VwGH 98/12/0019

VwGH98/12/001925.2.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck und Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwälte in Wien I, Doblhoffgasse 7/12, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 25. November 1997, Zl. MA 2/228/97, betreffend Verlust des Anspruches auf Diensteinkommen nach § 32 Abs. 1 der Wiener Dienstordnung 1994, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
DO Wr 1994 §32 Abs1;
GehG 1956 §13 Abs3 Z2;
VStG §5 Abs2;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
DO Wr 1994 §32 Abs1;
GehG 1956 §13 Abs3 Z2;
VStG §5 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund der Beschwerde und des angefochtenen Bescheides sowie weiterer von der Beschwerdeführerin vorgelegter Unterlagen (Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 29. April 1997; erstinstanzlicher Bescheid und Berufung) von Folgendem aus:

Die Beschwerdeführerin steht als Kindergartenhelferin im Bereich der Magistratsabteilung (MA) 11 - Kindertagesheime seit 1. September 1978 (Unterstellung unter die Wiener Dienstordnung 1966) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Sie ist auch Personalvertreterin im Dienststellenausschuß (DA) dieser Magistratsabteilung.

Mit Entschließung des Bürgermeisters vom 30. Juni 1994 wurde die Beschwerdeführerin auf Grund des Antrages des Zentralausschusses der Personalvertretung der Bediensteten der Stadt Wien (im folgenden ZA) gemäß § 35 Abs. 5 des Wiener Personal-Vertretungsgesetzes (W-PVG) ab 1. Juli 1994 als Personalvertreterin ganztägig auf unbestimmte Zeit vom Dienst freigestellt.

Mit Schreiben vom 20. November 1995 ersuchte der ZA die MA 1, die ganztägige Dienstfreistellung der Beschwerdeführerin mit Ablauf des 30. November 1995 aufzuheben, da sie nicht mehr Vorsitzende-Stellvertreterin des Dienststellenausschusses MA 11 - Kindertagesheim sei (Anmerkung: mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 21. November 1996 stellte die Gemeinderätliche Personalkommission gemäß § 47 Abs. 2 W-PVG fest, daß die Geschäftsführung des ZA im Zusammenhang mit der am 20. November 1995 erfolgten Antragstellung an den Magistrat der Stadt Wien nicht gesetzwidrig war. Gegen diesen Bescheid ist die unter B 39/97 beim Verfassungsgerichtshof protokollierte Beschwerde anhängig. Bezüglich der Gesetzmäßigkeit ihrer Abwahl als Vorsitzende-Stellvertreterin des Dienststellenausschusses ist die von der Beschwerdeführerin unter B 2933/96 beim Verfassungsgerichtshof protokollierte Beschwerde anhängig).

In der Folge wurde die Dienstfreistellung der Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1997 mit Wirksamkeit der Zustellung dieses Bescheides aufgehoben. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin unbestritten am 12. März 1997 zugestellt (vgl. dazu näher die Darstellung im hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, 97/12/0153, 0154). Dagegen erhob die Beschwerdeführerin die derzeit unter B 982/97 anhängige Verfassungsgerichtshof-Beschwerde.

Da die Beschwerdeführerin in der Folge nicht zum Dienst erschien, forderte die MA 11 die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18. April 1997 - der Beschwerdeführerin am 28. April 1997 zugestellt - auf, ihren Dienst unverzüglich anzutreten bzw. eine Bescheinigung und Entschuldigung über ihre Dienstabwesenheit vorzulegen.

Mit Schreiben vom 29. April 1997 legte die Beschwerdeführerin folgende "Entschuldigung" bzw. "Bescheinigung" vor:

"Entschuldigung

über die Dienstabwesenheit seit 13. März 1997 in der MA 11

Personalstelle.

Endesgefertigte entschuldigt sich hiermit unwiderruflich seit 13. März 1997 vom Dienst abwesend zu sein, zur Aufforderung vom 18. April 1997 des Herrn Oberamtsrates Fränkel. Richtigerweise entschuldigt sich die Endesgefertigte, daß sie bereits seit 1. Juni 1994 vom Dienst abwesend ist.

Die Endesgefertigte trifft dazu keine Schuld seit 1994 vom Dienst abwesend zu sein, somal sie dem Erlaß des Bürgermeisters vom 1. Juni 1994 dazu nachgekommen ist, ganztägig vom Dienst auf unbestimmte Zeit dienstfreigestellt zu sein.

Diese Dienstabwesenheit der Endesgefertigten stützt sich auf den Erlaß des Wiener Bürgermeisters vom 30.6.1994, womit die Endesgefertigte auf unbestimmte Zeit vom Dienst nach § 35 Abs. 5 W-PVG Dienstfreigestellt ist.

Die Endesgefertigte entschuldigt sich weiters wegen Fernbleibens vom Dienst per dato bis voraussichtlich Mai 1998, als ganztägig vom Dienst freigestellte Personalvertreterin mit der Einschränkung, eines gesetzlichen Anlaßfalles oder freiwilliger Zurücklegung des Personalvertreterinnen Mandates, nach dem W-PVG.

29. April 1997"

(Unterschrift der Beschwerdeführerin)

"Bescheinigung

über die Dienstabwesenheit seit 13. März 1997 in der MA 11

Personalstelle.

Endesgefertigte bescheinigt hiermit unwiderruflich seit 13. März 1997 vom Dienst abwesend zu sein.

Diese Dienstabwesenheit der Endesgefertigten stützt sich auf den Erlaß des Wiener Bürgermeisters vom 30.6.1994, womit die Endesgefertigte auf unbestimmte Zeit vom Dienst nach § 35 Abs. 5 W-PVG Dienstfreigestellt ist.

Es wird weiters bescheinigt, daß die Dienstabwesenheit vorerst für die Zeitdauer bis zur nächsten Personalvertretungswahl, voraussichtlich Mai 1998, nach dem W-PVG, aufrecht gehalten wird.

29. April 1997"

(Unterschrift der Beschwerdeführerin)"

Mit Bescheid vom 14. Juli 1997 stellte der Magistrat der Stadt Wien (MA 2) als Dienstbehörde erster Instanz fest, daß die Beschwerdeführerin gemäß § 32 der Dienstordnung 1994 (DO 1994) ab 13. März 1997 den Anspruch auf ihr Diensteinkommen verloren habe. Gleichzeitig wurde einer allfälligen Berufung gemäß § 12 Abs. 2 DVG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die Dienstbehörde erster Instanz hielt dem (weiteren) Vorbringen der Beschwerdeführerin im Ermittlungsverfahren, sie sei nach wie vor nach dem W-PVG vom Dienst freigestellt, da die Aufhebung der Dienstfreistellung willkürlich und ohne gesetzliche Grundlage erfolgt und außerdem gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1997 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof anhängig sei, die Rechtskraft des zuletzt genannten Bescheides entgegen. Es sei nicht bekannt, daß der Verfassungsgerichtshof der dagegen erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt habe. Infolge der am 12. März 1997 erfolgten Zustellung dieses Bescheides hätte die Beschwerdeführerin am 13. März 1997 ihren Dienst antreten müssen. Da sie seit diesem Zeitpunkt eigenmächtig und unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben sei, sei die Rechtsfolge des § 32 Abs. 1 DO 1994 eingetreten.

In ihrer umfangreichen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, sie sei dem Dienst weder unentschuldigt noch eigenmächtig ferngeblieben. Richtig sei es vielmehr, daß sie am 29. April 1997 auf Grund des Schreibens der MA 11 vom 18. April 1997 eine Bescheinigung ihrer Dienstabwesenheit sowie eine Entschuldigung wegen ihres Fernbleibens an den Dienstgeber übermittelt habe. Es komme der belangten Behörde daher keinerlei Berechtigung zu, darüber abzusprechen, daß sie ab 13. März 1997 den Anspruch auf ihr Diensteinkommen verloren habe, dies auch auf Grund mangelnder Zuständigkeit. Weiters habe sie gegen den Bescheid der belangten Behörde, mit dem die Aufhebung der Dienstfreistellung bestätigt worden sei, binnen offener Frist Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Die Behörde hätte daher erkennen müssen, daß das Verfahren zur Aufhebung der Dienstfreistellung noch nicht im Instanzenzug rechtskräftig abgeschlossen sei. Jedenfalls sei die belangte Behörde auf Grund des offenen Verfahrens bei den Höchstgerichten nicht berechtigt gewesen, diesbezügliche Veranlassungen zu treffen. Weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides lasse sich erkennen, worin begründet sei, daß ihre ganztägige Dienstfreistellung aufgehoben worden sei. Der im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zitierte § 32 Abs. 1 DO 1994 regle ausschließlich das eigenmächtige und unentschuldigte Fernbleiben eines Beamten, jedoch nicht die Dienstfreistellung eines Personalvertreters. Bei einer Dienstfreistellung handle es sich um einen irreversiblen Vorgang, der nicht umkehrbar sei. Eine Aufhebung der Dienstfreistellung ohne gesetzlichen Anlaßfall wie beispielsweise die Zurücklegung des Personalvertreteramtes, das Ruhen oder Erlöschen der Funktion als Personalvertreter oder die Beendigung der Funktion der Organe der Personalvertretung widerspreche aber dem W-PVG und sei daher mangels gesetzlicher Grundlage nicht zulässig. Im übrigen habe weder der ZA noch die Dienstbehörde erster Instanz über eine Aufhebung der Dienstfreistellung der Beschwerdeführerin zu entscheiden. Die Bestimmungen des § 35 Abs. 5 und Abs. 6 W-PVG seien unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes als verfassungswidrig anzusehen, da ein unbestimmter Ermessensspielraum normiert werde. Schließlich rügte die Beschwerdeführerin die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die Dienstbehörde erster Instanz, da diese den Sachverhalt im Spruch und in der Begründung in wesentlichen Punkten aktenwidrig angenommen hätte und der Sachverhalt im Spruch und in der Begründung in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedürfte, zumal eine gesetz- und rechtswidrige Aufhebung der Dienstfreistellung erfolgt und diese Gesetzwidrigkeit nicht abgestellt worden sei. Darüber hinaus hätte die Dienstbehörde erster Instanz den Bescheid zwar unter Darstellung eines Sachverhaltes, jedoch ohne jede rechtliche Begründung erlassen. Dies wiege nicht weniger schwer als die vom Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Gleichheitsgrundsatz als gravierend gewertete Unterlassung jeglicher Ermittlungstätigkeit.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. November 1997 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Sie begründete dies im wesentlichen damit, die Beschwerdeführerin nehme als Grund für ihre (gerechtfertigte) Dienstabwesenheit offensichtlich eine weiterhin bestehende Dienstfreistellung als Personalvertreterin gemäß § 35 Abs. 5 W-PVG an. Dabei verkenne sie jedoch offenbar, daß ihre Dienstfreistellung auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 25. Februar 1997 mit 12. März 1997 rechtskräftig aufgehoben worden sei. Ab 13. März 1997 könne daher die seinerzeit erfolgte Dienstfreistellung nicht mehr als Rechtstitel für eine gerechtfertigte Abwesenheit der Beschwerdeführerin vom Dienst herangezogen werden. Da sonstige in der DO 1994 vorgesehene Dienstverhinderungsgründe wie Krankheit, Unfall bzw. andere wichtige, die Person des Beamten betreffenden Gründe von der Beschwerdeführerin nicht behauptet bzw. bescheinigt worden seien und auch kein Dienstbefreiungsgrund wie Erholungs-, Karenz- oder Sonderurlaub vorläge, sei die Beschwerdeführerin ab 13. März 1997 dem Dienst eigenmächtig und unentschuldigt ferngeblieben. Daraus könne auch die von der Beschwerdeführerin übermittelte "Bescheinigung" bzw. "Entschuldigung" vom 29. April 1997 nichts ändern. In der Folge leitete die belangte Behörde die Zuständigkeit der im Verfahren eingeschrittenen Dienstbehörden aus der Wiener Stadtverfassung ab. Der Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1997 betreffend die Aufhebung der Dienstfreistellung der Beschwerdeführerin sei von einer letztinstanzlichen Behörde erlassen worden und habe mit seiner Zustellung am 12. März 1997 dieses Verfahren rechtskräftig abgeschlossen. Daran ändere auch nichts die von der Beschwerdeführerin eingebrachte Verfassungsgerichtshof-Beschwerde. Aufschiebende Wirkung komme einer solchen Beschwerde nur auf Antrag der Beschwerdeführerin bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu. Ein Beschluß über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei jedoch bislang der belangten Behörde in dieser Angelegenheit vom Verfassungsgerichtshof nicht zugestellt worden, weshalb auch nicht von einem Weiterbestehen der Dienstfreistellung der Beschwerdeführerin bis zur Entscheidung dieses Gerichtshofes auszugehen gewesen sei. Die Beschwerdeführerin hätte daher ab Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides ihren Dienst bei der Stadt Wien versehen müssen. Da sie dies unter Hinweis auf eine weiterbestehende Dienstfreistellung unterlassen habe, sei die Dienstbehörde erster Instanz berechtigt gewesen, ihren Bescheid nach § 32 Abs. 1 DO 1994 zu erlassen. Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsverfahrens sei nur die Einstellung des Diensteinkommens auf Grund eigenmächtigen und unentschuldigten Fernbleibens und nicht die Aufhebung der Dienstfreistellung gewesen, weshalb auch § 32 Abs. 1 DO 1994 als Rechtsgrundlage genannt worden sei. Mit den umfangreichen Berufungseinwendungen zum Thema "Aufhebung der Dienstfreistellung" habe sich die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht auseinanderzusetzen gehabt. Auch die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin gehe ins Leere, weil der erstinstanzliche Bescheid den maßgebenden Sachverhalt und die Beurteilung der Rechtsfrage klar dargestellt habe. Die Begründung ermögliche eine Überprüfung des erstinstanzlichen Bescheides.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Wiener Dienstordnung 1994, LGBl. Nr. 56, anzuwenden. Die maßgebenden Rechtsvorschriften lauten (auszugsweise):

"Abwesenheit vom Dienst

§ 31

(1) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder einen anderen wichtigen, seine Person betreffenden Grund verhindert, den Dienst zu versehen, so hat er dies dem Vorgesetzten unverzüglich zu melden. Der Beamte hat den Grund für die Dienstverhinderung zu bescheinigen, wenn es der Vorgesetzte verlangt oder wenn die Dienstverhinderung länger als drei aufeinanderfolgende Kalendertage dauert.

...

Versäumung des Dienstes

§ 32

(1) Ein Beamter, der eigenmächtig und unentschuldigt dem Dienst fernbleibt, verliert für die Zeit einer solchen Abwesenheit den Anspruch auf sein Diensteinkommen. Der Beamte verliert den Anspruch auf sein Diensteinkommen auch für die Zeit, die er infolge Haft wegen eines strafgerichtlich zu ahndenden Verhaltens dem Dienst fern war. Auf die zu seinem Haushalt gehörenden schuldlosen Angehörigen (§ 1 Abs. 7 der Pensionsordnung 1966) ist für die Zeit, für die das Diensteinkommen entfällt, § 48 der Pensionsordnung 1966 anzuwenden. Dem Beamten kann zur Vermeidung eines nicht wiedergutzumachenden Schadens ein zur Vermeidung dieses Schadens angemessener Unterhaltsbeitrag zuerkannt werden. Dieser darf zusammen mit der Leistung an den anderen Ehegatten den Monatsbezug nicht übersteigen, auf den der Beamte jeweils Anspruch hätte. Führt das Verfahren zu keiner Verurteilung, so sind die Monatsbezüge unter Aufrechnung des Geleisteten nachzuzahlen."

Gemäß § 35 Abs. 5 des Wiener Personalvertretungsgesetzes (W-PVG), LGBl. Nr. 49/1985, können auf Antrag des Zentralausschusses, der vorher den jeweiligen Hauptausschuß zu hören hat, unter Bedachtnahme auf die in § 2 festgelegten Grundsätze und die Anzahl der vertretenen Bediensteten einzelne Personalvertreter unter Fortzahlung ihres Diensteinkommens mit Ausnahme der Aufwandsentschädigungen, Auslagenersätze und Fehlgeldentschädigungen auf bestimmte oder unbestimmte Zeit vom Dienst freigestellt werden. Ein Anspruch auf Fahrtkostenzuschuß (§ 29 Abs. 2 der Besoldungsordnung 1967) und auf Frachtkostenersatz (§ 31 der Reisegebührenvorschrift der Stadt Wien) wird durch die Dienstfreistellung nicht berührt.

Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, entgegen der Auffassung der belangten Behörde lägen die Tatbestands-Voraussetzungen nach § 32 Abs. 1 DO 1994 im Beschwerdefall nicht vor. Insbesondere habe sich die Beschwerdeführerin in ihren beiden Schreiben vom 29. April 1997 entschuldigt. Sollte die belangte Behörde der Ansicht sein, daß diese Entschuldigungen nicht ausreichend seien, hätte sie dies im angefochtenen Bescheid behaupten müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Zwar träfen die Ausführungen der belangten Behörde betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 85 des Verfassungsgerichtshof-Gesetzes grundsätzlich zu; sie habe jedoch bereits im Juni 1997 die unter B 982/97 protokollierte Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1997 betreffend Aufhebung ihrer Dienstfreistellung) verbunden mit dem Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt sei sie anwaltlich nicht vertreten gewesen. Als Rechtsunkundige sei sie der Ansicht gewesen, daß noch keine rechtskräftige Entscheidung vorliege, solange noch ein Rechtsmittel an den Verfassungsgerichtshof offenstehe. Eine Entscheidung über ihren Verfahrenshilfeantrag sei bislang nicht getroffen worden. Sie habe nunmehr - nach Belehrung durch ihren Rechtsanwalt - einen nachträglichen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu B 982/97 gestellt. Aus diesen Gründen wäre es unbillig, würde man tatsächlich ihren Anspruch auf Diensteinkommen als verlustig gegangen betrachten. Dies insbesondere deshalb, weil sie ja ihrer Tätigkeit als Personalvertreterin auch nach dem 12. März 1997 nachgegangen sei. Ihrer Rechtsansicht nach sei sie auch nach dem 12. März 1997 dienstfreigestellt gewesen.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Soll ein Fernbleiben (eine Abwesenheit) vom Dienst zum Bezugsentfall führen, müssen nach (der allgemeinen Bestimmung des) § 32 Abs. 1 Satz 1 DO 1994 zwei Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sein:

  1. a) die Eigenmächtigkeit des Fernbleibens und
  2. b) das Fehlen eines Entschuldigungsgrundes.

    Der Sondertatbestand nach dem zweiten Satz des § 32 Abs. 1 DO 1994 ist im Beschwerdefall nicht gegeben.

    Eigenmächtig ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Fernbleiben eines Beamten dann, wenn keine ausdrückliche oder stillschweigende Gestattung vorliegt. Eine solche ist im Beschwerdefall offenkundig nicht gegeben und wurde (im Ergebnis) von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.

    Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läuft jedoch letztlich darauf hinaus, daß in ihrem Fall die zweite Tatbestandsvoraussetzung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 DO 1994 nicht erfüllt sei, weil sie sich wegen ihres Irrtums über die Wirkung der von ihr gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1997 betreffend die Aufhebung ihrer Dienstfreistellung erhobenen Verfassungsgerichtshof-Beschwerde auf einen Entschuldigungsgrund berufen könne.

    Der Verwaltungsgerichtshof teilt grundsätzlich die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß Irrtum (sei es ein Tatsachen- oder ein Rechtsirrtum) ein Entschuldigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 1 DO 1994 sein kann, der den Eintritt der dort vorgesehenen Rechtsfolge des Bezugsentfalles ausschließt. Dies setzt allerdings voraus, daß der Irrtum unverschuldet ist.

    Was den Rechtsirrtum betrifft - nur ein solcher kommt im Beschwerdefall nach dem Vorbringen in Betracht -, so kann die Unkenntnis des Gesetzes oder eine irrige Auslegung desselben nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn dem Betroffenen die in Betracht kommende Vorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Selbst guter Glaube stellt diesen Entschuldigungsgrund nicht her, wenn es Sache des Betroffenen ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen oder sich zumindest hierüber an maßgebender Stelle ausreichend zu unterrichten.

    Von jedem Beamten (welcher Beamten- und Verwendungsgruppe im Sinne des § 2 der Wiener Besoldungsordnung 1994 auch immer), der wegen einer strittigen Dienstrechtsangelegenheit ein konkretes Dienstrechtsverfahren führt, kann jedenfalls verlangt werden, daß er sich über die Auswirkungen eines von ihm gegen den Bescheid der Dienstbehörde ergriffenen Rechtsmittels auf die mit diesem Bescheid verbundenen Rechtsfolgen zumindest an maßgebender Stelle informiert. Unterläßt er es, entsprechende Erkundigungen einzuholen, muß er dies zumindest als Fahrlässigkeit gegen sich gelten lassen. In diesem Fall kann von einer unverschuldeten Rechtsunkenntnis oder einer unverschuldeten irrigen Auslegung des Gesetzes keine Rede sein. Ob dies zutrifft, kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden.

    Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei als Rechtsunkundige davon ausgegangen, daß schon die von ihr gegen den Bescheid vom 25. Februar 1997 erhobene Verfassungsgerichtshof-Beschwerde allein (ohne positive Erledigung eines von ihr einzubringenden Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung) den Eintritt der Rechtskraft bzw. die Wirksamkeit der in diesem Bescheid verfügten (bestätigten) Aufhebung ihrer Dienstfreistellung hinausgeschoben habe und ihr daher nicht ihre Verpflichtung zum Dienstantritt am Tage nach Zustellung dieses Bescheides (= 13. März 1997) erkennbar gewesen sei, stellt bei vernünftiger Würdigung der Umstände des Beschwerdefalles keinen entschuldbaren Rechtsirrtum dar, der als Entschuldigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 1 erster Satz DO 1994 gewertet werden könnte. Im Hinblick auf die im Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 DVG einer allfälligen Berufung zuerkannten aufschiebenden Wirkung hätte die Beschwerdeführerin zumindest Zweifel haben müssen, ob einer Verfassungsgerichtshof-Beschwerde schon mit ihrer Einbringung aufschiebende Wirkung zukommt, wenn sie schon trotz ihrer Stellung als Personalvertreterin nicht über einschlägige Grundkenntnisse verfügte. Daß sie bei einer maßgebenden Stelle (z.B. Dienstbehörde oder bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person bzw. Einrichtung) entsprechende Erkundigung eingeholt hätte, hat die Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet.

    Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend davon ausgehen, daß die beiden Tatbestandsvoraussetzungen nach § 32 Abs. 1 Satz DO 1994 im Beschwerdefall ab 13. März gegeben waren und die beiden Schreiben der Beschwerdeführerin vom 29. April 1997 keine tauglichen Entschuldigungsgründe darstellen. Im übrigen hat schon die Dienstbehörde erster Instanz darauf hingewiesen, daß der ungeachtet der eingebrachten Verfassungsgerichtshof-Beschwerde mit seiner Zustellung in Rechtskraft erwachsene Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1997 die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zum Dienstantritt auslöste und damit klar zum Ausdruck gebracht, daß die Beschwerdeführerin nicht ausreichend entschuldigt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin ist in diesem Zusammenhang auch nicht den Ausführungen der belangten Behörde entgegengetreten, daß (bis zum Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides vom 25. November 1997) der obgenannten Verfassungsgerichtshof-Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei; die Ausführungen in der Beschwerde deuten vielmehr darauf hin, daß die Beschwerdeführerin erst nach der Zustellung des hier bekämpften Bescheides vom 25. November 1997 überhaupt einen derartigen Antrag beim Verfassungsgerichtshof zu B 982/97 (Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1997 betreffend Aufhebung der Dienstfreistellung) gestellt hat.

    Das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, daß die Beschwerdeführerin nach dem 12. März 1997 ihre (nach wie vor aufrechte) Personalvertretungs-Funktion weiter ausgeübt habe (in welchem Umfang läßt die Beschwerde völlig offen), ist eine nach § 41 VwGG unbeachtliche Neuerung und kann schon deshalb der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

    Für eine Billigkeitsentscheidung - wie sie der Beschwerdeführerin offensichtlich vorschwebt - läßt das Gesetz bei Zutreffen der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 32 Abs. 1 Satz 1 DO 1994 keinen Raum.

    Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren unter Vermeidung weiterer Kosten für die Beschwerdeführerin gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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