VwGH 98/16/0052

VwGH98/16/005228.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der P-AG in Oftringen/CH, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 16. September 1996, GZ. 192-6/96, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GmbHG §26 Abs1;
GmbHG §35;
GmbHG §6;
GmbHG §8 Abs2;
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §1 Abs3 Z1;
GrEStG 1955 §1 Abs3 Z2;
GrEStG 1955 §1 Abs3;
GrEStG 1955 §1 Abs4;
GrEStG 1955 §1;
GrEStG 1955 §8;
StruktVG 1969;
GmbHG §26 Abs1;
GmbHG §35;
GmbHG §6;
GmbHG §8 Abs2;
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §1 Abs3 Z1;
GrEStG 1955 §1 Abs3 Z2;
GrEStG 1955 §1 Abs3;
GrEStG 1955 §1 Abs4;
GrEStG 1955 §1;
GrEStG 1955 §8;
StruktVG 1969;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der außerordentlichen Generalversammlung der G-GmbH (Gesellschafter: Beschwerdeführerin und CALFINA Beteiligungsgesellschaft m.b.H.) wurden am 30. Juni 1987 folgende Beschlüsse gefaßt:

"Zu Punkt 1.) der Tagesordnung:

Das Stammkapital der Gesellschaft wird um S 2,784.000,-- ... durch Rückzahlung der gesamten Stammeinlage an die Gesellschafterin Firma "CALFINA"-Beteiligungsgesellschaft mbH mit dem Sitz in Wien herabgesetzt, wozu die Beschwerdeführerin ihre ausdrückliche Zustimmung erteilt. Demgemäß scheidet die CALFINA Beteiligungsgesellschaft m.b.H. als Gesellschafter der (G-GmbH) aus.

Zu Punkt 2.) der Tagesordnung:

Die (G-GmbH) wird mit der "CALFINA" Beteiligungsgesellschaft mbH durch Aufnahme dieser Gesellschaft auf der Grundlage der Bilanz zum 30...Juni 1987...

verschmolzen. Auf die Liquidation der übertragenden Gesellschaft wird einvernehmlich verzichtet. Die (G-GmbH), die die einzige Gesellschafterin der "CALFINA" Beteiligungsgesellschaft mbH ist, gibt anläßlich dieser Verschmelzung ihre das ganze Stammkapital der übertragenden Gesellschaft darstellende Stammeinlage von S 500.000,-- ... an dieser Gesellschaft auf. Die Verschmelzung wird somit ohne Erhöhung des Stammkapitals durchgeführt.

Der zwischen den beiden Gesellschaften errichtete Schmelzungsvertrag vom heutigen Tag wird genehmigt. Auf diese Verschmelzung finden die Bestimmungen des Art. I des Strukturverbesserungsgesetzes Anwendung.

Die Gewährung der dort enthaltenen Begünstigungen und Steuerbefreiungen ist Geschäftsgrundlage der Verschmelzung.

Zu Tagesordnungspunkt 3.):

Das Stammkapital der Gesellschaft wird um bar aufzubringende S 52,784.000,-- ... erhöht. Zur Übernahme der Kapitalerhöhung wird ausschließlich die (Beschwerdeführerin) zugelassen."

Mit Notariatsakt vom 30. Juni 1987 haben die G-GmbH und die CALFINA Beteiligungsgesellschaft mbH nachstehenden Verschmelzungsvertrag geschlossen:

I.

"Die "CALFINA" Beteiligungsgesellschaft mbH mit Sitz in Wien wird durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Verzicht auf die Liquidation mit der (G-GmbH) unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Strukturverbesserungsgesetzes verschmolzen.

Einer Erhöhung des Stammkapitals der aufnehmenden Gesellschaft zur Durchführung dieser Verschmelzung bedarf es gemäß Art. I Strukturverbesserungsgesetz nicht, da die Verschmelzung zur Gänze gegen die Aufgabe von Anteilen der (G-GmbH) an der "CALFINA" Beteiligungsgesellschaft mbH, deren einzige Gesellschafterin die aufnehmende Gesellschaft ist, erfolgt.

II.

Der Verschmelzung wird die Bilanz der übertragenden Gesellschaft zum 30.... Juni 1987... zugrunde gelegt. Mit diesem Tag wird die übertragende Gesellschaft aufgelöst und ihr Vermögen geht als Ganzes auf die aufnehmende Gesellschaft über."

Mit Bescheid vom 17. November 1995 schrieb das Finanzamt für Gebühren- und Verkehrsteuern in Klagenfurt der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung des § 1 Abs. 3 Z. 2 GrEStG 1955 8 % Grunderwerbsteuer in Höhe von

S 3,278.160,--, vor. Die Einheitswerte der Betriebsliegenschaften der G-GmbH zum 30. Juni 1987 wurden wie folgt festgestellt:

"EW AZ 046-2-0092/1 S 28,817.000,--

EW AZ 046-2-0481/6 S 9,670.000,--

EW AZ 046-2-0175/4 S 29.000,--

EW AZ 046-2-0577/1 S 2,461.000,--

Gesamteinheitswerte S 40,977.000,--"

Im Bescheid wurde auf die TZ. 14 des Prüfungsberichtes vom 3. November 1995 verwiesen. Danach sei durch die am 30. Juni 1987 beschlossene und durchgeführte Einziehung des S 2,784.000,-- betragenden Geschäftsanteiles der CALFINA Beteiligungsgesellschaft mbH durch Rückzahlung der Stammeinlage die Beschwerdeführerin als einzig verbleibende Gesellschafterin, zur Alleingesellschafterin der G-GmbH geworden und habe damit sämtliche Geschäftsanteile in ihrer Hand vereinigt. Dadurch sei der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Z. 2 GrEStG 1955 verwirklicht, weil eine Anteilsvereinigung auch dann eintrete, wenn Anteile durch Einziehung untergingen und die verbleibenden Anteile sich danach in einer Hand befänden.

In der Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die am 30. Juni 1987 abgeschlossenen Rechtsgeschäfte seien nicht isoliert, sondern nur als einheitliches Rechtsgeschäft zu betrachten. Die CALFINA Beteiligungsgesellschaft mbH und die G-GmbH seien inländische Kapitalgesellschaften, die nach § 96 GmbHG verschmolzen worden seien. Es sei der Verschmelzungstatbestand des § 1 Abs. 1 StruktVG verwirklicht und der Vorgang gemäß § 2 Satz 1 StruktVG von der Grunderwerbsteuer befreit.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte aus, eine Anteilsvereinigung trete auch dann ein, wenn Anteile durch Einziehung untergingen und die verbleibenden Anteile sich dadurch in einer Hand befänden. Die Vereinigung aller Anteile in einer Hand im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 2 GrEStG erfordere nicht, daß das Rechtsgeschäft, das die Anteilsvereinigung herbeiführe, zu einer Erhöhung des Anteilsbestandes bei demjenigen führen müsse, in dessen Hand alle Anteile vereinigt würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid sei nicht der Verschmelzungsvorgang nach Art I Strukturverbesserungsgesetz, sondern die durch die Einziehung der Gesellschaftsanteile der CALFINA Beteiligungsgesellschaft mbH bewirkte Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft in einer Hand erfaßt und der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Z. 2 GrEStG 1955 unterworfen worden. Es sei verfehlt, die am 30. Juni 1987 abgeschlossenen Rechtsgeschäfte - Kapitalherabsetzung mit gleichzeitig erfolgter Einziehung der Anteile der CALFINA Beteiligungsgesellschaft mbH und Verschmelzung der G-GmbH mit der CALFINA Beteiligungsgesellschaft mbH samt Kapitalerhöhung bei der G-GmbH - als einheitliches Rechtsgeschäft zu betrachten.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 30. September 1997, B 4739/96-3, ab und trat die Beschwerde mit Beschluß vom 16. Jänner 1998, B 4739/96-5, an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Grunderwerbsteuerfreiheit bzw. auf richtige Berechnung der Grunderwerbsteuer verletzt und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG 1955 unterliegt der Grunderwerbsteuer, wenn zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehört, auch ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung aller Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein oder in der Hand von Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 UStG (herrschende und abhängige Unternehmen) vereinigt werden würden. Dies gilt nach Z. 2 leg. cit. auch für die Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Z. 1 vorausgegangen ist.

Gemäß § 18 Abs. 1 GrEStG 1987 sind die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 auf alle Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 30. Juni 1987 verwirklicht werden.

Ob ein Erwerbsvorgang verwirklicht worden ist, ist ausschließlich nach den steuerrechtlichen Vorschriften, insbesondere nach § 1 GrEStG zu beurteilen (vgl. VwGH vom 30. Mai 1994, Zl. 89/16/0061).

Der Erwerbsvorgang ist verwirklicht, sobald die Parteien in der Außenwelt ihren Willen, ein Rechtsgeschäft abzuschließen, gehörig kundgetan haben, mögen seine Rechtswirkungen auch erst später eintreten (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, GrEStG 1987, Rz 74a zu § 1).

Ein Erwerbsvorgang wird bereits durch das Verpflichtungsgeschäft verwirklicht (vgl. hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1982, Zlen. 81/16/0239, 0241).

In der Generalversammlung vom 30. Juni 1987 wurde von den Beteiligten einvernehmlich beschlossen, daß die Beschwerdeführerin Alleingesellschafterin der G-GmbH wird. Damit wurde der Rechtsanspruch für die Vereinigung aller Anteile in der Hand der Beschwerdeführerin geschaffen. Der Erwerbsvorgang ist dann verwirklicht, wenn das auf einen Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden ist, wenn also die Beteiligten im Verhältnis zueinander gebunden sind, unabhängig davon, ob dieser Rechtsvorgang bereits die Steuer auslöst oder nicht (Fellner, a.a.O., Rz 3 zu § 18).

Der der Abgabenvorschreibung zugrunde liegende Erwerbsvorgang war somit durch den nach außen getretenen Geschäftswillen der Beteiligten am 30. Juni 1987 verwirklicht und es war - weil es sich nicht um einen nach dem 30. Juni 1987 verwirklichten Erwerbsvorgang handelte - für diesen Erwerbsvorgang das Grunderwerbsteuergesetz 1955 und nicht das Grunderwerbsteuergesetz 1987 anzuwenden. Auf die Eintragung dieses Generalversammlungsbeschlusses in das Firmenbuch kam es für die Verwirklichung des Erwerbsvorganges nicht an. Ferner ist eine mit der Anteilsvereinigung verbundene Kapitalherabsetzung oder allenfalls auch -erhöhung für die Frage, ob der Erwerbsvorgang einer Anteilsvereinigung vorliegt, ohne Bedeutung, weil die Anteilsvereinigung solches weder voraussetzt noch bedingt.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin handelt es sich bei der Vereinbarung der Anteilsvereinigung in der Hand der Beschwerdeführerin und der Vereinbarung der Verschmelzung der CALFINA Beteiligungsgesellschaft mbH durch Aufnahme in die G-GmbH nicht um ein grunderwerbsteuerrechtlich einheitlich zu beurteilendes Rechtsgeschäft. Die beschlossene Anteilsvereinigung war, wie bereits dargestellt, ein am 30. Juni 1987 verwirklichter Rechtsvorgang, der als Erwerbsvorgang die Steuerpflicht auslöste. Im Beschwerdefall wurde zwischen den Beteiligten jedoch nicht nur die Anteilsvereinigung, sondern auch die in Rede stehende Verschmelzung vereinbart. Damit war ein weiterer Erwerbsvorgang verwirklicht, der zwar zeitlich unmittelbar dem ersten folgte, jedoch einen anderen selbständigen Rechtsvorgang betraf. Jeder dieser Rechtsvorgänge konnte für sich allein und unabhängig vom anderen Rechtsvorgang bestehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes löst jeder Erwerbsvorgang selbständig die Grunderwerbsteuerpflicht aus (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/16/0139), er bildet einen in sich abgeschlossenen Steuerfall.

Demnach war die belangte Behörde im Recht, wenn sie von zwei getrennten Erwerbsvorgängen ausging und die Grunderwerbsteuerpflicht für den Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Z. 2 GrEStG 1955 für die Anteilsvereinigung vorschrieb. Der weitere Erwerbsvorgang, die Verschmelzung, war nicht Gegenstand dieser Abgabenvorschreibung.

Auf die Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG 1955 finden die Begünstigungsbestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes keine Anwendung. Weiters enthält § 1 Abs. 4 GrEStG 1955 keine Begünstigung eines Erwerbsvorganges nach § 1 Abs. 3 GrEStG 1955.

Die behaupteten Verfahrensrügen wurden in der Beschwerde nicht ausgeführt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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