Normen
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
GmbHG §18;
LAO OÖ 1984 §57 Abs1;
LAO OÖ 1984 §7 Abs1;
PauschV VwGH 1994 Art1 Z7;
VwGG §49 Abs1 idF 1997/I/088 ;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
GmbHG §18;
LAO OÖ 1984 §57 Abs1;
LAO OÖ 1984 §7 Abs1;
PauschV VwGH 1994 Art1 Z7;
VwGG §49 Abs1 idF 1997/I/088 ;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 16. August 1995 machte der Magistrat der Stadt Wels den Beschwerdeführer als vertretungsbefugten Geschäftsführer der näher bezeichneten GmbH wegen schuldhafter Nichtbezahlung der noch offenen Lohnsummensteuerschuld einschließlich Nebengebühren für den Zeitraum Juni 1991 bis August 1991 in der Höhe von S 48.811,39 haftbar und zog ihn zur Zahlung der Abgaben heran. Dies mit der Begründung, der Beschwerdeführer sei im Firmenbuch als Geschäftsführer der abgabepflichtigen GmbH eingetragen und damit verantwortlicher Vertreter der Gesellschaft. Aufgrund der vorgelegten Kopien von Zahlungsbelegen sei klar ersichtlich, daß im genannten Zeitraum Zahlungen an verschiedene Firmen und Gebietskörperschaften getätigt worden seien (u.a. an die Fernmeldegebührenstelle, die Gebietskrankenkasse, das Zollamt sowie ein genanntes Unternehmen). Bei der Abgabenbehörde sei am 14. Juni 1991 als letzte Zahlung die Lohnsummensteuerschuld für Mai 1991 bezahlt worden. Die nachfolgenden Fälligkeiten per 15. Juli, 15. August und 15. September 1991 seien unbeglichen und auch nicht anteilig abgedeckt worden. Damit sei eine bewußte Bevorzugung der Forderungen anderer Gläubiger vorgenommen worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, ab Ende Juli 1991 seien die Banken nicht mehr bereit gewesen, für zusätzlichen Finanzbedarf aufzukommen. Danach seien sowohl eine Firmenübernahme als auch ein Ausgleich versucht worden; dies sei aber gescheitert. Es seien die vordringlichen Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Betriebes geleistet und sofort nach Scheitern der Übernahmeverhandlungen sei der Konkursantrag gestellt worden. Es seien bei oder nach Fälligkeit der Abgabenverbindlichkeiten nicht die erforderlichen Mittel für die Bezahlung derselben zur Verfügung gestanden und es habe auch nicht anteilig für die Abgabentilgung entsprechend Sorge getragen werden können. Dazu komme die Bezahlung von S 55.603,50 und S 75.990,50 am 19. Juli 1991 an den Magistrat der Stadt Wels. Es könne daher eine Gläubigerbenachteiligung nicht angenommen werden. Die Behörde könne auch keine Ungleichbehandlung zu ihren Lasten konstruieren. Hiezu wäre es erforderlich gewesen, die gesamten offenen Verbindlichkeiten und die vorhandenen Mittel festzustellen, um überhaupt sagen zu können, daß hier eine Ungleichbehandlung stattgefunden habe. Auch in diesem Punkt sei das Verfahren daher mangelhaft geblieben. Bei Ausstellung einer diesbezüglichen vergleichenden Rechnung hätte sich sicher keine Ungleichbehandlung ergeben. Überdies seien weder der Konkursakt des Gerichtes noch der Akt der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse beigeschafft worden.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies der Stadtsenat der mitbeteiligten Stadtgemeinde als unbegründet ab und führte aus, die ursprünglich aushaftende Abgabenschuld in Höhe von S 49.848,-- sei nach Durchführung des Konkursverfahrens und Verteilung einer Quote von 1,21 % nunmehr mit einem Betrag von insgesamt S 48.811,39 uneinbringlich. Es stehe fest, daß im genannten Zeitraum zahlreiche Verbindlichkeiten an andere Gläubiger zur Gänze bezahlt worden seien und Mittel zu deren Begleichung tatsächlich vorhanden gewesen seien. So seien Ende Juni eine Telefonrechnung an die Fernmeldegebührenstelle, am 10. Juli 1991 die Miete, am 17. Juli 1991 eine Speditionsrechnung, am 23. Juli 1991 ein Dienstnehmeranteil an die Gebietskrankenkasse, am 30. Juli 1991 eine Zahlung an das Finanzamt, am 27. August 1991 ein weiterer Dienstnehmeranteil sowie am 4. Oktober 1991 ein Rechtsanwaltshonorar bezahlt worden. Die fälligen Lohnsummensteuerverbindlichkeiten per 15. Juli, 15. August und 15. September 1991 seien jedoch nicht einmal anteilig überwiesen worden. Eine schuldhafte Verletzung der nach § 57 Abs. 1 Oö LAO normierten Pflichten liege demnach eindeutig vor, auch wenn der Beschwerdeführer behaupte, nur die notwendigsten Verbindlichkeiten, die unbedingt zur Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlich gewesen seien, beglichen zu haben. Es seien im abgabenrechtlich relevanten Zeitraum Mittel für die Bezahlung von Verbindlichkeiten vorhanden gewesen, diese Mittel seien jedoch für andere Verbindlichkeiten verwendet worden. Das Verschulden des Beschwerdeführers sei gegeben, weil er diese Schlechterstellung eindeutig in Kauf genommen habe. Wie er nämlich selbst angebe, habe er die unbedingt notwendigen Zahlungen getätigt, um eine Betriebseinstellung zu vermeiden bzw. einen Weiterbetrieb der GmbH zu ermöglichen. Damit habe er jedoch schuldhaft - und zwar vorsätzlich - die ihm als Geschäftsführer obliegenden Verpflichtungen verletzt. Nicht die Abgabenbehörde habe das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel zu beweisen. Außerdem habe der Haftungspflichtige nachzuweisen, daß er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe. Dieser Beweis sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Zu den vorgebrachten Verfahrensmängeln sei anzuführen, daß die Beweisanträge zu Recht nicht berücksichtigt worden seien, weil sie sich auf Tatsachen bezögen, denen eine für das Verfahren ausschlaggebende Bedeutung nicht zukäme.
Die belangte Behörde wies die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, es seien Mittel zur Begleichung (wenn auch nur anteilsmäßig) von Abgabenschuldigkeiten vorhanden gewesen. Da jedoch der Beschwerdeführer nicht einmal anteilig für eine Abgabentilgung Sorge getragen habe, sei von der Abgabenbehörde ohne Rechtsirrtum darauf geschlossen worden, daß die in Rede stehende Abgabenschuldigkeit infolge schuldhafter Pflichtverletzung des Beschwerdeführers nicht eingebracht werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtheranziehung zur Haftung verletzt.
Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei erstatteten
jeweils eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für die Haftung nach § 57 Abs. 1 Oö LAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung (vgl. das zur BAO ergangene hg. Erkenntnis vom 10. November 1993, Zl. 91/13/0181). Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört insbesondere, dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die er verwaltet, entrichtet werden (§ 57 Oö LAO).
Zu den abgabenrechtlichen Pflichten zählen weder die Pflicht, einen Antrag auf Eröffnung des Konkurses zu stellen, noch die Pflicht, die Entstehung von Abgabenforderungen beim Vertretenen, z. B. durch Betriebseinstellung, zu vermeiden (vgl. hg. Erkenntnisse vom 18. November 1991, Zl. 90/15/0176, und vom 25. September 1992, Zl. 91/17/0134).
Die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten liegt daher entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch dann vor, wenn dieser zwar den Antrag auf Konkurseröffnung nicht schuldhaft verzögert (§ 69 KO) in dieser Zeit aber seiner abgabenrechtlichen Pflicht, der Abgabenentrichtung aus den vorhandenen Mitteln, nicht gesetzmäßig - allenfalls auch durch anteilige Begleichung der Abgabenschuldigkeiten - nachkommt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den entsprechenden Haftungsnormen in anderen Landesabgabenordnungen sowie der BAO setzt eine darauf gestützte Haftungsinanspruchnahme voraus, daß die rückständigen Abgaben uneinbringlich wurden und dies auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters zurückzuführen ist. Die Heranziehung des Vertreters zur Haftung gemäß § 7 Abs. 1 Oö LAO hat weiters zur Voraussetzung, daß zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und der Uneinbringlichkeit der Forderung ein Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht. Das Tatbestandsmerkmal "... infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können" ist u.a. dann als erfüllt anzusehen, wenn der Vertreter bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten Mittel für die Bezahlung - gegebenenfalls nach gleichmäßiger Aufteilung der Zahlungsmittel auf alle Verbindlichkeiten - zur Verfügung hatte und nicht (wenn auch nur anteilig) für die Abgabentilgung Sorge getragen hat. Insoweit - der Vertreter darf Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen aus dem von ihm verwalteten Vermögen zu begleichenden Schulden, auch wenn nicht verlangt wird, daß der Abgabengläubiger vor allen übrigen Gläubigern befriedigt wird - ist auch das Ausmaß der Haftung bestimmt (vgl. hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0216).
Im Beschwerdefall ist das Bestehen der Abgabenforderung, die Stellung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der GmbH und die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung unbestritten. Strittig ist, ob dem Beschwerdeführer eine schuldhafte Pflichtverletzung vorgeworfen werden durfte oder nicht und ob er zur Haftung für die gesamte Abgabenschuld oder nur für eine bestimmte Quote heranzuziehen war.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es in einem solchen Fall Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge dafür tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Nicht die Abgabenbehörde hat daher das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Ebenso hat dieser darzutun, daß er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (sogenanntes Gleichbehandlungsgebot). Diese den Vertreter treffende qualifizierte Mitwirkungspflicht kann freilich nicht so aufgefaßt werden, daß die Abgabenbehörde jedweder Ermittlungspflicht entbunden wäre (vgl. hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0216).
Ein Verschulden wird vom Beschwerdeführer mit dem Hinweis in Abrede gestellt, es seien ihm die zur Begleichung der Abgabenforderungen erforderlichen Mittel nicht bzw. nicht zur Gänze zur Verfügung gestanden. Er habe nur die zur Aufrechterhaltung des Betriebes vordringlichen Zahlungen leisten können.
Dem angefochtenen Bescheid sowie den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß dem Beschwerdeführer im Haftungszeitraum bestimmte Mittel zur Begleichung der Abgabenschulden sowie der anderen Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind. Sind doch eine Reihe von Zahlungen in diesem Zeitraum getätigt worden. Bei dieser Sachlage durfte die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgehen, daß dem Beschwerdeführer zumindest anteilige Mittel zur Verfügung gestanden wären, die auch zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben hätten verwendet werden können. Der Beschwerdeführer verkennt die Rechtslage, wenn er meint, er dürfe die für die Aufrechterhaltung des Betriebes seiner Meinung nach notwendigen Zahlungen leisten und erst danach allfällig übrige Beträge für die Abgabenentrichtung verwenden. Damit benachteiligt er offenkundig bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel bestimmte Gläubiger und verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot. Dem Gebot, die Abgabenschulden nicht schlechter zu behandeln als andere Verbindlichkeiten, hätte der Beschwerdeführer nicht zuwidergehandelt, wenn der Gesellschaft im Zeitpunkt der jeweiligen Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Lohnsummensteuerschuldigkeiten (§ 28 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz) keinerlei Mittel zur Verfügung gestanden wären und sie daher auch ihre anderen Verbindlichkeiten nicht - auch nicht teilweise - befriedigen hätte können. Davon kann im Beschwerdefall jedoch keine Rede sein.
Der Beschwerdeführer hat noch vor Erlassung des Haftungsbescheides seine "vordringlich" geleisteten Zahlungen im Juli, August und September 1991 aufgelistet und behauptet, mangels vorhandener Mittel keine anderen Zahlungen leisten zu können. Er hat damit zwar nicht offengelegt, welche Mittel ihm zur Verfügung standen, sondern welche Verbindlichkeiten er jeweils zur Gänze beglichen hat. Nach dieser Aufstellung erfolgten im Juli zwanzig Zahlungen von insgesamt ca. S 1,1 Mio., im August sechs Zahlungen von ca. S 268.000,-- und im September noch zwei Zahlungen von ca. S 147.000,--. Eine Entrichtung der Lohnsummensteuer Juni bis August 1991 erfolgte auch nicht anteilig. Die Bezahlung von ca. S 130.000,-- an den Magistrat der Stadt Wels betrafen andere Verbindlichkeiten.
Damit steht fest, daß der Beschwerdeführer die aushaftende Lohnsummensteuer schlechter behandelt hat, als andere Verbindlichkeiten. Es waren bei und nach Fälligkeit der in Rede stehenden Lohnsummensteuer Mittel vorhanden, die zur vollen Begleichung anderer Verbindlichkeiten, nicht jedoch zur Entrichtung der Lohnsummensteuer verwendet wurden. Damit hat er gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen.
Aus welchen Gründen eine Haftungsinanspruchnahme durch die oberösterreichische Gebietskrankenkasse nicht erfolgte, ist in diesem Beschwerdeverfahren ohne Belang. Hinzuweisen ist aber, daß an die oberösterreichische Gebietskrankenkasse im Juni 1991 noch Zahlungen in der Höhe von S 171.648,-- sowie im Juli 1991 von S 114.023,-- erfolgten.
Die belangte Behörde - die entgegen der Rüge des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid auf die Vorstellungsgründe eingegangen ist - konnte mit Recht zum Ergebnis gelangen, daß der Beschwerdeführer eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne der §§ 7 und 57 Oö LAO zu vertreten hat und im Hinblick auf den Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot zur Haftung für die gesamte Abgabenschuld heranzuziehen war.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 88/1997. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Schriftsatzaufwand war demnach gemäß § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG abzuweisen, weil die mitbeteiligte Partei bei der Einbringung der Gegenschrift nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. hg. Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 97/17/0243).
Wien, am 17. August 1998
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