Normen
FrG 1997 §36 Abs2 Z5;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §37 Abs2;
SDÜ 1990 Art5 Abs1;
SDÜ 1990 Art5 Abs2;
SDÜ 1990 Art94;
SDÜ 1990 Art96;
VwRallg;
FrG 1997 §36 Abs2 Z5;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §37 Abs2;
SDÜ 1990 Art5 Abs1;
SDÜ 1990 Art5 Abs2;
SDÜ 1990 Art94;
SDÜ 1990 Art96;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 10. September 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen tschechischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und Z. 5 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer, der sich seit Oktober 1992 in Österreich aufhalte, sei am 7. März 1997 bei dem Versuch, neun Personen nach Deutschland zu schleppen, betreten und zur Anzeige gebracht worden. In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer in Deutschland mit Urteil des Amtsgerichtes Laufen vom 14. Juli 1997 und im Instanzenzug mit Urteil des Landgerichtes Traunstein vom 16. September 1997 wegen Einschleppen und Einschleusen von Ausländern nach Deutschland zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten rechtskräftig verurteilt worden.
Dieser Verurteilung sei zugrunde gelegen, daß der Beschwerdeführer gemeinsam mit zwei Mittätern am 7. März 1997 um seines Vorteils Willen versucht hätte, neun Personen von Österreich nach Deutschland zu schleppen. Der Beschwerdeführer hätte zunächst die Aufgabe gehabt, mit seinem eigenen PKW die Lage am Grenzübergang Bad Reichenhall zu beobachten, um danach seine Beobachtungen über Funktelefon einem Mittäter mitzuteilen, damit dieser mit seinem Fahrzeug samt den zu schleppenden Fremden die Grenze hätte passieren können. Aufgrund der "genauen Grenzkontrollen" wären der Beschwerdeführer und seine beiden Mittäter angehalten und festgenommen worden. Wie das verurteilende Gericht festgestellt habe, wäre dem Beschwerdeführer sehr wohl bewußt gewesen, daß Menschen nach Deutschland hätten geschleust werden sollen. Für seine Hilfeleistung hätte der Beschwerdeführer eine Entlohnung erhalten sollen, deren Höhe vorab nicht genau festgelegt worden wäre.
Aufgrund der besagten Verurteilung sei nicht nur der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG, sondern auch jener des § 36 Abs. 2 Z. 5 FrG erfüllt.
Die in der Berufung zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung, es könnte nicht davon ausgegangen werden, daß in der Bestimmung des § 36 Abs. 2 Z. 5 FrG auch Schlepperei zu Lasten eines anderen Staates als des österreichischen gemeint sein könne, sei verfehlt. In diesem Zusammenhang sei der Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 104 Abs. 1 FrG zu verweisen, wonach Schlepperei die Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines Fremden sei, gleichgültig ob sie vor oder nach dem Grenzübertritt oder während des Aufenhalts des Fremden im Bundesgebiet erfolge. Der Beschwerdeführer habe an Schlepperei im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmung zweifellos mitgewirkt. Auch wenn dabei der Beschwerdeführer - wie das Berufungsgericht festgestellt habe - die strafbare Handlung in erster Linie aus Loyalität zu seinem bisherigen Arbeitgeber gesetzt habe, so wäre doch auch ein weiteres Motiv für ihn die in Aussicht gestellte, der Höhe nach unbekannte Entlohnung gewesen. Demnach habe der Beschwerdeführer um seines Vorteiles Willen gehandelt und solcherart die öffentliche Ordnung, näherhin: das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, in hohem Maß gefährdet. Daß es hiebei beim Versuch geblieben sei, vermöge daran nichts zu ändern. Im Hinblick darauf, daß der Bekämpfung des Schlepperwesens ein eminentes öffentliches Interesse zukomme, erweise sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - als gerechtfertigt.
Aufgrund des etwa fünfeinhalbjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich und im Hinblick darauf, daß er mit seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt lebe, liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vor. Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG zu bejahen. Wer, wie der Beschwerdeführer, um seines Vorteils Willen Schlepperei begehe bzw. an ihr mitwirke und dabei die Notlage anderer Fremder ausnütze, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, die ein Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) notwendig erscheinen ließen. Im Rahmen der nach § 37 Abs. 2 FrG gebotenen Interessenabwägung sei auf den etwa fünfeinhalbjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen. Gleichzeitig sei aber zu berücksichtigen, daß der daraus ableitbaren Integration kein entscheidendes Gewicht zukomme, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich gemindert werde. Einer allfälligen Sorgepflicht gegenüber seiner Ehegattin könne der Beschwerdeführer auch vom Ausland aus nachkommen. Diese - solcherart geschmälerten - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers müßten gegenüber dem hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens jedenfalls in den Hintergrund treten. Dieses öffentliche Interesse sei von solchem Gewicht, daß ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auch nicht im Rahmen des der Behörde zukommenden Ermessens habe in Kauf genommen werden können.
Zutreffend habe die Erstbehörde die gegen den Beschwerdeführer gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme auf unbestimmte Zeit (unbefristet) erlassen. Angesichts des aufgezeigten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers könne derzeit nicht vorhergesehen werden, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, weggefallen sein werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde bekämpft die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe durch sein inkriminiertes Fehlverhalten den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 5 FrG ("um seines Vorteils Willen Schlepperei begangen oder an ihr mitgewirkt hat") verwirklicht. Der dem besagten Urteil des Landesgerichtes Traunstein zugrundeliegende "Schleppereiversuch" sei vom Beschwerdeführer nicht um seines Vorteils willen unternommen worden; vielmehr werde in diesem Urteil ausgeführt, der Beschwerdeführer hätte "in erster Linie aus Loyalität zu seinem bisherigen Arbeitgeber, dem Angeklagten ..., weniger wegen der in Aussicht gestellten, der Höhe nach unbekannten Entlohnung mitgemacht". Weiters werde in diesem Urteil "gewinnsüchtige Zusammenarbeit mit internationaler Kriminalität" nicht dem Beschwerdeführer, sondern lediglich seinen Mitangeklagten vorgeworfen, "sodaß durch Umkehrschluß" feststehe, daß dem Beschwerdeführer weder eine solche Gewinnsucht noch eine solche Zusammenarbeit angelastet werden könnten.
Mit diesem Vorbringen läßt die Beschwerde aber unbestritten, daß der Beschwerdeführer durch sein Verhalten den rechtswidrigen Grenzübertritt von Fremden gefördert hat und dieses Verhalten jedenfalls auch wegen der Aussicht auf eine Belohnung gesetzt hat. Von daher begegnet es keinem Einwand, wenn die Behörde zu dem Ergebnis gekommen ist, im Beschwerdefall sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 5 FrG verwirklicht worden.
Unbekämpft bleibt die Auffassung der Behörde, vorliegend sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht. In Anbetracht der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen sowie des Fehlens jeglichen Anhaltspunktes dafür, daß im Sinn des § 38 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. die durch das (ausländische) Landgericht Traunstein vorgenommene Verurteilung den Voraussetzungen des § 73 StGB nicht entspräche, besteht gegen diese Ansicht kein Einwand, erfolgte doch - worauf § 73 leg.cit. abstellt - die Verurteilung durch das besagte Gericht wegen eines auch in Österreich gerichtlich strafbaren Deliktes (vgl. § 105 Abs. 1 Z. 1 FrG), ohne daß ein Hinweis dafür gegeben wäre, daß diese Verurteilung nicht in einem den Grundsätzen des Art. 6 EMRK entsprechenden Verfahren ergangen ist.
1.2. Im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch das Schlepperunwesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1998, Zl. 98/18/0287) ist auch die Ansicht der belangten Behörde, es sei im Beschwerdefall die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, nicht rechtswidrig. Daß die versuchte Schlepperei - wie die Beschwerde unter Hinweis auf das Urteil des Landgerichtes Traunstein vorbringt - unprofessionell durchgeführt und gänzlich mißlungen sei, weiters sich der Beschwerdeführer daran in erster Linie aus Loyalität gegenüber seinem bisherigen Arbeitgeber beteiligt und dadurch auch keinen Vorteil erlangt habe und schließlich eine "gewinnsüchtige Zusammenarbeit mit internationaler Kriminalität" vom Landgericht Traunstein nur seinen Mittätern, nicht aber dem Beschwerdeführer vorgeworfen werde, vermag an dieser Beurteilung - entgegen der Beschwerde - nichts zu ändern, war doch dem Beschwerdeführer nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid bewußt, daß unter seiner Mitwirkung Personen nach Deutschland geschleppt werden und ihm dafür eine Entlohnung zustehen sollte.
2.1. Der Beschwerdeführer bekämpft die von der Behörde im Grunde des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG vorgenommene Beurteilung. Der Beschwerdeführer sei mit einer tschechischen Staatsangehörigen verheiratet, die seit 1992 in Österreich legal aufhältig sei; seine Ehefrau - die selbst nur geringfügig beschäftigt sei - würde durch das Aufenthaltsverbot ihren Erhalter verlieren. Unter Berücksichtigung der Einmaligkeit des Fehlverhaltens, der nicht gewinnsüchtigen Absicht und dem Abhängigkeitsverhältnis vom Arbeitgeber bestehe weiters eine mindere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers. Von daher hätte die Interessenabwägung im Grunde des § 37 FrG zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen müssen.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
In Anbetracht der Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers und seiner familiären Bindung hat die belangte Behörde zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Ebenso zutreffend ist die belangte Behörde aber zu dem Ergebnis gelangt, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde dieser Bestimmung dringend geboten ist, weil im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 EMRK die Notwendigkeit eines Aufenthaltsverbotes im besonders großen öffentlichen Interesse an der Bekämpfung des Schlepperunwesens begründet sei.
Wenn die belangte Behörde bei der nach § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Interessenabwägung die Ansicht vertreten hat, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung, so ist dies ebenfalls nicht als rechtsirrig zu erkennen, hat doch der Beschwerdeführer durch sein Fehlverhalten das besagte öffentliche Interesse, dem ein besonders hoher Stellenwert zukommt, erheblich beeinträchtigt. Was die Integration des Beschwerdeführers betrifft, so wurde von der belangten Behörde zutreffend auf die deutliche Beeinträchtigung der für eine Integration wesentlichen sozialen Komponente durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers hingewiesen. Weiters ist der Beschwerde entgegenzuhalten, daß Unterhaltszahlungen des Beschwerdeführers - allenfalls in einem verminderten Umfang - auch vom Ausland aus erbracht werden können.
3.1. Die Beschwerde wendet weiters ein, der angefochtene Bescheid würde die Bindungswirkung des von den Behörden der Bundesrepublik Deutschland ihrerseits über den Beschwerdeführer verhängten Aufenthaltsverbotes mißachten. Obwohl diese Behörden die Möglichkeit gehabt hätten, ein Aufenthaltsverbot "für das gesamte EU-Gebiet auszusprechen", hätten diese lediglich ein Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verhängt.
3.2. Auch dieser Einwand geht fehl, schließt doch das von den deutschen Behörden für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erlassene Aufenthaltsverbot die Erlassung des vorliegenden auf Österreich bezogenen Aufenthaltsverbotes nicht aus. Daher kann der Beschwerdeführer aus dem Umstand, daß die deutschen Behörden kein das Gebiet der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union - und damit auch Österreich - erfassendes Aufenthaltsverbot erlassen haben, ungeachtet der Frage, ob die gegenteilige Vorgangsweise zulässig wäre, nichts gewinnen. In diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführer noch auf Art. 5 Abs. 1 und 2 des Schengener Durchführungsübereinkommens, BGBl III Nr. 90/1997, (das nach der Kundmachung BGBl III Nr. 203/1997 seit dem 1. Dezember 1997 in Kraft steht) hinzuweisen, der an die Ausschreibung eines Drittausländers zur Einreiseverweigerung (vgl. dazu insbesondere Art. 94 und 96 leg. cit.), nicht aber an die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes durch einen Mitgliedstaat zu diesem Übereinkommen anknüpft.
4. Vor dem Hintergrund des Gesagten ist die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt, nicht zielführend.
5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Wien, am 3. Dezember 1998
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)