VwGH 98/05/0172

VwGH98/05/017224.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. Juli 1998, Zl. UVS-04/A/17/00010/98, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs1;
BauO Wr §135 Abs3;
BauRallg impl;
BauRallg;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs1;
BauO Wr §135 Abs3;
BauRallg impl;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, vom 26. November 1997 wurde der Beschwerdeführerin folgendes zur Last gelegt:

"Sie haben es als Hausverwalterin des Hauses in Wien 2., A-Gasse,04, ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers insoferne unterlassen dafür zu sorgen, daß dieses Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten werden, als Sie in der Zeit vom 25.4.1996 bis 2.6.1997 den Deckenverputz in der Wohnung Top 31 im

3. Stock; die Hoftüre; die Hauseingangstüre; die Türe zum, vom Hof aus zugänglichen Magazin an der rechten Grundgrenze; die Auftrittsflächen der schadhaften Stufen im Stiegenverlauf; die drei durchgebrochenen Treppenstufen in den Keller; die Stiegenhandläufe in sämtlichen Geschoßen (fehlende Teilstücke), den vom Erdgeschoß in das Mezzanin fehlenden Geländerholm, den Stiegenteil vom Erdgeschoß bis Mezzanin samt zugehörigem Geländer, das in sämtlichen Geschoßen schadhafte Gangpflaster, bei dem Niveauunterschiede von bis zu 5 cm bestehen; die fehlende Verglasung des hofseitigen Dachbodenfenster an der linken Grundgrenze sowie sämtliche Fenster außer Top 33 im

3. Stock hofseitig und straßenseitig das 5. und 6. Fenster von links nach rechts im 1. Stock und den Verputz der Lichthöfe an der rechten und linken Grundgrenze im Bereich der WC-Gruppe und vom Hofniveau bis zum Mezzanin, sowie den des Stiegenhausbereiches im Erdgeschoß nicht instandgesetzt und den am Dachboden befindlichen Zulauf zum Fallstrang über dem WC gegenüber der Wohnung Top 35 im 3. Stock nicht flüssigkeitsdicht hergestellt haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 135 Abs. 1 in Verbindung mit § 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 135 Abs. 3 Bauordnung für Wien idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 60.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen, gemäß §135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der geltenden Fassung."

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, daß der dem Straferkenntnis zugrundeliegende Bauauftrag lediglich dem Hauseigentümer sowie dem Vorverwalter zugestellt worden sei. Sie habe vom gegenständlichen Bauauftrag erstmals durch die Aufforderung zur Stellungnahme als Beschuldigte vom 5. September 1997 Kenntnis erlangt, es sei diese im November 1997 ihrem Vertreter übermittelt worden. Sie habe unverzüglich die entsprechenden Professionisten mit der Durchführung der Reparaturarbeiten beauftragt.

Am 15. Juni 1998 fand vor der belangten Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der die Beschwerdeführerin durch den Beschwerdevertreter vertreten war, sie selbst sowie der als Zeuge geladene Hauseigentümer haben sich entschuldigt. Der als Zeuge geladene Gutachter, D.I. W., blieb ohne Entschuldigung der Verhandlung fern. Der Beschwerdevertreter beantragte dessen Einvernahme zum Beweis dafür, daß sowohl die schadhaften Stufen im Stiegenverlauf als auch die drei durchgebrochenen Treppenstufen in den Keller seitens der Beschwerdeführerin instandgesetzt wurden. Die Beschwerdeführerin habe glaublich im April/Mai 1996 die Hausverwaltung übernommen, es seien zwar die Unterlagen das Haus betreffend vom Vorverwalter übergeben worden, der gegenständliche Bauauftrag sei jedoch nicht unter den Unterlagen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe anläßlich einer Besichtigung des gegenständlichen Hauses, die anläßlich der Übernahme, der genaue Zeitpunkt konnte vom Beschwerdevertreter nicht angegeben werden, durchgeführt wurde, Mängel am Haus festgestellt, und erkannt, daß eine Sanierung dringend notwendig gewesen sei. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat seien alle Mängel behoben worden. Wann die Beschwerdeführerin die Professionisten mit der Instandsetzung der gegenständlichen Mängel beauftragt habe, konnte der Beschwerdeführer nicht angeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung in der Schuldfrage insoweit Folge gegeben, als die Tatanlastung "die drei durchgebrochenen Treppenstufen in den Keller" entfiel. Die Strafe wurde auf S 50.000,--, (Ersatzarrest 7 Tage) herabgesetzt.

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, da im Gutachten des D.I. W. die drei durchgebrochenen Treppenstufen in den Keller nicht mehr enthalten seien, sei diesbezüglich der Tatvorwurf eingeschränkt worden, aus diesem Grund sei auch eine Herabsetzung der Strafe erfolgt. Im übrigen habe die Beschwerdeführerin nicht initiativ dargelegt, warum ihr die Sanierung im Tatzeitraum nicht zumutbar gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu S 300.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft.

Gemäß § 135 Abs. 3 BO ist, wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ.

Gemäß § 129 Abs. 2 leg. cit. hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, daß die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen und dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Für Gebäude in Schutzzonen besteht darüber hinaus die Verpflichtung, das Gebäude, die dazugehörigen Anlagen und die baulichen Ziergegenstände in stilgerechtem Zustand und nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes zu erhalten.

Mit der Frage, wann die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Bestrafung eines Gebäudeverwalters vorliegen, hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt beschäftigt. Bereits in seinem Erkenntnis vom 18. Jänner 1963, Slg. Nr. 5947/A, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß der Tatbestand (nur) dann nicht erfüllt ist, wenn der Hauseigentümer, obwohl er wußte, daß eine Verpflichtung zur Beseitigung von Baugebrechen bestehe, den Hausverwalter an der Erfüllung dieser Verpflichtung in irgend einer Weise gehindert hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsansicht auch seither vertreten (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1991, Zl. 91/05/0114), und sieht keine Veranlassung, im Beschwerdefall von dieser Ansicht abzurücken. Im Zuge des Verwaltungsverfahrens hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet, daß sie seitens des Eigentümers an der Behebung der Mängel gehindert worden sei. Sie hat auch nicht die Einvernahme des Hauseigentümers beantragt. Dadurch, daß der ohne Antrag der Beschwerdeführerin seitens der belangten Behörde als Zeuge geladene Hauseigentümer nicht vernommen wurde, ist die Beschwerdeführerin in keinem Recht verletzt worden.

Schon im erstinstanzlichen Verfahren hat der Magistrat der Stadt Wien, MBA für den 2. Bezirk, über die Stadtkasse erhoben, daß die Beschwerdeführerin die Verwaltung des gegenständlichen Hauses am 25. April 1996 übernommen hat. Die Tatanlastung des erstinstanzlichen Bescheides legte als Beginn des Tatzeitraumes diesen Tag fest. Die Beschwerdeführerin hat während des Verwaltungsverfahrens nicht behauptet, daß sie die Verwaltung des Gebäudes zu einem späteren Zeitpunkt als dem 25. April 1996 übernommen hätte. Der Beschwerdeführervertreter hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, daß die Hausverwaltung durch die Beschwerdeführerin im April oder Mai 1996 übernommen worden sei. Wenn nunmehr in der Beschwerde behauptet wird, die Übernahme der Hausverwaltung durch die Beschwerdeführerin sei erst am 26. Juni 1996 erfolgt, so ist dieses erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen wegen des aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbotes nicht zu beachten.

Die Instandhaltungsverpflichtung des Hauseigentümers bzw. Verwalters ergibt sich bereits aus § 129 Abs. 2 und 4 WBO und besteht unabhängig davon, ob ein diesbezüglicher Bauauftrag ergangen ist und ob in einem allenfalls erteilten Bauauftrag die eingeräumten Fristen bei Kenntnisnahme des Bescheides durch die Beschwerdeführerin bereits abgelaufen waren.

Eine Verletzung der gesetzlichen Instandhaltungspflicht liegt schon dann vor, wenn der Eigentümer (Hausverwalter) nicht aufzuzeigen vermag, daß er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um das Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 16. April 1998, Zl. 97/05/0322, und die dort angeführte hg. Vorjudikatur). Während des Verwaltungsstrafverfahrens hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt, welche konkreten Maßnahmen sie getroffen hat, um die offenkundigen Mängel umgehend zu beheben. Das von der Beschwerdeführerin in Auftrag gegebene Gutachten des D.I. W., der eine Beschau am 28. Oktober 1997 vorgenommen hat, bestätigte das Vorhandensein der Mängel der Stiegenanlage auch lange nach dem Tatzeitraum. Da in diesem Gutachten lediglich die drei schadhaften gebrochenen Kellerstiegen nicht enthalten waren, ist die belangte Behörde zugunsten der Beschwerdeführerin davon ausgegangen, daß dieser Schaden während des Tatzeitraumes behoben wurde, und hat dementsprechend die Tatanlastung eingeschränkt und die Strafe herabgesetzt. Daß die übrigen Schäden im Verlauf des Stiegenhauses bzw. die anderen, im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführten Baumängel während des Tatzeitraumes behoben worden wären, hat die Beschwerdeführerin weder durch Vorlage von Rechnungen noch durch Namhaftmachung von Zeugen glaubhaft gemacht; der Vertreter der Baupolizei des 2. Bezirkes hat anläßlich der Erstattung der Strafanzeige an das Magistratische Bezirksamt für den 2. Bezirk angegeben, daß anläßlich einer Überprüfung am 2. Juni 1997 festgestellt worden sei, daß die Anordnungen des Bauauftrages nicht erfüllt seien.

Die Beschwerdeführerin hat während des Verwaltungsverfahrens fünf Rechnungen vorgelegt, und zwar vom 14. August 1997, vom 1. September 1997, vom 31. Oktober 1997, vom 11. August 1997 und vom 1. August 1997. Entgegen den Beschwerdeausführungen erfolgte die Ausstellung dieser Rechnungen nicht zwei Monate nach Übernahme der Verwaltung durch die Beschwerdeführerin, die - wie bereits ausgeführt - im April 1996 erfolgte, sondern frühestens 15 Monate nach Übernahme der Hausverwaltung, nämlich beginnend ab 1. August 1997. Mit der Vorlage von Rechnungen, die erst zwei Monate nach Ablauf des Tatzeitraumes erstellt wurden, hat die Beschwerdeführerin aber nicht initiativ dargelegt, daß sie alles Zumutbare unternommen habe, um die Baugebrechen ehebaldigst beheben zu lassen.

Der Beschwerderüge, die Beschwerdeführerin sei an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert gewesen, es wäre ihr daher eine angemessene Frist zur Verteidigung samt Vorlage von Urkunden mit Schriftsatz einzuräumen gewesen, ist zu entgegnen, daß die Beschwerdeführerin in der besagten Verhandlung durch den Beschwerdevertreter vertreten war. Wenn auch die Beschwerdeführerin selbst zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung verhindert war, persönlich an dieser teilzunehmen, war sie jedoch nicht gehindert, ihrem Vertreter vor der mündlichen Verhandlung alles zu ihrer Verteidigung dienende mitzuteilen und ihm die entsprechenden Unterlagen zu übermitteln.

Auf die Ausführungen, die Beschwerdeführerin habe ein §-18-MRG-Verfahren vorbereitet, hatte die belangte Behörde nicht einzugehen, weil der Beschwerdevertreter in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt hat, daß alle Arbeiten, die Gegenstand des §-18-MRG-Verfahrens waren, nicht jene waren, die Gegenstand des Bauauftrages waren.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 24. November 1998

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