VwGH 98/21/0145

VwGH98/21/014524.4.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,

Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des KA in Graz, geboren am 13. März 1980, vertreten durch Dr. Werner Thurner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sporgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 30. Oktober 1997, Zl. FR 151/1997, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FlKonv Art31 Z1;
FrG 1993 §17;
FlKonv Art31 Z1;
FrG 1993 §17;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen "angeblich liberianischen Staatsangehörigen", gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 19 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seinen eigenen Angaben zufolge am 19. November 1996 "illegal" über einen unbekannten Ort in das Bundesgebiet eingereist. In der Folge habe er um Gewährung des Asylrechtes angesucht; der Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Februar 1997, rechtswirksam erlassen am 12. Februar 1997, abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer halte sich seit seiner illegalen Einreise am 19. November 1996 unberechtigterweise im Bundesgebiet auf, weil er über keinerlei Bewilligung nach dem Asyl-, Fremden- oder Aufenthaltsgesetz verfüge. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Aus dem Fehlen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergebe sich, daß zufolge des § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 der Anwendung des § 17 FrG kein rechtliches Hindernis entgegenstehe. Mit der Ausweisung sei nicht das Verbot verbunden, das Bundesgebiet wieder zu betreten. Es bestehe lediglich die Verpflichtung, es zu verlassen. Daß der Beschwerdeführer bei einer Abschiebung in seinen Heimatstaat Liberia im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG bedroht sei, stehe der Erlassung einer Ausweisung nicht entgegen; auch brauche die Behörde den Ausgang des Verfahrens nach § 54 FrG nicht abzuwarten. Da der Beschwerdeführer keinerlei Nahebeziehung zu in Österreich lebenden Personen habe, komme es durch die Ausweisung zu keinem relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Auch sei es während seines kurzfristigen, noch dazu unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, dem auch niemals ein rechtmäßiger vorangegangen sei, zu keiner Integration im Bundesgebiet gekommen. Wenn kein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben vorliege, erübrige sich die Prüfung, ob die Erlassung der Ausweisung dringend geboten sei. Aber selbst unter der Annahme eines im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben wäre die Ausweisung im Interesse eines geordneten Fremdenwesens und zur Erreichung des in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zieles im Sinne des § 19 FrG dringend geboten und zulässig. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, daß nach den genannten Feststellungen kein Fall des § 114 Abs. 5 Fremdengesetz 1997 vorliegt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellung im angefochtenen Bescheid, daß ihm keinerlei Bewilligung zum Aufenthalt in Österreich erteilt worden sei. Infolge dieses unrechtmäßigen Aufenthaltes ist der Tatbestand des § 17 Abs. 1 FrG erfüllt und es hatte die Behörde - vorbehaltlich des § 19 FrG - zwingend die Ausweisung des Beschwerdeführers zu verfügen.

Gemäß § 19 FrG ist eine Ausweisung, wenn damit in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen würde, nur zulässig, wenn diese zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Wegen des kurzen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich von weniger als einem Jahr und des Fehlens familiärer Beziehungen in Österreich liegt ein mit der Ausweisung verbundener relevanter Eingriff weder in sein Privatleben noch in sein Familienleben vor.

Im Hinblick auf eine Unzulässigkeit der Ausweisung gemäß § 19 FrG wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde Verfahrensmängel in der Art vor, daß sie es unterlassen habe, eine amtswegige Ermittlungstätigkeit vorzunehmen. Entsprechende Ermittlungen hätten ergeben, daß die über den Beschwerdeführer verfügte Ausweisung in sein Privat- und Familienleben eingreife. Die belangte Behörde habe keine Interessenabwägung vorgenommen. Eine entsprechende Einvernahme des Beschwerdeführers hätte ergeben, daß er in Österreich sozial integriert sei. "Das Unterlassen einer Interessenabwägung bzw. Berücksichtigung der in der Familie bestehenden Interessen" stelle einen Verstoß nach Art. 8 Abs. 2 MRK dar. Der Beschwerdeführer unterläßt jedoch die Angabe, welche Feststellungen die belangte Behörde in einem mängelfreien Verfahren hätte treffen können, die zu einem für ihn günstigen Ergebnis in der Sache geführt hätten. Die für eine erfolgreiche Verfahrensrüge notwendige Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels wird somit nicht dargetan. Soweit der Beschwerdeführer auf eine amtswegige Ermittlungspflicht verweist, ist ihm zu entgegnen, daß die Partei bei jenen Umständen, deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann, zu entsprechendem Vorbringen und Beweisanbot verpflichtet ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 39 AVG/E. 126, angeführte Rechtsprechung). Ausgehend von der auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid beruhenden zutreffenden Ansicht der belangten Behörde über das Fehlen eines mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriffes in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers hat entgegen seiner Ansicht eine Interessenabwägung im Sinne des § 19 FrG und eine Prüfung, ob der Eingriff durch Art. 8 Abs. 2 MRK gedeckt wäre, zu unterbleiben.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellt die Ausweisung keine Strafe im Sinne des Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - eine administrativ-rechtliche Maßnahme dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0791). Ob eine Abschiebung des Beschwerdeführers - wie dieser behauptet - nur nach Liberia möglich wäre, ist im gegenständlichen Verfahren nicht von Bedeutung, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch dazu das Erkenntnis Zl. 97/21/0791) mit der Ausweisung nicht darüber abgesprochen wird, daß der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder (allenfalls) abgeschoben werde. Über eine allfällige Unzulässigkeit der Abschiebung nach Liberia war nicht in diesem Verfahren abzusprechen, ebensowenig darüber, auf welche Weise der Beschwerdeführer zu einem rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich gelangen könnte.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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