalb seien auch jene Verkaufserlöse aus der Beitragsgrundlage auszuscheiden, die nie tatsächlich Einkünfte der Gewerbetreibenden darstellten, sondern nur der Abdeckung von Hypothekarforderungen bzw. der Abdeckung eines überzogenen Betriebskontos gedient hätten.

Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 3 GSVG, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, die durchschnittlichen Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeit in dem dem Kalenderjahr, in das der Beitragsmonat (Abs. 10) fällt, drittvorangegangenen Kalenderjahr heranzuziehen, die auf Zeiten der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr entfallen; hiebei sind die für die Bemessung der Einkommensteuer herangezogenen Einkünfte des Pflichtversicherten zu Grunde zu legen und, falls die Zeiten der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung voneinander abweichen, die Zeiten der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung maßgebend.

Gemäß § 25 Abs. 2 erster Satz idF der 16. Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 643/1989, ist Beitragsgrundlage der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag,

1. zuzüglich der auf eine Investitionsrücklage und auf einen Investitionsfreibetrag entfallenden Beträge,

2. vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn und auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes entfallenden Beträge, vervielfacht mit dem Produkt aus der Aufwertungszahl (§ 47) des Kalenderjahres, in das der Beitragsmonat (Abs. 10) fällt, und aus den Aufwertungszahlen der beiden vorangegangenen Kalenderjahre, gerundet auf volle Schilling. Eine Minderung der Beitragsgrundlage nach Z. 2 tritt nur dann ein, wenn dies der Versicherte beantragt, bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen überdies nur dann, wenn nachgewiesen wird, dass der gesamte auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten zugeführt worden ist.

Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (vgl. 1101 BlgNR XVII. GP, 9) stelle die Zuordnung des Veräußerungsgewinnes und des Sanierungsgewinnes zu den steuerpflichtigen Einkünften eine Konstruktion des Steuerrechts dar, die darauf beruhe, dass diese Gewinne als eine Vermehrung des Betriebsvermögens (Sanierungsgewinn) bzw. als echte Einkünfte (Veräußerungsgewinne) gewertet würden. Aus der Sicht der Sozialversicherung handle es sich bei dem von den Gläubigern zum Zwecke der Betriebssanierung zugestandenen Schulderlass nicht um echte Einkünfte. Was hingegen den Veräußerungsgewinn anlange, so lägen zunächst tatsächlich Einkünfte vor. Führe aber der Versicherte in der Folge die auf Veräußerungsgewinne entfallenden Beträge wiederum dem Betriebsvermögen (Anlagevermögen) zu, dann sei, wenn man die wirtschaftliche Seite mit Blickrichtung auf die Einkünfte betrachte, gegenüber dem Zustand vor Veräußerung des Betriebes keine Änderung eingetreten. Es werde daher eine Anregung der zuständigen gesetzlichen beruflichen Vertretung, Sanierungsgewinne und Veräußerungsgewinne aus der Beitragsgrundlage auszuscheiden, letztere jedoch nur dann, wenn der gesamte auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen (einschließlich Liegenschaften) eines Betriebes zugeführt werde, aufgegriffen.

Diese, durch die 16. Novelle zum GSVG geschaffene Rechtslage wurde durch die 18. GSVG-Novelle, BGBl. Nr. 677/1991, insoweit geändert, als es nach dieser Fassung des § 25 Abs. 2 zweiter Satz GSVG nicht mehr darauf ankam, dass der gesamte Veräußerungsgewinn dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten zugeführt wurde, sondern, dass eine Minderung der Beitragsgrundlage nach Z. 2 bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen soweit eintrat, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten zugeführt worden ist. Das Erfordernis, dass der gesamte Veräußerungsgewinn dem Sachanlagevermögen zugeführt werden muss, wurde somit durch die 18. Novelle zum GSVG beseitigt.

Diese Rechtslage hat auch durch die neuerliche, ab 1. Jänner 1993 (bis 31. Dezember 1994) geltende Änderung des § 25 Abs. 2 GSVG durch die 19. Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 336/1993, keine Änderung erfahren.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes und nach der klaren Absicht des Gesetzgebers soll daher ein Veräußerungsgewinn nur dann die Beitragsgrundlage nach § 25 GSVG nicht erhöhen, wenn durch die Übertragung dieses Gewinnes dessen Zugehörigkeit zum Anlagevermögen eines Betriebes des Versicherten weiterhin sichergestellt ist (vgl. das Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/08/0280).

Wenn der belangten Behörde auch nicht zuzustimmen ist, dass der gesamte Veräußerungsgewinn dem Sachanlagevermögen zugeführt werden muss, um zu einer Minderung der Beitragsgrundlage zu führen (vgl. diesbezüglich die bereits erwähnte 18. Novelle zum GSVG), so kann es vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage dennoch nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall den vom Beschwerdeführer erzielten Veräußerungsgewinn bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage berücksichtigt hat. Dieser Gewinn wurde nämlich nicht einmal teilweise dem Sachanlagevermögen zugeführt, sondern zur Tilgung bestehender Schulden verwendet. Die Zugehörigkeit des Gewinnes zum Anlagevermögen war daher nicht sichergestellt.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. Juni 1999

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte