VwGH 98/05/0140

VwGH98/05/014024.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 25. Mai 1998, Zl. UVS-04/A/41/00155/97, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs3;
BauRallg impl;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs3;
BauRallg impl;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 5. Februar 1997 wurde dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Gebäudeverwaltung W. & B. GesmbH in Wien 12, M.-Platz 3/1a, die von der Liegenschafts- und Hauseigentümerin des Hauses Wien 11, S.-Gasse 11-13, Frau E.R., zur Verwaltung dieser Liegenschaft bevollmächtigt wurde, zur Last gelegt, er habe es zu verantworten, daß das auf dieser Liegenschaft befindliche Gebäude in der Zeit vom 22. November 1994 bis 16. September 1996 entgegen den Bestimmungen des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien nicht in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten wurde, da

"1. das Mauerwerk der Rauchfangköpfe der Fänge lfd. Nr. 1-46 der Stiege 1 nicht instandgesetzt und die Köpfe nicht abgeschlagen und neu verputzt (grob und fein) wurden;

2. im Dachboden der Stiege 1 die schadhaften Verputzteile des Rauchfangmauerwerks der Fänge lfd. Nr. 15-18 nicht abgeschlagen und der fehlende Verputz nicht ergänzt wurde;

3. das Mauerwerk der Rauchfangköpfe der Fänge lfd. Nr. 1-46 der Stiege 2 nicht instandgesetzt und diese Köpfe nach Abschlagen des lockeren Verputzes nicht neu verputzt wurden;

4. im Dachboden der Stiege 2 die schadhaften Verputzteile des Rauchfangmauerwerks der Fänge lfd. Nr. 1-4, 9-12, 14-18 und 36-40 nicht abgeschlagen und der fehlende Verputz nicht ergänzt wurde;

5. die Dachhaut der Stiege 2 im Bereich der Rauchfangköpfe lfd. Nr. 14-18 nicht niederschlagsdicht hergestellt wurde.

Da die Haus- und Liegenschaftseigentümerin, Frau E.R., ihren ständigen Aufenthalt im Ausland hat und daher die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen der Eigentümerin begangen wurde, ist für die Verletzungen der dem Eigentümer durch die Bauordnung für Wien auferlegten Pflichten verantwortlich, wer die Verwaltung des Hauses ausübt (§ 135 Abs. 3 BO)."

Dem Beschwerdeführer wurden Verwaltungsübertretungen nach § 135 Abs. 3 in Verbindung mit § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien zur Last gelegt. Er wurde gemäß § 135 Abs. 1 BO mit insgesamt S 52.000,-- bestraft.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers in den Punkten 1.-4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in der Schuldfrage keine, in der Straffrage jedoch insofern Folge gegeben, als anstelle der verhängten vier Geldstrafen von jeweils S 10.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils fünf Tage) eine Geldstrafe in der Höhe von S 21.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt wurde. Hinsichtlich Punkt 5. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben, der diesbezügliche Teil des Straferkenntnisses aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt. In der Begründung wurde von der belangten Behörde ausgeführt, es sei unbestritten, daß die festgestellten Baugebrechen vorgelegen hätten. Der Beschwerdeführer habe den an die Hauseigentümerin gerichteten baupolizeilichen Auftrag vom 22. November 1994 gekannt; er habe wegen dieser Mängel bereits im Jahre 1993 einen Kostenvoranschlag hinsichtlich der Sanierungsmaßnahmen eingeholt. Unbestritten sei auch, daß die festgestellten Mängel im Tatzeitraum vorhanden gewesen seien. Am 16. September 1996 sei bei einer Kontrolle der MA 37 festgestellt worden, daß die Mängel noch vorhanden gewesen seien. Für sämtliche Mängel eines Gebäudes sei nur eine einzige Strafe zu verhängen. Der festgestellte Tatzeitraum erstrecke sich über nahezu zwei Jahre. Der Einwand des Beschwerdeführers, daß die Mängel witterungsbedingt nicht hätten beseitigt werden können, sei daher nicht tragfähig. Arbeiten, wie Abschlagen von Verputz, seien jederzeit möglich. Im übrigen lägen die Mängel im Bereich unter dem Dach, wo auch Arbeiten im Winter möglich seien. Die Hauseigentümerin befinde sich im Ausland. Den Beschwerdeführer treffe eine erhöhte Mitwirkungspflicht im Strafverfahren. Er habe jedoch keine schriftlichen Unterlagen vorgelegt, aus denen seine Behauptung, er sei mangels Finanzierbarkeit gehindert gewesen, die Aufträge zu erfüllen, glaubhaft zu machen. Die Behauptung der mangelnden Geldmittel sei nicht glaubhaft. Gerade der vom Beschwerdeführer vorgelegte Schriftverkehr zeige, daß die Hauseigentümerin offenbar Geld vom Beschwerdeführer erwartet und zudem auch bis ins Jahr 1994 bzw. 1993 erhalten habe. Zudem seien die gegenständlichen Arbeiten sehr wohl, wenn auch nach dem Tatzeitraum, bei gleichbleibenden finanziellen Rahmenbedingungen behoben worden. Der Auftrag sei lange vor Einleitung des Strafverfahrens erfolgt und der Beschwerdeführer hätte daher auf eine rasche Erledigung drängen können. Die Arbeiten seien offensichtlich deshalb nicht durchgeführt worden, weil der Beschwerdeführer Meinungsverschiedenheiten mit dem Rauchfangkehrer gehabt und eine Sanierung vorerst als nicht notwendig erachtet habe. Im Hinblick auf die Vielzahl der Mängel sei der Unrechtsgehalt der Tat nicht unbedeutend. Zudem könne es bei nicht abgeschlagenen lockeren Verputzteilen einerseits zu weiteren Abbrüchen und sohin zur Gefährdung von Personen kommen und sei andererseits langfristig auch die Standsicherheit und Dichtheit der Rauchfänge gefährdet gewesen. Die Herabsetzung und das Gesamtausmaß der bisher verhängten vier Geldstrafen sei unter Berücksichtigung des Strafrahmens erfolgt. Bei dieser Strafbemessung sei auch die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen gewesen. Auch habe die Behörde bei der Höhe der Strafe die guten Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie die Sorgepflichten für die Ehegattin berücksichtigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht bestraft zu werden, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geldstrafe bis zu S 300.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft.

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist, wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ.

Der Beschwerdeführer trägt unter Hinweis auf § 135 Abs. 3 der Bauordnung für Wien vor, die Beweisergebnisse hätten ergeben, daß der Beschwerdeführer von der Reparaturbedürftigkeit bereits im Jahre 1993 gewußt, einen Kostenvoranschlag eingeholt habe und die Hauseigentümerin unmittelbar nach Vorliegen des Bauauftrages mit Schreiben vom 6. Oktober 1994 und 14. Dezember 1994 hievon verständigt worden sei.

Tatbestandsvoraussetzung für die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Verwalters eines Gebäudes im Sinne des § 135 Abs. 3 der Bauordnung für Wien ist, daß der Eigentümer an der Pflichtverletzung des Verwalters nicht mitgewirkt oder doch nicht schon vor deren Begehung von ihr gewußt hat. Dieses Tatbestandselement ist jedoch nur dann nicht erfüllt, wenn der Hauseigentümer, obwohl er wußte, daß eine Verpflichtung zur Beseitigung von Baugebrechen besteht, den Hausverwalter an dieser Verpflichtung in irgendeiner Weise gehindert hat (vgl. hiezu Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 3. Auflage, E. 18. zu § 135 der Bauordnung für Wien). Solches wurde vom Beschwerdeführer konkret nicht behauptet. Der bestellte Verwalter ist im Fall einer Verletzung der Pflicht zur Instandhaltung eines Hauses zunächst primär verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Er ist zur Behebung von Baugebrechen nicht nur befugt, sondern auch verpflichtet. Da § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien ein Ungehorsamsedelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 VStG ist, war der Beschwerdeführer verpflichtet aufzuzeigen, daß er während des Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um die festgestellten Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen. Es war daher nicht Aufgabe der Strafbehörden, dem Beschwerdeführer das Verschulden nachzuweisen. Allein das Unterlassen der Bereitstellung jener Mittel, die zur Durchführung eines Bauauftrages erforderlich sind, trotz der Kenntnis des Umstandes, daß der Hausverwalter über derartige Mittel nicht verfügen kann, stellt noch keine den Hausverwalter exkulpierende Hinderung an der Erfüllung der Verpflichtung zur Beseitigung des Baugebrechens dar. Daß der Beschwerdeführer auf die Notwendigkeit der Beistellung der Mittel mangels anderer Finanzierungsmöglichkeit hingewiesen hat, ergibt sich aus den der belangten Behörde an die Hand gegebenen Unterlagen nicht (siehe hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1985, Zl. 81/05/0001). Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid in nicht als unschlüssig zu erkennenden Weise hinreichend begründet dargelegt, warum sie die Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 1998 nicht als glaubwürdig angesehen hat. Der Beschwerdeführer bringt konkret nichts vor, woraus abgeleitet werden könnte, daß die Hauseigentümerin tatsächlich die Behebung der festgestellten Baumängel des Hauses verhindert hat. Das Vorbringen, der Bauauftrag hätte innerhalb des Tatzeitraumes von rd. 2 Jahren witterungsbedingt nicht erfüllt werden können, stellt eine offenkundige, den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechende und nicht näher zu erörternde Schutzbehauptung dar.

Ausgehend von den vorstehenden rechtlichen Erwägungen erweisen sich die in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmängel als nicht entscheidungserheblich.

Der Beschwerdeführer hat seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse vor der belangten Behörde offengelegt. Ausgehend von diesen Angaben konnte die belangte Behörde bei der Strafbemessung von "guten" Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgehen.

Aus diesen Gründen erweist sich angefochtene Bescheid frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 24. November 1998

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