VwGH 98/14/0192

VwGH98/14/019215.12.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des R H in U, vertreten durch Dr. Robert Galler, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Künstlerhausgasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 4. September 1998, RV-044.95/1-6/1995, betreffend ua Umsatzsteuer und Alkoholabgabe für die Jahre 1990 und 1991 sowie Umsatzsteuer für das Jahr 1992, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1972 §1;
UStG 1972 §2;
UStG 1972 §1;
UStG 1972 §2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

In dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid gelangte die belangte Behörde auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Auswertung von im Zug von Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Unterlagen, Prüfung gemäß § 99 Abs 2 FinStrG, Einvernahme des Beschwerdeführers und von Zeugen, Einsichtnahme in Strafakten, Nachschauen bei Getränkelieferanten sowie Banken und Kreditkarteninstituten) unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren gemachten Ausführungen des Beschwerdeführers, der niemals Abgabenerklärungen eingereicht hatte, zur Ansicht, der Beschwerdeführer habe in den Jahren 1990 bis 1992 ein Bordell (idF: J-Bar) und ab dem Jahr 1992 ein weiteres Bordell (idF: Club M) betrieben, wobei ihm sowohl die Einnahmen aus der Prostitution als auch aus den verkauften Getränken und Zigaretten zugeflossen seien. Die belangte Behörde schloß sich hinsichtlich der zu schätzenden Bemessungsgrundlagen betreffend Umsatzsteuer und Alkoholabgabe den Ausführungen des Prüfers an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer behauptet, aus dem Betrieb der J-Bar seien ihm keine Einnahmen zugeflossen. Er habe das Haus, in dem die J-Bar betrieben worden sei, von AE gemietet und dieses Haus sodann an GK um monatlich 25.000 S untervermietet. Er habe somit mit dem Betrieb der J-Bar nichts zu tun. Richtig sei, daß er anläßlich der Hausdurchsuchung um 05.00 Uhr in der J-Bar anwesend gewesen sei. Aus dem Umstand, daß ihm die in der J-Bar tätigen Personen bekannt gewesen seien, könne nicht der Schluß gezogen werden, er habe das Bordell betrieben. Bei den auf seinem Konto gutgeschriebenen Kreditkartenabrechnungen handle es sich lediglich um Untermietzinsvorauszahlungen. Der Untermieter GK habe sich in Haft befunden, weswegen die Untermiete nicht habe überwiesen werden können. Es sei daher vereinbart worden, Kreditkartenabrechnungen sollten auf sein Konto gutgeschrieben werden. Am Ende jedes Monats sollte mit KG abgerechnet werden.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde hat hinsichtlich der Zurechnung der Einnahmen aus dem Betrieb der J-Bar folgendes ausgeführt: (Anmerkung: Die bisher verwendeten Bezeichnungen (zB Beschwerdeführer, J-Bar) werden trotz wörtlicher Wiedergabe weiter verwendet. Namen werden einheitlich mit zwei Buchstaben abgekürzt.)

"Im Zug der Hausdurchsuchung am 22. Juli 1993

wurde der Beschwerdeführer vor Ort angetroffen und machte um 05.30 Uhr ua folgende Aussage: 'Vor drei Jahren habe ich von AE die J-Bar gemietet. Ein Mietvertrag liegt vor. Anfangs zahlte ich monatlich 22.000 S Miete. Zu Beginn, als es noch ein Prostitutionsverbot gab, gab ich das ganze Haus an Mädchen, die meist zu viert waren, in Untermiete weiter. Sämtliche Betriebskosten wurden von den Mädchen getragen. Für den Getränkeeinkauf und die daraus erzielten Erlöse waren die Mädchen zuständig. Anfangs blieben mir monatlich als Nettoeinkommen von der J-Bar 7.500 S'. Der ebenfalls anwesende KL gab ua zu Protokoll:

'Ich mache hier praktisch das Mädchen für alles. Ich erhalte vom Beschwerdeführer hiefür keine Bezahlung. Ich übernehme die Getränke, wenn der Beschwerdeführer nicht anwesend ist. Das Geld für die Getränke hat mir der Beschwerdeführer treuhänderisch übergeben. Im Kaminzimmer werden den Kunden Getränke angeboten. Die Abrechnung mit den Damen führt ausschließlich der Beschwerdeführer durch.' Die gleichfalls anwesende MK führte aus, daß sie als Animierdame in der J-Bar beschäftigt sei. Sie erhalte Trinkprozente ausbezahlt. Hierüber sei mit dem Beschwerdeführer eine mündliche Vereinbarung getroffen worden. Sie kenne nur den Beschwerdeführer, der hier auch die Geschäfte überblicke. Anläßlich der Einvernahme beim LG Wels am 1. September 1995 gab der Beschwerdeführer hingegen ua an, daß er die J-Bar einige Monate nach der Anmietung an GK untervermietet habe. Im Zug der fortgesetzten Einvernahme am 21. November 1997 führte der Beschwerdeführer aus, daß an GK die Liegenschaft bis Dezember 1996 untervermietet wurde. GK selbst sei etwa 70 % der Zeit, in der das Untermietverhältnis bestanden habe, in Haft gewesen. Während seiner Abwesenheit hätten verschiedene Bekannte, insbesondere KL und NK die Geschäfte geführt. Diese Angaben des Beschwerdeführer wurden durch GK im wesentlichen bestätigt. Anläßlich der Zeugenvernehmung in der Justizanstalt Garsten am 10. Dezember 1997 gab GK an, daß er das Geschäft führte, während der Beschwerdeführer weder etwas mit der Geschäftsführung noch sonst etwas mit der J-Bar zu tun hatte. Er habe ihm lediglich die Miete bezahlt. Der Beschwerdeführer habe sich öfter in der J-Bar aufgehalten, hätte aber mit der Geldgebarung und den Einnahmen nichts zu tun gehabt.

Für die Zurechnung der Einnahmen ist nach Ansicht des Senates entscheidungswesentlich, ob das behauptete Untermietverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und GK tatsächlich bestanden hat, oder ob das diesbezügliche Vorbringen eine bloße Schutzbehauptung darstellt, welche dem tatsächlichen Geschehensablauf nicht entspricht. Dabei handelt es sich um eine Tatfrage, die auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösen ist. Zwischen den Vertragspartnern gab es nur eine mündliche Vereinbarung. Eine fehlende Schriftform steht einer Anerkennung eines Bestandbetrages grundsätzlich nicht entgegen, wenn auf andere Art belegt werden kann, daß der Mietvertrag in einer Zweifel ausschließenden Weise nach außen hin zum Ausdruck gekommen ist. Der Behörde ist der Bestand und die effektive Durchführung von Vereinbarungen nachzuweisen bzw glaubhaft zu machen. Anläßlich der Hausdurchsuchung wurde von den Anwesenden der Name des Untermieters und somit auch des Betreibers der J-Bar, GK, nicht erwähnt. Der Beschwerdeführer gab an, die Zimmer an die Mädchen weiterzuvermieten. Aus den Aussagen von KL und NK kann nach Ansicht des Senates jedenfalls der Schluß gezogen werden, daß sich der Beschwerdeführer nicht zufällig um 05.30 Uhr in der J-Bar aufgehalten hat. Auch wenn GK zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung in Haft war, verwundert, daß keiner der Befragten auf die gestellte Frage, 'wer ist der Chef des Lokales?', den Namen GK als Geschäftsführer bzw als Untermieter erwähnt hat. Die Untervermietung an GK tauchte erst im Zug einer späteren Einvernahme des Beschwerdeführers sowie in der Berufungsschrift auf. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß der ersten in einem behördlichen Verfahren gegebenen Sachverhaltsdarstellung höhere Glaubwürdigkeit als einer späteren Darstellung beizumessen ist. Der Name des Untermieters bzw Geschäftsführers der J-Bar, GK, wurde auch anläßlich einer weiteren Zeugeneinvernahme am 8. September 1994 von KL (Hausmeister) und MK (Animierdame) nicht genannt. Nach Meinung des Senates widerspricht es jeglicher Erfahrung im Wirtschaftsleben, als Mitarbeiter den Namen des Chefs bzw des Verantwortlichen - selbst wenn dieser im Zeitpunkt der Auskunftserteilung eine Haftstrafe verbüßt - nicht zu kennen. Weiters spricht auch die behauptete Miethöhe der J-Bar - diese betrug nach einer Aussage des GK monatlich 25.000 S - gegen die Darstellung des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer mietete nach Angaben des Grundstückseigentümers die Liegenschaft um 22.500 S monatlich. Dem Senat erscheint es wenig glaubhaft, daß sich der Beschwerdeführer lediglich mit einer Bruttospanne von 2.500 S zufriedengegeben hätte. Aus den bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Unterlagen ergeben sich überdies keine Hinweise, daß GK jemals als Geschäftsführer bzw als Untermieter der J-Bar nach außen hin in Erscheinung getreten ist. Die Ermittlungen ergaben, daß Getränkelieferungen der L-AG für den Zeitraum 1990 bis 1993 stets an den Beschwerdeführer, J-Bar, durchgeführt wurden. Unmaßgebend ist in diesem Zusammenhang, daß der Beschwerdeführer die Getränkelieferungen nicht persönlich übernommen hat. Wenig glaubwürdig erscheint dem Senat die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, sein Name stehe nur auf der Getränkelieferung, da er in der Inventarliste (von AE zu Beginn der Vermietung) die Übernahme der Kühlschränke, die im Eigentum der L-AG stehen, bestätigen mußte. Es entspricht vielmehr den Erfahrungen im Wirtschaftsleben, daß Lieferanten wissen, mit wem sie Geschäfte tätigen und abschließen, insbesondere wenn sich eine regelmäßige Geschäftsbeziehung über einen längeren Zeitraum erstreckt. Im Zug der Ermittlungen wurde zudem festgestellt, daß die für die J-Bar erfolgten Kreditkartenabrechnungen auf Konten des Beschwerdeführers gutgeschrieben wurden. In der Berufungsschrift wurde eingewendet, daß es sich dabei ausschließlich um Mietvorauszahlungen an den Beschwerdeführer handle, da das Geschäft des Untermieters durch ständige Polizeikontrollen nachgelassen habe und der Untermieter darauf in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei. In der Gegenäußerung zur Stellungnahme des Prüfers wurde durch den Berufungswerber noch ergänzt, daß die Kreditkarten weiter auf seinem Konto belassen wurden, bis die Miete und der Strom eingezahlt worden seien, um ein aufwendiges Umstellen zu vermeiden, da ohnehin nur ein mündlicher Mietvertrag bestanden habe. Auf Grund der Ermittlungen bei den Kreditkarteninstituten wurde festgestellt, daß der Untermieter und Geschäftsführer der J-Bar überhaupt nicht als Vertragspartner aufscheint. Die Verträge mit Visa, JCB und Eurocard schloß der Beschwerdeführer selbst ab. Alle Abrechnungen wurden auf dem Bankkonto des Beschwerdeführers gutgeschrieben. Eine derartige Konstellation widerspricht nach Ansicht des Senates der im Wirtschaftsleben geübten Praxis. Eine Abrechnung als Mietvorauszahlung auf dem Konto des Beschwerdeführers wäre allenfalls glaubwürdig, wenn der Untermieter (GK) als Vertragspartner der Kreditkarteninstitute diesen gegenüber seine Forderungen an den Beschwerdeführer zediert hätte. Der Senat geht davon aus, daß die Gutschriften auf dem Bankkonto des Beschwerdeführers aus den Kreditkartenabrechnungen als Einnahmen aus den Betrieb der J-Bar und nicht als Mietvorauszahlungen zu erfassen sind. Zusammenfassend nimmt der Senat daher unter Berücksichtigung aller Umstände als erwiesen an, daß das Untermietverhältnis in der behaupteten Form nie bestanden hat, sondern es sich dabei lediglich um eine zwischen dem Beschwerdeführer und GK abgesprochene Schutzbehauptung handelt."

Der Beschwerdeführer bekämpft die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden Schlüssigkeitsprüfung (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 548 f) nicht finden, die Beweiswürdigung der belangten Behörde wäre hinsichtlich der Zurechnung der Einnahmen aus dem Betrieb der J-Bar an den Beschwerdeführer unschlüssig. Die belangte Behörde konnte auf Grund der dargestellten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ohne gegen Denkgesetze zu verstoßen davon ausgehen, der Beschwerdeführer habe in den Jahren 1990 bis 1992 die J-Bar betrieben, wobei ihm alle aus der Prostitution, den Getränken und den Zigaretten erzielten Einnahmen zuzurechnen seien.

Unter Wiederholung seiner Ausführungen im Verwaltungsverfahren behauptet der Beschwerdeführer, aus dem Betrieb des Club M seien ihm ebenfalls keine Einnahmen zugeflossen. Er habe das Haus, in dem der Club M betrieben worden sei, an den Verein zur Förderung einer positiven Lebenseinstellung in Oberösterreich vermietet. Dieser Verein habe dort Pärchenveranstaltungen abgehalten, wodurch der Aufwand für das Vereinshaus gedeckt werden sollte. Er habe somit mit dem Betrieb des Club M nichts zu tun. Ebenso wie bei der J-Bar handle es sich bei den auf seinem Konto gutgeschriebenen Kreditkartenabrechnungen um Mietzinsvorauszahlungen. Diese Vorgangsweise habe sich bereits bei der J-Bar bewährt, weswegen sie beibehalten worden sei.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wie die belangte Behörde unwidersprochen festgestellt hat, sei der Verein zur Förderung einer positiven Lebenseinstellung in Oberösterreich erst am 28. Mai 1993 gegründet worden. Es gebe auch keinen Hinweis, daß der Verein schon vor seiner konstituierenden Sitzung existiert habe. Die Gründungskosten für den Verein seien vom Beschwerdeführer beglichen worden. Die belangte Behörde konnte daher ungeachtet des sonstigen Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens betreffend den Betrieb des Club M ohne gegen Denkgesetze zu verstoßen davon ausgehen, das im Jahr 1992 behauptete Bestandverhältnis sei nicht vorgelegen, vielmehr habe der Beschwerdeführer den Club M betrieben. Es seien daher dem Beschwerdeführer alle aus der Prostitution, den Getränken und den Zigaretten erzielten Einnahmen zuzurechnen.

Der Beschwerdeführer rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften, führt jedoch nicht aus, welche Ermittlungen vermißt werden, wodurch ein im Spruch anders lautender Bescheid hätte ergehen können. Die im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung der belangten Behörde gerügte Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt - wie bereits ausgeführt - nicht vor.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG durch einen nach § 12 Abs 1 Z 2 leg cit gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 1998

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