VwGH 98/12/0150

VwGH98/12/01502.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des Mag. A in G, vertreten durch Dr. Harold Schmid und Mag. Helmut Schmid, Rechtsanwälte in Graz, Kalchberggasse 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 21. April 1998, Zl. 24115/3-III 5/98, betreffend Kündigung eines provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses als Richteramtsanwärter, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §10 Abs4 Z4 impl;
BDG 1979 §43 Abs2 impl;
RDG §57 Abs3;
RDG §7 Abs1;
RDG §7 Abs2 Z6;
RDG §7 Abs2;
RDG §7 Abs3;
VwRallg;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §10 Abs4 Z4 impl;
BDG 1979 §43 Abs2 impl;
RDG §57 Abs3;
RDG §7 Abs1;
RDG §7 Abs2 Z6;
RDG §7 Abs2;
RDG §7 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund der Beschwerde und des vorgelegten angefochtenen Bescheides von Folgendem aus:

Der Beschwerdeführer stand seit 1. August 1994 bis zur mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Kündigung zum 30. April 1998 in einem provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Richteramtsanwärter im Sprengel des Oberlandesgerichtes Graz.

Mit Bescheid vom 28. Jänner 1998, dem Beschwerdeführer zugestellt am 29. Jänner 1998, kündigte der Präsident des Oberlandesgerichtes Graz dieses Dienstverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Berufungsgericht vom 8. Jänner 1998 des Vergehens der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde gemäß § 289 StGB schuldig erkannt und hiefür in Anwendung des § 37 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen (der Tagessatz zu S 400,--), im Uneinbringlichkeitsfall zu 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden. Auf Grund dieses Urteiles stehe fest, daß der Beschwerdeführer eine strafbare Handlung gegen die Rechtspflege begangen habe. Gemäß § 57 Abs. 3 RDG, welcher auch auf Richteramtsanwärter anzuwenden sei, hätten sich Richter im und außer Dienst gleichermaßen vorwurfsfrei zu benehmen und alles zu unterlassen, was das Vertrauen in die richterlichen Amtshandlungen oder die Achtung vor dem Richteramt schmälern könnte. Durch die rechtskräftige Verurteilung wegen falscher Beweisaussage stehe fest, daß der Beschwerdeführer in nicht duldbarer Weise gegen die Rechtspflege gehandelt habe; die künftige Ausübung einer richterlichen Tätigkeit durch ihn komme daher nicht mehr in Betracht. Gemäß § 7 RDG sei daher das provisorische Dienstverhältnis des Beschwerdeführers unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von in diesem Fall drei Monaten zu kündigen gewesen.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid nicht Folge gegeben. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird nach zusammengefaßter Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides vorerst zur Berufung des Beschwerdeführers ausgeführt, der Beschwerdeführer begründe seine Berufung im wesentlichen damit, daß eine "chronologisch-inhaltliche Betrachtung" des seiner Verurteilung im gerichtlichen Strafverfahren zugrunde liegenden Verwaltungsstrafverfahrens zumindest die subjektive Vorwerfbarkeit seines Verhaltens erheblich in Frage stelle; er schildere aus seiner Sicht den Gang des von der Bundespolizeidirektion Graz gegen seine Lebensgefährtin R. H. geführten Verwaltungsstrafverfahrens, in dem er als Zeuge ausgesagt habe. Weiters habe er geltend gemacht, anläßlich seiner Einvernahme als Zeuge am 29. September 1995 bei der Bundespolizeidirektion Graz ausdrücklich darauf hingewiesen zu haben, daß es sich bei seinen Angaben um eine Rekonstruktion handle, was vom damals einvernehmenden Polizeibeamten später vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Steiermark bestätigt worden sei. Der Beschwerdeführer weise in seiner Berufung auf das Ergebnis des erstinstanzlichen Strafverfahrens beim Bezirksgericht für Strafsachen Graz hin, in dem er freigesprochen worden sei, und versuche, die Beweiswürdigung des - rechtskräftigen - Urteil des Berufungsgerichtes in Zweifel zu ziehen. Zu dem im erstinstanzlichen Bescheid angezogenen Kündigungsgrund des pflichtwidrigen Verhaltens außer Dienst führe der Beschwerdeführer aus, nur das Disziplinargericht für Richter habe zu beurteilen, ob er ein solches Fehlverhalten gesetzt habe. Der Beschwerdeführer strebe in seiner Berufung weiters abschließend eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit zwischen der Kündigung seines Dienstverhältnisses und seiner Pflichtverletzung an, wobei er hinsichtlich der Wertung der Pflichtversetzung die Auffassung vertrete, das Standesansehen der Richter bestimme sich nach der Funktion des jeweiligen Organwalters.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird dann folgender Sachverhalt als feststehend bezeichnet:

Der Beschwerdeführer sei mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 27. Juli 1994 mit Wirksamkeit vom 1. August 1994 auf die Planstelle eines Richteramtsanwärters für den Sprengel des Oberlandesgerichtes Graz ernannt worden. Am 12., 14. und 16. Mai 1997 habe er beim Oberlandesgericht Graz die Richteramtsprüfung mit sehr gutem Erfolg abgelegt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Berufungsgericht vom 8. Jänner 1998 sei der Berufung der Staatsanwaltschaft Graz gegen das Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 15. Juli 1997, wegen des Ausspruches über die Schuld Folge gegeben, das Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz zur Gänze aufgehoben und der Beschwerdeführer für schuldig erkannt worden, am 29. September 1995 in Graz im Verwaltungsstrafverfahren der Bundespolizeidirektion Graz gegen R. H., somit vor einer Verwaltungsbehörde als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung falsch ausgesagt zu haben. Das Berufungsgericht habe festgestellt, daß der Beschwerdeführer hiedurch das Vergehen der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde gemäß § 289 StGB begangen habe und habe ihn hiefür in Anwendung des § 37 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt, im Uneinbringlichkeitsfall zu 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes sei gemäß § 19 Abs. 2 StGB mit S 400,-- bestimmt worden. Nach den detaillierten Entscheidungsgründen im Urteil des Landesgerichtes habe der Beschwerdeführer falsche Angaben als Zeuge gemacht, weil es ihm auf diese Weise möglich erschienen sei, den Hauptbelastungszeugen in diesem Verwaltungsverfahren, Dipl.-Ing. Dr. S. A., als unglaubwürdig darzustellen und die gegen seine Lebensgefährtin erhobenen Vorwürfe zu entkräften. Der Beschwerdeführer habe sich damit abgefunden, daß durch seine falsche Zeugenaussage der Zeuge Dipl.-Ing. Dr. S. A. mit dem Vorwurf der falschen Zeugenaussage oder Verleumdung hätte konfrontiert sein können.

Nach Wiedergabe der maßgebenden Bestimmungen des § 7 RDG führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, durch das rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz stehe fest, daß der Beschwerdeführer als Zeuge vor einer Verwaltungsbehörde bei seiner förmlichen Vernehmung falsch ausgesagt und damit eine strafbare Handlung gegen die Rechtspflege begangen habe. Das rechtskräftige Erkenntnis des Landesgerichtes für Strafsachen Graz sei für die Dienstbehörde bindend. Entsprechend dem Prinzip der Rechtsordnung sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, daß eine Mißachtung gerichtlicher Entscheidungen durch eine Verwaltungsbehörde im Ergebnis auf eine Anmaßung fremder Entscheidungskompetenzen und damit auf eine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung (Art. 94 B-VG) hinauslaufen würde, sei von einer wechselseitigen Bindung von Gerichten und Verwaltungsbehörden an präjudizielle Entscheidungen der anderen Staatsgewalt auszugehen. Es sei offenkundig, daß eine falsche Zeugenaussage durch einen Richteramtsanwärter ein gravierendes pflichtwidriges Verhalten außer Dienst darstelle. Die Wahrheitsfindung durch Zeugenaussagen gehöre zum Kernbereich, auf dem die Rechtsprechung aufbaue. Aufgabe und Pflicht des Zeugen sei es, ausnahmslos die Wahrheit zu sagen. Die staatliche Rechtspflege könne nur dann funktionieren, wenn Zeugen wahrheitsgemäß aussagten. Falsche Beweisaussagen von Zeugen stünden daher unter einer entsprechenden strafgesetzlichen Sanktionsdrohung. Wenn sich nun ein Richteramtsanwärter, der gemäß § 57 Abs. 3 erster Satz RDG in Verbindung mit Art. III Abs. 2 des genannten Gesetzes unter anderem zu vorwurfsfreiem Verhalten im und außer Dienst verpflichtet sei und alles zu unterlassen habe, was das Vertrauen in die richterlichen Amtshandlungen oder die Achtung vor dem Richterstand schmälern könnte, eines derart gravierenden Deliktes gegen die Rechtspflege schuldig gemacht habe, sei die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses mit ihm unvertretbar. Ein solches Verhalten begründe schwerwiegende Zweifel an der unverbrüchlichen Gesetzestreue sowie der Wahrheitsliebe des Richteramtsanwärters, somit an persönlichen Eigenschaften, die sowohl der Dienstgeber als auch die Öffentlichkeit von einem Organ der Rechtsprechung erwarteten. Zudem nehme ein solches Verhalten ihm auch die moralische Autorität, von (anderen) Zeugen wahrheitsgemäße Aussagen einzufordern, was jegliche Rechtsprechungstätigkeit unmöglich mache. Der Präsident des Oberlandesgerichtes Graz habe daher in pflichtgemäßer Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens zu Recht die Kündigung des mit Wirksamkeit vom 1. August 1994 begründeten provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers zur Republik Österreich ausgesprochen.

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß es nicht der Feststellung des Vorliegens einer Pflichtveretzung durch das Disziplinargericht für Richter bedürfe, um eine Kündigung gegen Richteramtsanwärter auszusprechen. Das Richterdienstgesetz sehe im

1. Teil, I. Abschnitt, die Kündigung des provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses eines Richteramtsanwärters aus bestimmten, taxativ aufgezählten Gründen vor. Diese Kündigungsmöglichkeit stehe in keinem Zusammenhang mit dem im

2. Teil, I. Abschnitt (§§ 101 ff RDG), geregelten Disziplinarrecht. Bei gravierenden Pflichtverletzungen durch Richteramtsanwärter, die eine Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses untragbar machten, sei daher primär die Kündigung des Dienstverhältnisses auszusprechen. Mit den Mitteln des Disziplinarrechtes sei gegen einen Richteramtsanwärter dagegen nur dann vorzugehen, wenn es (nur) erforderlich scheine, ihn an seine Pflichten zu gemahnen und anzuhalten, diese Pflichten künftig zuverlässig zu erfüllen. Es bedürfe wohl keiner Erwähnung, daß die richterlichen Standespflichten alle richterlichen Organwalter treffen. Die "Allgemeinen Pflichten" des Richters, zu denen unter anderem ein vorwurfsfreies Verhalten auch außer Dienst zählten, seien im § 57 RDG geregelt; diese Bestimmung gelte gemäß Art. III Abs. 2 RDG auch für Richteramtsanwärter. Eine Unterscheidung des Grades einer Pflichtverletzung je nach Funktion eines richterlichen Organwalters sei dem Richterdienstgesetz fremd.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht als Beschwerdepunkt geltend:

"a) Wahrung der Verfahrensrechte

  1. b) Fällung einer Sachentscheidung, die sein Dienstverhältnis aufrecht erhält
  2. c) Abhaltung eines Verfahrens - insbesondere eines Disziplinarverfahrens -

    vor der zuständigen Behörde - also dem Disziplinargericht -."

Nach § 3 Abs. 1 des Richterdienstgesetzes, BGBl. Nr. 305/1961, ist das Dienstverhältnis zunächst provisorisch und wird nach vierjähriger Dauer und bestandener Richteramtsprüfung auf Ansuchen des Richteramtsanwärters definitiv.

Das Dienstverhältnis kann nach § 7 Abs. 1 RDG in der Fassung BGBl. Nr. 230/1988 vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes mit Bescheid zum Ende eines jeden Kalendermonates gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt während des ersten Halbjahres des richterlichen Vorbereitungsdienstes ein Monat, danach zwei Monate und nach dem zweiten Jahr des richterlichen Vorbereitungsdienstes drei Monate. Bei der Berechnung der Dauer des richterlichen Vorbereitungsdienstes ist § 13 sinngemäß anzuwenden. Kündigungsgründe sind nach Abs. 2 der genannten Bestimmung:

.....

6. pflichtwidriges Verhalten im oder außer Dienst.

Die Kündigung wegen pflichtwidrigen Verhaltens ist gemäß Abs. 3 der genannten Bestimmung (Stammfassung) während eines Disziplinarverfahrens über dieses Verhalten unzulässig. Die Kündigung ist auch unzulässig, wenn das pflichtwidrige Verhalten Gegenstand eines Disziplinarverfahrens gewesen ist, das durch Einstellung oder Freispruch geendet hat.

Gemäß § 57 Abs. 3 RDG hat der Richter sich im und außer Dienst vorwurfsfrei zu benehmen und alles zu unterlassen, was das Vertrauen in die richterlichen Amtshandlungen oder die Achtung vor dem Richterstande schmälern könnte. Es ist ihm verboten, einer ausländischen, politische Zwecke verfolgenden Gesellschaft anzugehören.

Die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, der Kündigungsgrund des pflichtwidrigen Verhaltens setze die Durchführung eines Disziplinarverfahrens voraus, ist durch das Gesetz nicht gedeckt. Nach dem klaren Wortlaut des § 7 Abs. 3 RDG ist nur die Kündigung wegen pflichtwidrigen Verhaltens während eines Disziplinarverfahrens über dieses Verhalten oder bei Einstellung oder Freispruch des Disziplinarverfahrens unzulässig. Daraus folgt nicht, daß die Dienstbehörde mit einer Kündigung aus diesem Grund erst nach Befassung des Disziplinargerichtes vorgehen darf (vgl. auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum § 10 BDG 1979, dem aber eine dem § 7 Abs. 3 RDG entsprechende Regelung fremd ist, beispielsweise Erkenntnisse vom 27. Oktober 1986, Zl. 85/12/0230, oder vom 18. September 1996, Zl. 96/12/0235). Da - auch ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers - die Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 3 RDG im Beschwerdefall jedenfalls nicht gegeben war, ist die Zuständigkeit der Dienstbehörde erster Instanz und in weiterer Folge der belangten Behörde gegeben gewesen.

Ausgehend von dieser Zuständigkeit der belangten Behörde zur Sachentscheidung kann dahingestellt bleiben, ob das Anbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Einleitung eines Disziplinarverfahrens von der belangten Behörde mangels einer diesbezüglichen Zuständigkeit ihrerseits nicht im Spruch zurückzuweisen gewesen wäre, weil der Beschwerdeführer jedenfalls kein Recht auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens hatte und durch die abweisende Entscheidung der belangten Behörde jedenfalls nicht in subjektiven Rechten verletzt wurde.

Die Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses verfolgt - so wie auch im Beamtendienstrecht - den Zweck, den als Richteramtsanwärter Aufgenommenen auf seine körperliche, geistige und charakterliche Eignung für den Dienst zu prüfen bzw. zu erproben und nur solche Personen in ein definitives Dienstverhältnis gelangen zu lassen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen - dann unkündbaren - definitiven öffentlich-rechtlichen Bediensteten, insbesondere in Anbetracht seiner Verwendung, gestellt werden müssen. Das provisorische Dienstverhältnis unterscheidet sich vom definitiven Dienstverhältnis insbesondere dadurch, daß ersteres durch einseitige Kündigungserklärung durch den Dienstgeber aufgelöst werden kann. Diese Willenserklärung des Dienstgebers hat in Form eines schriftlichen Bescheides zu erfolgen (vgl. auch § 9 Abs. 1 DVG) und ist empfangsbedürftig. Zuständig zur Kündigung ist der Präsident des Oberlandesgerichtes als nachgeordnete Dienstbehörde (§ 7 Abs. 1 RDG und § 1 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 2 Z. 6 DVV).

Die Angabe (wenigstens) eines Kündigungsgrundes ist zwingend; die Kündigungsgründe sind im § 7 Abs. 2 RDG taxativ aufgezählt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur diesbezüglich vergleichbaren Regelung des § 10 BDG 1979, und zwar insbesondere zum Kündigungsgrund des pflichtwidrigen Verhaltens, mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß nicht jede einem in einem provisorischen Dienstverhältnis stehenden Beamten unterlaufene Verletzung von Dienstpflichten schon diesen Kündigungsgrund verwirklicht. Das Vorliegen eines als Kündigungsgrund relevanten pflichtwidrigen Verhaltens wird insbesondere dann nicht der Fall sein, wenn die nur zu einem bestimmten Zeitpunkt unterlaufene Pflichtverletzung geringfügig ist, auf bloßer Nachlässigkeit beruht, einmaliger Art war und keine Wiederholung befürchten läßt; wenn sie also ihrer Schwere nach in keinem Verhältnis zur Schwere der Rechtsfolge in Form einer Kündigung steht (vgl. beginnend mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1981, Zl. 81/12/0184, insbesondere Erkenntnisse vom 5. März 1987, Zl. 86/12/0168, vom 28. Mai 1997, Zl. 97/12/0066, und vom 19. November 1997, Zl. 95/12/0209).

Diese Überlegungen gelten auch für Richteramtsanwärter unter Miteinbeziehung des § 7 Abs. 3 RDG. Die Normierung der Unzulässigkeit der Kündigung, wenn das pflichtwidrige Verhalten (noch) Gegenstand eines Disziplinarverfahrens ist oder gewesen ist, das durch Einstellung oder Freispruch geendet hat, bedeutet - wie bereits vorher ausgeführt - nämlich nicht, daß bei Vorliegen eines pflichtwidrigen Verhaltens eines provisorischen Beamten immer ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist, aber doch, daß bei der Beurteilung des pflichtwidrigen Verhaltens als Kündigungsgrund eine dadurch erkennbare Erheblichkeitsgrenze besteht, weil eben bei Einstellung oder Freispruch in Disziplinarverfahren die Kündigung als unzulässig bezeichnet wird.

Im Geltungsberich des Richterdienstgesetzes, das sich in der Frage der Kündigung wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens nur durch die Regelung des § 7 Abs. 3 RDG vom BDG 1979 unterscheidet, ergibt sich in der Frage der Bindungswirkung der Dienstbehörde in diesem Zusammenhang an rechtskräftige strafgerichtliche oder verwaltungsstrafrechtliche Verurteilungen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keine andere Sicht als im BDG 1979. Es besteht demnach auch im RDG - so wie im BDG-Bereich - eine Bindungswirkung der Dienstbehörde an die rechtskräftigen strafgerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verurteilungen zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen im Kündigungsverfahren (vgl. insbesondere Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1997, Zl. 95/12/0209).

Ausgehend vom Zweck des provisorischen Dienstverhältnisses, nämlich der Eignungsüberprüfung des provisorischen Beamten für seine Verwendung, ist die Kündigung dieses Dienstverhältnisses aus Gründen zulässig, die gar nicht im Verschulden des Betroffenen gelegen sein müssen (vgl. § 7 Abs. 2 Z. 1 oder Z. 3 RDG). Bei Heranziehung des Kündigungsgrundes des pflichtwidrigen Verhaltens ist in besonderer Weise mitzuberücksichtigen, inwieweit der provisorische Beamte gerade gegen die Rechtsgüter verstoßen hat, deren Schutz ihm anvertraut ist und inwieweit durch sein Verhalten das Vertrauen innerhalb des Dienstbetriebes bzw. das Vertrauen der Allgemeinheit in die Diensterfüllung (vgl. § 57 Abs. 3 RDG) gestört und dadurch die Belassung im Dienst geradezu untragbar geworden ist. Umstände, die in diesem Sinne zu einer disziplinären Entlassung führen könnten, müssen - ausgehend vom Sinn des provisorischen Dienstverhältnisses - im Kündigungsverfahren jedenfalls zur Auflösung des Dienstverhältnisses führen.

Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Überlegungen ist in der Sache selbst im Beschwerdefall davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Berufungsgericht vom 8. Jänner 1998 schuldig erkannt wurde, am 29. September 1995 in einem näher bezeichneten Verwaltungsstrafverfahren vor einer Verwaltungsbehörde als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung falsch ausgesagt zu haben, und hiefür zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen unbedingt verurteilt wurde. Diese der rechtskräftigen Verurteilung rechtlich bindend zugrunde liegende falsche Zeugenaussage des Beschwerdeführers ist im zeitlichen Rahmen seines provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses erfolgt. Wie die belangte Behörde auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend ausführt, stellt eine falsche Zeugenaussage durch einen Richteramtsanwärter ein gravierendes pflichtwidriges Verhalten außer Dienst dar, weil die Wahrheitsfindung durch Zeugenaussagen zum Kernbereich, auf dem die Rechtsprechung aufbaut, gehört. Wenn ein Richteramtsanwärter entgegen der ihn treffenden Verpflichtung zum vorwurfsfreien Verhalten im und außer Dienst sich eines derart gravierenden Deliktes gegen die Rechtspflege schuldig gemacht hat, ist die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses mit ihm unvertretbar, weil ein solches Verhalten schwerwiegende Zweifel an der Gesetzestreue sowie an der Bindung an die Wahrheit, somit an persönlichen Eigenschaften, die sowohl der Dienstgeber als auch die Öffentlichkeit von einem Organ der Rechtsprechung erwarten, begründet.

Keinesfalls kann ein derartiges Verhalten im Sinne der vorher wiedergegebenen Rechtsprechung als eine bloß geringfügige, auf Nachlässigkeit beruhende Pflichtverletzung gewertet werden. Selbst wenn dem Beschwerdeführer zuzubilligen ist, daß er sich wegen seiner persönlichen Nahebeziehung zu R. H. im Verwaltungsstrafverfahren in einer schwierigen Situation befunden hat, hätte er nach der in Österreich geltenden Rechtslage nicht - wie aus dem diesbezüglich rechtlich mit Bindungswirkung versehenen rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz folgt - wahrheitswidrig aussagen dürfen und dadurch noch einen anderen Zeugen dem Vorwurf einer falschen Zeugenaussage oder der Verleumdung aussetzen dürfen.

Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Überlegungen kann für den Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob die Norm des § 49 AVG, die im Unterschied zu § 152 StPO eine Entschlagungsmöglichkeit des Lebensgefährten für Zeugenaussagen nicht vorsieht, allenfalls nicht den Anforderungen des Art 6 MRK entspricht.

Zu dem Hinweis des Beschwerdeführers, es sei nach dem Tilgungsgesetz 1971 überhaupt unzulässig gewesen, die Tatsache seiner Verurteilung an die Dienstbehörde weiterzugeben, wird bemerkt, daß es im Tilgungsgesetz 1971 um Mitteilungen aus dem Strafregister geht und im § 83 StPO ausdrücklich eine Verpflichtung der Verständigung der vorgesetzten Behörde von der Einleitung und der Beendigung von Strafverfahren gegen Personen im öffentlichen Dienst normiert ist.

Da bereits diese Überlegungen zeigen, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in subjektiven Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde - ohne weitere Kosten für den Beschwerdeführer - gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 2. September 1998

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