VwGH 97/07/0172

VwGH97/07/017226.2.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidel, über die Beschwerde des Dr. Walter Starlinger in Linz, vertreten durch Dr. Peter Riedelsberger, Rechtsanwalt in Linz, Kaarstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. Juli 1997, Zl. VwSen-310094/14/Le/Ha, betreffend Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AWG 1990 §15 Abs5;
AWG 1990 §15 Abs6;
AWG 1990 §39 Abs1 litc Z8;
AWG 1990 §39 Abs3;
AWG 1990 §39 Abs4;
AWG EU-Nov 1996;
GewO 1973 §248a;
GewO 1994 §39 Abs1;
SAG §11 Abs6 idF 1988/376;
SAGNov 1988;
AWG 1990 §15 Abs5;
AWG 1990 §15 Abs6;
AWG 1990 §39 Abs1 litc Z8;
AWG 1990 §39 Abs3;
AWG 1990 §39 Abs4;
AWG EU-Nov 1996;
GewO 1973 §248a;
GewO 1994 §39 Abs1;
SAG §11 Abs6 idF 1988/376;
SAGNov 1988;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juli 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der L.-GmbH zu vertreten, daß von dieser Gesellschaft am 20. März 1995 in dem von ihr betriebenen Zentrallager bestimmte näher bezeichnete gefährliche Abfälle und Altöle in einer näher umschriebenen Art und Weise entgegen § 17 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) gelagert worden seien. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 39 Abs. 1 lit. a Z. 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 AWG begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt.

In der Begründung wird zu dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch relevanten Einwand des Beschwerdeführers, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer nicht Adressat der angelasteten Verwaltungsübertretung sein können, ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß der bisherige abfallrechtliche Geschäftsführer Dr. L. mit 31. Jänner 1995 aus der L.-GmbH ausgeschieden sei. Als sein Nachfolger sei Dr. P. namhaft gemacht und dessen Bestellung beantragt worden. Diese Bestellung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. April 1995 rechtskräftig bewilligt worden. Für die Tatzeit (20. März 1995) sei sohin kein abfallrechtlicher Geschäftsführer bestellt gewesen, sodaß die Verantwortlichkeit des handelsrechtlichen Geschäftsführers im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG gegeben gewesen sei. Daran könne auch die Namhaftmachung des Dr. P. mit Schreiben der L.-GmbH vom 30. Jänner 1995 nichts ändern, weil die (mittlerweile durch die AWG-Novelle 1996 aufgehobene) verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des abfallrechtlichen Geschäftsführers selbstverständlich erst dann einsetzen könne, wenn dessen Bestellung von der Behörde genehmigt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die L.-GmbH habe mit Schreiben vom 30. Jänner 1995 beim Landeshauptmann von Oberösterreich die Bestellung eines abfallrechtlichen Geschäftsführers angezeigt und um die Erteilung einer Erlaubnis zur Neubestellung des abfallrechtlichen Geschäftsführers ersucht. Mit 30. Jänner 1995 sei daher ein abfallrechtlicher Geschäftsführer bestellt gewesen. Die behördliche Erlaubnis sei mit Bescheid vom 25. April 1995 erteilt worden. Wenn die belangte Behörde die Auffassung vertrete, daß die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des abfallrechtlichen Geschäftsführers erst dann einsetzen könne, wenn dessen Bestellung von der Behörde genehmigt sei, verkenne sie die Rechtslage.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wurde wegen Übertretung des § 39 Abs. 1 lit. a Z. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG), bestraft. Nach dieser Bestimmung begeht eine Verwaltungsübertretung, wer gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs. 1 lagert, behandelt oder ablagert.

Die Bestrafung des Beschwerdeführers erfolgte in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer.

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Der Beschwerdeführer zählte zum Tatzeitpunkt als handelsrechtlicher Geschäftsführer der L.-GmbH zu den zur Vertretung dieser Gesellschaft nach außen berufenen Personen.

Eine Bestrafung der zur Vertretung einer juristischen Person nach außen berufenen Personen ist nach § 9 Abs. 1 VStG nur zulässig, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen.

§ 39 Abs. 3 AWG in der zum Tatzeitpunkt in Geltung stehenden Fassung vor der AWG-Novelle BGBl. Nr. 434/1996 bestimmte:

"Wurde einem Geschäftsführer eine Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 5 erteilt, so sind die Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen."

Diese Bestimmung wurde durch die AWG-Novelle BGBl. Nr. 434/1996 aufgehoben. Sie stand zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht mehr in Geltung. Das ändert aber nichts daran, daß für Übertretungen des AWG grundsätzlich der abfallrechtliche Geschäftsführer einzustehen hat.

Nach § 39 Abs. 4 AWG ist der Inhaber der Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 1 neben dem Geschäftsführer strafbar, wenn er die Verwaltungsübertretung wissentlich duldet oder wenn er bei der Auswahl des Geschäftsführers es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen.

Diese Bestimmung gehört nach wie vor dem Rechtsbestand an. Aus ihr ergibt sich zweifelsfrei die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des abfallrechtlichen Geschäftsführers.

Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur AWG-Novelle 1996 (149 Blg. XX. GP, 20 f) führen zu § 39 aus:

"Die Strafbestimmungen sind an die geänderte Rechtslage anzupassen sowie erforderliche Korrekturen vorzunehmen.

Insbesondere zu folgenden Punkten:

Die Höchststrafen für Konsumenten betreffend die Einbringung von Abfällen, Problemstoffen oder Altölen in den Haus- oder Sperrmüll werden deutlich gesenkt."

Diese Erläuterungen enthalten nicht den geringsten Hinweis darauf, daß durch die Streichung des § 39 Abs. 3 AWG die Strafbarkeit des abfallrechtlichen Geschäftsführer beseitigt werden sollte. Es verbietet sich daher, den Umstand, daß § 39 Abs. 4 AWG unverändert dem Rechtsbestand angehört, als bloßes Redaktionsversehen anzusehen und entgegen der eindeutigen Anordnung dieser Bestimmung von einem Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für den abfallrechtlichen Geschäftsführer durch die AWG-Novelle 1996 auszugehen.

Im Beschwerdefall geht es um die Frage, mit welchem Zeitpunkt die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit auf den abfallrechtlichen Geschäftsführer übergeht.

Nach § 15 Abs. 1 AWG bedarf derjenige, der gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt) hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Verläßlichkeit in bezug auf die ausführende Tätigkeit nachgewiesen werden.

Wenn die Tätigkeit nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in bezug auf die auszuübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist, ist nach § 15 Abs. 5 AWG eine hauptberuflich tätige Person als Geschäftsführer zu bestellen. Zum Geschäftsführer darf nur bestellt werden, wer die Verläßlichkeit sowie die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in bezug auf die auszuübende Tätigkeit besitzt, seinen Wohnsitz im Inland hat und in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen. Die Bestellung des Geschäftsführers bedarf einer Erlaubnis gemäß Abs. 1 und 4.

Scheidet der gemäß Abs. 5 bestellte Geschäftsführer aus dem Betrieb aus, so hat nach § 15 Abs. 6 der Betriebsinhaber unverzüglich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen und unter Nachweis der Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 bis 5 dem Landeshauptmann zur Erteilung der Erlaubnis bekanntzugeben. Erfolgt diese Bestellung und Namhaftmachung nicht innerhalb von drei Monaten, so ist die Tätigkeit einzustellen.

Das AWG enthält - anders als die Gewerbeordnung 1994 - keine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt des Überganges der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf den abfallrechtlichen Geschäftsführer. § 15 Abs. 6 AWG sieht für die Bestellung eines neuen abfallrechtlichen Geschäftsführers eine behördliche Erlaubnis vor. Daraus könnte gefolgert werden, daß die Bestellung eines neuen abfallrechtlichen Geschäftsführers nach dem Ausscheiden des alten erst mit dem Vorliegen der behördlichen Erlaubnis wirksam wird und daß daher alle mit der Bestellung des abfallrechtlichen Geschäftsführers verbundenen Konsequenzen erst mit dem Vorliegen dieser Erlaubnis eintreten könnten. Eine solche Auslegung verbietet sich aber von vornherein, da § 15 Abs. 6 letzter Satz AWG bereits an den privatrechtlichen Akt der Bestellung eines abfallrechtlichen Geschäftsführers und die Namhaftmachung des so bestellten Geschäftsführers an den Landeshauptmann Konsequenzen knüpft, die von der Erteilung der Erlaubnis für die Geschäftsführerbestellung unabhängig sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Slg. N.F. Nr. 14.106/A).

Aus § 15 Abs. 6 AWG ergibt sich, daß der Betriebsinhaber im Falle des Ausscheidens des bisherigen abfallrechtlichen Geschäftsführers unverzüglich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen und unter Nachweis der Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 bis 5 dem Landeshauptmann zur Erteilung der Erlaubnis bekanntzugeben hat. Bestellt der Betriebsinhaber nicht unverzüglich einen Geschäftsführer, macht er sich strafbar (§ 39 Abs. 1 lit. c Z. 8 AWG). Dem Betriebsinhaber ist demnach keine "Übergangsfrist" für die Bestellung eines Geschäftsführers eingeräumt; an das Ausscheiden des alten Geschäftsführers hat unmittelbar der Eintritt des neuen anzuschließen. § 15 Abs. 6 AWG sieht allerdings eine "Toleranzfrist" insofern vor, als er das gesetzwidrige Unterbleiben der unverzüglichen Bestellung eines neuen abfallrechtlichen Geschäftsführers nicht mit der Verpflichtung zur Einstellung des Betriebes ahndet. Vielmehr wird dem Betriebsinhaber eine Frist von drei Monaten zur Bestellung und Namhaftmachung eines neuen abfallrechtlichen Geschäftsführers eingeräumt. Bereits an die innerhalb dieser Frist erfolgte Bestellung und Namhaftmachung eines neuen abfallrechtlichen Geschäftsführers - und nicht erst an die Erlaubniserteilung - knüpft das AWG wesentliche Konsequenzen, nämlich die Befugnis zum weiteren Betreiben der Abfallsammelaktivität.

Die Regelung des § 15 Abs. 6 AWG, wonach der Betriebsinhaber unter Strafdrohung verpflichtet wird, unverzüglich nach dem Ausscheiden des alten abfallrechtlichen Geschäftsführers einen neuen zu bestellen, wobei schon die Bestellung und Namhaftmachung allein - und nicht erst die Erlaubniserteilung durch die Behörde - dem Betriebsinhaber die Befugnis zum Weiterbetrieb der Sammelaktivitäten verschafft, wäre unverständlich, wenn mit der Bestellung und Namhaftmachung des Geschäftsführers nicht auch gleichzeitig eine wesentliche Funktion des abfallrechtlichen Geschäftsführers, nämlich die Übernahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, verbunden wäre. Es ist nicht erkennbar, welchen Sinn es haben sollte, daß der Gesetzgeber unter Strafandrohung darauf dringt, daß unverzüglich ein neuer Geschäftsführer bestellt wird, wenn andererseits dieser seine Funktion im Unternehmen nicht ausüben dürfte. Wenn das AWG den Betriebsinhaber unter Strafdrohung dazu zwingt, unverzüglich nach dem Ausscheiden des abfallrechtlichen Geschäftsführers einen neuen zu bestellen und bereits an die Bestellung und Namhaftmachung gegenüber dem Landeshauptmann die Befugnis zur weiteren Ausübung der Abfallsammeltätigkeit knüpft, dann liegt dem die Absicht zugrunde, den abfallrechtlichen Geschäftsführer bereits mit Bestellung und Namhaftmachung in die Geschäftsführerfunktionen eintreten zu lassen. Worin diese Funktionen des abfallrechtlichen Geschäftsführers bestehen, wird im AWG nicht ausdrücklich angeführt. Die Bestimmungen des § 15 AWG über die Erlaubnispflicht für Abfallsammler und -behandler ist teilweise die Nachfolgeregelung für die früheren §§ 248a ff der Gewerbeordnung 1973. Es ist daher davon auszugehen, daß sich der AWG-Gesetzgeber bei der Regelung des abfallrechtlichen Geschäftsführers grundsätzlich an jenem Geschäftsführertypus orientiert hat, wie er in der Gewerbeordnung ausgeprägt ist, sofern nicht aus dem AWG selbst Gegenteiliges zu entnehmen ist. Über die Funktionen und damit über Sinn und Zweck des Geschäftsführers gibt § 39 Abs. 1 GewO 1994 Auskunft. Demnach ist der (gewerberechtliche) Geschäftsführer dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Gleiches gilt sinngemäß für den abfallrechtlichen Geschäftsführer. Sinn und Zweck der Geschäftsführerbestellung ist es daher, daß im Betrieb eine Person vorhanden ist, die entsprechende fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten aufweist und dem Gewerbeinhaber sowie der Behörde gegenüber in der im § 39 Abs. 1 GewO 1994 bezeichneten Weise verantwortlich ist. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Verpflichtung des Inhabers der Sammelerlaubnis, sofort nach dem Ausscheiden des alten abfallrechtlichen Geschäftsführers einen neuen zu bestellen, hat offenkundig den Sinn, daß im Unternehmen eine Person vorhanden ist, die über entsprechende fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, und diese Kenntnisse und Fähigkeiten auch sofort ab dem Zeitpunkt ihrer Bestellung einsetzt. Geht aber - wie dargestellt - der Gesetzgeber des AWG davon aus, daß diese Funktion des abfallrechtlichen Geschäftsführers bereits mit der Bestellung und Namhaftmachung auf die bestellte Person übergeht, dann muß zum selben Zeitpunkt zwingend auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung übergehen, welche die notwendige Ergänzung zur Verantwortung des Geschäftsführers der Behörde gegenüber für die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorschriften ist.

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch einen Blick in die Entstehungsgeschichte des § 15 Abs. 6 AWG.

Wie den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum AWG (1274 Blg. XVII. GP, 36) zu entnehmen ist, wurde § 15 AWG dem § 11 des Sonderabfallgesetzes nachgebildet. § 15 Abs. 6 AWG entspricht § 11 Abs. 6 des Sonderabfallgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 376/1988. Hiezu führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Sonderabfallgesetz-Novelle 1988 (543 Blg. XVII. GP, 15) aus:

"Das geltende Sonderabfallgesetz sieht keine spezielle Regelung für den Fall des Ausscheidens des Geschäftsführers gemäß § 11 Abs. 4 aus dem Unternehmen vor. Es muß daher der Sonderabfallsammler oder -beseitiger seine Tätigkeit bis zur Bestellung und Genehmigung () eines neuen Geschäftsführers einstellen, was im Hinblick auf die mögliche Dauer des Verfahrens (§ 73 AVG 1950) zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für das Unternehmen führen kann. Nach der im Abs. 6 vorgesehenen Regelung hat - bei Ausscheiden des Geschäftsführers - der Betriebsinhaber unverzüglich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen und namhaft zu machen. Wenn der Geschäftsführer nicht innerhalb von drei Monaten einen neuen Sonderabfallbeauftragten bestellt hat, muß er seine Tätigkeit einstellen. Für den Zeitraum, in dem im Betrieb kein Geschäftsführer angestellt ist, ist davon auszugehen, daß die Haftung des Betriebsinhabers in den Vordergrund tritt."

Wenn diese Erläuterungen an einer Stelle von der Bestellung eines neuen Sonderabfallbeauftragten durch den Geschäftsführer sprechen, so handelt es sich dabei erkennbar um einen Irrtum; gemeint ist die Bestellung eines neuen Geschäftsführers durch den Betriebsinhaber.

Die Erläuterungen sprechen davon, daß für den Zeitraum, in dem im Betrieb kein Geschäftsführer angestellt ist, davon auszugehen ist, daß die Haftung des Betriebsinhabers in den Vordergrund tritt. Die Erläuterungen unterscheiden ausdrücklich zwischen Bestellung und Genehmigung des Geschäftsführers und auch der Ausdruck "angestellt" zeigt mit aller Deutlichkeit, daß die Erläuterungen in jenem Passus, der sich mit der Verantwortlichkeit befaßt, von der (zivilrechtlichen) Bestellung des abfallrechtlichen Geschäftsführers - und nicht erst von der Genehmigung - ausgehen. Wenn in den Erläuterungen davon die Rede ist, daß für den Zeitraum, in dem im Betrieb kein Geschäftsführer angestellt ist, die Haftung des Betriebsinhabers in den Vordergrund tritt, dann folgt daraus zwingend, daß nach der Intention des Gesetzgebers ab dem Zeitpunkt der Bestellung ("Anstellung") des abfallrechtlichen Geschäftsführers die Verantwortlichkeit, zu der insbesondere auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung gehört, auf den abfallrechtlichen Geschäftsführer übergehen soll und nicht erst mit dessen Genehmigung.

Das AWG hat demnach beim Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung auf den neuen abfallrechtlichen Geschäftsführer nach dem Ausscheiden des alten ein Modell gewählt, das jenem ähnelt, welches § 39 GewO 1994 für die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers vorsieht. Danach bewirkt bereits die Anzeige der Bestellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers an die Behörde den Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit. Erfüllt der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer die Voraussetzungen für seine Bestellung nicht, dann hat die Gewerbebehörde nach § 345 Abs. 9 GewO 1994 dies mit Bescheid festzustellen und die Geschäftsführerbestellung zu untersagen. Diese Funktion erfüllt für den Fall, daß der abfallrechtliche Geschäftsführer nicht den gesetzlichen Bestimmungen für seine Bestellung entspricht, die Verweigerung der Erlaubnis zu seiner Bestellung.

Im Beschwerdefall hat die L.-GmbH am 30. Jänner 1995 - also vor dem Zeitpunkt der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung - einen neuen abfallrechtlichen Geschäftsführer bestellt und dem Landeshauptmann namhaft gemacht. Dieser neue abfallrechtliche Geschäftsführer erfüllte, wie sich aus der nachfolgenden Erlaubniserteilung ergibt, die Voraussetzungen für seine Bestellung, sodaß die Frage auf sich beruhen kann, ob mit der Bestellung und Namhaftmachung eines neuen Geschäftsführers in jedem Fall die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit übergeht oder nur dann, wenn der bestellte und namhaft gemachte Geschäftsführer die Voraussetzungen für seine Bestellung erfüllt. War aber zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung der abfallrechtliche Geschäftsführer verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, dann durfte nicht der Beschwerdeführer in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer bestraft werden.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Außer der Gebühr in Höhe von S 2.500,-- (§ 24 Abs. 3 VwGG) war im Beschwerdefall nur mehr eine Stempelgebühr von S 120,-- für eine Kopie des angefochtenen Bescheides zu entrichten. Die Vergebührung der Beschwerdeausfertigungen ist durch die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG zur Gänze abgedeckt (§ 14 TP 6 Abs. 5 Z. 1 des Gebührengesetzes 1957 i.d.F. BGBl. I Nr. 88/1997). Das Mehrbegehren an Stempelgebührenersatz war daher abzuweisen.

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