VwGH 98/06/0090

VwGH98/06/00903.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde 1. des A und 2. der M, beide in S, vertreten durch D, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 16. April 1998, Zl. 03-12.10 M 102-98/4, betreffend Kanalanschlußverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde St. Margarethen a.d.R., vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Dezember 1997 wurden die Beschwerdeführer verpflichtet, die Schmutzwässer ihres Bauwerkes auf dem näher angeführten Grundstück auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten.

In der Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, daß in der Land- und Forstwirtschaft die Jauche zum Düngen und Gießen des großen Küchengartens, des Ackers, der Beerensträucher und des Obstgartens verwendet werde, aufgrund des großen Bedarfes an Düngemitteln bzw. zur Feuchtigkeitszufuhr in Trockenperioden die Jauche aus dem Zweipersonenhaushalt unbedingt benötigt werde und überdies mehrmals im Jahr Stallmist und Gülle von Landwirten angekauft werde, da die Beschwerdeführer selbst keine Viehzucht betrieben.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Februar 1998 wurde die Berufung abgewiesen. Dies wurde damit begründet, daß eine für eine schadlose Abwasserentsorgung im Sinne des § 4 Abs. 5 Stmk. Kanalgesetz allenfalls erforderliche wasserrechtliche Bewilligung der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung voranzugehen habe, eine erst geplante und in Zukunft zu errichtende Kläranlage zur Ausnahme vom Anschlußzwang nicht ausreiche und schließlich in der gutachterlichen Stellungnahme des Ing. D. lediglich allgemeine Überlegungen zur Abwasserreinigung im ländlichen Raum und deren Einfluß auf das Trinkwasser enthalten seien, jedoch keine Aussage über die vom Gesetzgeber geforderten Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung im konkreten Fall.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen damit begründet, die Berufungsbehörde habe sich mit dem Antrag auf Ausnahme von der Anschlußpflicht befaßt, habe sie sich doch mit der Frage der Verwertung häuslicher Abwässer in landwirtschaftlichen Betrieben auseinandergesetzt. Aus § 4 Abs. 5 Stmk. Kanalgesetz 1988 gehe hervor, daß der Nachweis über die tatsächlich schon vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde über die beantragte Ausnahmebewilligung vorliegen müsse und dieser Nachweis vom Ausnahmewerber zu erbringen sei. Andererseits gehe aber aus der allgemeinen Formulierung dieser Bestimmung, wonach entscheidend sei, ob die anfallenden Schmutzwässer in einer den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Weise abgeleitet oder sonst entsorgt werden könnten, auch nicht hervor, daß im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände die Ausbringung häuslicher Abwässer nicht doch als schadlos angesehen werden könne. Die "Verwertung" der häuslichen Abwässer im eigenen Betrieb - auch bei einer Trennung von Fäkal- und Grauwässern könnten gewisse Inhaltsstoffe der Fäkalwässer (WC-Reiniger etc.) als Folge der zivilisatorischen Entwicklung nicht ausgeschlossen werden - stelle grundsätzlich keine adäquate Abwasserentsorgung dar. Sie könnte allenfalls dort ausnahmsweise in Betracht gezogen werden, wo die Entsorgung über eine öffentliche Kanalisation auf Dauer nicht zu erwarten sei. Selbst dann werde unter den Aspekten des Umweltschutzes und der Hygiene eine sorgfältige Nachweisführung erforderlich sein, die eine Beeinträchtigung von Boden und Wasser bzw. der Gesundheit von Mensch und Tier unwahrscheinlich mache. Im zweitinstanzlichen Verfahren sei eine gutachterliche Stellungnahme des Ing. A.D. vorgelegt worden. In dieser Stellungnahme habe sich der Sachverständige auf allgemeine Ausführungen im Zusammenhang mit der Abwasserreinigung im ländlichen Bereich und insbesondere im Bereich des Gebietes des vorliegenden Grundstückes beschränkt und zur Situation der Beschwerdeführer lediglich ausgeführt, daß diese und weitere acht Ausnahmewerber Nutztiere hielten, die die in "Wasserschongebieten" erlaubten Tierbestandsobergrenzen nicht überschritten und ihre hofeigenen Fäkal- und Hausabwässer auf den eigenen Feldern ausbringen könnten. Eine Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation der Abwasserentsorgung der Beschwerdeführer lasse diese Stellungnahme zur Gänze vermissen. Dabei wäre insbesondere das boden- und grundwasserhygienische Verhältnis zwischen Abwasseranfall und möglicher Aufbringungsfläche auf Grundlage der konkreten Situation der Beschwerdeführer zu prüfen. Die Berufungsbehörde habe daher zu Recht die Auffassung vertreten, daß der vom Gesetz geforderte Nachweis der schadlosen Entsorgung der Abwässer nicht erbracht worden sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Stmk. Kanalgesetz, LGBl. Nr. 79/1988, sind die Eigentümer von bebauten Grundstücken in Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, verpflichtet, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt. Gemäß § 4 Abs. 5 Stmk. Kanalgesetz sind Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber. Die Ausnahmen sind mit Beschränkung auf eine bestimmte Zeitdauer oder gegen Widerruf zu erteilen.

Die Beschwerdeführer machen geltend, sie hätten das Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahme gemäß § 4 Abs. 5 durch ein schlüssiges Sachverständigengutachten nachgewiesen. Weder die Berufungsbehörde noch die belangte Behörde hätten sich mit diesem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene auseinandergesetzt. Die Berufungsbehörde habe lediglich festgestellt, dieses Gutachten beinhalte nur allgemeine Überlegungen der Abwasserreinigung im ländlichen Raum und deren Einfluß auf das Trinkwasser, treffe jedoch keine Aussage über die vom Gesetzgeber geforderten Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung im konkreten Fall. Der angefochtene Bescheid lasse in seiner Begründung diese Mangelhaftigkeit des Verfahrens erkennen, wenn dort ausgeführt werde, es wäre insbesondere das boden- und grundwasserhygienische Verhältnis zwischen Abwasseranfall und möglicher Aufbringungsfläche auf Grundlage der konkreten Situation der Beschwerdeführer zu prüfen gewesen. Durch Beiziehung eines Amtssachverständigen wären die gerügten Fehler im vorgelegten Gutachten durch Einholung ergänzender oder neuer gutachterlicher Äußerungen zu beseitigen gewesen. Daß das vorgelegte Gutachten von vornherein unschlüssig sei, sodaß es nicht auf der gleichen fachlichen Ebene bekämpft habe werden müssen, sei von der belangten Behörde nicht einmal behauptet worden. Zumindest hätten die Beschwerdeführer rechtzeitig angewiesen werden müssen, ein vollständigeres Sachverständigengutachten beizubringen.

Selbst wenn man im vorliegenden Fall das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne der Ausführungen der Beschwerdeführer annimmt, stellt sich dieser Verfahrensmangel jedenfalls nicht als wesentlich dar. Gemäß der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 92/06/0208, und die in diesem dazu zitierten Erkenntnisse) entspricht die Aufbringung von häuslichen Abwässern gemeinsam mit den anfallenden Stallabwässern auf landwirtschaftlichen Betriebsflächen, abgesehen von besonders gelagerten Einzelfällen, nicht den im § 4 Abs. 5 Stmk. Kanalgesetz normierten Kriterien, weil sie zumeist Tenside und Haushaltschemikalien enthalten. Auch die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid festgestellt, daß die Verwertung der häuslichen Abwässer im eigenen Betrieb grundsätzlich keine adäquate Abwasserentsorgung darstelle, da bei einer Trennung von Fäkal- und Grauwässern gewisse Inhaltsstoffe der Fäkalwässer (WC-Reiniger etc.) als Folge der zivilisatorischen Entwicklung nicht ausgeschlossen werden könnten. Von den Beschwerdeführern wird nun in der Beschwerde selbst nicht behauptet, daß ihre häuslichen Abwässer frei von derartigen Inhaltsstoffen (insbesondere Haushaltschemikalien) seien. Eine Ausnahme gemäß § 4 Abs. 5 Stmk. Kanalgesetz in bezug auf häusliche Abwässer kommt - wie dies in dem Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 92/06/0208, ausgeführt wurde - nur dann in Betracht, wenn die häuslichen Abwässer zur Gänze frei von chemischen Schadstoffen sind. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Behörden verpflichtet gewesen wäre, die Beschwerdeführer aufzufordern, ein entsprechendes Gutachten betreffend die tatsächliche Situation der von den Beschwerdeführern beabsichtigten Abwasserentsorgung vorzulegen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Es erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Wien, am 3. September 1998

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