VwGH 97/08/0423

VwGH97/08/042321.4.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des O, vertreten durch Dr. Rudolf Wieser, Dr. Friedrich Hohenauer, Dr. Martin Zanon, Rechtsanwälte in 6010 Innsbruck, Templstraße 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 19. Februar 1997, Zl. 2/36-5/1996, 17/188/196, betreffend Bestrafung u.a. nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §111;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §33 Abs2;
ASVG §7 Z1;
ASVG §8 Abs1 Z1;
VStG §44a;
ASVG §111;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §33 Abs2;
ASVG §7 Z1;
ASVG §8 Abs1 Z1;
VStG §44a;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 111 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG und im Kostenausspruch nach § 64 Abs. 2 VStG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 9. September 1996 wurde der Beschwerdeführer - soweit dies für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung ist (hinsichtlich der Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1997, Zl. 97/09/0169, hinsichtlich jener nach dem Bazillenausscheidergesetz auf den Beschluß vom 18. Dezember 1997, Zl. 97/11/0144, verwiesen) - schuldig erkannt, entgegen § 33 Abs. 1 ASVG i.V.m. dem Statut der Tiroler Gebietskrankenkasse als Arbeitgeber eines namentlich genannten jugoslawischen Staatsangehörigen diesen nicht binnen sieben Tagen nach Beginn der Pflichtversicherung beim zuständigen Träger der Krankenversicherung zur Pflichtversicherung angemeldet zu haben. Er habe dadurch gegen den § 33 Abs. 1 i.V.m. § 111 ASVG verstoßen, weshalb über ihn gemäß § 111 leg. cit. eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt werde.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, es habe niemals ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem jugoslawischen Staatsangehörigen bestanden. Es habe weder eine Entgeltlichkeit in bezug auf die von dem jugoslawischen Staatsangehörigen erbrachten Handgriffe, noch irgendeine Verpflichtung desselben bestanden, irgendetwas zu tun. Der jugoslawische Staatsangehörige habe kein Arbeitsverhältnis angebahnt, sondern habe sich freiwillig zur Erbringung verschiedener Tätigkeiten angeboten, weil er sich dazu offensichtlich durch die freundschaftliche Aufnahme im Haus, wodurch ihm Speise, Getränke und Zigaretten zugekommen seien, moralisch veranlaßt gesehen habe. Dem Beschwerdeführer seien die einzelnen behaupteten Tätigkeiten des Fremden nicht bekannt gewesen. Da kein Arbeitsverhältnis bestanden habe, sei auch keine Anmeldung zur Pflichtversicherung geboten gewesen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung "dem Grunde als auch der Höhe nach" als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, daß das Unterbleiben der Meldung zur Pflichtversicherung unbestritten sei. Aufgrund des Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers sei der jugoslawische Staatsangehörige in der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommen worden. Hiebei habe er ausgeführt, daß die Initiative für das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses von ihm ausgegangen sei. Er habe den Beschwerdeführer angesprochen und ihn gefragt, ob er nicht stundenweise bei ihm arbeiten könne. Einen Lohn dafür habe er nicht verlangt. Er habe für seine Tätigkeit lediglich verköstigt werden wollen. Damit sei das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach der jugoslawische Staatsangehörige bloß aus Gefälligkeit und Freundschaft verköstigt worden sei, widerlegt. Es seien auch nicht moralische Überlegungen, sondern im Gegenteil durchaus handfeste wirtschaftliche Motive gewesen, die den Ausländer veranlaßt hätten, im Betrieb des Beschwerdeführers zu arbeiten. Für seine Tätigkeit habe er sich ein Entgelt in Form von Naturallohn ausbedungen. Ausgehend von diesem Sachverhalt habe der Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz schuldhaft zu verantworten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Eine Verletzung nach § 33 Abs. 1 ASVG i.V.m. dem Statut der Tiroler Gebietskrankenkasse liege nicht vor, weil ein Beschäftigungsverhältnis überhaupt nicht gegeben gewesen sei. Eine Anmeldepflicht habe nicht bestanden, weil es eine solche für freiwillige, ohne Lohnausbedingung am einen oder an anderen beliebigen Tag ohne Verpflichtung und Weisung erbrachte Leistungen nicht gebe.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Beschwerdeführer wird zur Last gelegt, eine Meldepflichtverletzung nach § 111 ASVG i.V.m. § 33 Abs. 1 leg. cit. dadurch begangen zu haben, daß er es unterließ, einen in seinem Hotel Beschäftigten beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Nach § 111 ASVG begehen unter anderem Dienstgeber, die der ihnen aufgrund dieses Bundesgesetzes obliegenden Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, wenn die Handlung nicht nach anderer Bestimmung einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung. § 33 Abs. 1 ASVG normiert u.a. eine Verpflichtung der Dienstgeber, jeden von ihnen beschäftigten, in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz Pflichtversicherten (Vollversicherte und in der Krankenversicherung Teilversicherte) binnen drei Tagen nach Beginn der Pflichtversicherung beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Durch die Satzung des Trägers der Krankenversicherung kann die Meldefrist im allgemeinen bis zu 7 Tagen oder für einzelne Gruppen von Pflichtversicherten bis zu einem Monat erstreckt werden. Dem Beschwerdeführer wurde daher keine Meldepflichtverletzung i. S.d. § 33 Abs. 2 ASVG (Meldung z.B. geringfügig Beschäftigter zur Unfallversicherung) vorgeworfen.

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses u. a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dies hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch Angabe von Tatort, Tatzeit sowie des wesentlichen Inhaltes des Tatgeschehens zu erfolgen (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens zitierten E 1ff zu § 44a VStG).

Das im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides als

tatbildmäßig umschriebene (und durch die Bestätigung dieses

Bescheides in den angefochtenen Bescheid übernommene) Verhalten

des Beschwerdeführers entspricht nicht dem Tatbild des § 111

i. V.m. § 33 Abs. 1 ASVG: danach habe dieser als "Arbeitgeber

des ... ausländischen jugoslawischen Staatsangehörigen ...

(diesen) nicht binnen 7 Tagen nach Beginn der

Pflichtversicherung beim zuständigen Träger der

Krankenversicherung ... zur Pflichtversicherung angemeldet"

bzw. die unterlassene Anmeldung zu verantworten.

Tatbildlich im Sinne des § 33 Abs. 1 ASVG handelt jedoch nicht jeder Arbeitgeber bei Bestehen (irgendeiner) Pflichtversicherung. Nach dieser Bestimmung ist nur jeder in der Krankenversicherung nach dem ASVG Pflichtversicherte zu melden. Da fallbezogen eine Teilversicherung im Sinne der §§ 7 Z. 1 und 8 Abs. 1 Z. 1 ASVG ausscheidet, wäre nur die Nichtmeldung eines der Vollversicherung (nicht auch etwa eines in der Unfallversicherung teilversicherten geringfügig Beschäftigten - vgl. § 33 Abs. 2 ASVG) nach § 33 Abs. 1 i.V.m.

§ 111 ASVG strafbar.

Da somit das als erwiesen angenommene, im Spruch des Straferkenntnisses umschriebene Verhalten des Beschwerdeführers dem Tatbestand des § 111 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG nicht entspricht, erfolgte der Schuldspruch schon aus diesem Grunde rechtsirrig, ohne daß auf die Frage eingegangen werden müßte, ob die Begründung des angefochtenen Bescheides den Spruch zu tragen vermöchte.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben.

Schriftsatzaufwand wurde dem Beschwerdeführer bereits in dem zur Zl. 97/09/0169 protokollierten Verfahren zugesprochen. Ein neuerlicher Zuspruch kam daher im gegenständlichen Verfahren nicht mehr in Frage.

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