VwGH 97/17/0093

VwGH97/17/009323.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des R, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 23. Jänner 1997, Zl. Jv 267 - 14/97, betreffend Entschädigung für Zeitversäumnis, zu Recht erkannt:

Normen

GebAG 1975 §17;
GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 lita;
GebAG 1975 §3 Abs1 Z2;
StVG §44 Abs1;
StVG §44 Abs2;
GebAG 1975 §17;
GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 lita;
GebAG 1975 §3 Abs1 Z2;
StVG §44 Abs1;
StVG §44 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Strafgefangener in der Justizanstalt Sonnberg und verrichtete dort als Facharbeiter die ihm zugewiesene Arbeit. Aufgrund einer Zeugenladung für den 26. August 1996 wurde er am 20. August 1996 an das landesgerichtliche Gefangenenhaus Linz überstellt. Die Rücküberstellung erfolgte am 28. August 1996.

Nach dem Akteninhalt beantragte der Beschwerdeführer mit der Eingabe vom 5. September 1996 - der Antrag befindet sich nicht in den Verwaltungsakten - für den Zeitraum seines Aufenthaltes im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Linz Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 17 Gebührenanspruchsgesetz (GebAG).

Mit Bescheid vom 31. Oktober 1996 wies der Kostenbeamte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Entschädigung für Zeitversäumnis in der Höhe von S 504,-- ab. Dies mit der Begründung, jeder arbeitsfähige Strafgefangene sei verpflichtet, Arbeit zu leisten. Zur Arbeit verpflichtete Strafgefangene hätten die Arbeiten zu verrichten, die ihnen zugewiesen würden. Der Beschwerdeführer sei vom 20. August bis 28. August 1996 im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Linz gewesen und habe dort die ihm zugewiesenen Arbeiten verrichtet. Er sei während seiner Anwesenheit in Linz verpflichtet gewesen, die ihm dort zugewiesene Arbeit zu verrichten, auch wenn diese schlechter bezahlt werde. Einen Anspruch auf Vergütung einer sich ergebenden Differenz durch die unterschiedliche Bezahlung in der Justizanstalt Sonnberg und im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Linz habe der Zeuge nicht.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der er vorbrachte, es sei ihm im Zeitraum vom 20. August bis 28. August 1996 ein Verlust von 42 Arbeitsstunden mit der Nettovergütung von S 14,20 je Arbeitsstunde entstanden. Da ihm jedoch für den Arbeitsverlust ein wesentlich geringerer Betrag als Ersatzvergütung von S 2,20 je Arbeitsstunde ausgewiesen werde, habe er einen tatsächlichen Verlust von S 12,00,-- je Arbeitsstunde, gesamt S 504,--. Es sei ihm im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Linz keine Arbeit zugewiesen worden. Es wäre aufgrund des kurzfristigen Aufenthaltes dort auch gar nicht möglich gewesen, eine Arbeit aufzunehmen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde keine Folge. In der Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 44 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz (StVG) sei jeder arbeitsfähige Strafgefangene verpflichtet, Arbeit zu leisten. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hätten zur Arbeit verpflichtete Strafgefangene die Arbeiten zu verrichten, die ihnen zugewiesen würden. In Anmerkung I zu § 44 StVG (Foregger-Schausberger, StVG2, 58) heiße es erläuternd, daß der Arbeitspflicht der Strafgefangenen kein ausdrückliches "Recht auf Arbeit" gegenüberstehe. Vielmehr sei die Vollzugsverwaltung verpflichtet, Vorsorge dafür zu tragen, daß jeder Strafgefangene nützliche Arbeit verrichten könne. Auch Anmerkung I zu § 47 VStG (aaO, 61) weise deutlich darauf hin, daß kein Strafgefangener ein Recht auf eine bestimmte Arbeit habe. Wie sich aus diesen Bestimmungen ergebe, sei es ausschließlich Sache der Vollzugsverwaltung, die jeweiligen Voraussetzungen betreffend Arbeitspflicht bzw. Arbeitszuweisung zu regeln. Demgemäß könne auch kein wie immer gearteter Differenzbetrag in Höhe von S 504,-- vom Beschwerdeführer geltend gemacht werden, zumal eine Anspruchsgrundlage im Sinne der §§ 17 und 18 GebAG iVm den §§ 44 und 47 StVG nicht gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Entschädigung für Zeitversäumnis verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 1 StVG ist jeder arbeitsfähige Strafgefangene verpflichtet, Arbeit zu leisten.

Nach § 44 Abs. 2 erster Satz StVG haben zur Arbeit verpflichtete Strafgefangene die Arbeiten zu verrichten, die ihnen zugewiesen werden.

Gemäß § 3 Abs. Z. 2 Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) umfaßt die Gebühr des Zeugen die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.

Gemäß § 17 bezieht sich die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z. 2) vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß.

Nach § 18 Abs. 1 Z. 2 lit. a GebAG gebühren dem Zeugen als Entschädigung für Zeitversäumnis anstatt der Entschädigung nach Z. 1 beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides seien Strafgefangene zwar verpflichtet, die ihnen zugewiesene Arbeit zu verrichten, sie hätten aber kein "Recht auf Arbeit", sodaß ihnen bei Nichtzuteilung von Arbeit wegen der aus Anlaß einer Zeugeneinvernahme erfolgten Überstellung in ein anderes Gefangenenhaus keine Entschädigung für Zeitversäumnis zustehe.

Bei der Beurteilung der Entschädigung für Zeitversäumnis nach dem Gebührenanspruchsgesetz kommt es entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht darauf an, ob der Strafgefangene ein "Recht auf Arbeit" oder ein Recht auf eine bestimmte Arbeit hat oder nicht, sondern ob ihm ein Verdienst wegen seiner durch die Zeugeneinvernahme verursachten Abwesenheit von der Arbeit in der Justizanstalt Sonnberg entgangen ist. Konnte der Beschwerdeführer seiner ihm zugewiesenen und zu leistenden Arbeit in der Justizanstalt nicht nachkommen, weil er seiner Zeugenverpflichtung zu folgen hatte, und ist ihm deshalb ein Verdienst entgangen, den er im Falle der Anwesenheit in der Justizanstalt erhalten hätte, dann kann ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht versagt werden. Dafür, dem Beschwerdeführer wäre in der Justizanstalt Sonnberg in der Zeit vom 20. August 1996 bis 28. August 1996 nicht wie sonst üblich Facharbeit zugewiesen worden, hätte er der Zeugenladung nicht Folge leisten müssen, bietet der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt keinen Anhaltspunkt.

Im verwaltungsbehördlichen Verfahren behauptete der Beschwerdeführer einen tatsächlichen Verdienstentgang von S 504,-- weil er seine Tätigkeit als Facharbeiter während der Zeit vom 20. August bis 28. August 1996 nicht ausüben und ihm kurzfristig eine Arbeit im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Linz nicht zugewiesen werden konnte. Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage einen Verdienstentgang des Beschwerdeführers von vornherein in Abrede stellte und überdies im angefochtenen Bescheid auch keine Feststellungen über tatsächliche Arbeitszuteilungen im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Linz traf, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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