VwGH 98/16/0029

VwGH98/16/002920.8.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der UH in S, vertreten durch Dr. Grosch & Partner, Rechtsanwälte in Kitzbühel, Rathausplatz 2/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 25. November 1997, Zl. RV/093-06/04/97, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1987 §17 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §17 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erwarb mit Kaufvertrag vom 26. Juni 1995 von Christian Bucher die Liegenschaft EZ 554, Grundbuch 82103 Going, um S 6,200.000,--, wofür ihr mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck (im folgenden kurz: Finanzamt) vom 14. Juli 1995 Grunderwerbsteuer vorgeschrieben wurde. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft; die Steuer wurde bezahlt.

Mit Eingabe vom 25. Oktober 1995 behauptete die Beschwerdeführerin, der Kaufvertrag vom 26. Juni 1995 sei aufgelöst worden und beantragte die Erstattung der bezahlten Grunderwerbsteuer. Dazu legte sie die Kopie einer Vereinbarung vor, die folgenden Text hat:

"VERTRAGSAUFLÖSUNG

Die Vertragsparteien und zwar

Herr Christian BUCHER, geb. am 27.3.1936, Baumeister,

A-6380 St. Johann i.T., Winkl-Sonnseite Nr. 3, und Frau Ursula HÄBICH, geb. am 8.5.1950, radiologisch-technische Assistentin, A-5023 Salzburg, Parscherstraße Nr. 36,

kommen darin überein, den vorstehenden Kaufvertrag vom 26.6.1995 einvernehmlich aufzulösen und das diesem Kaufvertrag zugrundeliegende Rechtsgeschäft rückgängig zu machen. Der Forderungsausgleich ist erfüllt; mit der Unterfertigung dieser Vertragsauflösungsklausel hat sohin kein Vertragsteil gegenüber dem anderen eine Forderung bzw. Gegenforderung.

Die Vertragsparteien erteilen dem öffentlichen Notar Dr. Christian Poley in Kitzbühel den Auftrag, im Sinne der Bestimmungen des § 11 des Grunderwerbsteuergesetzes den Antrag auf Nichtfestsetzung der Steuer zum Erwerbsvorgang beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Innsbruck zu stellen; im besonderen erteilt Ursula Häbich dem beurkundenden Notar Dr. Christian Poley in Kitzbühel die besondere Vollmacht und den Auftrag, die Erstattung der bezahlten Grunderwerbsteuer beim genannten Finanzamt zu beantragen und sich den erstatteten Grunderwerbsteuerbetrag von S 217.000,-- (Schilling zweihundertsiebzehntausend) auf sein Treuhandkonto Nr. 0000-000554 bei der Sparkasse der Stadt Kitzbühel anweisen zu lassen (Inkassovollmacht)."

Diese Vereinbarung wurde von der Beschwerdeführerin schon am 30. August 1995, von Christian Bucher hingegen erst am 11. September 1995 unterfertigt.

Am 30. April 1996 richtete das Finanzamt an Christian Bucher das Ersuchen, folgende drei Fragen zu beantworten:

In welcher Form erfolgte die Rückabwicklung der bisher geleisteten Zahlungen der ursprünglichen Käuferin?

Wurde die ursprüngliche Käuferin verpflichtet, einen neuen Käufer namhaft zu machen?

In welcher Höhe wurde eine Stornogebühr bezahlt? Wenn keine Stornogebühr zu entrichten war, wird um Mitteilung gebeten, warum von der Anforderung einer Stornogebühr Abstand genommen wurde."

Die Antworten erfolgten dergestalt, daß der Befragte jeweils handschriftlich folgendes angab:

Zur Frage eins: "Keine Rückabwicklung der Zahlung!";

zur Frage zwei: "Frau U. Häbich machte Frau Yvonne Spieß als

neuen Käufer namhaft.";

zur Frage drei: "Keine" und als Begründung "laut Punkt 2".

Daraufhin wies das Finanzamt den Rückerstattungsantrag mit Bescheid vom 11. Juni 1996 mit der Begründung ab, die Beschwerdeführerin hätte ihren Übereignungsanspruch an Yvonne Spieß abgetreten.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit dem Argument, sie habe den Vertrag aufgelöst, weil es ihr berufsbedingt nicht möglich gewesen sei (wie zuerst beabsichtigt), in Going einen ständigen Wohnsitz zu begründen. Mit Yvonne Spieß sei weder mündlich noch schriftlich die Abtretung des Übereignungsanspruchs vereinbart worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 16. Juli 1996 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung dazu vertrat das Finanzamt die Auffassung, der Verkäufer habe trotz der Vertragsauflösung nicht die Möglichkeit wiedererlangt, das Objekt frei zu verwerten, weil die Rückgängigmachung des Kaufvertrages im Hinblick auf den Verkauf an die im voraus bestimmte, von der ursprünglichen Käuferin namhaft gemachte neue Käuferin erfolgt sei und die von der Beschwerdeführerin erbrachte Leistung vom Verkäufer an sie nicht rückerstattet worden sei; es sei keine Rückabwicklung der Zahlung erfolgt.

Dagegen stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, wobei sie in der Sache behauptete, die Auflösung des Vertrages vom 26. Juni 1995 durch sie sei schon am 30. August 1995 erfolgt. Die neue Käuferin dagegen habe den Kaufvertrag erst am 7. September 1995 unterfertigt. Es könne daher kein Zweifel obwalten, daß der erste Kaufvertrag bereits am 30. August 1995 "geendet hat". Wörtlich führte die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang noch folgendes aus:

"Der Verkäufer hat am 11.9.1995 sowohl die Vertragsauflösung als auch den neuen Vertrag unterfertigt, sodaß hier Gleichzeitigkeit besteht.

Dies ist auch erklärbar, weil der Verkäufer die Liegenschaft nicht zurücknehmen wollte und naturgemäß die Vertragsauflösung nur gleichzeitig mit dem neuen Vertrag unterfertigt hat.

Das sagt aber noch nichts darüber aus, ob und in welcher Weise der Verkäufer die Möglichkeit wiedererlangt hat, das Objekt selbst zu verwerten.

Es ist auch unrichtig, wenn die Berufungsentscheidung feststellt, daß die von der ursprünglichen Käuferin namhaft gemachte neue Käuferin im voraus bestimmt wurde.

Feststeht, daß die neue Käuferin erst am 7.9.1995 den Vertrag unterfertigt hat, während die erste Käuferin den Vertrag bereits am 30.8.1995 aufgelöst hat."

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat die Auffassung, der Verkäufer habe durch die Auflösung des Vertrages vom 26. Juni 1995 nicht die freie Verfügung über das Objekt wiedererlangt, sondern sei die Vertragsauflösung nur erfolgt, um einen Verkauf an die von der Beschwerdeführerin namhaft gemachte zweite Käuferin zu ermöglichen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegenden Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Anerkennung der Rückgängigmachung des Kaufvertrages vom 26. Juni 1995 verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.

Nach ständiger hg. Judikatur setzt das Tatbestandsmerkmal der Rückgängigmachung voraus, daß der Verkäufer damit jene Verfügungsmacht wiedererlangt, die er vor Vertragsabschluß hatte. Eine solche Rückgängigmachung liegt dann nicht vor, wenn ein Vertrag zwar formell aber nur zu dem Zweck aufgehoben wird, gleichzeitig das Grundstück auf eine vom Käufer ausgesuchte andere Person zu übertragen (vgl. dazu die zahlreiche bei Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 14 und 15 referierte hg. Judikatur).

Gemessen daran ist das Schicksal der Beschwerde auf Basis der Feststellungen der belangten Behörde aber bereits entschieden. Danach hat der Verkäufer seine Zustimmung zur Vertragsaufhebung erst am 11. September 1995 und damit am gleichen Tag erteilt, an dem er mit der von der Beschwerdeführerin namhaft gemachten zweiten Käuferin kontrahierte. Überdies wurde vom Verkäufer an die Beschwerdeführerin der Kaufpreis nicht zurückbezahlt.

Wenn die Beschwerdeführerin dazu jetzt behauptet, es sei abgesehen von der schriftlichen Erklärung des Verkäufers vom 11. September 1995 zwischen diesem und ihr schon am 30. August 1995 (als sie die Vertragsauflösungsurkunde beglaubigt unterfertigte) eine Willenseinigung über die Vertragsauflösung vorgelegen gewesen, so handelt es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung, auf die nicht weiter eingegangen werden muß.

Ebenso stellt die erstmals jetzt in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, der Vertrag zwischen dem Verkäufer und Yvonne Spieß sei grundverkehrsbehördlich nicht genehmigt worden, eine unbeachtliche Neuerung dar, wozu noch kommt, daß die Frage der vollen Rechtsgültigkeit dieses Vertrages (und seiner Grunderwersteuerpflicht) mit der Frage der Rückgängigmachung des Kaufvertrages vom 26. Juni 1995 jedenfalls auf Basis des von der belangten Behörde zu beurteilenden Sachverhaltes nichts zu tun hat.

Was schließlich die Verfahrensrüge betrifft, die Fragebeantwortung durch Christian Bucher sei der Beschwerdeführerin nicht vorgehalten worden, übersieht die Beschwerde, daß der Beschwerdeführerin der Inhalt der Behauptungen des Verkäufers ohnehin im Wege der Begründung der Berufungsvorentscheidung zur Kenntnis gebracht wurde, was einem Vorhalt gleich kommt. Schon deshalb liegt die behauptete Verletzung des Parteiengehörs nicht vor. Dazu kommt noch, daß der behauptete Verfahrensmangel, selbst wenn er vorläge, nicht von Relevanz wäre, weil die Beschwerdeführerin den Umständen, sie habe Yvonne Spieß als neue Käuferin namhaft gemacht und eine Rückzahlung des Kaufpreises an sie sei nicht erfolgt, in der Sache selbst auch in der Beschwerde nicht konkret (z.B. im Wege einer anderen plausiblen Darstellung der Geschehnisse) entgegengetreten ist. Die bloße Behauptung, die Angaben des Christian Bucher seien unrichtig, reicht dafür nicht aus.

Sohin erweist sich der angefochtene Bescheid in jeder Richtung als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. Mit Rücksicht auf die durch die hg. Rechtsprechung bereits klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm mit der VO BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. August 1998

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